Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

II. Öffentlich-rechtliche Abteilung, Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten 2C.29/2020
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Bundesgericht

Tribunal fédéral

Tribunale federale

Tribunal federal

               

2C_29/2020 / 2C_79/2020

Urteil vom 3. April 2020

II. öffentlich-rechtliche Abteilung

Besetzung

Bundesrichter Seiler, Präsident,

Bundesrichterin Aubry Girardin,

Bundesrichter Donzallaz,

Gerichtsschreiber Kocher.

Verfahrensbeteiligte

2C_29/2020

A.________,

Beschwerdeführerin,

gegen

Eidgenössische Steuerverwaltung,

Beschwerdegegnerin.

2C_79/2020

Eidgenössische Steuerverwaltung,

Beschwerdeführerin,

gegen

A.________,

Beschwerdegegnerin.

Gegenstand

Mehrwertsteuer, Steuerperioden 2011 bis 2015,

Beschwerde gegen das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts, Abteilung I, vom 5.
Dezember 2019

(A-2859/2019).

Sachverhalt:

A.

A.________ (nachfolgend: die Steuerpflichtige) unterhielt seit dem 1. April
2011 in selbständiger Erwerbstätigkeit eine Take-away-Filiale. Am 4. Oktober
2011 meldete sie sich bei der Eidgenössischen Steuerverwaltung (ESTV) an, wobei
sie um Abrechnung nach der Methode der Saldosteuersätze ersuchte. Ihr
Geschäftsmodell beschrieb sie als "Take-away ohne Konsumationsmöglichkeit". Die
ESTV trug die Steuerpflichtige am 14. Oktober 2011 rückwirkend auf den 1. April
2011 in das Register der Mehrwertsteuerpflichtigen ein und bewilligte ihr die
Abrechnung nach Saldosteuersätzen. Für "Take-away ohne Konsumationsmöglichkeit"
gab die ESTV einen Saldosteuersatz von 0,6 Prozent bekannt, den die
Steuerpflichtige in der Folge auch anwendete.

B.

Am 14. Februar 2013 schloss die Steuerpflichtige mit der damaligen B.________
GmbH & Co KG, U.________ (DE), Zweigniederlassung V.________/LU, ein als
Agenturvertrag bezeichnetes Rechtsgeschäft. Soweit hier interessierend, sah der
Vertrag vor, dass die Steuerpflichtige bevollmächtigt sei, "das gesamte
B.________-Sortiment im Namen und für Rechnung von B.________ zu veräussern" (§
4 Abs. 1). Die Steuerpflichtige und ihr Personal waren gehalten, "den
einheitlichen B.________-Marktauftritt zu gewährleisten". Weiter vereinbarten
die Parteien, dass der Tagesumsatz mit B.________-Produkten spätestens am
folgenden Banköffnungstag auf ein Bankkonto der B.________ GmbH & Co. KG zu
überweisen sei (§ 6 Abs. 1). Der Steuerpflichtigen standen 33,0 Prozent des
Nettoumsatzes aus dem verkauften Sortiment zu (nebst Mehrwertsteuer zum
Normalsatz von damals 8,0 Prozent; § 7 Abs. 1). Im Gegenzug schuldete sie der
B.________ GmbH & Co. KG eine Entschädigung von 17,0 Prozent (nebst
Mehrwertsteuer zum Normalsatz) des Nettoumsatzes aus dem verkauften Sortiment.
Die B.________ GmbH & Co. KG verrechnete Anspruch und Gegenanspruch und
überwies den Saldo an die Steuerpflichtige.

C.

Am 13. Juni 2017 kündigte die ESTV bei der Steuerpflichtigen eine
mehrwertsteuerliche Kontrolle an, die sie am 7. August 2017 vornahm.
Kontrollperiode bildeten die Steuerperioden 2011 bis und mit 2015. Anlässlich
der Kontrolle stellte die ESTV fest, dass die Steuerpflichtige als Agentin der
B.________ GmbH & Co. KG (später: B.________ AG, W.________/LU) gehandelt habe,
weshalb der Saldosteuersatz für "Provisionen, soweit nicht anderswo genannt"
von 6,1 Prozent anwendbar gewesen wäre. Umsatzbasis bilde der ausbezahlte
Anteil am Nettoumsatz aus dem verkauften B.________-Sortiment, die sog.
"Provision". In der Folge erstellte die ESTV am 12. Dezember 2017 eine
Einschätzungsmitteilung. Daraus ergab sich eine Steuerforderung zugunsten der
ESTV von Fr. 94'862.--, wobei Fr. 9'464.-- auf die Steuerperiode 2011
entfielen. Die Steuerpflichtige bestritt die Einschätzungsmitteilung. Sie
machte hauptsächlich geltend, sie betreibe ein "Take-away ohne
Konsumationsmöglichkeit" und habe mit einem Saldosteuersatz von 0,6 Prozent
abzurechnen, was ihr im übrigen von der ESTV bewilligt worden sei. Mit
Verfügung vom 10. August 2018 bestätigte die ESTV die Steuernachforderung in
Höhe von Fr. 94'862.--, wogegen die Steuerpflichtige Einsprache erhob. Die ESTV
wies die Einsprache, soweit hier interessierend, mit Einspracheentscheid vom 7.
Mai 2019 ab.

