Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

Strafrechtliche Abteilung, Beschwerde in Strafsachen 6B.151/2020
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Bundesgericht

Tribunal fédéral

Tribunale federale

Tribunal federal

               

6B_151/2020

Urteil vom 23. April 2020

Strafrechtliche Abteilung

Besetzung

Bundesrichter Denys, Präsident,

Gerichtsschreiberin Arquint Hill.

Verfahrensbeteiligte

A.________,

vertreten durch Rechtsanwalt Marc R. Bercovitz,

Beschwerdeführer,

gegen

1. Staatsanwaltschaft des Kantons Basel-Stadt,

2. B.________,

3. C.________,

Beschwerdegegner.

Gegenstand

Nichtanhandnahme (Prozessbetrug, falsches Gutachten, falsches ärztliches
Zeugnis); Nichteintreten,

Beschwerde gegen den Entscheid des Appellationsgerichts des Kantons
Basel-Stadt, Einzelgericht, vom 22. November 2019 (BES.2019.16).

Der Präsident zieht in Erwägung:

1. 

Der Beschwerdeführer erstattete am 5. Februar 2015 bei der Staatsanwaltschaft
Basel-Stadt Strafanzeige gegen die ihn im Jahre 2010 im IV-Verfahren
begutachtenden Sachverständigen der D.________ GmbH wegen falschen Gutachtens
(Art. 307 StGB), eventuell falschen ärztliches Zeugnisses (Art. 318 Ziff. 1
StGB), eventuell Prozessbetrugs (Art. 146 StGB). Mit Verfügung vom 9. Februar
2015 wurde eine Sistierung für die Dauer des parallel laufenden
verwaltungsrechtlichen Verfahrens verfügt. Nach Aufhebung der Sistierung nahm
die Staatsanwaltschaft Basel-Stadt das Verfahren am 30. Januar 2019 nicht an
die Hand. Eine dagegen gerichtete Beschwerde wies das Appellationsgericht des
Kantons Basel-Stadt mit Entscheid vom 22. November 2019 ab.

Der Beschwerdeführer wendet sich mit Beschwerde an das Bundesgericht. Er strebt
die Aufhebung des Entscheids vom 22. November 2019 sowie der
Nichtanhandnahmeverfügung vom 30. Januar 2019 und die Strafverfolgung der
beschuldigten Sachverständigen an.

2. 

Anfechtungsobjekt der vorliegenden Beschwerde ist der Entscheid des
Appellationsgerichts des Kantons Basel-Stadt vom 22. November 2019 als
letztinstanzlicher kantonaler Entscheid (vgl. Art. 80 Abs. 1 BGG). Auf die
Beschwerde ist von vornherein nicht einzutreten, sofern die Aufhebung der
Nichtanhandnahmeverfügung der Staatsanwaltschaft beantragt wird.

3. 

Der Privatklägerschaft wird ein rechtlich geschütztes Interesse an der
Beschwerde zuerkannt, wenn sich der angefochtene Entscheid auf die Beurteilung
ihrer Zivilansprüche auswirken kann (Art. 81 Abs. 1 lit. b Ziff. 5 BGG). Als
Zivilansprüche gelten solche, die ihren Grund im Zivilrecht haben und deshalb
eigentlich vor den Zivilgerichten durchgesetzt werden müssen. In erster Linie
handelt es sich um Ansprüche auf Schadenersatz und Genugtuung nach Art. 41 ff.
OR. Nicht in diese Kategorie gehören Ansprüche aus öffentlichem Recht, etwa
Staatshaftungsrecht. Die Einstellung des Strafverfahrens bzw. die
Nichtanhandnahme einer Untersuchung kann sich in diesem Fall nicht auf
Zivilansprüche auswirken (vgl. BGE 131 I 455 E. 1.2.4; 128 IV 188 E. 2.2;
Urteil 6B_307/2019 vom 13. November 2019 E. 3.1, zur Publikation vorgesehen).
Die Privatklägerschaft hat vor Bundesgericht darzulegen, dass die
Legitimationsvoraussetzungen erfüllt sind und unter Vorbehalt klarer,
zweifelsfreier Fälle insbesondere zu erläutern, weshalb und inwiefern sich der
angefochtene Entscheid im Ergebnis und aufgrund der Begründung negativ auf ihre
Zivilansprüche auswirken kann (Art. 42 Abs. 1 und 2 BGG). Das Bundesgericht
stellt an die Begründung strenge Anforderungen. Fehlt es daran, tritt es auf
die Beschwerde nicht ein (BGE 141 IV 1 E. 1.1 mit Hinweisen).

4. 

Der Beschwerdeführer führt in der Beschwerde aus, er habe am vorinstanzlichen
Verfahren teilgenommen, sei als Verfügungs- bzw. Entscheidadressat in seinen
Rechten unmittelbar betroffen und habe daher ein schutzwürdiges Interesse an
der Aufhebung des angefochtenen Entscheids. Er verweist "soweit weitergehend"
auf die Erwägungen der Vorinstanz zur Beschwerdeberechtigung im kantonalen
Beschwerdeverfahren (siehe Beschwerde, S. 3).

5. 

