Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

I. Sozialrechtliche Abteilung, Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten 8C.756/2019
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Bundesgericht

Tribunal fédéral

Tribunale federale

Tribunal federal

               

8C_756/2019

Urteil vom 11. Februar 2020

I. sozialrechtliche Abteilung

Besetzung

Bundesrichter Maillard, Präsident,

Bundesrichter Wirthlin, Abrecht,

Gerichtsschreiberin Elmiger-Necipoglu.

Verfahrensbeteiligte

A.________,

vertreten durch Rechtsanwältin Yolanda Schweri,

Beschwerdeführer,

gegen

Schweizerische Unfallversicherungsanstalt (Suva), Fluhmattstrasse 1, 6004
Luzern,

Beschwerdegegnerin.

Gegenstand

Unfallversicherung,

Beschwerde gegen den Entscheid des Sozialversicherungsgerichts des Kantons
Zürich

vom 2. Oktober 2019 (UV.2018.00046).

Sachverhalt:

A. 

Der 1965 geborene A.________ war seit dem 1. April 2013 bei der B.________ AG
als Elektroinstallateur angestellt und dadurch über seine Arbeitgeberin bei der
Schweizerischen Unfallversicherungsanstalt (Suva) gegen die Folgen von Unfällen
obligatorisch versichert. Am 22. Januar 2014 trat er auf einer Baustelle mit
dem rechten Fuss in ein Loch und stürzte. Dabei zog er sich eine Distorsion des
oberen Sprunggelenks (OSG) rechts sowie eine Ruptur der cranialen
Subscapularissehne zu; vermerkt wurde zudem eine Instabilität der langen
Bizepssehne der linken Schulter. Die Suva erbrachte die gesetzlichen
Versicherungsleistungen. Am 3. April 2014 erfolgte eine arthroskopische
Rotatorenmanschetten-Rekonstruktion der Schulter links. Anlässlich eines
Aufenthalts in der Klinik C.________ riss die Rotatorenmanschette erneut. Am 5.
Dezember 2014 führte Dr. med. D.________, Leitender Oberarzt Orthopädie, Klinik
E.________ eine Revisions-Arthroskopie mit Rekonstruktion der
Rotatorenmanschette durch. Trotz sorgfältiger Nachbehandlung kam es nicht zur
"Einheilung" der erneut rekonstruierten Supraspinatussehne. Nach einem weiteren
Sturz am 15. Januar 2016 bestätigte sich ein erneuter Abriss der
Supraspinatussehne bis zum Glenoidrand. Am 27. Mai 2016 untersuchte der
Kreisarzt, Dr. med. F.________, Facharzt für Chirurgie, den Versicherten. Nach
weiteren bildgebenden Abklärungen des oberen Sprunggelenks rechts verneinte der
Kreisarzt einen diesbezüglichen Integritätsschaden mangels Erreichens der
Erheblichkeitsgrenze. Den Integritätsschaden für die Verletzung an der linken
Schulter schätzte er auf 20 % (Beurteilung vom 22. Juli 2016). Mit Verfügung
vom 12. September 2016 sprach die Suva dem Versicherten eine
Integritätsentschädigung für eine entsprechende Einbusse von 20 % zu, was sie
auf Einsprache hin bestätigte (Einspracheentscheid vom 9. Januar 2018;).

B. 

Eine vom Versicherten gegen den Einspracheentscheid vom 9. Januar 2018 erhobene
Beschwerde wies das Sozialversicherungsgericht des Kantons Zürich mit Entscheid
vom 2. Oktober 2019 ab, soweit es darauf eintrat.

C. 

A.________ lässt dagegen Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten
erheben und beantragen, unter Anrechnung der bereits von der Suva
zugesprochenen Integritätsentschädigung von 20 % sei ihm eine
Integritätsentschädigung in Höhe von mindestens 30 % bis maximal 45 %
zuzusprechen. Eventualiter seien die Suva oder die Vorinstanz zu verpflichten,
ein medizinisches (Gerichts-) gutachten zu veranlassen, um den erlittenen
Integritätsschaden zu bemessen.

