Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

I. Sozialrechtliche Abteilung, Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten 8C.609/2019
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Bundesgericht

Tribunal fédéral

Tribunale federale

Tribunal federal

               

8C_609/2019

Urteil vom 5. Februar 2020

I. sozialrechtliche Abteilung

Besetzung

Bundesrichter Maillard, Präsident,

Bundesrichter Wirthlin, Bundesrichterin Viscione,

Gerichtsschreiberin Betschart.

Verfahrensbeteiligte

A.________,

vertreten durch Rechtsanwalt Roland Zahner,

Beschwerdeführerin,

gegen

IV-Stelle des Kantons Thurgau, Rechts- und Einsprachedienst,

St. Gallerstrasse 11, 8500 Frauenfeld,

Beschwerdegegnerin.

Gegenstand

Invalidenversicherung (Invalidenrente),

Beschwerde gegen den Entscheid des Verwaltungsgerichts des Kantons Thurgau

vom 12. Juni 2019 (VV.2018.206/E).

Sachverhalt:

A. 

A.________, geb. 1986, bezog von 1. September 2004 bis 31. August 2006 eine
ganze Rente der Invalidenversicherung; dabei wurde sie aufgrund einer
Persönlichkeitsentwicklungsstörung (Verdacht auf unspezifische
Entwicklungsstörung, ICD-10: F89) als Frühinvalide eingestuft. Mit
Unterstützung der IV-Stelle des Kantons Thurgau absolvierte sie eine Anlehre
als Gärtnereiarbeiterin, die sie im August 2010 abschloss. Mit Verfügung vom
11. März 2011 sprach die IV-Stelle ihr eine Viertelsrente zu. Nachdem
A.________ per 1. Juli 2011 eine Anstellung gefunden hatte, hob die IV-Stelle
die Rente mit Verfügung vom 26. September 2011 auf. Die Arbeitsstelle wurde ihr
per Ende Februar 2012 gekündigt. Daraufhin ersuchte die Versicherte wiederum um
Leistungen der Invalidenversicherung. Nach erfolgloser Arbeitsvermittlung und
Einholung eines Gutachtens des Dr. med. B.________ Facharzt FMH für Psychiatrie
und Psychotherapie (Gutachten vom 21. Februar 2014), wies die IV-Stelle das
Leistungsgesuch mangels eines nachgewiesenen invalidisierenden
Gesundheitsschadens mit Verfügung vom 2. Juli 2015 ab.

Am 26. August 2016 meldete sich A.________ erneut bei der Invalidenversicherung
zum Leistungsbezug an. Die IV-Stelle liess sie von Dr. med. C.________,
Facharzt FMH für Neurologie, Psychiatrie und Psychotherapie, begutachten
(Gutachten vom 31. Oktober 2017 sowie ergänzende Stellungnahme vom 23. Februar
2018). Nach Durchführung des Vorbescheidverfahrens verneinte die IV-Stelle mit
Verfügung vom 13. August 2018 einen Leistungsanspruch (auf berufliche
Massnahmen und Rente) erneut. Sie hielt im Wesentlichen fest, dass auf das
Gutachten des Dr. med. C.________ nicht abgestellt werden könne. Eine
Verschlechterung seit der Verfügung vom 2. Juli 2014 und ein invalidisierender
Gesundheitsschaden seien damit nicht ausgewiesen.

B. 

Mit Entscheid vom 12. Juni 2019 hiess das Verwaltungsgericht des Kantons
Thurgau die dagegen erhobene Beschwerde teilweise gut und hob die Verfügung vom
13. August 2018 insofern auf, als damit ein Anspruch auf berufliche Massnahmen
verneint wurde. Es wies die Sache zu neuem Entscheid über diesen Anspruch an
die IV-Stelle zurück. Soweit die Versicherte eine Rente beantragt hatte, wies
es die Beschwerde ab.

C. 

