Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

II. Sozialrechtliche Abteilung, Revision 9F.16/2019
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Bundesgericht

Tribunal fédéral

Tribunale federale

Tribunal federal

               

9F_16/2019

Urteil vom 27. August 2019

II. sozialrechtliche Abteilung

Besetzung

Bundesrichterin Pfiffner, Präsidentin,

Bundesrichterin Glanzmann, Bundesrichter Parrino,

Gerichtsschreiberin Huber.

Verfahrensbeteiligte

A.________,

Gesuchsteller,

gegen

Sozialversicherungsanstalt des Kantons Aargau, Kyburgerstrasse 15, 5001 Aarau,

Gesuchsgegnerin.

Gegenstand

Ergänzungsleistung zur AHV/IV,

Revisionsgesuch gegen das Urteil des Schweizerischen Bundesgerichts vom 13. Mai
2019 (9C_216/2019 (VBE.2018.482)).

Erwägungen:

1. 

A.________ erhob am 23. März 2019 (Poststempel) Beschwerde in
öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten gegen den Entscheid des
Versicherungsgerichts des Kantons Aargau vom 12. Februar 2019. Der daraufhin
eingeforderte Kostenvorschuss ist auch innert gesetzter Nachfrist nicht
geleistet worden, weshalb das Bundesgericht mit Urteil 9C_216/2019 vom 13. Mai
2019 auf die Beschwerde nicht eintrat.

Mit Eingaben vom 10. Juli 2019 (Poststempel) und 15. August 2019 (Poststempel)
ersucht A.________ um Wiederherstellung der Frist zur Bezahlung des
Kostenvorschusses. Er macht geltend, er sei am 25. März 2019 nach Südamerika
geflogen. Aufgrund einer unvorhergesehenen zahnärztlichen Behandlung habe er
dort länger verweilen müssen als geplant. Die Rückkehr in die Schweiz sei ihm
erst am 31. Mai 2019 möglich gewesen. Da er unverschuldet davon abgehalten
worden sei, fristgerecht zu handeln, ersuche er um Gutheissung seines Gesuchs.

2. 

2.1. Gemäss Art. 61 BGG erwachsen Entscheide des Bundesgerichts am Tag ihrer
Ausfällung in Rechtskraft. Das Gericht kann ein Urteil nicht frei in
Wiedererwägung ziehen; es kann im Rahmen einer Revision darauf zurückkommen,
wenn einer der gesetzlichen Revisionsgründe (Art. 121 - 123 BGG) geltend
gemacht wird. Ebenso kann gemäss Art. 50 Abs. 1 BGG eine versäumte Frist
wiederhergestellt werden, wenn eine Partei (durch einen anderen Grund als die
mangelhafte Eröffnung; Art. 49 BGG) unverschuldeterweise abgehalten worden ist,
fristgerecht zu handeln, sofern die Partei unter Angabe des Grundes innert 30
Tagen nach Wegfall des Hindernisses darum ersucht und die versäumte
Rechtshandlung nachholt. Die Wiederherstellung kann auch nach Eröffnung des
Urteils bewilligt werden; wird sie bewilligt, so ist das Urteil aufzuheben
(Art. 50 Abs. 2 BGG).

2.2. Auf Wiederherstellung der Frist ist nur zu erkennen, wenn die Säumnis auf
ein unverschuldetes Hindernis, also auf die objektive oder subjektive
Unmöglichkeit, rechtzeitig zu handeln, zurückzuführen ist. War die
gesuchstellende Person wegen eines von ihrem Willen unabhängigen Umstands
verhindert, zeitgerecht zu handeln, liegt objektive Unmöglichkeit vor.
Subjektive Unmöglichkeit wird angenommen, wenn zwar die Vornahme einer Handlung
objektiv betrachtet möglich gewesen wäre, die betroffene Person aber durch
besondere Umstände, die sie nicht zu verantworten hat, am Handeln gehindert
worden ist. Die Wiederherstellung ist nach der bundesgerichtlichen Praxis nur
bei klarer Schuldlosigkeit zu gewähren (Urteile 5G_2/2016 vom 20. Mai 2016 E.
1.2; 2C_752/2013 vom 2. Mai 2014 E. 3.4; beide mit Hinweisen; KATHRIN AMSTUTZ/
PETER ARNOLD, in: Basler Kommentar, Bundesgerichtsgesetz, 3. Aufl. 2018, N. 5
zu Art. 50 BGG).

