Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

II. Zivilrechtliche Abteilung, Beschwerde in Zivilsachen 5A.218/2020
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Bundesgericht

Tribunal fédéral

Tribunale federale

Tribunal federal

               

5A_218/2020

Urteil vom 2. April 2020

II. zivilrechtliche Abteilung

Besetzung

Bundesrichter Herrmann, Präsident,

Bundesrichter von Werdt, Bovey,

Gerichtsschreiber Möckli.

Verfahrensbeteiligte

A.________,

vertreten durch Rechtsanwältin Seraina Herold,

Beschwerdeführerin,

gegen

Kindes- und Erwachsenenschutzbehörde Bern,

B.________,

betroffenes Kind,

C.________,

Vater des Kindes.

Gegenstand

Vorsorglicher Entzug des Aufenthaltsbestimmungsrechts,

Beschwerde gegen den Entscheid des Obergerichts des Kantons Bern, Kindes- und
Erwachsenenschutzgericht, vom 11. Februar 2020 (KES 19 956).

Sachverhalt:

A. 

Der im Jahr 2004 geborene B.________ ist der Sohn von C.________ und
A.________, unter deren elterlicher Sorge und Obhut er steht.

Nach Eingang einer Gefährdungsmeldung gab die KESB Bern beim Sozialdienst eine
Abklärung in Auftrag. Diese ergab, dass B.________ vorher noch nie eine Schule
besucht hatte. Erst seit August 2018 habe er die "Academia International
School" besucht, wo er die Schreibabläufe der Buchstaben geübt und dem
Unterricht nicht habe folgen können. Ab September 2018 sei Einzelunterricht
erfolgt. B.________ habe sich kaum getraut, ein Wort selber zu sagen, und es
fehle ihm an Selbstvertrauen. Zudem habe er schlechte Zähne. Der Sozialdienst
erachtete das Kindeswohl als akut gefährdet.

In der Folge wehrte sich die Mutter gegen die verschiedenen vorgeschlagenen
Abklärungen und Settings und gelangte in diesem Zusammenhang erfolglos bis vor
Bundesgericht; verschiedentlich musste sie zur Einhaltung von Terminen gemahnt
werden, auch im Zusammenhang mit dem in Auftrag gegebenen Gutachten. Am 21.
Oktober 2019 teilte die Schulleitung der "Academia International School" mit,
dass B.________ diese ab sofort nicht mehr besuche, weil das Misstrauen der
Familie eine Weiterführung der Beschulung für die Lehr- und Leitungspersonen
habe unzumutbar erscheinen lassen. Die Lehrpersonen berichteten, dass
B.________ ein fleissiger Lerner sei und sich gut konzentrieren könne, es aber
schwierig sei, mit ihm zu kommunizieren, und er kaum Kontakt zu anderen
Schülern oder den Lehrpersonen aufbauen könne. Die Mutter habe ihn jeweils
gebracht, abgeholt und auch die Mittagspausen mit ihm verbracht.

Am 19. November 2019 beantragten die Gutachter eine stationäre Begutachtung, da
die Fortsetzung des Begutachtungsprozesses aufgrund der ablehnenden Haltung der
Mutter unmöglich sei. Sie gehen davon aus, dass B.________ über Jahre durch die
Mutter völlig von der Aussenwelt isoliert wurde und dieser kaum soziale
Kompetenzen erwerben und eine gesunde Autonomieentwicklung durchlaufen konnte.
Er lebe in einer Symbiose mit der Mutter, ohne Anteile der Entwicklung eines
eigenen Selbst; dies zeige sich in der nicht altersentsprechenden
konfliktfreien Interaktion mit der Mutter und dem rückversichernden Verhalten
von B.________. Das erste Schuljahr habe gezeigt, dass er lernfähig sei, jedoch
grosse schulische Defizite aufweise. Das Kindeswohl sei durch das
misstrauische, überprotektive und stark aufbrausende Verhalten der Mutter stark
gefährdet.

B. 

Mit superprovisorischem Entscheid vom 4. Dezember 2019 entzog die KESB der
Mutter das Aufenthaltsbestimmungsrecht über B.________ und brachte diesen im
Kinder- und Jugendheim Laufen unter; den Eltern gewährte sie ein begleitetes
Besuchsrecht von zwei Stunden pro Woche.

Nach Anhörung bestätigte die KESB diese Massnahme mit vorsorglichem Entscheid
vom 20. Dezember 2019 für die Dauer des Kindesschutzverfahrens; zudem gab sie
ein Ergänzungsgutachten in Auftrag.

Die hiergegen erhobene Beschwerde der Mutter wies das Obergericht des Kantons
Bern mit Entscheid vom 11. Februar 2020 ab.

C. 

Gegen den obergerichtlichen Entscheid hat die Mutter am 18. März 2020 beim
Bundesgericht eine Beschwerde eingereicht mit den Begehren um dessen Aufhebung
und unverzügliche Entlassung von B.________ aus dem Kinder- und Jugendheim.

Erwägungen:

1. 

Angefochten ist der kantonal letztinstanzliche Entscheid betreffend Entzug des
Aufenthaltsbestimmungsrechtes; die Beschwerde in Zivilsachen steht offen (Art.
72 Abs. 1, Art. 75 Abs. 1 und Art. 90 BGG). Allerdings geht es um eine
vorsorgliche Massnahme, weshalb einzig die Verletzung verfassungsmässiger
Rechte geltend gemacht werden kann (Art. 98 BGG).