A.________ lässt Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten erheben
und beantragen, der angefochtene Entscheid sei betreffend die Abweisung des
Rentenanspruchs aufzuheben Es sei ihr eine Rente der Invalidenversicherung
auszurichten. Eventualiter sei die Sache zur weiteren Abklärung an das
Versicherungsgericht oder an die IV-Stelle zurückzuweisen. Zudem ersucht
A.________ um unentgeltliche Rechtspflege für das bundesgerichtliche Verfahren.

Die IV-Stelle und das Verwaltungsgericht schliessen auf Beschwerdeabweisung.
Das Bundesamt für Sozialversicherungen (BSV) verzichtet auf eine
Vernehmlassung.

Erwägungen:

1. 

Mit der Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten kann unter anderem
die Verletzung von Bundesrecht gerügt werden (Art. 95 lit. a BGG). Das
Bundesgericht wendet das Recht von Amtes wegen an (Art. 106 Abs. 1 BGG). Es
legt seinem Urteil den Sachverhalt zugrunde, den die Vorinstanz festgestellt
hat (Art. 105 Abs. 1 BGG). Es kann die Sachverhaltsfeststellung der Vorinstanz
von Amtes wegen berichtigen oder ergänzen, wenn sie offensichtlich unrichtig
ist oder auf einer Rechtsverletzung im Sinne von Artikel 95 beruht (Art. 105
Abs. 2 BGG).

2.

2.1. Streitig und zu prüfen ist, ob das kantonale Gericht Bundesrecht
verletzte, als es den Rentenanspruch der Beschwerdeführerin bei einem
Invaliditätsgrad von 36 % verneinte. Nicht umstritten ist hingegen der Anspruch
auf berufliche Massnahmen.

2.2. Die rechtlichen Grundlagen zum Begriff der Invalidität (Art. 8 Abs. 1
i.V.m. Art. 7 und Art. 6 ATSG), zu den Ansprüchen auf Eingliederungsmassnahmen
und Renten (Art. 28 Abs. 2 IVG) sowie die von der Rechtsprechung entwickelten
Grundsätze über die bei einer Neuanmeldung analog zur Revision anwendbaren
Regeln (Art. 17 Abs. 1 ATSG; Art. 87 Abs. 2 und 3 IVV) wurden im angefochtenen
Entscheid zutreffend wiedergegeben. Darauf wird verwiesen.

3.

3.1. Die Vorinstanz stützte sich im Wesentlichen auf das neurologische und
psychiatrische Gutachten des Dr. med. C.________ vom 31. Oktober 2017, dem sie
- anders als die Beschwerdegegnerin - Beweiswert zuerkannte. Der Gutachter
hatte eine nicht näher bezeichnete Entwicklungsstörung (ICD-10: F89)
diagnostiziert und der Versicherten eine 40%ige Leistungseinschränkung bei
einem zeitlichen Pensum von 8 Stunden pro Tag attestiert, die mindestens seit
dem Zeitpunkt seiner Untersuchung gelte. Dabei könnten sowohl die aktuelle
Tätigkeit [als Reinigungskraft während weniger Stunden pro Woche] wie auch die
früheren Arbeitstätigkeiten als optimal angepasst gelten. Im Rahmen der
Diagnosestellung führte Dr. med. C.________ im Wesentlichen aus, bei
Entwicklungsstörungen gemäss ICD-10 F8 handle es sich um Störungen, die im
Kleinkindalter oder in der Kindheit vorkämen und die mit einer
Entwicklungsbeeinträchtigung verbunden seien, die eng mit der biologischen
Reifung des Gehirns verknüpft sei. Die Entwicklungsstörung verlaufe relativ
stetig, eher ohne Remissionen und Rezidive. Betroffen seien unter anderem die
Sprache, visuell räumliche Fähigkeiten und die Bewegungskoordination. In der
Regel fielen solche Schwächen schon sehr früh in der Entwicklung auf, mit dem
Älterwerden könnten sich die Störungen vermindern, oft blieben aber geringe
Defizite im Erwachsenenalter zurück. Aus der Vorgeschichte der
Beschwerdeführerin sei eine solche Entwicklungsstörung gut nachvollziehbar
dargelegt.

