Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

II. Zivilrechtliche Abteilung, Beschwerde in Zivilsachen 5A.162/2020
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Bundesgericht

Tribunal fédéral

Tribunale federale

Tribunal federal

               

5A_162/2020

Urteil vom 28. Februar 2020

II. zivilrechtliche Abteilung

Besetzung

Bundesrichter Herrmann, Präsident,

Bundesrichter Marazzi, von Werdt,

Gerichtsschreiber Möckli.

Verfahrensbeteiligte

A.________,

vertreten durch Rechtsanwalt Roger Burges,

Beschwerdeführerin,

gegen

Kindes- und Erwachsenenschutzbehörde Thun.

Gegenstand

Einweisung zur Begutachtung,

Beschwerde gegen den Entscheid des Obergerichts des Kantons Bern, Kindes- und
Erwachsenenschutzgericht, vom 10. Februar 2020 (KES 20 113).

Sachverhalt:

A.

A.a. A.________ wurde am 10. Januar 2020 mittels ärztlicher Anordnung
fürsorgerisch im Psychiatriezentrum U.________ untergebracht. Dagegen erhob die
Betroffene am 13. Januar 2020 Beschwerde beim Obergericht des Kantons Bern als
Kindes- und Erwachsenenschutzgericht. Dieses wies das Rechtsmittel am 22.
Januar 2020 ab und stellte fest, dass die gesetzliche 6-Wochen-Frist am 20.
Februar 2020 ablaufe. Das Bundesgericht wies die dagegen erhobene Beschwerde ab
(Urteil 5A_90/2020 vom 7. Februar 2020).

A.b. Mit Entscheid vom 23. Januar 2020 ordnete die Kindes- und
Erwachsenenschutzbehörde Thun (KESB) die Begutachtung der Betroffenen durch das
Psychiatriezentrum U.________ an. Die Einweisung zur Begutachtung wurde auf den
4. März 2020 befristet.

B. 

Gegen diesen Entscheid gelangte die Betroffene am 4. Februar 2020 an das
Obergericht des Kantons Bern als Kindes- und Erwachsenenschutzgericht. Mit
Entscheid vom 10. Februar 2020 (ausgefertigt am 14. Februar 2020 und zugestellt
am 18. Februar 2020) trat dieses auf das Begehren um sofortige Entlassung nicht
ein und wies die Beschwerde gegen die Einweisung zur psychiatrischen
Begutachtung ab. Sodann verzichtete es auf die Erhebung von Gerichtskosten und
gewährte der Betroffenen die unentgeltliche Verbeiständung.

C. 

A.________ gelangt am 24. Februar 2020 (Posteingang 26. Februar 2020) mit
Beschwerde in Zivilsachen an das Bundesgericht, mit den Hauptanträgen, sie sei
sofort aus dem Psychiatriezentrum U.________ zu entlassen und von einer
Begutachtung sei abzusehen. Sodann beantragt sie die Feststellung, dass Art. 5,
Art. 6 Ziff. 1 und Art. 8 EMRK verletzt worden seien, und ferner die Gewährung
der unentgeltlichen Rechtspflege.

Das Gesuch um vorsorgliche Massnahmen (sofortige Einstellung der Begutachtung)
wurde mit Verfügung vom 26. Februar 2020 abgewiesen.

Mit Schreiben vom 26. Februar 2020 bringt die Beschwerdeführerin dem
Bundesgericht zur Kenntnis, dass die KESB die dem Psychiatriezentrum U.________
ursprünglich auf den 27. Februar 2020 angesetzte Frist zur Erstattung des
Gutachtens auf dessen Gesuch hin bis zum 4. März 2020 erstreckt hat. Ausserdem
soll die Beschwerdeführerin am 4. März 2020, 14 Uhr, im Psychiatriezentrum
U.________ angehört werden und der begutachtende Arzt sein Gutachten erläutern
bzw. für Fragen zur Verfügung stehen.

Erwägungen:

1.

