Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

II. Sozialrechtliche Abteilung, Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten 9C 84/2020
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Bundesgericht

Tribunal fédéral

Tribunale federale

Tribunal federal

               

9C_84/2020

Urteil vom 2. März 2020

II. sozialrechtliche Abteilung

Besetzung

Bundesrichter Parrino, Präsident,

Bundesrichter Meyer, Bundesrichterin Glanzmann,

Gerichtsschreiberin Stanger.

Verfahrensbeteiligte

IV-Stelle des Kantons St. Gallen, Brauerstrasse 54, 9016 St. Gallen,

Beschwerdeführerin,

gegen

A.________,

vertreten durch Rechtsanwalt Markus Joos,

Beschwerdegegnerin.

Gegenstand

Invalidenversicherung,

Beschwerde gegen den Entscheid des Versicherungsgerichts des Kantons St. Gallen
vom 6. Januar 2020 (IV 2017/415).

Sachverhalt:

A. 

Mit Verfügung vom 16. Oktober 2017 sprach die IV-Stelle des Kantons St. Gallen
der 1986 geborenen A.________ ab 1. Oktober 2014 eine ganze Invalidenrente und
ab 1. Januar 2016 eine Viertelsrente zu.

B. 

In Gutheissung der dagegen erhobenen Beschwerde hob das Versicherungsgericht
des Kantons St. Gallen die angefochtene Verfügung vom 16. Oktober 2017 mit
Wirkung ab 1. Januar 2016 auf und sprach der Versicherten ab 1. Januar 2016
eine halbe Invalidenrente zu. Zur Festsetzung und Ausrichtung der Leistung
sowie zur allfälligen Koordination mit den von der IV-Stelle erbrachten
Taggeldleistungen wies es die Sache an die Verwaltung zurück (Entscheid vom 6.
Januar 2020).

C. 

Die IV-Stelle führt Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten mit
dem Rechtsbegehren, der Entscheid vom 6. Januar 2020 sei aufzuheben und die
Verfügung vom 16. Oktober 2017 sei zu bestätigen. Ferner sei der Beschwerde die
aufschiebende Wirkung zu erteilen.

Erwägungen:

1. 

Mit Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten kann unter anderem die
Verletzung von Bundesrecht gerügt werden (Art. 95 lit. a BGG), die Feststellung
des Sachverhalts durch die Vorinstanz nur, wenn sie offensichtlich unrichtig
ist oder auf einer Rechtsverletzung im Sinne von Artikel 95 beruht und wenn die
Behebung des Mangels für den Ausgang des Verfahrens entscheidend sein kann
(Art. 97 Abs. 1 BGG). Das Bundesgericht legt seinem Urteil den Sachverhalt
zugrunde, den die Vorinstanz festgestellt hat (Art. 105 Abs. 1 BGG). Es kann
deren Sachverhaltsfeststellung von Amtes wegen berichtigen oder ergänzen, wenn
sie offensichtlich unrichtig ist oder auf einer Rechtsverletzung im Sinne von
Artikel 95 beruht (Art. 105 Abs. 2 BGG). Offensichtlich unrichtig bedeutet
dabei willkürlich (BGE 133 II 249 E. 1.2.2 S. 252).

2. 

Streitig und zu prüfen ist, ob die Versicherte ab 1. Januar 2016 lediglich
Anspruch auf eine Viertelsrente anstelle der zugesprochenen halben Rente hat,
wie die beschwerdeführende IV-Stelle geltend macht. Die ganze Rente vom 1.
Oktober 2014 bis 31. Dezember 2015 steht ausser Diskussion (Art. 107 Abs. 1
BGG).

3.

3.1. Nach unbestrittener vorinstanzlicher Feststellung liegt von Oktober 2013
bis September 2015 in der angestammten als auch in einer angepassten Tätigkeit
eine 100%ige Arbeitsunfähigkeit vor; ab Oktober 2015 ist die Versicherte in
einer angepassten Tätigkeit zu 50 % arbeitsfähig.

3.2. Umstritten sind die erwerblichen Auswirkungen des Gesundheitsschadens in
Bezug auf die Ermittlung des Valideneinkommens:

Während die IV-Stelle das Valideneinkommen ausgehend von der letzten Tätigkeit
der Versicherten als Verkäuferin bei der B.________ AG auf Fr. 49'400.-
festsetzte (vgl. Verfügung vom 16. Oktober 2017), erachtete die Vorinstanz eine
Anhebung auf den Zentralwert der Hilfsarbeiterinnenlöhne der
Lohnstrukturerhebung (LSE) des Bundesamtes für Statistik (LSE 2014, Tabelle TA
1, Kompetenzniveau 1) von Fr. 53'793.- als gerechtfertigt. Zur Bestimmung des
Invalideneinkommens stellte die Vorinstanz auf die nämliche Tabelle der LSE ab.
In der Folge ermittelte sie - entsprechend der festgestellten Arbeitsfähigkeit
(E. 3.1) - ab Oktober 2013 einen Invaliditätsgrad von 100 % und ab Oktober 2015
einen solchen von 50 %, was ab 1. Januar 2016 (Art. 88a Abs. 1 IVV) noch
Anspruch auf eine halbe Rente gibt.