3.

3.1. Der Gesuchsteller beruft sich auf eine längere Abwesenheit im Ausland, die
es ihm verunmöglicht habe, die entsprechenden Verfügungen des Bundesgerichts
mit der Aufforderung zur Bezahlung des Kostenvorschusses abzuholen. Diese Rüge
ist unbehelflich. Denn er musste aufgrund der von ihm eingereichten Beschwerde
mit umgehend erfolgenden Zustellungen wie namentlich der Aufforderung zur
Leistung eines Kostenvorschusses rechnen. Dass kurz nach Einreichung eines
Rechtsmittels regelmässig Frist ansetzende gerichtliche Mitteilungen erfolgen
können, liegt in der Natur der Sache; dies muss auch einem juristischen Laien
bewusst sein. Er war verpflichtet, für den Abwesenheitsfall die nötigen
Massnahmen zu treffen, damit ihm gerichtliche Mitteilungen zukommen konnten
(BGE 141 II 429 E. 3.1 S. 431 f. mit Hinweisen). Wer nach Beschwerdeerhebung
vorübergehend abwesend ist und dies weder dem Gericht anzeigt noch jemanden mit
der Entgegennahme von Postsendungen betraut, kann sich nicht auf ein
unverschuldetes Hindernis im Sinne von Art. 50 BGG berufen, wenn er wegen
fehlender Kenntnisnahme einer Fristansetzung nicht rechtzeitig handelt (Urteil
2F_10/2014 vom 27. Juni 2014 E. 2.2.1 in fine mit Hinweis).

3.2. Ein Krankheitszustand bildet, wenn und solange er jegliches auf die
Fristwahrung gerichtetes Handeln verunmöglicht, ein unverschuldetes, zur
Wiederherstellung führendes Hindernis. Doch muss die Erkrankung derart sein,
dass der Rechtsuchende durch sie davon abgehalten wird, selber innert Frist zu
handeln oder eine Drittperson mit der Vornahme der Prozesshandlung zu betrauen.
Dass es sich so verhält, muss mit einschlägigen Arztzeugnissen belegt werden,
wobei die blosse Bestätigung eines Krankheitszustandes und regelmässig selbst
einer vollständigen Arbeitsunfähigkeit zur Anerkennung eines Hindernisses im
Sinne von Art. 50 Abs. 1 BGG nicht genügt (vgl. Urteil 6B_1086/2017 vom 3.
Oktober 2017 E. 3 mit Hinweis). Soweit der Gesuchsteller als Hinderungsgrund
eine unvorhergesehene zahnärztliche Behandlung in Südamerika nennt, ist mit
Blick auf den von ihm beigelegten Bericht der B.________ AG vom 15. August
2019, wonach dem Gesuchsteller ein Implantat eingesetzt worden sei, nicht
ersichtlich und wird auch nicht genügend dargelegt (vgl. Art. 42 BGG), weshalb
eine Rückkehr in die Schweiz krankheitsbedingt nicht möglich gewesen sein soll.

3.3. Gründe, welche Hand für eine Fristwiederherstellung bieten könnten, sind
somit weder dargetan noch ersichtlich. Mithin ist auf die Frage nach der
Rechtzeitigkeit des Fristwiederherstellungsgesuchs sowie auf die weitere
Voraussetzung gemäss Art. 50 Abs. 1 BGG, wonach die versäumte Rechtshandlung
innert 30 Tagen nach Wegfall des Hindernisses nachgeholt werden muss, nicht
einzugehen. Das Gesuch ist abzuweisen.

4. 

Bei diesem Verfahrensausgang hat der Gesuchsteller die Gerichtskosten zu tragen
(Art. 66 Abs. 1 BGG).

Demnach erkennt das Bundesgericht:

1. 

Das Fristwiederherstellungsgesuch wird abgewiesen.

2. 

Die Gerichtskosten von Fr. 300.- werden dem Gesuchsteller auferlegt.

3. 

Dieses Urteil wird den Parteien, dem Versicherungsgericht des Kantons Aargau
und dem Bundesamt für Sozialversicherungen schriftlich mitgeteilt.

Luzern, 27. August 2019

Im Namen der II. sozialrechtlichen Abteilung

des Schweizerischen Bundesgerichts

Die Präsidentin: Pfiffner

Die Gerichtsschreiberin: Huber