D.

Das von der Steuerpflichtigen angerufene Bundesverwaltungsgericht hiess die
Beschwerde der Steuerpflichtigen im Umfang von Fr. 9'464.-- gut; im Übrigen
wies es sie ab (Entscheid A-2859/2019 vom 5. Dezember 2019). Das
Bundesverwaltungsgericht erwog, entgegen der Auffassung der ESTV sei die
Steuerperiode 2011 am 1. Januar 2017 verjährt, da vor der Ankündigung der
Kontrolle (13. Juni 2017) keine verjährungsunterbrechenden Schritte der ESTV
ersichtlich seien. In der Sache selbst habe die Tätigkeit der Steuerpflichtigen
nicht im Betrieb einer Take-away-Filiale, sondern im Verkauf der gelieferten
Lebensmittel im Namen und für Rechnung der B.________ GmbH & Co. KG bestanden.
Die ESTV habe auch die Bemessungsgrundlage ("Provision") und den massgebenden
Saldosteuersatz zutreffend festgelegt. Die Steuerpflichtige habe selber zu
verantworten, dass sie in der Unterstellungserklärung vom 4. Oktober 2011
unzutreffende Angaben gemacht habe. Sodann habe sie am 19. August 2019 um den
(rückwirkenden) Übergang zur effektiven Abrechnungsmethode ersucht, was das
Gesetz aber nicht vorsehe.

E.

Mit Eingabe vom 10. Januar 2020 erhebt die Steuerpflichtige beim Bundesgericht
Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten (Verfahren 2C_29/2020).
Sie beantragt in ihrer kurz gefassten Darstellung die Aufhebung des
angefochtenen Entscheids und ersucht um die Erteilung des Rechts zur
unentgeltlichen Rechtspflege (Prozessführung und anwaltliche Verbeiständung).
Die Anträge lässt sie weitgehend unbegründet. Vom Bundesgericht hierzu
eingeladen, reicht sie am 27. Januar 2020 (Poststempel) innert Frist eine
ergänzte Beschwerdeschrift nach. Die Vorinstanz sieht von einer Vernehmlassung
ab. Die ESTV schliesst auf Abweisung der Beschwerde.

F.

Die ESTV unterbreitet dem Bundesgericht ihrerseits mit Rechtsschrift vom 22.
Januar 2020 eine Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten
(Verfahren 2C_79/2020). Sie beantragt, der angefochtene Entscheid sei
aufzuheben, soweit die Beschwerde der Steuerpflichtigen gutgeheissen worden
war, und der Einspracheentscheid vom 7. Mai 2019 sei zu bestätigen. Die
Vorinstanz sieht von einer Vernehmlassung ab. Die Steuerpflichtige ersucht
innerhalb der Frist lediglich um die Erteilung des Rechts zur unentgeltlichen
Rechtspflege (Prozessführung und anwaltliche Verbeiständung). Ausführungen zur
Sache macht sie keine.

Erwägungen:

I. Formelles

1. 

1.1. Die beiden Beschwerden richten sich gegen den nämlichen Entscheid A-2859/
2019 vom 5. Dezember 2019; sie betreffen die gleichen Parteien und den gleichen
Sachverhalt. Es rechtfertigt sich, die zwei Verfahren zu vereinigen (Art. 71
BGG in Verbindung mit Art. 24 BZP; BGE 142 II 293 E. 1.2 S. 296).

1.2. Die Voraussetzungen der Beschwerde in öffentlich-rechtlichen
Angelegenheiten liegen vor (Art. 82 lit. a, Art. 83 e contrario, Art. 86 Abs. 1
lit. a, Art. 90 und Art. 100 Abs. 1 BGG). Die Legitimation der
Steuerpflichtigen geht aus Art. 89 Abs. 1 BGG hervor. Jene der ESTV ergibt sich
aus Art. 89 Abs. 2 lit. a BGG in Verbindung mit Art. 141 der
Mehrwertsteuerverordnung vom 27. November 2009 (MWSTV 2009; SR 641.201). Auf
die Beschwerden ist einzutreten.

