Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

I. Sozialrechtliche Abteilung, Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten 8C.731/2019
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Bundesgericht

Tribunal fédéral

Tribunale federale

Tribunal federal

               

8C_731/2019

Urteil vom 28. Januar 2020

I. sozialrechtliche Abteilung

Besetzung

Bundesrichter Maillard, Präsident,

Bundesrichterin Viscione, Bundesrichter Abrecht,

Gerichtsschreiber Grunder.

Verfahrensbeteiligte

A.________,

vertreten durch Rechtsanwalt Urs Hochstrasser,

Beschwerdeführer,

gegen

IV-Stelle des Kantons Zug, Baarerstrasse 11, 6300 Zug,

Beschwerdegegnerin.

Gegenstand

Invalidenversicherung (Invalidenrente),

Beschwerde gegen den Entscheid des Verwaltungsgerichts des Kantons Zug vom 26.
September 2019 (S 2018 75).

Sachverhalt:

A. 

Der 1973 geborene A.________ meldete sich am 27. November 2014 (Eingangsdatum)
wegen Schmerzen im Bereich der Lendenwirbelsäule, der Oberschenkel, des rechten
Knies und der linken Hüfte zum Leistungsbezug bei der Invalidenversicherung an.
Die IV-Stelle des Kantons Zug klärte den Sachverhalt in beruflicher und
medizinischer Hinsicht ab. Laut dem interdisziplinären Gutachten der Dres. med.
B.________, FMH Innere Medizin und Rheumaerkrankungen und C.________,
Spezialarzt Psychiatrie und Psychotherapie FMH, vom 26. September 2016 litt der
Versicherte mit langandauernder Auswirkung auf die Arbeitsfähigkeit an einem
chronischen lumbospondylogenen Syndrom und an einer kombinierten
Persönlichkeitsstörung (mit narzisstischen und impulsiven Anteilen; ICD-10
F61.0). Er vermöge aus somatischer Sicht in einem temperierten Raum (Raumluft)
körperlich leicht- bis mittelgradig belastende Arbeiten, welche die Möglichkeit
zuliessen, zwischen sitzender, stehender und gehender Körperhaltung zu
wechseln, uneingeschränkt auszuüben, wobei rückenergonomische Aspekte
berücksichtigt werden sollten. Aus psychiatrischer Sicht sei der Versicherte
seit der ersten Ausbildung zum Gas- und Wasserinstallateur und weiterhin
medizinisch begründet stets zu 25 % in seiner Leistungsfähigkeit eingeschränkt
gewesen. Auf Empfehlung des Regionalen Ärztlichen Dienstes (RAD) hin gewährte
die IV-Stelle dem Versicherten Berufsberatung und Abklärung der beruflichen
Eingliederungsmöglichkeiten (vgl. Bericht des Eingliederungsspezialisten vom
27. Februar 2017) und erteilte Kostengutsprache für ein Arbeitstraining (vgl.
Abschlussbericht der Stiftung D.________ vom 18. September 2017). Nach
durchgeführtem Vorbescheidverfahren eröffnete die Verwaltung dem Versicherten
mit Verfügung vom 24. Mai 2018, er habe mangels eines leistungsbegründenden
Invaliditätsgrades keinen Anspruch auf eine Invalidenrente.

B. 

Die hiegegen eingereichte Beschwerde wies das Verwaltungsgericht des Kantons
Zug mit Entscheid vom 26. September 2019 ab.

C. 

Mit Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten lässt A.________
beantragen, ihm sei eine ganze Rente auszurichten; eventualiter sei die
Angelegenheit an die IV-Stelle zwecks Erhebung des rechtsgenüglichen
Sachverhalts zurückzuweisen; eventualiter sei das funktionelle
Leistungsvermögen abzuklären. Ferner wird um Bewilligung der unentgeltlichen
Rechtspflege für das bundesgerichtliche Verfahren ersucht.