Die Vorinstanz setzte sich hauptsächlich mit den gegenteiligen
Schlussfolgerungen der Beschwerdegegnerin auseinander (auf die im Einzelnen
nicht weiter einzugehen ist) und kam zum Ergebnis, dass die gutachterliche
Beurteilung der Arbeitsfähigkeit nachvollziehbar und plausibel sei. Auch ergebe
sich aus der Expertise eine Veränderung des Gesundheitszustands, die die
Arbeitsfähigkeit der Beschwerdeführerin beeinflusse. Letzteres ist
unbeanstandet geblieben, weshalb sich Weiterungen dazu erübrigen.

3.2. Die Beschwerdeführerin rügt zunächst, das kantonale Gericht habe zu
Unrecht auf das Gutachten des Dr. med. C.________ und seine Beurteilung der
Arbeits- und Leistungsfähigkeit abgestellt.

3.2.1. Zwar trifft es zu, wie die Versicherte geltend macht, dass Dr. med.
C.________ insbesondere die Einschätzung der Dr. phil. D.________,
Fachpsychologin für Neuropsychologie FSP, Spital E.________, im
neuropsychologischen Gutachten vom 6. Juli 2016 nicht detailliert wiedergegeben
hat. Auch sind seine Begründung der Einschätzung der 40%igen
Leistungseinschränkung sowie die Umschreibung des Tätigkeitsprofils knapper
ausgefallen als die Ausführungen der neuropsychologischen Gutachterin. Sie
stehen dazu allerdings nicht im Widerspruch. Denn obwohl Dr. phil. D.________
eine Vermittelbarkeit auf dem ersten Arbeitsmarkt verneinte, weil die
Versicherte ein strukturierendes, feedbackorientiertes und wohlwollendes
berufliches Umfeld benötige, attestierte auch sie eine Arbeitsfähigkeit von 50
bis 80 %, je nach inhaltlichen Anforderungen sowie nach Grad der Strukturierung
des Tagesablaufs, des Arbeitsumfelds, der Möglichkeiten der Verwendung von
angepassten Strukturierungs- und Hilfsmitteln. Dr. med. C.________ hielt zum
Tätigkeitsprofil fest, "der Arbeitsplatz müsste [...] so sein, dass ein
entsprechend langsameres Arbeitstempo, ggf. auch vermehrt Zeit für Anleitung
und Kontrolle, auch für Selbstkontrolle und für Pausen innerhalb der
Arbeitszeit [...] realisierbar wären", was sich mit der neuropsychologischen
Beurteilung vereinbaren lässt, zumal Dr. med. C.________ die heutige Tätigkeit
als Reinigungskraft sowie die früheren Arbeitstätigkeiten als optimal angepasst
erachtete. Angesichts des Umstands, dass die Beschwerdeführerin - wenn auch in
äusserst geringem Umfang - eine Tätigkeit als Reinigungskraft auf dem freien
Arbeitsmarkt ausübt, ist auch seine Aussage, er sei nicht überzeugt, dass sich
eine solche Arbeit nur in geschütztem Rahmen realisieren lasse, nicht zu
beanstanden.

3.2.2. Zudem trug Dr. med. C.________ der beruflichen Laufbahn und den
beruflichen Schwierigkeiten insofern Rechnung, als er sich mit den Berichten
und Zeugnissen von Ausbildungsstätten und Arbeitgebern auseinandersetzte. Dabei
bestätigte er mehrheitlich, dass sich die damaligen Beobachtungen (z.B.
Langsamkeit, Phlegma, Schwierigkeiten beim Planen und bei der Umsetzung von
Handlungen) mit seinen Feststellungen deckten.

3.2.3. Die Vorbringen in der Beschwerde sind somit nicht geeignet, die
Beweiskraft des Gutachtens vom 31. Oktober 2016 zu erschüttern. Dass die
Vorinstanz von einer vollzeitigen Arbeitsfähigkeit bei einer 40%igen
Leistungseinschränkung ausging, erweist sich folglich nicht als offensichtlich
unrichtig oder bundesrechtswidrig.

4. 

Die Beschwerde richtet sich weiter gegen die Feststellungen der Vorinstanz zu
den erwerblichen Auswirkungen der Gesundheitsschädigung.