1.3. Das Bundesgericht prüft das Bundesrecht von Amtes wegen (Art. 106 Abs. 1
BGG; BGE 145 V 326 E. 1 S. 328) und mit uneingeschränkter (voller) Kognition
(Art. 95 lit. a BGG; BGE 145 I 239 E. 2 S. 241). Unter Berücksichtigung der
allgemeinen Begründungspflicht der Beschwerde (Art. 42 Abs. 1 und 2 BGG) prüft
das Bundesgericht nur die geltend gemachten Rügen, sofern eine Rechtsverletzung
nicht geradezu offensichtlich ist (BGE 145 II 153 E. 2.1 S. 156; 145 V 304 E.
1.1 S. 305 f.).

1.4. Im Unterschied zum Bundesgesetzesrecht geht das Bundesgericht der
Verletzung verfassungsmässiger Individualrechte (einschliesslich der
Grundrechte) von vornherein nur nach, falls und soweit eine solche Rüge in der
Beschwerde überhaupt vorgebracht und ausreichend begründet worden ist
(qualifizierte Rüge- und Begründungsobliegenheit gemäss Art. 106 Abs. 2 BGG).
In der Beschwerde ist daher klar und detailliert anhand der Erwägungen des
angefochtenen Entscheids darzulegen, dass und inwiefern verfassungsmässige
Individualrechte verletzt worden sein sollen (BGE 145 V 304 E. 1.1 S. 305 f.).
Auf bloss allgemein gehaltene, appellatorische Kritik am vorinstanzlichen
Entscheid geht das Bundesgericht nicht ein (BGE 145 I 121 E. 2.1 S. 133).

1.5. Das Bundesgericht legt seinem Urteil den Sachverhalt zugrunde, den die
Vorinstanz festgestellt hat (Art. 105 Abs. 1 BGG). Die vorinstanzlichen
Sachverhaltsfeststellungen können von Amtes wegen oder auf Rüge hin berichtigt
werden, wenn sie offensichtlich unrichtig sind oder auf einer Rechtsverletzung
im Sinne von Art. 95 BGG beruhen und wenn die Behebung des Mangels für den
Verfahrensausgang entscheidend sein kann (Art. 105 Abs. 2 und Art. 97 Abs. 1
BGG). "Offensichtlich unrichtig" ist mit "willkürlich" gleichzusetzen (zum
Ganzen: BGE 145 V 326 E. 1 S. 328). Tatfrage ist auch die Beweiswürdigung (BGE
144 V 111 E. 3 S. 112). Die Anfechtung der vorinstanzlichen Feststellungen
unterliegt der qualifizierten Rüge- und Begründungsobliegenheit (BGE 144 V 50
E. 4.1 S. 52 f.; vorne E. 1.4). Wird die Beschwerde diesen Anforderungen nicht
gerecht, bleibt es beim vorinstanzlich festgestellten Sachverhalt (BGE 140 III
16 E. 1.3.1 S. 18).

1.6. Neue Tatsachen und Beweismittel dürfen im bundesgerichtlichen Verfahren
nur vorgebracht werden, falls und soweit erst der Entscheid der Vorinstanz dazu
Anlass gibt (unechte Noven; Art. 99 Abs. 1 BGG; BGE 145 I 227 E. 5.1 S. 232;
145 III 436 E. 3 S. 438). Art. 99 Abs. 1 BGG zielt auf Tatsachen und
Beweismittel ab, die im vorinstanzlichen Verfahren - obwohl sie bereits
vorhanden und der Partei bekannt waren - nicht vorgebracht und auch von den
Unterinstanzen nicht festgestellt worden sind, nun aber durch das angefochtene
Urteil rechtserheblich werden (Urteil 2C_50/2017 vom 22. August 2018 E. 3.2).
Der vorinstanzliche Verfahrensausgang allein bildet aber noch keinen
hinreichenden Anlass für die Zulässigkeit von unechten Noven, die bereits zuvor
ohne Weiteres hätten vorgebracht werden können (BGE 143 V 19 E. 1.2 S. 22 f.).
Das Novenrecht vor Bundesgericht kann insbesondere nicht dazu dienen, ein
prozessuales Verhalten, das im vorinstanzlichen Verfahren versäumt wurde,
nachzuholen oder die verletzte Mitwirkungspflicht zu heilen (Urteil 2C_1115/
2014 vom 29. August 2016 E. 1.4.1, nicht publ. in: BGE 142 II 488).

II. Beschwerde im Verfahren 2C_29/2020

2.