1.1. Angefochten ist ein letztinstanzlicher Entscheid eines oberen kantonalen
Gerichts als Rechtsmittelinstanz (Art. 75 und Art. 90 BGG) betreffend die
Einweisung zur Begutachtung (Art. 449 ZGB). Dabei handelt es sich um eine
öffentlich-rechtliche Angelegenheit nicht vermögensrechtlicher Natur, die in
engem Zusammenhang mit dem Zivilrecht steht (Art. 72 Abs. 1 lit. b Ziff. 6
BGG). Die Beschwerdeführerin ist zur Beschwerde legitimiert (Art. 76 BGG) und
die Beschwerdefrist ist eingehalten (Art. 100 Abs. 1 BGG).

1.2. Bei der Einweisung zur Begutachtung handelt es sich um einen schweren
Eingriff in die Rechte der Betroffenen. Das Bundesgericht prüft daher die
Rechtsanwendung durch die Vorinstanz mit freier Kognition (Art. 95 BGG; vgl.
BGE 135 III 633 E. 4.3).

2. 

Die Beschwerdeführerin rügt, das Obergericht sei zu Unrecht nicht auf ihr
Entlassungsbegehren eingetreten. In diesem Zusammenhang will sie eine
Verletzung der Art. 5 Ziff. 4 und Art. 6 Ziff. 1 EMRK festgestellt wissen.

2.1. Das Obergericht erwog, weil die am 10. Januar 2020 angeordnete
fürsorgerische Unterbringung, die nicht Gegenstand des Verfahrens sei, bis am
20. Februar 2020 andaure, könnte die Beschwerdeführerin selbst bei Gutheissung
der Beschwerde gegen die Einweisung zur Begutachtung am 10. Februar 2010 nicht
entlassen werden.

2.2. Dagegen wendet die Beschwerdeführerin ein, die Vizepräsidentin der KESB
habe gemäss Anhörungsprotokoll vom 22. Januar 2020 erklärt, "die behördliche
Einweisung zur stationären Begutachtung ersetze die Frist der ärztlichen
fürsorgerischen Unterbringung". Ausserdem habe sich die KESB in ihrem Entscheid
vom 23. Januar 2020 die Entlassungskompetenz vorbehalten. Damit habe der
Unterbringungstitel vom 10. Januar 2020 am 10. Februar 2020 nicht mehr
bestanden, weshalb die Gutheissung der Beschwerde sehr wohl zur Entlassung der
Beschwerdeführerin aus der Einrichtung geführt hätte.

2.3. Gemäss Art. 426 Abs. 1 ZGB darf eine Person, die an einer psychischen
Störung oder an geistiger Behinderung leidet oder schwer verwahrlost ist, in
einer geeigneten Einrichtung untergebracht werden, wenn die nötige Behandlung
oder Betreuung nicht anders erfolgen kann. Denselben Schutzzweck verfolgt Art.
429 ZGB, der die ärztliche Unterbringung regelt (Geiser/Etzensberger, Basler
Kommentar, 6. Aufl. 2018, N. 8 zu Art. 429/430 ZGB). Hingegen decken die Art.
426 ZGB und Art. 429 ZGB die Begutachtung nicht ab (Geiser/Etzensberger,
op.cit., N. 27 zur Art. 426 ZGB und N. 9 zu Art. 429/430 ZGB). Vielmehr findet
sich die gesetzliche Grundlage für die Einweisung zur psychiatrischen
Begutachtung gegen den Willen der betroffenen Person in Art. 449 ZGB. Danach
kann die Erwachsenenschutzbehörde eine Person zur Begutachtung in eine
geeignete Einrichtung einweisen, sofern im Hinblick auf die Anordnung einer
Erwachsenenschutzmassnahme eine psychiatrische Begutachtung unerlässlich ist
und diese nicht ambulant durchgeführt werden kann (Art. 449 Abs. 1 ZGB).
Während es sich bei der Einweisung zur Begutachtung (Art. 449 Abs. 1 ZGB) um
eine Massnahme zur Abklärung der Verhältnisse handelt, erfolgt die
fürsorgerische Unterbringung i.S.v. Art. 426 Abs. 1 bzw. Art. 429 Abs. 1 ZGB
zur Behandlung und/oder Betreuung. Damit unterscheiden sich die Voraussetzungen
für die Anordnung einer fürsorgerischen Unterbringung von jenen für eine
Einweisung zur Begutachtung. Folglich berechtigt eine fürsorgerische
Unterbringung alleine nicht, gegen den Willen der betroffenen Person ein
stationäres Gutachten zu erstellen. Vielmehr handelt es sich bei der Einweisung
nach Art. 449 Abs. 1 ZGB um eine Ergänzung der Einweisung gemäss Art. 426 Abs.
1 oder Art. 429 ZGB. Sie dient der Abklärung der Verhältnisse und ist zulässig,
soweit eine fürsorgerische Unterbringung ernsthaft in Betracht gezogen werden
kann, aber wichtige Grundlagen für einen definitiven Einweisungsentscheid
fehlen (Urteile 5A_211/2014 vom 14. Juli 2014 E. 3.2.2; 5A_900/2013/2013 vom
11. Dezember 2013 E. 2.1; 5A_576/2012 vom 27. August 2012 E. 5.1; 5A_250/2010
vom 14. April 2010 E. 2.3). Selbst wenn sich eine Person bereits wegen einer
fürsorgerischen Unterbringung in einer Einrichtung befindet, muss ein Entscheid
gestützt auf Art. 449 ZGB ergehen, wenn diese Person gegen ihren Willen
stationär begutachtet werden soll (Maranta/Auer/Marti, Basler Kommentar, 6.
Aufl. 2018, N. 4 zu Art. 449 ZGB).

