Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

II. Öffentlich-rechtliche Abteilung, Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten 2C.120/2020
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Bundesgericht

Tribunal fédéral

Tribunale federale

Tribunal federal

               

2C_120/2020

Urteil vom 5. Februar 2020

II. öffentlich-rechtliche Abteilung

Besetzung

Bundesrichter Seiler, Präsident,

Gerichtsschreiber Businger.

Verfahrensbeteiligte

1. A.A.________,

2. B.A.________,

Beschwerdeführer,

beide vertreten durch Rechtsanwalt Bruno Kaufmann,

gegen

Amt für Bevölkerung und Migration

des Kantons Freiburg.

Gegenstand

Ausländerrecht,

Beschwerde gegen das Urteil des Kantonsgerichts Freiburg, I.
Verwaltungsgerichtshof,

vom 12. Dezember 2019 (601 2019 127 / 601 2019 128).

Erwägungen:

1.

1.1. A.A.________ (geboren 1964) ist deutscher Staatsangehöriger. Er reiste am
1. Mai 2008 in die Schweiz ein und erhielt eine Niederlassungsbewilligung. Am
26. November 2018 heiratete er die türkische Staatsangehörige B.A.________
(geboren 1967), die am 23. Dezember 2018 mit einem Schengen-Visum in die
Schweiz einreiste und um Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung ersuchte. Das
Amt für Bevölkerung und Migration des Kantons Freiburg wies das Gesuch am 31.
Mai 2019 ab, weil weder eine angemessene Wohnung noch genügend finanzielle
Mittel für den Lebensunterhalt vorhanden seien. Die dagegen erhobene Beschwerde
wies das Kantonsgericht Freiburg am 12. Dezember 2019 ab.

1.2. Mit Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten vom 3. Februar
2020 beantragen A.A.________ und B.A.________ dem Bundesgericht, die Sache sei
an die Vorinstanz zur Durchführung einer öffentlichen Verhandlung und zum
Neuentscheid zurückzuweisen. Zudem sei ihnen die unentgeltliche Rechtspflege zu
gewähren. Das Bundesgericht hat keine Instruktionsmassnahmen verfügt.

2.

2.1. Gemäss Art. 42 Abs. 1 und 2 BGG haben Rechtsschriften unter anderem die
Begehren und deren Begründung zu enthalten, wobei in der Begründung in
gedrängter Form darzulegen ist, inwiefern der angefochtene Akt Recht verletzt.
Art. 95 ff. BGG nennen dabei die zulässigen Rügegründe.

2.2. Die Beschwerdeführer rügen, die Vorinstanz habe entgegen ihres Antrags
keine öffentliche Verhandlung angesetzt. Dies verletze Art. 6 EMRK.

2.2.1. Das Kantonsgericht hat zutreffend erwogen, dass Art. 6 Ziff. 1 EMRK im
ausländerrechtlichen Verfahren nicht anwendbar sei (vgl. E. 2.2 des
angefochtenen Urteils). Damit setzen sich die Beschwerdeführer nicht
auseinander. Im Gegenteil verweisen sie auf "Praxisunterschiede" innerhalb des
Kantonsgerichts, die sich ohne Weiteres damit erklären lassen, dass Art. 6
Ziff. 1 EMRK in anderen Rechtsgebieten - etwa im Sozialversicherungsrecht -
Anwendung findet (BGE 122 V 47 E. 2a S. 50 f.).

2.2.2. Das Kantonsgericht hat weiter ausgeführt, dass eine mündliche
Verhandlung im vorliegenden Fall nicht notwendig sei, nachdem die
Beschwerdeführer ihren Standpunkt eingehend schriftlich dargelegt hätten und
von einer persönlichen Anhörung der Beschwerdeführer oder Ärzte keine neuen
Erkenntnisse zu erwarten seien (vgl. E. 2.3 des angefochtenen Urteils). Auch
mit diesen Erwägungen setzt sich die Beschwerde nicht auseinander. Der blosse
Hinweis, dass die Befragung der behandelnden Ärzte "absolut notwendig" sei,
genügt den Begründungsanforderungen nicht. Es ist weder ersichtlich noch wird
ausgeführt, welcher Erkenntnisgewinn von einer persönlichen Anhörung der Ärzte
im Gegensatz zu einer schriftlichen Stellungnahme zu erwarten ist. Ist die
Notwendigkeit einer mündlichen Verhandlung somit nicht dargetan, ist
unbeachtlich, dass das Kantonsgericht den Antrag mit der zusätzlichen
Begründung abgewiesen hat, das kantonale Recht sehe keine mündliche Verhandlung
vor, wenn die Sache offensichtlich unbegründet erscheine.