2.1. Die Steuerpflichtige bringt vor, die ESTV habe ihr den Saldosteuersatz für
"Take-away ohne Konsumationsmöglichkeit" mit einem Steuersatz von 0,6 Prozent
bewilligt. Darauf sei die ESTV zu behaften. In Wahrheit liege ohnehin kein
Agentur-, sondern ein Franchisevertrag vor. Das Entgelt ergebe sich aus der
Verrechnung von Anspruch ("Provision") und Gegenanspruch; steuerbar sei
lediglich der Saldo, was die Vorinstanz verkannt habe. Einen Saldosteuersatz
für "Provisionen, soweit nicht anderswo genannt", sehe die Verordnung nicht
vor. Die Steuerforderung gefährde ihre Existenz.

2.2.

2.2.1. Die Vorinstanz hatte das als Agenturvertrag bezeichnete Rechtsgeschäft,
da kein weitergehender Parteiwille festgestellt ist, einer normativen bzw.
objektiven Vertragsauslegung zu unterziehen (BGE 144 III 93 E. 5.2.3 S. 98 f.;
144 V 84 E. 6.2.1 S. 89). Sie konnte und musste sich dabei zwangsläufig auf den
Wortlaut zu stützen. Gemäss § 4 Abs. 1 des Vertrags war die Steuerpflichtige
ermächtigt, das gesamte B.________-Sortiment im Namen und auf Rechnung der
B.________ GmbH & Co. KG zu verkaufen (Sachverhalt, lit. B). Die Vorinstanz
sieht die vertragsgemässe Abwicklung des Rechtsgeschäfts darin bestätigt, dass
die Parteien namentlich § 7 Abs. 1 des Vertrags nachgelebt hätten, was sich
darin äussere, dass die B.________ GmbH & Co. KG jeweils ihren Anspruch mit dem
Gegenanspruch verrechnet und die Nettogrösse an die Steuerpflichtige überwiesen
habe (Sachverhalt, lit. D).

2.2.2. Wenn die Vorinstanz vor diesem Hintergrund annimmt, dass die Leistung
der Steuerpflichtigen im Verkauf der gelieferten Lebensmittel im Namen und für
Rechnung der B.________ GmbH & Co. KG bestanden habe (Sachverhalt, lit. D),
beruht dies auf verfassungsrechtlich haltbarer Beweiswürdigung. Die
Steuerpflichtige macht zwar geltend, sie habe auch eigene Produkte verkaufen
dürfen, was aber nicht geeignet sein kann, die vorinstanzliche Beweiswürdigung
als willkürlich erscheinen zu lassen.

2.2.3. Bundesrechtlich spricht einiges für das Vorliegen eines Agenturvertrags
im Sinne von Art. 418a ff. OR. Agent ist, wer die Verpflichtung übernimmt,
dauernd für einen oder mehrere Auftraggeber Geschäfte zu vermitteln oder in
ihrem Namen und für ihre Rechnung abzuschliessen, ohne zu den Auftraggebern in
einem Arbeitsverhältnis zu stehen (Art. 418a Abs. 1 OR). Auf den
Vermittlungsagenten sind die Vorschriften über den Mäklervertrag, auf den
Abschlussagenten diejenigen über die Kommission ergänzend anwendbar (Art. 418b
Abs. 1 OR). Während der Agent einer Treuepflicht unterliegt, verfügt der
Auftraggeber über Weisungsbefugnisse; es besteht ein Subordinationsverhältnis
(BGE 136 III 518 E. 4.4 S. 519).

2.2.4. Entscheidend ist aber letztlich, dass eine Leistung
mehrwertsteuerrechtlich von derjenigen Person als erbracht gilt, die nach
aussen als Leistungserbringerin auftritt (Art. 20 Abs. 1 MWSTG 2009; Urteil
2C_927/2019 vom 10. Februar 2020 E. 2.2.3). Aufgrund des klaren Vertragsgehalts
ging die Abrede im vorliegenden Fall dahin, dass die Steuerpflichtige
bevollmächtigt (und verpflichtet) sei, "das gesamte B.________-Sortiment im
Namen und für Rechnung von B.________ zu veräussern" (§ 4 Abs. 1). Die
Steuerpflichtige und ihr Personal waren gehalten, während des Betriebes "den
einheitlichen B.________-Marktauftritt zu gewährleisten" (Sachverhalt, lit. B).
Vor diesem Hintergrund wirkte die Steuerpflichtige mehrwertsteuerrechtlich als
direkte Stellvertreterin (Art. 20 Abs. 2 MWSTG 2009; Urteil 2C_767/2018 vom 8.
Mai 2019 E. 2.1.1). Die von der Steuerpflichtigen als Agentin erbrachten
Leistungen sind nicht derselben, sondern dem Auftraggeber zuzuordnen. Die
Steuerpflichtige hat nur, aber immerhin die empfangene Provision zu versteuern
(hinten E. 2.4.2).

