Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

I. Sozialrechtliche Abteilung, Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten 8C.600/2019
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Bundesgericht

Tribunal fédéral

Tribunale federale

Tribunal federal

               

8C_600/2019

Urteil vom 8. November 2019

I. sozialrechtliche Abteilung

Besetzung

Bundesrichter Maillard, Präsident,

Bundesrichterinnen Heine, Viscione,

Gerichtsschreiber Hochuli.

Verfahrensbeteiligte

A.A.________,

vertreten durch Rechtsanwältin Dr. Cristina Schiavi,

Beschwerdeführerin,

gegen

Schweizerische Unfallversicherungsanstalt (Suva), Fluhmattstrasse 1, 6004
Luzern,

Beschwerdegegnerin.

Gegenstand

Unfallversicherung (Kausalzusammenhang),

Beschwerde gegen den Entscheid des Sozialversicherungsgerichts des Kantons
Zürich vom 9. Juli 2019 (UV.2018.00166).

Sachverhalt:

A. 

A.A.________ ist einzelzeichnungsberechtigte Gesellschafterin und
Geschäftsführerin der B.________ GmbH und in dieser Eigenschaft obligatorisch
bei er Schweizerischen Unfallversicherungsanstalt (Suva) gegen die Folgen von
Unfällen und Berufskrankheiten versichert. Gemäss Vereinbarung vom 12. März
2002 zwischen den getrennt lebenden Eltern über die gemeinsame elterliche Sorge
verblieb der Sohn B.A.________ in der Obhut der Mutter. Am frühen
Samstag-Nachmittag, den 5. November 2016 wurde er in der mütterlichen Wohnung
Opfer eines Tötungsversuchs durch mehrere Stich- und Schnittverletzungen im
Gesicht, am Thorax (Brustbein, Lunge, Bauch) sowie an Armen und Händen. Er
vermochte sich noch zu Nachbarn in demselben Mehrfamilienhaus zu begeben,
welche die Polizei alarmierten. Als A.A.________, die von Nachbarn telefonisch
an ihrem Arbeitsplatz kontaktiert werden konnte, zu Hause eintraf, teilte ihr
die Polizei ausserhalb des abgesperrten Tatorts mit, dass ihr Sohn bereits von
der Sanität abtransportiert worden sei. In der Folge war A.A.________
arbeitsunfähig. Zudem musste sie sich unter anderem wegen einer
posttraumatischen Belastungsstörung psychiatrisch behandeln lassen. Nachdem der
zuständige Krankentaggeldversicherer die anfänglichen Leistungen im November
2017 eingestellt hatte, meldete die Versicherte den Schaden bei der Suva an
(Schreiben vom 2. Februar 2018). Mit Verfügung vom 8. Februar 2018, bestätigt
durch Einspracheentscheid vom 4. Juni 2018, verneinte die Suva ein im Sinne von
Art. 4 ATSG zu wertendes aussergewöhnliches Schreckereignis und damit einen
Anspruch auf Leistungen nach UVG.

B. 

Die hiegegen erhobene Beschwerde der A.A.________ wies das
Sozialversicherungsgericht des Kantons Zürich ab (Entscheid vom 9. Juli 2019).

C. 

Mit Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten lässt A.A.________
beantragen, der angefochtene Gerichtsentscheid sei aufzuheben und die Suva habe
das Ereignis vom 5. November 2016 als Unfall im Sinne von Art. 4 ATSG zu
anerkennen und hiefür die gesetzlichen Leistungen zu erbringen.

Das Bundesgericht hat die vorinstanzlichen Akten eingeholt. Es wird kein
Schriftenwechsel durchgeführt.

Erwägungen:

1.