2.4. Nach dem Gesagten haben der Streit um die fürsorgerische Unterbringung
(Art. 426 oder Art. 429 ZGB) und jener um die Einweisung zur Begutachtung (Art.
449 ZGB) nicht denselben Gegenstand. Daher kann ein Entscheid über die
Einweisung zur Begutachtung einen früheren Entscheid über eine fürsorgerische
Unterbringung nicht ersetzen. Insofern hatten die Erläuterungen der
Vizepräsidentin der KESB nicht jene Bedeutung, welche die Beschwerdeführerin
ihnen zumisst. Soweit die Vizepräsidentin der KESB tatsächlich der Meinung
gewesen sein sollte, dass der Entscheid vom 23. Januar 2020 jenen vom 10.
Januar 2020 ersetzt habe, ist sie offensichtlich von einer unzutreffenden
Rechtslage ausgegangen. Daraus vermag die Beschwerdeführerin nichts zu ihren
Gunsten ableiten.

2.5. Das Bundesgericht hat sich im Urteil 5A_118/2017 vom 7. März 2017 mit der
Problematik der Parallelität von fürsorgerischer Unterbringung und Einweisung
zur Begutachtung befasst. Dort war die betroffene Person am 5. Januar 2017
ärztlich fürsorgerisch untergebracht worden, und am 2. Februar 2017 hatte die
Kindes- und Erwachsenenschutzbehörde die Einweisung zur Begutachtung
angeordnet. In dieser Konstellation konnte eine allfällige Gutheissung der
gegen die fürsorgerische Unterbringung gerichteten Beschwerde nicht zur
Entlassung des Betroffenen führen, zumal die Anordnung zur Begutachtung noch
wirksam war. Folglich kam das Bundesgericht zum Schluss, der Beschwerdeführer
habe kein schützenswertes Interesse an der allein die fürsorgerische
Unterbringung betreffenden Beschwerde (E. 3.2).

