Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

Strafrechtliche Abteilung, Beschwerde in Strafsachen 6B.16/2020
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Bundesgericht

Tribunal fédéral

Tribunale federale

Tribunal federal

               

6B_16/2020

Urteil vom 27. Februar 2020

Strafrechtliche Abteilung

Besetzung

Bundesrichter Denys, Präsident,

Bundesrichterin Jacquemoud-Rossari,

Bundesrichterin Koch,

Gerichtsschreiberin Arquint Hill.

Verfahrensbeteiligte

A.________,

Beschwerdeführer,

gegen

1. Oberstaatsanwaltschaft des Kantons Solothurn,

Beschwerdegegnerin,

2. B.A.________ und B.B.________,

vertreten durch Jeanette Frech, Rechtsanwältin,

Beschwerdegegner.

Gegenstand

Nichtanhandnahme (üble Nachrede, falsche Anschuldigung etc.),

Beschwerde gegen den Beschluss des Obergerichts des Kantons Solothurn,
Beschwerdekammer, vom 12. Dezember 2019 (BKBES.2019.6).

Das Bundesgericht zieht in Erwägung:

1. 

Nach einer Strafanzeige wegen übler Nachrede, Verleumdung, falscher
Anschuldigung und weiterer Delikte nahm die Staatsanwaltschaft Solothurn die
vom Beschwerdeführer gegen die Beschwerdegegner 2 angestrebte Strafuntersuchung
am 17. Dezember 2018 nicht an die Hand. Eine dagegen gerichtete Beschwerde wies
das Obergericht des Kantons Solothurn mit Beschluss vom 12. Dezember 2019 ab.
Es auferlegte dem Beschwerdeführer die Kosten des Beschwerdeverfahrens von
insgesamt Fr. 2'057.35 (inbegriffen die Kosten für die amtliche Verteidigung
der Beschwerdegegner 2 von Fr. 1'257.35).

Der Beschwerdeführer wendet sich mit Beschwerde an das Bundesgericht.

Das Obergericht und die Staatsanwaltschaft des Kantons Solothurn beantragen die
Abweisung der Beschwerde. Die Beschwerdegegner 2 haben auf eine Vernehmlassung
verzichtet.

2. 

Mit der Beschwerde in Strafsachen kann auch die Verletzung von Verfassungsrecht
gerügt werden (Art. 95 BGG). Die zusätzlich erhobene subsidiäre
Verfassungsbeschwerde ist ausgeschlossen (vgl. Art. 113 BGG).

3. 

Anfechtungsobjekt ist alleine der vorinstanzliche Beschluss (Art. 80 Abs. 1
BGG). Soweit sich der Beschwerdeführer in seiner Beschwerde nicht damit
befasst, ist er mit seinen Ausführungen von vornherein nicht zu hören. Dass er
die verlangte Sicherheit in Höhe von Fr. 800.--fristgerecht bezahlt hat (vgl.
Urteil 6B_559/2019 vom 6. Juni 2019), bildet nicht (mehr) Gegenstand des
vorliegenden Verfahrens.

4. 

Die Privatklägerschaft ist zur Beschwerde in Strafsachen nur legitimiert, wenn
der angefochtene Entscheid sich auf die Beurteilung ihrer Zivilansprüche
auswirken kann (Art. 81 Abs. 1 lit. b Ziff. 5 BGG). Die beschwerdeführende
Partei hat im bundesgerichtlichen Verfahren ihre Beschwerdelegitimation
darzulegen. Das Bundesgericht stellt an die Begründung der Legitimation der
Privatklägerschaft strenge Anforderungen (BGE 141 IV 1 E. 1.1 mit Hinweisen).

Der Beschwerdeführer verweist vor Bundesgericht auf angeblich bezifferte
Zivilansprüche in den Strafanträgen und verlangt Genugtuung, Schadenersatz und
Wiedergutmachung für die erlittene materielle und immaterielle Unbill. Er
benennt indessen keine konkreten Zivilforderungen, die ihm unmittelbar aufgrund
der angeblichen Straftaten der Beschwerdegegner 2 zustehen könnten, und zeigt
auch nicht ansatzweise auf, dass und inwiefern sich der abschliessende
Beschluss des Obergerichts über die Nichtanhandnahme auf allfällige
Zivilansprüche auswirken könnte. Um welche konkreten zivilrechtlichen Ansprüche
es gehen könnte, ist aufgrund der Natur der Vorwürfe auch nicht ohne Weiteres
ersichtlich. Die Beschwerde genügt den Begründungsanforderungen an die
Legitimation im Sinne von Art. 81 Abs. 1 lit. b Ziff. 5 BGG offensichtlich
nicht. Der Beschwerdeführer ist folglich in der Sache nicht zur Beschwerde
legitimiert.

5. 

Selbst ohne Legitimation in der Sache kann der Beschwerdeführer seine
Verfahrensrechte als Partei geltend machen, die eine formelle
Rechtsverweigerung bewirken, solange sie nicht auf eine materielle Überprüfung
des angefochtenen Entscheides hinauslaufen (BGE 141 IV 1 E. 1.1; 136 IV 41 E.
1.4). Soweit eine Rüge zulässig ist, ist klar und detailliert darzulegen,
inwieweit das angerufene Recht verletzt worden sein soll (Art. 42 Abs. 2 BGG;
Art. 106 Abs. 2 BGG).