Die vorinstanzlichen Akten wurden eingeholt. Ein Schriftenwechsel wurde nicht
durchgeführt.

Erwägungen:

1. 

1.1. Die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten kann wegen
Rechtsverletzungen gemäss Art. 95 und 96 BGG erhoben werden. Das Bundesgericht
wendet das Recht von Amtes wegen an (Art. 106 Abs. 1 BGG). Es ist folglich
weder an die in der Beschwerde geltend gemachten Argumente noch an die
Erwägungen der Vorinstanz gebunden; es kann eine Beschwerde aus einem anderen
als dem angerufenen Grund gutheissen und es kann sie mit einer von der
Argumentation der Vorinstanz abweichenden Begründung abweisen. Immerhin prüft
das Bundesgericht, unter Berücksichtigung der allgemeinen Pflicht zur
Begründung der Beschwerde (Art. 42 Abs. 1 und 2 BGG), grundsätzlich nur die
geltend gemachten Rügen, sofern die rechtlichen Mängel nicht geradezu
offensichtlich sind (BGE 145 V 57 E. 4.2 S. 61 mit Hinweis).

1.2. Im Beschwerdeverfahren um die Zusprechung oder Verweigerung von
Geldleistungen der Militär- oder Unfallversicherung ist das Bundesgericht nicht
an die vorinstanzliche Feststellung des rechtserheblichen Sachverhalts gebunden
(Art. 97 Abs. 2 und Art. 105 Abs. 3 BGG).

2.

2.1. Streitig und zu prüfen ist, ob die von der Vorinstanz geschützte Bemessung
der Integritätsentschädigung in der Höhe von 20 % vor Bundesrecht standhält.
Dabei ist vor Bundesgericht nicht mehr strittig, dass dem Versicherten für die
Beschwerden am rechten oberen Sprunggelenk kein Anspruch auf eine
Integritätsentschädigung zusteht.

2.2. Soweit der Beschwerdeführer auch im bundesgerichtlichen Verfahren geltend
macht, dass die kognitiven Defizite bei der Bemessung der
Integritätsentschädigung zu berücksichtigen sind, ist festzuhalten, dass diese
nicht Gegenstand des Einspracheentscheids vom 9. Januar 2018 bildeten (Art. 56
ATSG). Zuvor war dem Beschwerdeführer bereits am 22. September 2017 mitgeteilt
worden, dass die kognitiven Störungen unabhängig vom Unfall bestünden. Somit
hätte bereits die Vorinstanz auf die entsprechenden Vorbringen nicht eintreten
dürfen (vgl. BGE 134 V 418 E. 5.2.1 S. 426; 125 V 413 E. 1a S. 414). War sie
demnach zur materiellen Beurteilung in diesem Punkt nicht befugt, vermag diese
nicht in Rechtskraft zu erwachsen. Das ist an dieser Stelle festzuhalten, ohne
dass es einer Anpassung des angefochtenen Entscheiddispositivs bedürfte.
Darüber hinaus ist auf die Beschwerde in diesem Punkt nicht einzutreten.

3. 

Die Vorinstanz hat die rechtlichen Grundlagen des Anspruchs auf eine
Integritätsentschädigung und dessen Bemessung (Art. 24 und 25 UVG, Art. 36 UVV,
Anhang 3 zur UVV) ebenso wie die beweisrechtlichen Anforderungen an einen
ärztlichen Bericht im Allgemeinen (BGE 135 V 465 E. 4.6 S. 471, 134 V 231 E.
5.1 S. 232, 125 V 351 E. 3a S. 532) und die Besonderheiten bei der Würdigung
von Berichten versicherungsinterner Ärzte (BGE 145 V 97 E. 8.5 S. 105; 142 V 58
E. 5.1 S. 65 mit weiteren Hinweisen) richtig dargelegt. Darauf wird verwiesen.

4. 