Vorliegend ist die Konstellation ähnlich. Im Zeitpunkt, als das Obergericht
über die Beschwerde zur Einweisung zur Begutachtung befand (10. Februar 2020),
war die am 10. Januar 2020 angeordnete, die Behandlung und Betreuung
bezweckende fürsorgerische Unterbringung noch wirksam (E. 2.4). Daher hätte die
Gutheissung der Beschwerde gegen die Einweisung zur Begutachtung nicht zur
Entlassung der Beschwerdeführerin führen können. Auf die Beschwerde einer am
Verfahren beteiligten Person (Art. 450 Abs. 2 Ziff. 1 ZGB) ist grundsätzlich
nur einzutreten, soweit sie über ein tatsächliches, aktuelles Interesse an der
Beschwerdeführung verfügt (Urteil 5A_960/2015 vom 22. Dezember 2015 E. 2.2 mit
Hinweisen); vorbehalten bleiben Umstände, unter welchen von einem virtuellen
Interesse auszugehen ist (BGE 142I 135 E. 1.3.1; 140 III 92 E. 1.1; 139 I 206
E. 1.1, 312 E. 5.3). Wenn selbst eine allfällige Gutheissung ihrer Beschwerde
nicht zur Entlassung aus der fürsorgerischen Unterbringung hätte führen können,
verfügte die Beschwerdeführerin über kein tatsächliches, aktuelles Interesse an
der Beurteilung ihres Entlassungsbegehrens. Ein ausnahmsweise fortbestehendes
virtuelles Interesse macht die Beschwerdeführerin nicht geltend und ist auch
nicht ersichtlich. Daher ist das Obergericht zu Recht nicht auf das im
Verfahren um Einweisung zur Begutachtung gestellte Entlassungsbegehren
eingetreten. Der Beschwerdeführerin wurde sowohl mit Bezug auf die
fürsorgerische Unterbringung (Sachverhalt Bst. A.a) als auch mit Bezug auf die
Einweisung zur Begutachtung der Zugang zum Gericht gewährleistet; eine
diesbezügliche Verletzung der Art. 5 Ziff. 4 und Art. 6 Ziff. 1 EMRK liegt
nicht vor.

3. 

Sodann richtet sich die Beschwerde gegen die Einweisung zur Begutachtung.

3.1. Ist eine psychiatrische Begutachtung unerlässlich und kann diese nicht
ambulant durchgeführt werden, so weist die Erwachsenenschutzbehörde die
betroffene Person zur Begutachtung in eine geeignete Einrichtung ein (Art. 449
Abs. 1 ZGB). Der zur Begutachtung verfügte Aufenthalt in einer Einrichtung ist
auf die absolut notwendige Zeit zu beschränken (Urteil 5A_900/2013 vom 11.
Dezember 2013 E. 2.1 mit Hinweis).

3.2. Nach den Feststellungen des Obergerichts ist die Beschwerdeführerin zur
Zeit wegen einer Dekompensation der bekannten paranoiden Schizophrenie bei
Medikamentenmalcompliance fürsorgerisch im Psychiatriezentrum U.________
untergebracht. Sie ist aufgrund vermehrter Konflikte mit ihren Nachbarn, einem
massiven Gewichtsverlust und dem Verdacht auf einen Verschmutzungswahn als
aktut selbstgefährdet und behandlungsbedürftig eingeschätzt worden. Anlässlich
der Verhandlung vor dem Obergericht zeigte sich die Beschwerdeführerin - wie
bereits im Rahmen der Verhandlung über die Beschwerde gegen die fürsorgerische
Unterbringung - im Vergleich zur Einweisungssituation in einem verbesserten
Zustand und konnte klare Antworten geben. Dennoch erweist sich ihr
Gesundheitszustand noch nicht als hinreichend stabilisiert. Die
Beschwerdeführerin zeigt keine Krankheitseinsicht und bagatellisiert ihre
psychische Krankheit stark. So gab sie zu Protokoll, einfach psychisch etwas
angeschlagen, jedoch nicht krank zu sein. Nach Absetzen der Medikamente habe
sich ihr Zustand nicht gross verändert und sie habe auch nicht weniger
gegessen, sondern nur nicht erkannt, dass sie mehr Nahrung bräuchte. Den
Gewichtsverlust habe sie nicht respektive erst zu spät bemerkt.