1.1. Die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten kann wegen
Rechtsverletzungen gemäss Art. 95 und 96 BGG erhoben werden. Das Bundesgericht
wendet das Recht von Amtes wegen an (Art. 106 Abs. 1 BGG), doch prüft es, unter
Berücksichtigung der allgemeinen Pflicht zur Begründung der Beschwerde (Art. 42
Abs. 1 und 2 BGG), grundsätzlich nur die geltend gemachten Rügen, sofern
allfällige weitere rechtliche Mängel nicht geradezu offensichtlich sind (BGE
141 V 234 E. 1 S. 236 mit Hinweisen). Hinsichtlich der Verletzung von
Grundrechten gilt eine qualifizierte Rügepflicht (Art. 106 Abs. 2 BGG; BGE 138
I 274 E. 1.6 S. 280 f. mit Hinweisen; SVR 2019 UV Nr. 13 S. 51, 8C_819/2017 E.
2).

1.2. Im Beschwerdeverfahren um die Zusprechung oder Verweigerung von
Geldleistungen der Militär- oder Unfallversicherung ist das Bundesgericht nicht
an die vorinstanzliche Feststellung des rechtserheblichen Sachverhalts gebunden
(Art. 97 Abs. 2 und Art. 105 Abs. 3 BGG).

2. 

2.1. Streitig ist, ob die Vorinstanz Bundesrecht verletzte, indem sie mit Blick
auf das Ereignis vom 5. November 2016 die von der Suva verfügte und mit
Einspracheentscheid vom 4. Juni 2018 bestätigte Verneinung eines Anspruchs auf
Leistungen nach UVG geschützt hat.

2.2. Das kantonale Gericht hat die für die Beurteilung des Leistungsanspruchs
massgebenden Rechtsgrundlagen richtig dargelegt. Darauf wird verwiesen (Art.
109 Abs. 3 BGG).

3.

3.1. Die Vorinstanz hat unter Verweis auf die Praxis des Bundesgerichts
zutreffend wiedergegeben, dass schreckbedingte plötzliche Einflüsse auf die
Psyche (sog. Schreckereignisse; zur Definition: BGE 129 V 177 E. 2.1 S. 179 f.;
SVR 2019 UV Nr. 19 S. 67, 8C_847/2017 E. 2.2 mit Hinweisen) zwar als
Einwirkungen auf den menschlichen Körper im Sinne des Unfallbegriffs (Art. 4
ATSG) anerkannt werden. Nach ständiger Rechtsprechung setzt die Annahme eines
Unfalles jedoch voraus, dass es sich um ein aussergewöhnliches Schreckereignis,
verbunden mit einem entsprechenden psychischen Schock, handelt; die seelische
Einwirkung muss durch einen gewaltsamen, in der unmittelbaren Gegenwart des
Versicherten sich abspielenden Vorfall ausgelöst werden und in ihrer
überraschenden Heftigkeit geeignet sein, auch bei einem gesunden Menschen durch
Störung des seelischen Gleichgewichts typische Angst- und Schreckwirkungen (wie
Lähmungen, Herzschlag etc.) hervorzurufen (SVR 2019 UV Nr. 20 S. 71, 8C_609/
2018 E. 2.2 mit Hinweisen).

Laut angefochtenem Entscheid war die Beschwerdeführerin weder in zeitlicher
noch in örtlicher Hinsicht in den unmittelbaren Geschehensablauf
(Tötungsversuch an ihrem Sohn) einbezogen. Der gewaltsame Vorgang spielte sich
nicht in ihrer Gegenwart ab. Entgegen ihrer Sachverhaltsdarstellung hat sie die
angebliche "Beinahe-Tötung ihres Sohnes" nicht selber - in ihrer unmittelbaren
Gegenwart - miterlebt. Vielmehr erfuhr sie davon erst im Nachhinein. Unter
Verweis auf die einschlägige Rechtsprechung hat das kantonale Gericht
bundesrechtskonform erkannt, dass daran nichts ändert, auch wenn es sich bei
der Tötung um ein Erfolgsdelikt handelt. Denn als die Versicherte am Tatort
eintraf, befand sich ihr Sohn bereits im Spital C.________. Zum einen war der
Vorgang der lebensbedrohlich schädigenden Einwirkung auf ihren Sohn im
Zeitpunkt der Heimkehr an ihren Wohnort bereits abgeschlossen. Zum andern stand
schon ab diesem Zeitpunkt fest, dass der Verletzte in einem der besten Spitäler
der Schweiz mit allen notwendigen lebensrettenden Massnahmen versorgt wurde.

