Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

II. Zivilrechtliche Abteilung, Beschwerde in Zivilsachen 5A.90/2020
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Bundesgericht

Tribunal fédéral

Tribunale federale

Tribunal federal

               

5A_90/2020

Urteil vom 7. Februar 2020

II. zivilrechtliche Abteilung

Besetzung

Bundesrichter Herrmann, Präsident,

Bundesrichter Marazzi, Bovey,

Gerichtsschreiber Möckli.

Verfahrensbeteiligte

A.________,

vertreten durch Rechtsanwalt Roger Burges,

Beschwerdeführerin,

gegen

B.________.

Gegenstand

Fürsorgerische Unterbringung,

Beschwerde gegen den Entscheid des Obergerichts des Kantons Bern, Kindes- und
Erwachsenenschutzgericht, vom 22. Januar 2020 (KES 20 47).

Sachverhalt:

A.________ wurde am 10. Januar 2020 von Dr. med. B.________ im
Psychiatriezentrum U.________ fürsorgerisch untergebracht.

Mit Entscheid vom 22. Januar 2020 wies das Obergericht des Kantons Bern die
hiergegen erhobene Beschwerde ab.

Mit Beschwerde vom 2. Februar 2020 verlangt A.________ dessen Aufhebung und die
sofortige Entlassung, eventualiter die Rückweisung zur Neubeurteilung. Ferner
verlangt sie die unentgeltliche Rechtspflege. Es wurden die kantonalen Akten
eingeholt.

Erwägungen:

1. 

In verfahrensrechtlicher Hinsicht wird eine Verletzung des rechtlichen Gehörs
bzw. von Art. 5 Ziff. 4, Art. 6 Ziff. 1 EMRK, Art. 29 Abs. 2 BV und Art. 26
Abs. 2 KV/BE gerügt. Konkret wird bemängelt, dass das Anhörungsprotokoll nicht
verlesen, sondern einfach zur Durchsicht und Unterschrift ausgehändigt worden
sei, während das Gericht sich zur Urteilsberatung zurückgezogen habe. Das
Protokoll sei mangelhaft gewesen; man habe darauf Korrekturen angebracht und
die Unterzeichnung verweigert. Sodann sei direkt das abweisende Urteil
verkündet worden. Im begründeten Urteil werde auf das Protokoll und auf die
ärztliche Stellungnahme von Dr. med. C.________ vom 17. Januar 2020 verwiesen;
indes sei dem Urteil weder diese Stellungnahme noch das korrigierte Protokoll
beigelegt worden. Sodann wird bemängelt, dass vom Parteivortrag des
Rechtsanwaltes kein Ton zu lesen sei. Insgesamt sei das Urteil klarerweise
nichtig.

Zur Debatte steht aufgrund des zuteilenden Vorbehaltes in Art. 450f ZGB
kantonales Verfahrensrecht (Art. 1 Abs. 1 lit. d und Art. 65 ff. KESG/BE sowie
subsidiär VRPG/BE), das nur im Zusammenhang mit einer Verletzung
verfassungsmässiger Rechte überprüft werden kann, wobei die Rüge im Vordergrund
steht, dass das kantonale Recht willkürlich angewandt worden sei (BGE 139 III
225 E. 2.3 S. 231; 139 III 252 E. 1.4 S. 254; 142 II 369 E. 2.1 S. 372).

Wie die eingeholten kantonalen Akten zeigen, ist im Verfahrensprotokoll
dasjenige Aussageprotokoll der Anhörung integriert, auf welchem die
Beschwerdeführerin mit ihrem Anwalt handschriftlich diverse Bemerkungen und
Ergänzungen direkt bei den jeweiligen Aussagen angebracht und welches sie am
Schluss unterzeichnet hat. Sie hat mithin das Aussageprotokoll gemeinsam mit
ihrem Rechtsanwalt durchgelesen, hat verschiedene protokollierte Aussagen in
ihrem Sinn richtig gestellt und mit ihrer Unterschrift bekundet, dass das
Protokoll nunmehr ihre Aussagen richtig wiedergebe. Inwiefern darin eine
Gehörsverletzung begründet sein soll, ist nicht ersichtlich. Insbesondere wird
nicht dargetan, welche Verfahrensbestimmung ein Verlesen des Protokolles durch
die Gerichtsschreiberin (statt dessen Aushändigung zur Durchsicht und zum
Anbringen von Richtigstellungen) verlangen würde und willkürlich angewandt
worden wäre.

Das gesamte Verfahrensprotokoll (inklusive das von der Beschwerdeführerin in
Anwesenheit ihres Anwaltes durchgesehene und unterzeichnete Anhörungsprotokoll)
und der Bericht vom 17. Januar 2020 finden sich in den Akten. Für die gesamten
Verfahrensakten, mithin auch in Bezug auf die beiden Dokumente besteht entgegen
der abstrakten Behauptung der Beschwerdeführerin umfassend Akteneinsicht.
Welche Verfahrensvorschrift verletzt sein soll, wenn diese Dokumente nicht von
Amtes wegen dem verschickten Entscheid beigelegt wurden, wird nicht dargetan.