Die IV-Stelle schliesst auf Abweisung der Beschwerde. Das Bundesamt für
Sozialversicherungen verzichtet auf eine Vernehmlassung. Mit Eingabe vom 13.
Dezember 2019 lässt A.________ an seinen Begehren festhalten.

Erwägungen:

1. 

Mit der Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten kann eine
Rechtsverletzung nach Art. 95 f. BGG gerügt werden. Das Bundesgericht wendet
das Recht von Amtes wegen an (Art. 106 Abs. 1 BGG). Dennoch prüft es -
offensichtliche Fehler vorbehalten - nur die in seinem Verfahren beanstandeten
Rechtsmängel (Art. 42 Abs. 1 f. BGG; BGE 135 II 384 E. 2.2.1 S. 389). Es legt
seinem Urteil den Sachverhalt zugrunde, den die Vorinstanz festgestellt hat
(Art. 105 Abs. 1 BGG). Es kann ihre Sachverhaltsfeststellung von Amtes wegen
berichtigen oder ergänzen, wenn sie offensichtlich unrichtig ist oder auf einer
Rechtsverletzung im Sinne von Art. 95 BGG beruht und wenn die Behebung des
Mangels für den Ausgang des Verfahrens entscheidend sein kann (Art. 105 Abs. 2
BGG).

2. 

Streitig und zu prüfen ist, ob das kantonale Gericht zu Recht die Verfügung der
IV-Stelle vom 24. Mai 2018 geschützt hat, wonach der Beschwerdeführer mangels
eines den Schwellenwert von 40 % erreichenden Invaliditätsgrades keinen
Anspruch auf eine Invalidenrente hat. Die Vorinstanz hat die dabei zu
beachtenden Rechtsgrundlagen zutreffend dargelegt, worauf verwiesen wird.

3.

3.1.

3.1.1. Das kantonale Gericht ist nach ausführlicher Darstellung der
medizinischen Unterlagen zum Schluss gelangt, zur Beurteilung des
Gesundheitszustands und der Arbeitsfähigkeit sei jedenfalls bis zum Zeitpunkt
der gutachterlichen Explorationen (September 2016) auf die in allen Teilen
beweiskräftige bidisziplinäre Expertise der Dres. med. B.________ und
C.________ vom 26. September 2016 abzustellen. Insbesondere setze sich Dr. med.
B.________ eingehend mit den einschlägigen medizinischen Vorakten somatischer
Fachrichtung auseinander und Dr. med. C.________ leite die aus
psychiatrisch-psychotherapeutischer Sicht zu diagnostizierenden Befunde und
deren Auswirkungen auf die Arbeitsfähigkeit anamestisch und aktuell genau her.
Daher leuchte die Einschätzung der medizinischen Sachverständigen, der
Explorand sei in einer körperlich höchstens mittelschwer belastenden, in
Wechselhaltung ausübbaren Erwerbstätigkeit im Umfang von 75 % arbeitsfähig,
grundsätzlich ein. Zwar zeige die medizinische Erfahrung, wie der
Beschwerdeführer geltend mache, dass Rückenleiden oft progredient verliefen.
Indessen ergäbe sich aus den von ihm im kantonalen Gerichtsverfahren
aufgelegten ärztlichen Unterlagen nicht, dass sich der Gesundheitszustand und
die Arbeitsfähigkeit bis zu dem für die gerichtliche Beurteilung massgeblichen
Zeitpunkt bei Erlass der Verfügung vom 24. Mai 2018 anspruchserheblich
verändert hätten. Unter diesen Umständen seien die medizinischen
Aktenbeurteilungen des RAD vom 9. Januar und 24. September 2018 zum Verlauf des
Gesundheitszustandes und der Arbeitsfähigkeit nicht zu beanstanden.