4.1. Aufgrund der Tatsache, dass die Beschwerdeführerin eine Anlehre als
Gärtnereiarbeiterin absolviert hatte, ging das kantonale Gericht davon aus,
dass sie ohne Gesundheitsschaden in diesem Beruf tätig wäre. Das
Valideneinkommen entspreche somit dem Einkommen, das sie in dieser Tätigkeit
erzielen könnte. Die Vorinstanz stellte daher auf die Tabelle 17 (T17) der
Schweizerischen Lohnstrukturerhebung (LSE) 2014, weibliche Hilfskräfte in
Land-, Forstwirtschaft und Fischerei (Ziff. 92, Lebensalter total: Fr. 4045.-)
ab, was unter Berücksichtigung der 2017 betriebsüblichen wöchentlichen
Arbeitszeit (41.7 Stunden) und der Nominallohnentwicklung (Index 2014: 2673
Punkte; Index 2017: 2719 Punkte) ein Valideneinkommen von Fr. 51'474.- ergab.
Seitens des Invalideneinkommens stützte sich die Vorinstanz auf Tabelle
TA1_tirage_skill_level gemäss LSE 2014, Total, Frauen, Kompetenzniveau 1 (Fr.
4300.-/Monat), was unter Berücksichtigung der betriebsüblichen wöchentlichen
Arbeitstzeit und der Nominallohnentwicklung bei einer Arbeitsfähigkeit von 60 %
zu einem Invalideneinkommen von Fr. 32'831.- führte. Einen leidensbedingten
Abzug verneinte die Vorinstanz, weil die Einschränkungen der Beschwerdeführerin
in der Arbeitsfähigkeitsbeurteilung bereits umfassend berücksichtigt worden
seien. Aus der Gegenüberstellung der Vergleichseinkommen resultierte ein
rentenausschliessender Invaliditätsgrad von 36 %.

4.2. Die Beschwerdeführerin wirft dem kantonalen Gericht einerseits vor, ihren
Gehörsanspruch (Art. 29 Abs. 2 BV) verletzt zu haben, indem es ohne vorgängige
Anhörung erstmals einen Einkommensvergleich vorgenommen habe und ein solcher
weder im Vorbescheid noch in der Verfügung oder in den vorinstanzlichen
Rechtsschriften je thematisiert worden sei. Allerdings wäre es ihr
offengestanden, und sie wäre auch gehalten gewesen, sich zu diesem Punkt als
Bestandteil des zu beurteilenden Rechtsverhältnisses bereits im kantonalen
Beschwerdeverfahren zu äussern (vgl. etwa Urteile 8C_764/2018 vom 26. Februar
2019 E. 6.1; 9C_578/2017 vom 31. Oktober 2017 E. 3.2.2; 8C_658/2014 vom 19.
Februar 2015 E. 4). Da sie dort die Zusprache einer Rente beantragte und ihr
keinerlei familiären Verpflichtungen obliegen, war für sie (bzw. ihren
Rechtsvertreter) vorhersehbar, dass das Versicherungsgericht zu einem
Einkommensvergleich schreiten würde, wenn es denn der (damaligen) Argumentation
der Beschwerdeführerin folgen und auf das Gutachten des Dr. med. C.________
abstellen würde. Der Vorinstanz ist unter diesen Umständen keine
Gehörsverletzung vorzuwerfen.

4.3.

4.3.1. Andererseits macht die Beschwerdeführerin erstmals vor Bundesgericht
geltend, sie sei angesichts ihrer seit Kindheit bestehenden Einschränkungen,
ihrer schulischen und beruflichen Laufbahn und des Umstands, dass sie trotz des
Abschlusses der Anlehre als Gärtnereiarbeiterin nur während rund zehn Monaten
ein rentenausschliessendes Einkommen erzielt habe, als Frühinvalide zu
qualifizieren. Folglich hätte die Vorinstanz das Valideneinkommen gemäss Art.
26 Abs. 1 IVV festsetzen müssen (Fr. 81'500.- im Jahr 2017 gemäss
IV-Rundschreiben Nr. 354 des BSV vom 16. Oktober 2016).