4.

4.1. Zur Validenkarriere hat das kantonale Gericht erwogen, bei der von der
Versicherten zuletzt ausgeübten Tätigkeit als Verkäuferin handle es sich bei
Betrachtung ihres Lebenslaufes um eine Zufallsbeschäftigung, welche die
Versicherte nach ihrer Rückkehr nach langjährigem Aufenthalt in Italien
angetreten habe. Es könne folglich nicht davon ausgegangen werden, dass es sich
bei dieser nur für einige Monate ausgeübten Tätigkeit um eine ihrer
erwerblichen Leistungsfähigkeit im hypothetischen Gesundheitsfall entsprechende
Tätigkeit gehandelt habe. Die Akten würden keinerlei Anhaltspunkte dafür
liefern, dass die Versicherte freiwillig auf ein höheres Einkommen verzichtet
habe, und dies werde denn auch von ihr explizit bestritten. Es sei daher
anzunehmen, dass die Unterdurchschnittlichkeit ihres zuletzt erzielten
Einkommens auf die für die Invaliditätsbemessung nicht zu berücksichtigenden
Zwänge des realen Arbeitsmarktes zurückzuführen sei. Folglich sei davon
auszugehen, dass das Erwerbspotential der Versicherten als Gesunde mindestens
dem LSE-Wert für Hilfsarbeitertätigkeiten entsprochen habe, sodass das
Valideneinkommen auf den LSE-Tabellenlohn anzuheben sei.

4.2.

4.2.1. Bei den Ausführungen der Vorinstanz zur Validenkarriere handelt es sich
um eine Beurteilung hypothetischer Geschehensabläufe, welche eine für das
Bundesgericht grundsätzlich verbindliche (E. 1) Tatfrage darstellt, soweit sie
- wie hier - auf konkreter Beweiswürdigung beruht, selbst wenn darin auch
Schlussfolgerungen aus der allgemeinen Lebenserfahrung mitberücksichtigt werden
(statt vieler: Urteil 9C_271/2018 vom 19. März 2019 E. 4.1). Dass die Annahmen
der Vorinstanz zur Validenkarriere - insbesondere ihre Beurteilung, dass es
sich bei der zuletzt ausgeübten Tätigkeit um eine nicht der erwerblichen
Leistungsfähigkeit der Versicherten entsprechende "Zufallsbeschäftigung"
gehandelt habe - offensichtlich unrichtig sein sollen, ist weder ersichtlich
noch substanziiert dargetan. Demnach ist nicht davon auszugehen, dass die
Versicherte diese Tätigkeit im Gesundheitsfall längerfristig ausgeübt hätte.
Daran ändert auch der Einwand der Beschwerdeführerin nichts, es sei nie geltend
gemacht worden, dass die Versicherte ihre Arbeitsstelle aufgegeben und eine
neue, besser bezahlte Stelle gesucht habe.

4.2.2. Mit Blick auf die verbindlichen Feststellungen zur mutmasslichen
Karriere im Gesundheitsfall ist es sodann folgerichtig, dass die Vorinstanz das
Valideneinkommen nicht gestützt auf den zuletzt erzielten Verdienst ermittelte,
sondern auf den LSE-Tabellenlohn für Hilfsarbeitertätigkeiten abstellte (vgl.
Urteile 9C_595/2010 vom 14. Oktober 2010 E. 3.3.3 und 9C_93/2008 vom 19. Januar
2009 E. 6.3.2, in: SVR 2009 IV Nr. 27 S. 75).

5. 

Nachdem die Festsetzung des Invalideneinkommens gestützt auf den nämlichen
Tabellenlohn für Hilfsarbeiterinnen von der Beschwerdeführerin nicht in Frage
gestellt wird, ist die von der Vorinstanz vorgenommene Invaliditätsbemessung
(vgl. E. 3.2 in fine) nicht zu beanstanden. Damit hat es beim angefochtenen
Entscheid sein Bewenden.

6. 

Die Beschwerde ist offensichtlich unbegründet, weshalb sie im vereinfachten
Verfahren mit summarischer Begründung nach Art. 109 Abs. 2lit. a und Abs. 3 BGG
zu erledigen ist.

7. 

Mit dem Entscheid in der Sache wird das Gesuch um aufschiebende Wirkung
gegenstandslos.

8. 

Entsprechend dem Ausgang des Verfahrens hat die Beschwerdeführerin die
Gerichtskosten zu tragen (Art. 66 Abs. 1 Satz 1 BGG).

Demnach erkennt das Bundesgericht:

1. 

Die Beschwerde wird abgewiesen.

2. 

Die Gerichtskosten von Fr. 800.- werden der Beschwerdeführerin auferlegt.

3. 

Dieses Urteil wird den Parteien, dem Versicherungsgericht des Kantons St.
Gallen und dem Bundesamt für Sozialversicherungen schriftlich mitgeteilt.

Luzern, 2. März 2020

Im Namen der II. sozialrechtlichen Abteilung

des Schweizerischen Bundesgerichts

Der Präsident: Parrino

Die Gerichtsschreiberin: Stanger