Schlicht falsch ist sodann die Behauptung, vom Plädoyer des Rechtsanwaltes
stehe nichts in den Akten; vielmehr enthält das Verfahrensprotokoll eine
Zusammenfassung des Plädoyers. Inwiefern vor diesem Hintergrund
kantonal-rechtliche Normen willkürlich angewandt worden wären, wird nicht
dargetan.

2. 

In der Sache selbst wird kritisiert, es könne keine psychische Störung im Sinn
von Art. 426 Abs. 1 ZGB vorliegen, wenn jemand kurz nach Weihnachten Geschenke
im Keller vorfinde, sich bei einem alten Haus Sorgen wegen Brandgefahr mache,
für die Schweiz spare oder gern gekochtes Müesli esse. Es fänden sich keine
Anhaltspunkte für eine akute Selbstgefährdung und man dürfe niemanden der
Freiheit berauben, nur weil er gerne putze oder ab und zu aufbrausend gegenüber
den Nachbarn sei.

Die (teils polemisch vorgebrachten) Ausführungen dienen der Stimmungsmache. Es
werden in verzerrender, ja teilweise in sinnverkehrender Weise Elemente aus den
ausführlichen und auch den Ablauf der Ereignisse aufzeigenden
Sachverhaltsfeststellungen des angefochtenen Entscheides herausgepickt, und
zwar mit rein appellatorischen Ausführungen bzw. Behauptungen und
Unterstellungen. Indes sind die Sachverhaltsfeststellungen des angefochtenen
Entscheides für das Bundesgericht verbindlich (Art. 105 Abs. 1 BGG) und er
wären substanziierte Willkürrügen erforderlich, während eine appellatorische
Schilderung der eigenen Sicht der Dinge nicht genügt (Art. 97 Abs. 1 i.V.m.
Art. 106 Abs. 2 BGG; BGE 140 III 264 E. 2.3 S. 266).

Auch in rechtlicher Hinsicht findet keine seriöse Auseinandersetzung mit der
Begründung des angefochtenen Entscheides statt, wie es erforderlich wäre (Art.
42 Abs. 2 BGG; BGE 140 III 115 E. 2 S. 116; 142 III 364 E. 2.4 S. 368). Im
Prinzip wird, wiederum mit appellatorischen Ausführungen, der zugrunde liegende
Sachverhalt angezweifelt bzw. in Abrede gestellt, indem die Ausführungen im
Gutachten als blosse Vermutungen abgetan werden. Der Schwächezustand (paranoide
Schizophrenie) sowie das selbstgefährdende Verhalten (massiver Gewichtsverlust,
Verletzungen durch exzessives Putzen, Verwahrlosung), die Erforderlichkeit der
Unterbringung (erneute Dekompensation der bekannten Schizophrenie bei mangels
Krankheitseinsicht zu befürchtendem Absetzen der Medikamente für den Fall
sofortiger Entlassung) und die Eignung der Klinik werden im angefochtenen
Entscheid unter Bezugnahme auf das erstellte Gutachten ausführlich behandelt
(wozu gemäss Art. 109 Abs. 3 BGG auf den angefochtenen Entscheid verwiesen
werden kann). Damit setzt sich die anwaltlich vertretene Beschwerdeführerin wie
gesagt nicht in zielgerichteter Weise auseinander, weshalb die Beschwerde
unbegründet bleibt.

3. 

Nach dem Gesagten ist die Beschwerde insgesamt offensichtlich unbegründet,
weshalb sie im vereinfachten Verfahren nach Art. 109 Abs. 2 lit. a BGG
abzuweisen ist, soweit auf sie eingetreten werden kann.

4. 

Wie die vorstehenden Erwägungen zeigen, konnte der Beschwerde von Anfang an
kein Erfolg beschieden sein, weshalb es an den materiellen Voraussetzungen der
unentgeltlichen Rechtspflege fehlt (Art. 64 Abs. 1 BGG) und das entsprechende
Gesuch abzuweisen ist. Indes rechtfertigt es sich, angesichts der Umstände auf
die Erhebung von Gerichtskosten zu verzichten (Art. 66 Abs. 1 BGG).

Demnach erkennt das Bundesgericht:

1. 

Die Beschwerde wird abgewiesen, soweit auf sie einzutreten ist.

2. 

Das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege wird abgewiesen.

3. 

Es werden keine Gerichtskosten erhoben.

4. 

Dieses Urteil wird der Beschwerdeführerin, B.________, dem Psychiatriezentrum
U.________ und dem Obergericht des Kantons Bern, Kindes- und
Erwachsenenschutzgericht, schriftlich mitgeteilt.

Lausanne, 7. Februar 2020

Im Namen der II. zivilrechtlichen Abteilung

des Schweizerischen Bundesgerichts

Der Präsident: Herrmann

Der Gerichtsschreiber: Möckli