3.1.2. Die Vorinstanz hat weiter erwogen, das Bundesgericht habe mit BGE 143 V
418 sowie BGE 143 V 409 seine Rechtsprechung geändert und erkannt, dass
sämtliche psychischen Erkrankungen grundsätzlich einem strukturierten
Beweisverfahren nach BGE 141 V 281 zu unterziehen seien, das bislang lediglich
bei Vorliegen somatoformer Schmerzstörungen anhand eines Kataloges von
Indikatoren durchgeführt worden sei (BGE 143 V 409). Dr. med. C.________ habe
sich im psychiatrisch-psychotherapeutischen Teilgutachten vom 26. September
2016 mangels einer Diagnose aus dem somatoformen Kreis entsprechend der
damaligen Rechtspraxis nicht ausdrücklich zu den verschiedenen
Standardindikatoren geäussert. Indessen fänden sich darin Ausführungen, die
eine zuverlässige rechtliche Beurteilung der Arbeitsfähigkeit im Lichte der
massgebenden Indikatoren erlaubten. So befasse sich der psychiatrische
Sachverständige eingehend mit dem Gesundheitszustand des Versicherten, dessen
persönliche Ressourcen, dem sozialen Kontext sowie der Konsistenz in Bezug auf
das alltägliche Aktivitätenniveau und den Leidensdruck. Aus diesen
nachvollziehbaren und überzeugenden Darlegungen sei zu schliessen, dass sich
mit der diagnostizierten Persönlichkeitsstörung keine über 25 % hinausgehende
Einschränkung des funktionellen Leistungsvermögens begründen lasse.

3.1.3. Schliesslich hat das kantonale Gericht zum Einwand des Versicherten, die
IV-Stelle habe nicht geprüft, ob und inwieweit er das verbliebene
Leistungsvermögen auf dem in Frage kommenden ausgeglichen Arbeitsmarkt zu
verwerten in der Lage sei, erkannt, er habe während des Arbeitstrainings bei
der Stiftung D.________ kein echtes Interesse für die ihm aufgetragenen
Aufgaben gezeigt. Selbst für die als Ziel der Massnahme definierte
versuchsweise Steigerung des Arbeitspensums habe er nicht motiviert werden
können. Als die Massnahme auf seinen Wunsch im August 2017 abgebrochen worden
sei, habe er sich nicht bemüht, eine Anstellung zu finden, obwohl ihn seine
fachlichen Fähigkeiten und die lange handwerkliche Erfahrung ohne Weiteres in
die Lage versetzten, selbständig und qualitativ gut zu arbeiten. Zudem habe er
laut Auskünften der Stiftung D.________ die gestellten Aufgaben schnell zu
erfassen vermocht und er habe keine körperlichen Einschränkungen gezeigt. Es
sei nicht einzusehen, weshalb der Versicherte eine seinen körperlichen
Beeinträchtigungen angepasste Erwerbstätigkeit nicht auszuüben vermöge, selbst
wenn ein gewisses soziales Entgegenkommen vonseiten des Arbeitgebers oder der
Arbeitskollegen nötig sein sollte. Von einer fehlenden Verwertbarkeit der
Restarbeitsfähigkeit könne somit keine Rede sein. Daran vermöge auch der
Umstand nichts zu ändern, dass der Versicherte aus
arbeitslosenversicherungsrechtlicher Sicht nicht vermittlungsfähig sei, wie er
geltend mache. Zur Vermittlungsfähigkeit gemäss Art. 15 Abs. 1 AVIG gehöre
unter anderem auch, dass sich die versicherte Person der öffentlichen
Arbeitsvermittlung zur Verfügung halte, angebotene zumutbare Arbeit annehme und
sich selbst intensiv nach einer Anstellung umsehe. Eine mangelnde
Vermittlungsbereitschaft könne nicht einer fehlenden Arbeitsfähigkeit
gleichgesetzt werden.