Hierfür gilt das strenge Rügeprinzip (Art. 106 Abs. 2 BGG), was bedeutet, dass
das Bundesgericht nur klar und detailliert erhobene und soweit möglich belegte
Rügen prüft, während es auf ungenügend begründete Rügen und rein
appellatorische Kritik am angefochtenen Entscheid nicht eintritt (BGE 134 II
244 E. 2.2 S. 246; 142 III 364 E. 2.4 S. 368).

2. 

Formell werden zwar verschiedene verfassungsmässige Rechte als verletzt
angerufen; inhaltlich besteht die Beschwerde aber primär aus appellatorischer
Kritik, welche den an Verfassungsrügen zu stellenden
Substanziierungsanforderungen über weite Strecken nicht genügt.

Dies betrifft zunächst den Sachverhalt, den die Mutter anders darstellt
(B.________ habe in der Schule gute Fortschritte gemacht; es gebe keine
objektive Grundlage, sondern nur gutachterliche Mutmassungen für die Annahme,
dass er nicht altersentsprechend entwickelt wäre und schulische Defizite
aufweise). Als nicht bloss appellatorisch, sondern genügend substanziierte
Willkürrüge könnte höchstens das Vorbringen angesehen werden, es stimme nicht,
dass B.________ nach Beendigung des Schulvertrages mit der "Academia
International School" nicht mehr zur Schule gegangen sei, sondern er habe ab
November 2019 die Schule "Nova" besucht, was dem Obergericht mit Eingabe vom
12. Dezember 2019 zur Kenntnis gebracht worden sei; in diesem Zusammenhang wird
aber - sollte die Behauptung tatsächlich zutreffen - nicht aufgezeigt,
inwiefern dies für den Ausgang des angefochtenen Entscheides von entscheidender
Bedeutung gewesen wäre (vgl. dazu BGE 140 III 264 E. 2.3 S. 266; 141 IV 249 E.
1.3.1 S. 253). Gleiches gilt für das Vorbringen, wahrheitswidrig werde
behauptet, dass der Gutachter nie ein Einzelgespräch mit B.________ habe führen
können.

In rechtlicher Hinsicht wird eine Verletzung von Art. 10 Abs. 2 BV sowie ein
Verstoss gegen Art. 14 BV und Art. 8 EMRK geltend gemacht, indem der Entzug des
Aufenthaltsbestimmungsrechtes unverhältnismässig sei, namentlich mangels
genügender Befristung, und indem das zugestandene Besuchsrecht ungenügend sei;
das Gebot der Verhältnismässigkeit hätte verlangt, zunächst bloss eine Busse
auszusprechen, falls die Begutachtung tatsächlich an ihrem Verhalten
gescheitert sein sollte. Diese Vorbringen vermögen jedoch keine Verletzung der
betreffenden verfassungsmässigen Rechte zu begründen. Die Massnahme beruht auf
einer gesetzlichen Grundlage (Art. 310 Abs. 1 ZGB) und ist zur weiteren
Begutachtung, insbesondere aber auch zur Behebung der schulischen und sozialen
Defizite, zur Unterstützung der Selbstfindung des Kindes sowie zur Vorbereitung
auf die Berufswahl vor dem Hintergrund der (vorstehend stark zusammengefasst
wiedergegebenen) Vorgeschichte unabdingbar und auch verhältnismässig. Gleiches
gilt für die Ausgestaltung des Besuchsrechtes; die Restriktionen sind durch das
überprotektive, die Gesundheit gefährdende, keine Autonomie und Ablösung des
Kindes zulassende Haltung der Mutter bedingt und damit ebenfalls als
verhältnismässig zu bezeichnen. Im Übrigen trifft es nicht zu, dass die
Massnahme nicht befristet wäre; sie gilt bis zum Entscheid in der Hauptsache,
wobei sie durch die KESB jederzeit veränderten Verhältnissen angepasst werden
kann. Auch insofern ist keine Verletzung verfassungsmässiger Rechte
auszumachen.

3. 

Nach dem Gesagten ist die Beschwerde offensichtlich unbegründet, soweit
überhaupt genügend substanziierte Verfassungsrügen vorliegen, und deshalb im
vereinfachten Verfahren nach Art. 109 Abs. 2 lit. a BGG zu behandeln.

4. 

Die Gerichtskosten sind der Beschwerdeführerin aufzuerlegen (Art. 66 Abs. 1
BGG).

Demnach erkennt das Bundesgericht:

1. 

Die Beschwerde wird abgewiesen, soweit darauf einzutreten ist.

2. 

Die Gerichtskosten von Fr. 2'000.-- werden der Beschwerdeführerin auferlegt.

3. 

Dieses Urteil wird der Beschwerdeführerin, der KESB Bern, B.________,
C.________ und dem Obergericht des Kantons Bern, Kindes- und
Erwachsenenschutzgericht, schriftlich mitgeteilt.

Lausanne, 2. April 2020

Im Namen der II. zivilrechtlichen Abteilung

des Schweizerischen Bundesgerichts

Der Präsident: Herrmann

Der Gerichtsschreiber: Möckli