Der Beschwerdeführer zählt wahllos (Verfahrens-) Rechte auf, die angeblich
verletzt sein sollen, so namentlich das Recht auf rechtliches Gehör. Seine
diesbezüglichen Ausführungen beschränken sich indessen auf abstrakte
Erwägungen, pauschale Anschuldigungen und blosse Behauptungen, welche die
gesetzlichen Begründungsanforderungen nicht im Ansatz zu erfüllen vermögen.
Dass weder er noch die Beschwerdegegner 2 zur Befragung/Beweiserhebung
vorgeladen wurden, liegt in der Natur der vorliegenden Nichtanhandnahme. Soweit
der Beschwerdeführer der fallführenden Staatsanwältin Voreingenommenheit
vorwirft, ergibt sich aus dem angefochtenen Beschluss nicht, dass er dieses
Vorbringen bereits im kantonalen Verfahren vorgebracht hätte. Er rügt auch
nicht, die Vorinstanz hätte sich damit zu Unrecht nicht befasst. Das Vorbringen
ist insofern neu und folglich unzulässig (Art. 99 Abs. 1 BGG). Abgesehen davon
genügte der Vorwurf auch den gesetzlichen Begründungsanforderungen nicht.

6. 

Der Beschwerdeführer beanstandet den Kostenentscheid.

Unbegründet ist sein Vorbringen, soweit er sich gegen die Tragung der
Verfahrenskosten für das kantonale Beschwerdeverfahren in der Höhe von Fr.
800.-- wendet. Die Kostenauflage stützt sich auf Art. 428 Abs. 1 StPO, wonach
die Parteien die Kosten eines Rechtsmittelverfahrens nach Massgabe ihres
Obsiegens und Unterliegens tragen. Inwiefern die Vorinstanz diese Bestimmung
verletzt haben könnte, zeigt der Beschwerdeführer nicht auf und ist auch nicht
ersichtlich.

Hingegen wehrt er sich mit Recht dagegen, dass ihm die Kosten der amtlichen
Verteidigung der Beschwerdegegner 2 auferlegt wurden. Nach Art. 422 Abs. 2 lit.
a StPO stellen die Kosten der amtlichen Verteidigung der beschuldigten Person
Verfahrenskosten dar, die - abweichende Bestimmungen vorbehalten - vom Staat zu
tragen sind (Art. 423 StPO). Zwar sieht Art. 426 Abs. 4 StPO die Möglichkeit
vor, der beschuldigten Person die Kosten für die unentgeltliche Verbeiständung
der Privatklägerschaft zu überbinden. Eine solche Möglichkeit ist in Art. 427
StPO, welcher die Kostentragungspflicht der Privatklägerschaft regelt, jedoch
nicht vorgesehen. Ebenso wenig äussert sich Art. 428 StPO in Bezug auf das
Rechtsmittelverfahren zu dieser Frage. Die StPO enthält damit keine gesetzliche
Grundlage, die es erlauben würde, der Privatklägerschaft die Kosten der
amtlichen Verteidigung der beschuldigten Personen aufzuerlegen (vgl. BGE 145 IV
90 E. 5.2). Die vorinstanzliche Kostenauflage an den Beschwerdeführer verletzt
insofern Bundesrecht.

7. 

Die Beschwerde ist nach dem Gesagten in Bezug auf die dem Beschwerdeführer
auferlegten Kosten der amtliche Verteidigung der Beschwerdegegner 2
gutzuheissen und die Sache insoweit zur neuen Entscheidung an die Vorinstanz
zurückzuweisen. Im Übrigen ist die Beschwerde abzuweisen, soweit darauf
eingetreten werden kann.

Der Beschwerdeführer wird im Umfang seines Unterliegens kostenpflichtig (Art.
66 Abs. 1 BGG). Er ersucht um unentgeltliche Rechtspflege. Soweit er obsiegt,
ist das Gesuch gegenstandslos. Soweit er unterliegt, ist es wegen
Aussichtslosigkeit abzuweisen. Seiner finanziellen Lage ist bei der Bemessung
der Gerichtskosten Rechnung zu tragen (Art. 65 Abs. 2 BGG). Eine
Parteientschädigung ist ihm nicht zuzusprechen, da er sich nicht anwaltlich
vertreten liess. Eine Umtriebsentschädigung wird nur bei "besonderen
Verhältnissen" ausgerichtet, die hier nicht gegeben sind. Dem Kanton Solothurn
sind keine Verfahrenskosten aufzuerlegen. Die Beschwerdegegner 2 haben auf eine
Vernehmlassung verzichtet. Folglich haben sie keine Kosten zu tragen und ist
ihnen keine Entschädigung zuzusprechen.

Demnach erkennt das Bundesgericht:

1. 

Die Beschwerde wird teilweise gutgeheissen, der angefochtene Beschluss vom 12.
Dezember 2019 aufgehoben und die Sache zur neuen Entscheidung an die Vorinstanz
zurückgewiesen. Im Übrigen wird die Beschwerde abgewiesen, soweit darauf
einzutreten ist.

2. 

Das Gesuch des Beschwerdeführers um unentgeltliche Rechtspflege wird
abgewiesen, soweit es nicht gegenstandslos geworden ist.

3. 

Die Gerichtskosten im Umfang von Fr. 800.-- werden dem Beschwerdeführer
auferlegt.

4. 

Dieses Urteil wird den Parteien und dem Obergericht des Kantons Solothurn,
Beschwerdekammer, schriftlich mitgeteilt.

Lausanne, 27. Februar 2020

Im Namen der Strafrechtlichen Abteilung

des Schweizerischen Bundesgerichts

Der Präsident: Denys

Die Gerichtsschreiberin: Arquint Hill