2.3.

2.3.1. Die Steuerpflichtige wendet ein, ihr sei ein Saldosteuersatz von 0,6
Prozent zugesichert worden, weshalb es nicht angehe, die Nachbelastungen anhand
des Steuersatzes von 6,1 Prozent vorzunehmen. Dazu ist folgendes zu sagen: Wer
nach der Methode der Saldosteuersätze abrechnet (Art. 37 des Bundesgesetzes vom
12. Juni 2009 über die Mehrwertsteuer [MWSTG 2009; SR 641.20]), hat den von der
ESTV bewilligten Saldosteuersatz anzuwenden (Art. 84 Abs. 1 MWSTV 2009). Wie
hinsichtlich der Frage, ob die Eintragung vorzunehmen sei, herrscht hier eine
behördliche Untersuchungspflicht. Nach den für das Bundesgericht verbindlichen
Feststellungen der Vorinstanz (Art. 105 Abs. 1 BGG; vorne E. 1.4) beschrieb die
Steuerpflichtige ihr Geschäftsmodell in der Anmeldung vom 4. Oktober 2011 als
"Takeaway ohne Konsumationsmöglichkeit" (Sachverhalt, lit. A). Im Fragebogen
zur Abklärung der Mehrwertsteuerpflicht, der sich in den amtlichen Akten
befindet, weshalb er sachverhaltsergänzend herangezogen werden kann (Art. 105
Abs. 2 BGG; vorne E. 1.5), bringt die Steuerpflichtige keine Einschränkung an.
Die ESTV durfte mithin davon ausgehen, dass die Steuerpflichtige das von ihr
beschriebene Geschäftsmodell auch tatsächlich verfolge.

2.3.2. Der behördlichen Untersuchungspflicht steht die Mitwirkungspflicht der
steuerpflichtigen Person gegenüber. Wenn die Steuerpflichtige damit den
Standpunkt vertritt, die ESTV sei auf die Eintragungsmodalitäten vom 14.
Oktober 2011 zu behaften, greift dies zu kurz. Die Mehrwertsteuer in der
Ausprägung des Rechts von 2009 ist als modifizierte Selbstveranlagungssteuer
ausgebildet (BGE 144 I 340 E. 2.2.1 S. 342; 143 II 646 E. 2.2.1 S. 650). Die
steuerpflichtige Person ist gehalten, gegenüber der ESTV innert 60 Tagen nach
Ablauf der jeweiligen Abrechnungsperiode unaufgefordert in der vorgeschriebenen
Form über die Steuerforderung abzurechnen (Abrechnungspflicht; Art. 71 Abs. 1
MWSTG 2009) und die Steuerforderung innerhalb derselben Frist zu begleichen
(Zahlungspflicht; Art. 86 Abs. 1 MWSTG 2009). Die ESTV hat ihrerseits etwaige
Auskunftsersuchen zu beantworten (Art. 69 MWSTG 2009) und zu überprüfen, ob die
steuerpflichtige Person die Steuern zutreffend ermittelt und abgeliefert habe
(Art. 77 MWSTG 2009).

2.3.3. Die Steuerpflichtige bringt nicht vor, sie habe die ESTV über den
Agenturvertrag vom 14. Februar 2013 in Kenntnis gesetzt. Die ESTV scheint
vielmehr erst aufgrund der mehrwertsteuerlichen Kontrolle vom 7. August 2017
auf die geänderten Sachumstände aufmerksam geworden zu sein (Sachverhalt, lit.
C). Die Steuerpflichtige hatte zwar gemäss Art. 84 Abs. 1 MWSTV 2009 den ihr
bewilligten Saldosteuersatz anzuwenden (vorne E. 2.3.1), vor allem aber war sie
mit Blick auf Art. 71 Abs. 1 MWSTG 2009 gehalten, die Abrechnungspraxis an die
geänderten Sachumstände (Verkauf von Fremdprodukten statt von Eigenprodukten)
anzupassen. Es musste auch ihr als Laiin klar sein, dass es
mehrwertsteuerrechtlich bedeutsam ist, ob jemand Leistungen in eigenem Namen
und auf eigene Rechnung oder aber in fremdem Namen und auf fremde Rechnung
erbringt. Im Fall von Zweifeln hätte sie in Anwendung von Art. 69 MWSTG 2009
eine Anfrage an die ESTV richten können und müssen. Dieser Mitwirkungspflicht
ist die Steuerpflichtige nicht nachgekommen, was unsorgfältig war und weshalb
es zu kurz greift, die ESTV auf den Saldosteuersatz von 0,6 Prozent zu
behaften. Ein Vertrauensschutz in die ursprüngliche Zuweisung des
Saldosteuersatzes kann unter den gegebenen Vorzeichen nicht bestehen (BGE 143 V
341 E. 5.2.1 S. 346; 141 I 161 E. 3.1 S. 164 f.).