2.3. Die Beschwerdeführer stellen ausschliesslich den kassatorischen Antrag auf
Rückweisung der Sache zur Durchführung einer mündlichen Verhandlung. Ob es vor
diesem Hintergrund zulässig ist, sich zudem zur materiellen Rechtslage zu
äussern, kann offengelassen werden, nachdem auch die materiellen Ausführungen
den Begründungsanforderungen nicht genügen.

2.3.1. Das Kantonsgericht hat die Voraussetzungen des Aufenthaltsrechts für
Personen, die im Aufenthaltsstaat keine Erwerbstätigkeit ausüben (Art. 1 lit. c
des Abkommens zwischen der Schweizerischen Eidgenossenschaft einerseits und der
Europäischen Gemeinschaft und ihren Mitgliedstaaten andererseits über die
Freizügigkeit vom 21. Juni 1999 [FZA; SR 0.142.112.681]), ausführlich
dargelegt. Entscheidend ist, dass die Person für sich selbst und ihre
Familienangehörigen über ausreichende finanzielle Mittel verfügt, wobei diese
Voraussetzung nicht erfüllt ist, wenn sie auf Ergänzungsleistungen angewiesen
ist und diese tatsächlich bezieht (vgl. E. 4.1 f. des angefochtenen Urteils).

2.3.2. Nachdem das Kantonsgericht festgehalten hat, dass die Beschwerdeführer
im vorliegenden Fall offensichtlich nicht über ausreichende finanzielle Mittel
verfügen (vgl. E. 4.3 des angefochtenen Urteils), ist nicht ersichtlich,
inwieweit es sich auch zu den Wohnverhältnissen hätte äussern müssen. Dass die
Erstinstanz die Verweigerung des Familiennachzugs zusätzlich mit dem Fehlen
einer angemessenen Wohnung begründet hat, spielt keine Rolle.

2.3.3. Mit dem blossen Hinweis, das Bundesgericht habe die von der Vorinstanz
herangezogene Praxis beim Bezug von Ergänzungsleistungen zu ändern, weil sie
diskriminierend sei, setzen sich die Beschwerdeführer nicht einmal im Ansatz
mit der entsprechenden Rechtsprechung auseinander. Ebenso fehlt eine
Auseinandersetzung mit den vorinstanzlichen Erwägungen, wonach die
Beschwerdeführerin angesichts ihres Alters (52 Jahre) und ihrer fehlenden
Ausbildung kaum eine Anstellung in der Schweiz finden werde. Auch die Rüge, das
AIG (SR 142.20) sei "diskriminierend und mit dem FZA nicht zu vereinbaren",
lässt jegliche Auseinandersetzung mit dem angefochtenen Urteil vermissen,
wonach das AIG mangels günstigeren Bestimmungen gar nicht zur Anwendung
gelange. Schliesslich geht der pauschale Vorwurf fehl, die Vorinstanz hätte
prüfen müssen, ob und inwieweit der Beschwerdeführer IV-Betreuungsbeiträge
beantragen könne, weil es nicht Aufgabe der Gerichte ist, nach möglichen
Sozialversicherungsansprüchen der beschwerdeführenden Person zu forschen.

2.4. Zusammenfassend setzt sich die von einem Rechtsanwalt verfasste
"Kurzbegründung in rechtlicher Hinsicht" offensichtlich nicht mit dem
angefochtenen Entscheid auseinander, wobei es keine Rolle spielt, dass sich der
Vertreter weitere "Begründungen" vorbehalten hat, da eine Beschwerdeergänzung
nach Ablauf der Beschwerdefrist nicht zulässig ist. Auf die Beschwerde ist im
vereinfachten Verfahren nicht einzutreten (Art. 108 Abs. 1 lit. b BGG).

3.

Die Gerichtskosten sind den Beschwerdeführern aufzuerlegen (Art. 66 Abs. 1
BGG). Ihr Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege und Verbeiständung ist wegen
Aussichtslosigkeit abzuweisen (Art. 64 Abs. 1 und 2 BGG e contrario).

 Demnach erkennt der Präsident:

1.

Auf die Beschwerde wird nicht eingetreten.

2.

Das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege und Verbeiständung wird abgewiesen.

3.

Die Gerichtskosten von Fr. 800.-- werden den Beschwerdeführern unter
solidarischer Haftbarkeit auferlegt.

4.

Dieses Urteil wird den Verfahrensbeteiligten, dem Kantonsgericht Freiburg, I.
Verwaltungsgerichtshof, und dem Staatssekretariat für Migration schriftlich
mitgeteilt.

Lausanne, 5. Februar 2020

Im Namen der II. öffentlich-rechtlichen Abteilung

des Schweizerischen Bundesgerichts

Der Präsident: Seiler

Der Gerichtsschreiber: Businger