Dies genügt zur Begründung der Legitimation nicht, zumal der Beschwerdeführer
mit seinen Ausführungen im Wesentlichen nur die gesetzlichen Voraussetzungen
von Art. 81 Abs. 1 lit. b Ziff. 5 BGG wiedergibt, ohne darzulegen, inwiefern
diese Voraussetzungen hier erfüllt sein könnten. Die Beschwerdelegitimation der
Privatklägerschaft muss vor Bundesgericht begründet werden. Sie hängt
direkt-kausal von "Zivilansprüchen" ab. Es ist dabei der tatsächliche,
unmittelbare adhäsionsweise Anspruch zu begründen. Entsprechend hätte der
Beschwerdeführer aufzeigen müssen, aus welchen Gründen sich der angefochtene
Entscheid inwiefern auf welche Zivilforderung auswirken kann. Dazu sagt er
jedoch nichts. Der angefochtene Entscheid und die Beschwerdebegründung legen
nahe, dass der Beschwerdeführer einen Schaden bzw. eine wirtschaftliche
Benachteiligung im negativen Rentenentscheid erblicken dürfte, welchen die
IV-Stelle auf der Grundlage des beanstandeten D.________-Gutachtens vom 29.
April 2010 fällte (vgl. dazu Urteile des Bundesgerichts 8F_7/2018 vom 5. Juni
2018, 8C_570/2017 vom 6. Februar 2018 und 8C_345/2014 vom 5. Juni 2015). Dass
diese finanzielle Beeinträchtigung unmittelbare kausale Folge der angeblichen
Straftaten der beschuldigten Sachverständigen sein soll, zeigt der
Beschwerdeführer vor Bundesgericht allerdings nicht auf. Er legt zudem auch
nicht ansatzweise dar, dass und weshalb allfällige Ansprüche gegen die
beschuldigten Sachverständigen zivilrechtlicher Natur sein sollen. Es hätte am
Beschwerdeführer gelegen, diese Zusammenhänge vorliegend darzutun. Ein Verzicht
auf solche Ausführungen kommt nicht in Frage, da sich privatrechtliche
Auswirkungen aufgrund der Vorwürfe und der Adressaten der Strafanzeige gerade
nicht ohne Weiteres aus den Akten ergeben, sondern im Gegenteil gar von der
öffentlich-rechtlichen Natur allfälliger Ansprüche auszugehen ist, da die
beschuldigten Sachverständigen bei ihrer Tätigkeit als Ersteller des von der
kantonalen IV-Stelle in Auftrag gegebenen polydisziplinären medizinischen
Gutachtens mit einer öffentlich-rechtlichen Aufgabe betraut wurden und sie
damit eine beamtenähnliche Stellung inne hatten (vgl. BGE 135 IV 139 E. 3.3;
Urteil 1C_614/2015 vom 5. Februar 2016 E. 3.1; je mit Hinweisen; siehe auch
Urteil 1C_506/2019 vom 28. Februar 2020 E. 2). Mithin ergibt sich, dass auf die
Beschwerde mangels (hinreichender Begründung der) Legitimation in der Sache
nicht eingetreten werden kann.

6. 

Unbekümmert der fehlenden Legitimation in der Sache selbst kann die
Privatklägerschaft mit Beschwerde in Strafsachen eine Verletzung ihrer
Parteirechte rügen, die ihr nach dem Verfahrensrecht, der Bundesverfassung oder
der EMRK zustehen und deren Missachtung auf eine formelle Rechtsverweigerung
hinausläuft. Zulässig sind nur Rügen formeller Natur, die von der Prüfung der
Sache getrennt werden können. Das geforderte rechtlich geschützte Interesse
ergibt sich diesfalls aus der Berechtigung, am Verfahren teilzunehmen. Nicht zu
hören sind Rügen, die im Ergebnis auf eine materielle Überprüfung des
angefochtenen Entscheids abzielen (sog. "Star-Praxis"; BGE 141 IV 1 E. 1.1 S. 5
mit Hinweisen). Soweit eine Rüge zulässig ist, ist klar und detailliert
darzulegen, inwieweit das angerufene Recht verletzt worden sein soll (Art. 106
Abs. 2 BGG).

7. 

Der Beschwerdeführer rügt Verstösse gegen Art. 6 Ziff. 1 EMRK, Art. 29 Abs. 1
und 2 BV sowie Art. 30 Abs. 1 BV. Soweit sich seine Rügen auf die Verletzung
von Parteirechten im vorangegangenen Verwaltungsverfahren beziehen, wären diese
im sachbezogenen Verfahren geltend zu machen gewesen. Im Übrigen zielen seine
Vorbringen auf eine Überprüfung in der Sache selbst ab, was unzulässig ist.
Schliesslich bleibt darauf hinzuweisen, dass sich Gerichte nicht mit sämtlichen
Parteistandpunkten befassen müssen; sie können sich auf die für den Entscheid
wesentlichen Punkte beschränken. Inwiefern die Vorinstanz ihre
Begründungspflicht verletzt haben könnte und dem Beschwerdeführer dadurch eine
sachgerechte Anfechtung verunmöglicht worden sein soll, wird in der Beschwerde
nicht dargelegt. Damit genügt die Beschwerde auch den Begründungsanforderungen
nicht (Art. 106 Abs. 2 BGG).

8. 

Auf die Beschwerde kann im Verfahren nach Art. 108 BGG nicht eingetreten
werden. Ausgangsgemäss sind die Gerichtskosten dem Beschwerdeführer
aufzuerlegen (Art. 66 Abs. 1 BGG).

Demnach erkennt der Präsident:

1. 

Auf die Beschwerde wird nicht eingetreten.

2. 

Die Gerichtskosten von Fr. 800.-- werden dem Beschwerdeführer auferlegt.

3. 

Dieses Urteil wird den Parteien und dem Appellationsgericht des Kantons
Basel-Stadt, Einzelgericht, schriftlich mitgeteilt.

Lausanne, 23. April 2020

Im Namen der Strafrechtlichen Abteilung

des Schweizerischen Bundesgerichts

Der Präsident: Denys

Die Gerichtsschreiberin: Arquint Hill