3.2. Was die Beschwerdeführerin gegen den angefochtenen Entscheid vorbringt,
ist offensichtlich unbegründet. Inwiefern die Vorinstanz den rechtserheblichen
Sachverhalt qualifiziert unvollständig festgestellt und die Beweise einseitig
gewürdigt habe, ist nicht ersichtlich und wird nicht rechtsgenüglich dargelegt
(vgl. E. 1.1 i.f.). Ist nach konstanter Rechtsprechung (BGE 129 V 177 E. 2.1 S.
179 und RKUV 2000 Nr. U 365 S. 89, U 24/98 E. 2b, je mit Hinweisen) für die
Anerkennung eines anspruchsbegründenden aussergewöhnlichen Schreckereignisses
erforderlich, dass die seelische Einwirkung durch einen gewaltsamen, in der
unmittelbaren Gegenwart des Versicherten sich abspielenden Vorfall ausgelöst
wurde, ist irrelevant, ob der Vorfall im Nachhinein strafrechtlich als
versuchte Tötung und damit als Erfolgsdelikt zu qualifizieren ist. Von einer
Verletzung der Begründungspflicht oder des Willkürverbots (Art. 9 BV; zur
qualifizierten Rügepflicht hinsichtlich der Verletzung von Grundrechten vgl.
Art. 106 Abs. 2 BGG und BGE 138 I 274 E. 1.6 S. 280 f. mit Hinweisen) kann
keine Rede sein. Insbesondere vermag die Versicherte aus dem mehrfach
angerufenen "Brennofenfall" (SVR 2004 UV Nr. 6 S. 19, U 273/02) nichts zu ihren
Gunsten abzuleiten. Es besteht kein Zweifel, dass das Bundesgericht im besagten
Fall am praxisgemässen Erfordernis der unmittelbaren Gegenwart festhielt
ungeachtet der Ausführungen zu einer - im konkreten Fall irrelevanten -
Sachverhaltshypothese in E. 3.2 (vgl. zur Bestätigung der bisherigen
Rechtsprechung BGE 129 V 177 E. 2.1 S. 179 f. und SVR 2019 UV Nr. 20 S. 71,
8C_609/2018 E. 2.2, je mit Hinweisen). Denn würde auf das Erfordernis des
gewaltsamen, in unmittelbarer Gegenwart des Versicherten sich abspielenden
Vorfalles verzichtet, führte dies zu einer unzulässigen Ausweitung des
Unfallbegriffes, indem jede plötzliche ungewöhnliche seelische Einwirkung
genügen würde (RKUV 2000 Nr. U 365 S. 89, U 24/98 E. 2b i.f. mit Hinweisen).
Die Beschwerdeführerin legt nicht dar und es ist nicht ersichtlich, weshalb die
von der Vorinstanz korrekt angewandte ständige Rechtsprechung zu ändern wäre.

4. 

Die Beschwerde ist offensichtlich unbegründet, weshalb sie im vereinfachten
Verfahren nach Art. 109 Abs. 2 lit. a BGG ohne Durchführung eines
Schriftenwechsels, mit summarischer Begründung und unter Verweis auf den
kantonalen Entscheid (Art. 109 Abs. 3 BGG) erledigt wird.

5. 

Entsprechend dem Ausgang des Verfahrens hat die Beschwerdeführerin die
Gerichtskosten zu tragen (Art. 66 Abs. 1 BGG).

 Demnach erkennt das Bundesgericht:

1. 

Die Beschwerde wird abgewiesen.

2. 

Die Gerichtskosten von Fr. 800.- werden der Beschwerdeführerin auferlegt.

3. 

Dieses Urteil wird den Parteien, dem Sozialversicherungsgericht des Kantons
Zürich und dem Bundesamt für Gesundheit schriftlich mitgeteilt.

Luzern, 8. November 2019

Im Namen der I. sozialrechtlichen Abteilung

des Schweizerischen Bundesgerichts

Der Präsident: Maillard

Der Gerichtsschreiber: Hochuli