4.3.2. Streitgegenstand bildet der Anspruch auf eine Invalidenrente. Bei der
Höhe der hypothetischen Vergleichseinkommen handelt es sich um Teilaspekte der
Bestimmung des Invaliditätsgrads (Art. 16 ATSG). Somit stellt die Frage nach
einer allfälligen Frühinvalidität und der daraus folgenden Anwendung von Art.
26 Abs. 1 IVV (vgl. dazu Urteil 9C_798/2019 vom 26. Juli 2019 E. 5.1.1 mit
Hinweisen; vgl. auch Rz. 3035 ff. des vom BSV herausgegebenen Kreisschreibens
über Invalidität und Hilflosigkeit in der Invalidenversicherung [KSHI], gültig
ab 1. Januar 2015) ein neues rechtliches Argument im Rahmen des
Streitgegenstands dar. Dieses ist jedenfalls soweit zulässig, als es sich auf
aktenkundige Tatsachen stützt (vgl. BGE 136 V 362 E. 4 S. 366 f. zu Art. 99
BGG; vgl. auch die in BGE 139 V 592 nicht publizierte E. 5.1 des Urteils 8C_541
/2012 vom 31. Oktober 2013; Urteil 8C_365/2017 vom 11. Oktober 2017 E. 4.2).

4.3.3. Zwar enthält der angefochtene Entscheid durchaus Hinweise auf eine
mögliche Frühinvalidität, doch finden sich dort keine Feststellungen zu dieser
Frage. Auch äusserten sich weder die IV-Stelle noch die Vorinstanz in dem vom
Bundesgericht angeordneten Schriftenwechsel zu diesem Vorbringen der
Beschwerdeführerin. Die Sache ist daher zur Beurteilung der Frage der
Frühinvalidität an das kantonale Gericht zurückzuweisen (vgl. auch Urteile
8C_365/2017 vom 11. Oktober 2017 E. 4.2; 8C_414/2014 vom 22. September 2015 E.
4.2.3).

5. 

Die Rückweisung der Sache an die Verwaltung oder an das kantonale Gericht zu
neuem Entscheid gilt für die Frage der Auferlegung der Gerichtskosten wie auch
der Parteientschädigung als vollständiges Obsiegen im Sinn von Art. 66 Abs. 1
sowie Art. 68 Abs. 1 und 2 BGG, unabhängig davon, ob sie beantragt und ob das
entsprechende Begehren im Haupt- oder im Eventualantrag gestellt wird (BGE 137
V 210 E. 7.1 S. 271 mit Hinweisen). Die unterliegende IV-Stelle hat daher die
Gerichtskosten zu tragen und der Beschwerdeführerin eine Parteientschädigung
auszurichten (Art. 66 Abs. 1 und Art. 68 Abs. 1 BGG). Das Gesuch um
unentgeltliche Rechtspflege für das letztinstanzliche Verfahren ist damit
gegenstandslos.

Demnach erkennt das Bundesgericht:

1. 

Die Beschwerde wird teilweise gutgeheissen. Der Entscheid des
Verwaltungsgerichts des Kantons Thurgau vom 12. Juni 2019 wird aufgehoben. Die
Sache wird zu neuer Entscheidung im Sinn der Erwägungen an die Vorinstanz
zurückgewiesen. Im Übrigen wird die Beschwerde abgewiesen.

2. 

Die Gerichtskosten von Fr. 800.- werden der Beschwerdegegnerin auferlegt.

3. 

Die Beschwerdegegnerin hat die Beschwerdeführerin für das bundesgerichtliche
Verfahren mit Fr. 2800.- zu entschädigen.

4. 

Dieses Urteil wird den Parteien, dem Verwaltungsgericht des Kantons Thurgau und
dem Bundesamt für Sozialversicherungen schriftlich mitgeteilt.

Luzern, 5. Februar 2020

Im Namen der I. sozialrechtlichen Abteilung

des Schweizerischen Bundesgerichts

Der Präsident: Maillard

Die Gerichtsschreiberin: Betschart