4.1. Das kantonale Gericht hat in umfassender Würdigung der medizinischen Akten
geschlossen, es sei nicht zu beanstanden, dass die Suva die Integritätseinbusse
betreffend die linke Schulter gestützt auf die Einschätzung von Dr. med.
F.________ auf 20 % festgesetzt habe. Dieser erhob in seiner Beurteilung vom
22. Juli 2016 den Befund eines Status nach Teilabriss der Subscapularissehne,
Pulley-Läsion und Längsriss in der langen Bizepssehne. Die Rotatorenmanschette
sei zwar am 3. April 2014 arthroskopisch rekonstruiert worden, allerdings sei
sie in der Folge noch zwei weitere Male gerissen. Objektiv liege eine massive
Einschränkung der Schulterbeweglichkeit links vor. Die Vorinstanz stellte dazu
fest, dass sich Dr. med. F.________ auf die Suva-Tabelle 1 (Integritätsschaden
bei Funktionsstörungen an den oberen Extremitäten) gestützt habe, die den
Integritätsschaden bei Funktionsstörungen an den oberen Extremitäten aufliste.
So ergebe eine nicht reponierte Luxation der Schulter eine
Integritätsentschädigung von 25 %, eine mässige Form der Periarthrosis
humeroscapularis eine Entschädigung von 10 %. Dr. med. F.________ habe ferner
ausgeführt, der Bewegungsumfang der linken Schulter sei beim Versicherten
besser als einer nicht reponierten Luxation entsprechend, aber schlechter als
bei einer mässigen Form der Periarthrosis humeroscapularis.

4.2. Gemäss bundesgerichtlicher Rechtsprechung beruht die
Integritätsentschädigung grundsätzlich auf dem Gedanken der Genugtuung und soll
einen gewissen Ausgleich für Schmerz, Leid sowie Beeinträchtigung des
Lebensgenusses bringen soll (BGE 133 V 224 E. 5.1 S. 230). Bei der konkreten
Festsetzung muss allerdings beachtet werden, dass das Prinzip der abstrakten
und egalitären Bemessung gilt. Im Unterschied zur Bemessung der
Genugtuungssumme im Zivilrecht sind die erlittene Unbill und die weiteren
besonderen Umstände des Einzelfalles nicht zu berücksichtigen. Massgeblich ist
die medizinisch-theoretische Beeinträchtigung der körperlichen oder geistigen
Integrität (vgl. Urteil 8C_812/2010 vom 2. Mai 2011 E. 6.2 mit Hinweis auf BGE
115 V 147 E. 1 S. 147).

4.3. Dem Beschwerdeführer ist insofern beizupflichten, als Dr. med. F.________
die Schmerzen bei der Beurteilung der Integritätseinbusse nicht explizit
aufführte. Indessen ist zu bedenken, dass versicherte Personen mit
Funktionsstörungen an der Schulter häufig unter Schmerzen leiden, was sich
insbesondere auch auf das Ausmass der Bewegungseinschränkung niederschlägt.
Diese bildet denn auch das Hauptkriterium bei der tabellarischen Festsetzung
eines solchen Integritätsschadens, womit auch die Schmerzen mit dem
entsprechenden Prozentwert abgegolten sind. Darum wies der erst im Rahmen des
vorinstanzlichen Verfahrens konsultierte PD Dr. med. G.________, Facharzt für
Orthopädische Chirurgie und Leiter Fachgruppe Chirurgie, Versicherungsmedizin,
Kompetenzzentrum Suva, in seiner Beurteilung vom 9. März 2018 darauf hin, dass
der geschätzte Wert von 20 % einerseits auf der subjektiven Schmerzangabe des
Versicherten sowie auf dem mit Untersuchung vom 27. Mai 2016 dokumentierten
Bewegungsumfang basiere. Die Schätzung berücksichtige andererseits aber auch
den Quervergleich mit Zuständen, die einen höheren Wert begründen könnten.