Daraus folgerte das Obergericht, es bestehe ein ernsthafter Verdacht auf einen
Schwächezustand im Sinn von Art. 426 Abs. 1 ZGB und die Notwendigkeit einer
Behandlung oder Betreuung, wobei eine Krankheitseinsicht zu fehlen scheine. Um
dies abschliessend beurteilen zu können, sei eine vertiefte und sorgfältige
Abklärung des aktuellen Krankheitsbildes und der allenfalls nötigen Behandlung
und Betreuung notwendig. Nur so könnten die Grundlagen für einen definitiven
Einweisungsentscheid geschaffen werden. Die psychiatrische Begutachtung erweise
sich demnach als unerlässlich. Hinsichtlich der Verhältnismässigkeit erwog das
Obergericht, die Begutachtung könne nur stationär stattfinden, denn es müsse
davon ausgegangen werden, dass die Beschwerdeführerin nicht an einer ambulanten
Begutachtung teilnehmen würde, da sie einen Verbleib in der Klinik nicht als
notwendig erachte und nicht sehe, weshalb ein Gutachten notwendig sein sollte.
Sie bezeichne sich selber als stabil und zeige daher keine genügende
Krankheits- und Behandlungseinsicht. Im Übrigen sei die Unterbringung bis am 4.
März 2020 befristet. Die Dauer von rund sechs Wochen sei erforderlich, denn die
Begutachtung bedürfe einer längeren Beobachtungsphase. Schliesslich sei das
Psychiatriezentrum U.________ als psychiatrische Klinik eine geeignete
Einrichtung.

3.3. Die Beschwerdeführerin bestreitet das dem angefochtenen Entscheid zu
Grunde gelegte Tatsachenfundament nicht. Nicht einverstanden ist sie dagegen
mit den daraus gezogenen Schlussfolgerungen. Namentlich wirft die
Beschwerdeführerin dem Obergericht vor, nicht plausibel dargelegt zu haben,
weshalb sich eine psychiatrische Begutachtung als unerlässlich erweise. So
prüfe das Obergericht im Grunde genommen, ob die Voraussetzungen einer
fürsorgerischen Unterbringung gegeben seien. Selbst wenn der Gesundheitszustand
der Beschwerdeführerin noch nicht als hinreichend stabilisiert betrachtet
werden könne, sie keine Krankheitseinsicht zeige, ihre Krankheit
bagatellisiere, sich als einfach psychisch etwas angeschlagen einstufe, keine
markanten Veränderungen nach Absetzen der Medikamente bei sich registriert und
den Gewichtsverlust nicht bzw. erst zu spät bemerkt habe, könne deswegen die
Begutachtung nicht als unerlässlich bezeichnet werden, nur weil allenfalls eine
Schutzbedürftigkeit bestehe (Ziff. 21). Der Verdacht auf einen Schwächezustand
und die Notwendigkeit einer Behandlung oder Betreuung wäre allenfalls als
Grundlage einer fürsorgerischen Unterbringung dienlich, mache aber eine
psychiatrische Begutachtung deswegen noch lange nicht unerlässlich (Ziff. 22).
Das Obergericht lasse ausser Acht, dass die Beschwerdeführerin bereits am 10.
Januar 2020 zur notwendigen Behandlung und Betreuung eingewiesen worden sei und
gerade diesen Freiheitsentzug nicht einer Prüfung unterziehen wolle (Ziff. 23).
An der Sache vorbei ziele sodann der Vorhalt, es könne nicht davon ausgegangen
werden, dass die Beschwerdeführerin an einer ambulanten Behandlung teilnehmen
würde, denn sie sei ja ohnehin bereits fürsorgerisch untergebracht (Ziff. 24).
Ferner könne die Aussage der Beschwerdeführerin, wonach sie einen Verbleib in
der Klinik nicht als notwendig erachte und nicht einsehe, weshalb ein Gutachten
nötig sein soll, nichts zu ihren Lasten abgeleitet werden, denn "vielleicht hat
sie ja Recht!" (Ziff. 25). Schliesslich wirft die Beschwerdeführerin dem
Obergericht vor, die Erforderlichkeit der sechswöchigen Dauer nicht ernsthaft
geprüft, sondern einfach die sechswöchige Frist einfach neu angesetzt zu haben
(Ziff. 26).