2.3.4. Was die Höhe des Saldosteuersatzes angeht, trifft es zu, dass das
Geschäftsmodell "Take-away als Agentin" auf generell-abstrakter Ebene keine
eigenständige Regelung erfahren hat. Ein Blick in die Verordnung der ESTV vom
6. Dezember 2010 über die Höhe der Saldosteuersätze nach Branchen und
Tätigkeiten (SR 641.202.62) macht klar, dass zwar zahlreiche Branchen und
Tätigkeiten geregelt werden, ohne dass eine lückenlose Vollständigkeit aber
möglich oder angestrebt wäre. Die ESTV wird in Zweifels- und Grenzfällen sowie
bei Fehlen einer eigenen Kategorie von Amtes wegen prüfen müssen, welche
Analogie angezeigt ist. Auch der Franchisevertrag, welchen die Steuerpflichtige
für anwendbar hält, hat in der Verordnung keine eigenständige Regelung
erfahren. Die ESTV dürfte sich beim Saldosteuersatz von 6,1 Prozent unter
anderem an der Rubrik "Postagentur: Vergütung durch die Schweizerische Post"
orientiert haben. Die Analogie zur Postagentur ist naheliegend und
bundesrechtlich nicht zu beanstanden. Die streitbetroffene Tätigkeit lässt sich
ohne weiteres unter die Rubrik "Dienstleistungen, sofern zum Normalsatz
steuerbar und soweit nicht anderswo genannt" subsumieren, was zum
Saldosteuersatz von 6,1 Prozent führt.

2.4.

2.4.1. Zur Bemessung des Entgelts scheint die Steuerpflichtige die für die
Saldosteuersatzmethode herrschenden Regeln (Art. 37 MWSTG 2009) mit jenen zur
effektiven Methode (Art. 36 MWSTG 2009) zu vermengen. Bei Anwendung der
Saldosteuersatzmethode wird die Steuerforderung durch Multiplikation des Totals
aller in einer Abrechnungsperiode erzielten steuerbaren Entgelte,
einschliesslich Steuer, mit dem von der ESTV bewilligten Saldosteuersatz
ermittelt (Art. 37 Abs. 2 MWSTG 2009; Urteil 2C_1010/2018 vom 21. Dezember 2018
E. 2.5.2). Bemessungsgrundlage bildet das tatsächlich empfangene Entgelt (Art.
24 Abs. 1 MWSTG 2009). Diese Konzeption steht sowohl der Verrechnung von
Erträgen mit Aufwänden als auch dem Abzug der getragenen Vorsteuer entgegen.
Die einzelnen Saldosteuersätze beruhen auf Branchendurchschnittszahlen, welche
die Vorsteuern pauschal berücksichtigen (Urteile 2C_264/2014 vom 17. August
2015 E. 2.3.1, in: ASA 84 S. 324; 2C_653/2008 vom 24. Februar 2009 E. 4.2). Mit
der Methode der Saldosteuersätze verfolgt die ESTV den Zweck, administrative
Vereinfachungen anzubieten. Finanzielle Erleichterungen sind nicht beabsichtigt
(Urteil 2C_264/2014 vom 17. August 2015 E. 2.3.3).

2.4.2. Wie die bundesrechtlich einwandfreie vorinstanzliche Auslegung des
Vertrags verdeutlicht, sieht der Vertrag zwei Zahlungsströme vor, nämlich die
von der B.________ GmbH & Co. KG an die Steuerpflichtige zu entrichtende
"Provision" und die von der Steuerpflichtigen zu tragende
Infrastrukturbeteiligung. Selbst wenn es vertragsgemäss zur Verrechnung kommt,
hat dies nicht zur Folge, dass das Entgelt auf den Netto-Betrag beschränkt
wäre, wie er sich im Rahmen der Verrechnung ergibt. Die durchschnittliche
Kostenstruktur ist im Saldosteuersatz eingearbeitet. Folglich müsste es zu
einer unzulässigen doppelten Berücksichtigung der vorsteuerbelasteten Aufwände
führen, wenn die tatsächlichen Kosten berücksichtigt würden. Die
Margenbesteuerung, wie die Steuerpflichtige sie sich vorzustellen scheint, ist
den Fällen von Art. 24a MWSTG 2009 vorbehalten.