4.4. Die Einwendungen des Beschwerdeführers erschöpfen sich in weiten Teilen,
die Einschätzungen des Dr. med. F.________ und des PD Dr. med. G.________
anzuzweifeln. Indessen vermag der Versicherte damit nicht darzulegen, inwiefern
das kantonale Gericht Bundesrecht verletzt haben soll. Dieses legte
nachvollziehbar und überzeugend dar, weshalb auf die Einschätzung des PD Dr.
med. G.________ abzustellen ist. Der Versicherungsmediziner bestätigte die
Angaben des Kreisarztes, wonach beim Beschwerdeführer nicht der schwerste Grad
einer Periarthrosis humeroscapularis von 25 % gemäss Tabelle 1 erreicht sei.
Ein solcher Wert sei bei einer nicht reponierten Luxation, also einem dauerhaft
"ausgelenkten" Gelenk mit einer schmerzhaft weitestgehend unbrauchbaren
Schultergelenksfunktion oder nach einer kompletten Gelenksentfernung oder
Versteifung gegeben, was das Ausmass der dokumentierten unfallbedingten
Einschränkungen deutlich übersteige. Wie die Vorinstanz richtig darlegte,
stimmt dies mit den durch Dr. med. F.________ anlässlich der kreisärztlichen
Untersuchung erhobenen Befunden überein, die eine Restbeweglichkeit des
Schultergelenks zeigten. Der Umstand, dass ein anderer Unfallversicherer
(Zürich Versicherungen) dem Beschwerdeführer im Jahre 2013 eine
Integritätsentschädigung in der Höhe von 25 % für die Verletzungen an der
rechten Schulter zugesprochen hatte, lässt entgegen der Ansicht des
Beschwerdeführers keinen Rückschluss auf die Unrichtigkeit der kreisärztlich
erhobenen Befunde und die dokumentierten Bewegungseinschränkungen an der linken
Schulter zu. Wie sich aus der damaligen medizinischen Beurteilung entnehmen
lässt, lag an der rechten Schulter eine schwere Periarthrosis humeroscapularis
vor, was bei der linken Schulter gerade nicht zutrifft. Die erst im kantonalen
Beschwerdeverfahren eingereichten Berichte seines behandelnden Arztes und
Operateurs, Dr. med. D.________, führen zu keinem anderen Ergebnis. Wie die
Vorinstanz auch in dieser Hinsicht zutreffend erwog, überzeugen seine
Schlussfolgerungen in Bezug auf eine völlige Gebrauchsunfähigkeit der linken
Schulter nicht, zumal auch er eine - wenn auch bescheidene - Elevations- und
Abduktionsfähigkeit bestätigte. Zudem ist zu beachten, dass behandelnde
Arztpersonen mitunter im Hinblick auf ihre auftragsrechtliche
Vertrauensstellung in Zweifelsfällen eher zugunsten ihrer Patienten aussagen,
weshalb ihre Berichte mit Vorbehalt zu würdigen sind (BGE 135 V 465 E. 4.5 S.
470 f.).

5.

Zusammenfassend verletzte die Vorinstanz kein Bundesrecht, als sie den Anspruch
des Beschwerdeführers auf eine Integritätsentschädigung für die Beschwerden an
der linken Schulter auf einer Grundlage von 20 % schützte. Angesichts dieser
Rechtslage durfte sie schliesslich auch auf weitere Beweismassnahmen
verzichten, von denen kein entscheidrelevanter neuer Aufschluss zu erwarten
gewesen wäre (vgl. zur antizipierten Beweiswürdigung BGE 144 II 427 E. 3.1.3 S.
435 mit Hinweis).

6. 

Das Verfahren ist kostenpflichtig (Art. 65 BGG). Als unterliegende Partei hat
der Beschwerdeführer die Gerichtskosten zu tragen (Art. 66 Abs. 1 BGG).

Demnach erkennt das Bundesgericht:

1. 

Die Beschwerde wird abgewiesen, soweit darauf einzutreten ist.

2. 

Die Gerichtskosten von Fr. 800.- werden dem Beschwerdeführer auferlegt.

3. 

Dieses Urteil wird den Parteien, dem Sozialversicherungsgericht des Kantons
Zürich und dem Bundesamt für Gesundheit schriftlich mitgeteilt.

Luzern, 11. Februar 2020

Im Namen der I. sozialrechtlichen Abteilung

des Schweizerischen Bundesgerichts

Der Präsident: Maillard

Die Gerichtsschreiberin: Elmiger-Necipoglu