3.4. Wie bereits dargelegt, dient die Einweisung zur Begutachtung i.S.v. Art.
449 ZGB der Abklärung der Verhältnisse und ist zulässig, soweit eine
fürsorgerische Unterbringung ernsthaft in Betracht gezogen werden kann, aber
wichtige Grundlagen für einen definitiven Einweisungsentscheid fehlen (E. 2.3).
Entgegen der Auffassung der Beschwerdeführerin hatte das Obergericht folglich
sehr wohl prognostisch zu beurteilen, ob eine auf Art. 426 ZGB gestützte
fürsorgerische Unterbringung infrage kommt. Sodann dient die fürsorgerische
Unterbringung, wie ebenfalls bereits ausgeführt (E. 2.3), der Behandlung und
Betreuung, nicht aber der Begutachtung, weshalb der Umstand, dass die
Beschwerdeführerin im Zeitpunkt der vorinstanzlichen Urteilsfällung noch
fürsorgerisch untergebracht war, keine Rolle spielen konnte. Ebenso geht der
Einwand, auf die Freiwilligkeit der Begutachtung könne es nicht ankommen, weil
die Beschwerdeführerin aktuell fürsorgerisch untergebracht sei, an der Sache
vorbei. Mit der Behauptung, vielleicht habe die Beschwerdeführerin recht, dass
die Begutachtung nicht notwendig sei, weshalb ihr nicht mangelnder
Mitwirkungswillen vorgehalten werden könne, erhebt sie gar keine eigentliche
Rüge sondern eine reine Vermutung. Im Übrigen schliesst der Umstand, dass die
Beschwerdeführerin mit der Begutachtung nicht einverstanden ist, als solcher
die stationäre Durchführung nicht aus. Schliesslich trifft es nicht zu, dass
das Obergericht "einfach" eine sechswöchige Frist für die Begutachtung
angesetzt hat; namentlich widerspricht sie der Beurteilung des Obergerichts,
wonach die Begutachtung eine längere Beobachtungsphase benötige, nicht.
Insgesamt gelingt es der Beschwerdeführerin nicht, den angefochtenen Entscheid
als bundesrechtswidrig auszuweisen.

4.

4.1. Die Beschwerdeführerin unterliegt und ist grundsätzlich kosten- (Art. 66
Abs. 1 BGG), nicht aber entschädigungspflichtig, zumal die KESB als verfügende
Behörde in ihrem amtlichen Wirkungskreis tätig war (Art. 68 Abs. 3 BGG). Es
rechtfertigt sich indes, angesichts der besonderen Umstände auf die Erhebung
von Gerichtskosten zu verzichten.

4.2. Das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege ist gutzuheissen, soweit es
zufolge Kostenlosigkeit des Verfahrens nicht gegenstandslos geworden ist, zumal
die Beschwerde nicht als von vornherein aussichtslos gelten kann und die
Beschwerdeführerin offensichtlich bedürftig ist (Art. 64 Abs. 1 BGG). Folglich
ist ihr Rechtsanwalt Roger Burges als amtlicher Rechtsbeistand zu bestellen,
der für seine Bemühungen aus der Bundesgerichtskasse zu entschädigen ist (Art.
64 Abs. 2 BGG). Die Beschwerdeführerin wird darauf aufmerksam gemacht, dass sie
der Gerichtskasse Ersatz zu leisten hat, wenn sie später dazu in der Lage ist
(Art. 64 Abs. 4 BGG).

Demnach erkennt das Bundesgericht:

1. 

Die Beschwerde wird abgewiesen, soweit auf sie einzutreten ist.

2. 

Es werden keine Gerichtskosten erhoben.

3. 

Das Gesuch der Beschwerdeführerin um unentgeltliche Rechtspflege wird
gutgeheissen, soweit es nicht gegenstandslos geworden ist. Ihr wird
Rechtsanwalt Roger Burges als amtlicher Rechtsbeistand bestellt.

4. 

Rechtsanwalt Roger Burges wird für seine Bemühungen mit Fr. 1'500.-- aus der
Bundesgerichtskasse entschädigt.

5. 

Dieses Urteil wird der Beschwerdeführerin, der Kindes- und
Erwachsenenschutzbehörde Thun und dem Obergericht des Kantons Bern, Kindes- und
Erwachsenenschutzgericht, schriftlich mitgeteilt.

Lausanne, 28. Februar 2020

Im Namen der II. zivilrechtlichen Abteilung

des Schweizerischen Bundesgerichts

Der Präsident: Herrmann

Der Gerichtsschreiber: Möckli