2.5. Die Beschwerde der Steuerpflichtigen erweist sich damit als unbegründet;
sie ist abzuweisen.

III. Beschwerde im Verfahren 2C_79/2020

3. 

3.1. Das Recht, eine Steuerforderung festzusetzen, verjährt gemäss Art. 42 Abs.
1 MWSTG fünf Jahre nach Ablauf des Kalenderjahres, in dem sie entstanden ist.
Der Lauf der Verjährungsfrist wird durch eine auf Festsetzung oder Korrektur
der Steuerforderung gerichtete empfangsbedürftige schriftliche Erklärung,
Verfügung, einen Einspracheentscheid oder ein Urteil unterbrochen (Art. 42 Abs.
2 MWSTG). Wird die Verjährung durch die ESTV oder eine Rechtsmittelinstanz
unterbrochen, so beginnt die Verjährung neu zu laufen. Sie beträgt neu zwei
Jahre (Art. 42 Abs. 3 MWSTG).

3.2.

3.2.1. Die Vorinstanz erwog, die Steuerperiode 2011 sei am 1. Januar 2017
verjährt, da vor der Ankündigung der Kontrolle (13. Juni 2017) keine
verjährungsunterbrechenden Schritte der ESTV ersichtlich seien (Sachverhalt,
lit. D).

3.2.2. Die ESTV macht in ihrer Beschwerde geltend, das Verfahren habe sich
aufgrund anhaltend unkooperativen Verhaltens der Steuerpflichtigen in die Länge
gezogen. Sie verweist insbesondere auf ein Schriftstück, das sie am 16.
Dezember 2016 mit eingeschriebener Briefpost an die Steuerpflichtige gerichtet
habe. Darin sei die Steuerpflichtige darauf aufmerksam gemacht worden, dass die
Verjährung hinsichtlich der Steuerperiode 2011 aufgrund der noch laufenden
Prüfung unterbrochen werde. Das Schriftstück sei der Steuerpflichtigen von der
Schweizerischen Post am 19. Dezember 2016 zugestellt, aber nicht abgeholt
worden, weshalb es am 26. Dezember 2016 als zugestellt zu gelten habe. Die
Frage der Verjährung sei erstmals vom Bundesverwaltungsgericht aufgenommen und
von der Steuerpflichtigen zuvor nicht aufgegriffen worden. Es wäre Sache des
Bundesverwaltungsgerichts gewesen, so die ESTV, Beweis zu führen. Jedenfalls
lasse sich "aus dem Nichtvorliegen eines verjährungsunterbrechenden Dokuments
in den amtlichen Akten nicht ohne Weiteres schliessen, dass besagte
Steuerperiode verjährt wäre".

3.2.3. Wie den vorinstanzlichen Akten zu entnehmen ist, die
sachverhaltsergänzend herangezogen werden können (Art. 105 Abs. 2 BGG; vorne E.
1.5), erliess die Vorinstanz am 20. August 2019 eine prozessleitende Verfügung,
worin die ESTV ersucht wurde, bis zum 20. September 2019 eine Vernehmlassung in
drei Exemplaren "unter Beilage der gesamten Akten (nummeriert und in einem
Aktenverzeichnis aufgenommen) " einzureichen (Auszeichnung durch das
Bundesgericht). Die ESTV reichte ihre Vernehmlassung am 19. September 2019 ein
und fügte dieser die Akten bei. Das Aktenverzeichnis weist zwölf Positionen
auf, nicht darin enthalten aber das Schriftstück vom 16. Dezember 2016. Anders
als aufgefordert ("Beilage der gesamten Akten"), nahm die ESTV damit eine
Auswahl nach Gutdünken vor, ohne auch nur darauf hinzuweisen, dass es sich
nicht um die vollständigen Akten handle.