3.2. Die Vorinstanz hat sich mit allen vom Beschwerdeführer erneut geltend
gemachten Argumenten einlässlich befasst. Entgegen seinen Vorbringen hat sie
die von ihm zitierten und im kantonalen Gerichtsverfahren eingereichten
ärztlichen Unterlagen eingehend gewürdigt. Gestützt darauf ist sie, ohne
Bundesrecht zu verletzen, zum Schluss gelangt, die Aktenbeurteilungen des RAD
vom 9. Januar und 24. September 2018 seien nicht zu beanstanden. Sie
bestätigten einerseits lediglich die Beweiskraft des bidisziplinären Gutachtens
der Dres. med. B.________ und C.________ vom 26. September 2016 und anderseits,
dass seither mit den im vorinstanzlichen Verfahren eingereichten ärztlichen
Unterlagen keine revisionsrechtlich erhebliche Veränderung des
Gesundheitszustands und der Arbeitsfähigkeit begründet werden konnte.

Sodann ist nicht verständlich, was der Beschwerdeführer aus seinem Einwand, die
Vorinstanz hätte sich auch mit den medizinischen Akten des obligatorischen
Unfallversicherers auseinandersetzen müssen, ableiten will, zumal gemäss den
nicht bestrittenen Erwägungen des kantonalen Gerichts von diesem letztmals bis
am 15. Oktober 2015 Leistungen erbracht worden waren. Hinsichtlich der
Vorbringen des Beschwerdeführers zu den Auswirkungen der fachärztlich
diagnostizierten, seit Jahren bestehenden Persönlichkeitsstörung kann auf die
Erwägungen im angefochtenen Entscheid verwiesen werden, wonach gemäss der
Rechtsprechung psychiatrische Gutachten, die gemäss früherem Standard eingeholt
worden sind und worin sich die Sachverständigen deshalb nicht explizit zu den
nunmehr zu prüfenden Standardindikatoren äussern, nicht per se ihren Beweiswert
verlieren (BGE 141 V 281 S. 309). Daher kann dem interdisziplinären Gutachten
vom 26. September 2016 entgegen der Auffassung des Beschwerdeführers nicht von
vornherein die Beweistauglichkeit abgesprochen werden. In diesem Zusammenhang
ist im Übrigen mit Blick auf die Akten darauf hinzuweisen, dass ein
ergebnisoffenes und ressourcenbezogenes Ergebnis im Sinne von BGE 141 V 281 nur
dann erreicht werden kann, wenn die versicherte Person zumindest versucht, die
während der Abklärungen ihres Gesundheitszustands und ihrer Arbeitsfähigkeit
von den Fachpersonen gestellten Aufgaben zu erfüllen. Daran fehlt es
vorliegend, wie die Vorinstanz einlässlich und willkürfrei erwogen hat. Was der
Beschwerdeführer ansonsten zur Verwertbarkeit der ihm verbliebenen
Arbeitsfähigkeit auf dem allgemeinen ausgeglichenen Arbeitsmarkt vorbringt,
erschöpft sich ebenfalls in einer Wiederholung der im vorinstanzlichen
Verfahren vorgebrachten Argumente, weshalb auch diesbezüglich auf die nicht zu
beanstandenden Erwägungen des kantonalen Gerichts verwiesen wird. Die
Beschwerde ist in allen Teilen abzuweisen.

4.

4.1. Das Gesuch um Bewilligung der unentgeltlichen Rechtspflege für das
bundesgerichtliche Verfahren wird infolge Aussichtslosigkeit der Beschwerde
abgewiesen (Art. 64 Abs. 1 BGG).

4.2. Die Gerichtskosten werden dem Beschwerdeführer als unterliegender Partei
auferlegt (Art. 66 Abs. 1 BGG).

 Demnach erkennt das Bundesgericht:

1. 

Die Beschwerde wird abgewiesen.

2. 

Das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege wird abgewiesen.

3. 

Die Gerichtskosten von Fr. 800.- werden dem Beschwerdeführer auferlegt.

4. 

Dieses Urteil wird den Parteien, dem Verwaltungsgericht des Kantons Zug und dem
Bundesamt für Sozialversicherungen schriftlich mitgeteilt.

Luzern, 28. Januar 2020

Im Namen der I. sozialrechtlichen Abteilung

des Schweizerischen Bundesgerichts

Der Präsident: Maillard

Der Gerichtsschreiber: Grunder