3.2.4. Dass die Vorinstanz die Frage der Verjährung aufgriff, liegt auf der
Hand. Nach ständiger Rechtssprechung ist die Verjährung zu Gunsten der Privaten
von Amtes wegen zu berücksichtigen (BGE 73 I 125 E. 1; 101 Ib 348; Urteil
2C_112/2010 vom 30. September 2010 E. 2.1). Hier ging es unter anderem um die
Steuerperiode 2011, die fünf Jahre nach Ablauf des Jahres 2011 verjährt wäre,
falls die ESTV den Lauf der Verjährungsfrist nicht rechtzeitig unterbrochen
hätte (Art. 42 Abs. 1 und 2 MWSTG; vorne E. 3.1). Für die ESTV musste klar
sein, dass sich die Verjährungsfrage stellte, so dass sie entsprechende
verjährungsunterbrechende Handlungen aktenmässig festzuhalten hatte. Mangels
solcher Hinweise in den Akten, welche die ESTV einzureichen gehabt hätte,
musste die Vorinstanz bundesrechtskonform zum Schluss gelangen, die Verjährung
sei eingetreten. Im bundesgerichtlichen Verfahren bringt die ESTV nicht vor,
das fragliche Schriftstück vom 16. Dezember 2016 habe in den dem
Bundesverwaltungsgericht eingereichten Akten gelegen. Sie scheint aber davon
auszugehen, dass es mit dem Novenrecht vereinbar sei, wenn sie das Dokument
erst, aber immerhin im bundesgerichtlichen Verfahren vorlege. Dem ist nicht
beizustimmen. Weder lässt sich sagen, erst der angefochtene Entscheid werfe die
Frage nach der Verjährung auf, noch kann Art. 99 Abs. 1 BGG dazu dienen, ein
prozessuales Verhalten, das im vorinstanzlichen Verfahren versäumt wurde,
nachzuholen oder die verletzte Mitwirkungspflicht zu heilen (vorne E. 1.6).

3.3. Die ESTV hat damit selber zu verantworten, dass die Vorinstanz zum Schluss
kam, die Steuerperiode 2011 sei verjährt. Die vorinstanzliche Rechtsauslegung
und Rechtsanwendung erfolgte bundesrechtskonform. Entsprechend ist die
Beschwerde der ESTV unbegründet und abzuweisen.

III. Kosten und Entschädigung

4. 

4.1. Nach dem Unterliegerprinzip sind die Kosten des bundesgerichtlichen
Verfahrens der unterliegenden Partei aufzuerlegen (Art. 66 Abs. 1 Satz 1 BGG).
Auch der Eidgenossenschaft, die in ihrem amtlichen Wirkungskreis tätig wird und
Vermögensinteressen wahrnimmt, können Kosten auferlegt werden (Art. 66 Abs. 4
BGG).

4.2.

4.2.1. Vorliegend obsiegen die Steuerpflichtige und die ESTV je teilweise. Die
Kosten sind entsprechend zu verlegen.

4.2.2. Die Steuerpflichtige hat im bundesgerichtlichen Verfahren ein Gesuch um
Erteilung des Rechts zur unentgeltlichen Rechtspflege und Rechtsverbeiständung
gestellt (Art. 29 Abs. 3 BV bzw. Art. 64 Abs. 1 und 2 BGG). Im Verfahren 2C_29/
2020, in welchem sie unterliegt, erweist sich die Beschwerde als aussichtslos,
so dass das Gesuch abzuweisen ist. Praxisgemäss werden die Kosten des
bundesgerichtlichen Verfahrens aber herabgesetzt, wenn erst zusammen mit dem
Endentscheid über das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege entschieden wird.
Im Verfahren 2C_79/2020 obsiegt die Steuerpflichtige, so dass das Gesuch
gegenstandslos ist.

4.3. Die Steuerpflichtige war im bundesgerichtlichen Verfahren nicht anwaltlich
vertreten. Ihr ist keine Parteientschädigung zuzusprechen (Art. 68 Abs.1 BGG),
ebenso wenig wie der Eidgenossenschaft, die in ihrem amtlichen Wirkungskreis
obsiegt (Art. 68 Abs. 3 BGG).

 Demnach erkennt das Bundesgericht:

1.

Die Verfahren 2C_29/2020 und 2C_79/2020 werden vereinigt.

2. 

2.1. Die Beschwerde der Steuerpflichtigen (Verfahren 2C_29/2020) wird
abgewiesen.

2.2. Die Beschwerde der Eidgenössischen Steuerverwaltung (Verfahren 2C_79/2020)
wird abgewiesen.

3. 

3.1. Das Gesuch der Steuerpflichtigen um Erteilung des Rechts zur
unentgeltlichen Rechtspflege (Prozessführung und anwaltliche Vertretung) wird
abgewiesen, soweit es nicht gegenstandslos ist.

3.2. Die Kosten des bundesgerichtlichen Verfahrens werden im Umfang von Fr.
1'000.-- der Steuerpflichtigen und im Umfang von Fr. 1'000.-- der
Eidgenössischen Steuerverwaltung auferlegt.

4.

Dieses Urteil wird den Verfahrensbeteiligten und dem Bundesverwaltungsgericht,
Abteilung I, schriftlich mitgeteilt.

Lausanne, 3. April 2020

Im Namen der II. öffentlich-rechtlichen Abteilung

des Schweizerischen Bundesgerichts

Der Präsident: Seiler

Der Gerichtsschreiber: Kocher