Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

I. Sozialrechtliche Abteilung, Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten 8C.567/2019
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Bundesgericht

Tribunal fédéral

Tribunale federale

Tribunal federal

               

8C_567/2019

Urteil vom 10. Dezember 2019

I. sozialrechtliche Abteilung

Besetzung

Bundesrichter Maillard, Präsident,

Bundesrichterinnen Heine, Viscione,

Gerichtsschreiber Hochuli.

Verfahrensbeteiligte

A.________,

vertreten durch Rechtsanwalt Oskar Gysler,

Beschwerdeführer,

gegen

IV-Stelle des Kantons Zürich,

Röntgenstrasse 17, 8005 Zürich,

Beschwerdegegnerin.

Gegenstand

Invalidenversicherung,

Beschwerde gegen den Entscheid des Sozialversicherungsgerichts des Kantons
Zürich

vom 27. Juni 2019 (IV.2019.00097).

Sachverhalt:

A.

A.a. A.________, geboren 1963, war von 1997 bis 2014 bei der B.________ AG als
Gruppenleiter angestellt. Wegen seit 11. Juni 2012 anhaltender
Rückenbeschwerden meldete er sich am 29. August 2013 bei der
Invalidenversicherung zum Leistungsbezug an. Nach erwerblichen und
medizinischen Abklärungen verneinte die IV-Stelle des Kantons Zürich
(nachfolgend: IV-Stelle oder Beschwerdegegnerin) insbesondere gestützt auf das
polydisziplinäre Gutachten der Swiss Medical Assessment- and Business-Center AG
in Bern vom 2. Februar 2015 (nachfolgend: SMAB-Gutachten) einen Rentenanspruch
(Verfügung vom 19. Oktober 2015). Das Sozialversicherungsgericht des Kantons
Zürich hiess die dagegen erhobene Beschwerde in dem Sinne gut, als es die
Verfügung vom 19. Oktober 2015 aufhob und die Sache zur ergänzenden
psychiatrischen Abklärung und Neuverfügung an die IV-Stelle zurückwies
(Entscheid vom 31. Oktober 2016).

A.b. Nach Einholung des psychiatrischen Gutachtens vom 14. Dezember 2017 des
Dr. med. C.________, Leitender Arzt der Integrierten Psychiatrie D.________
(nachfolgend: psychiatrisches Gutachten), sprach die IV-Stelle dem Versicherten
bei einem ermittelten Invaliditätsgrad von 46 % mit Wirkung ab 1. März 2018
eine Viertelsrente zu (Verfügung vom 27. Dezember 2018).

B. 

Die hiegegen erhobene Beschwerde des A.________ wies das
Sozialversicherungsgericht des Kantons Zürich ab (Entscheid vom 27. Juni 2019).

C. 

Mit Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten lässt A.________
beantragen, ihm sei unter Aufhebung des angefochtenen Entscheides ab Januar
2017 eine Viertelsrente zuzusprechen. Eventualiter sei eine orthopädische
Begutachtung durchzuführen.

Während die IV-Stelle auf Beschwerdeabweisung schliesst, verzichten die
Vorinstanz und das Bundesamt für Sozialversicherungen (BSV) auf eine
Vernehmlassung.

Erwägungen:

1. 

1.1. Die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten kann wegen
Rechtsverletzungen gemäss Art. 95 und 96 BGG erhoben werden. Das Bundesgericht
wendet das Recht von Amtes wegen an (Art. 106 Abs. 1 BGG), doch prüft es, unter
Berücksichtigung der allgemeinen Pflicht zur Begründung der Beschwerde (Art. 42
Abs. 1 und 2 BGG), grundsätzlich nur die geltend gemachten Rügen, sofern
allfällige weitere rechtliche Mängel nicht geradezu offensichtlich sind (BGE
141 V 234 E. 1 S. 236 mit Hinweisen). Es legt seinem Urteil den Sachverhalt
zugrunde, den die Vorinstanz festgestellt hat (Art. 105 Abs. 1 BGG), und kann
eine - für den Ausgang des Verfahrens entscheidende (vgl. Art. 97 Abs. 1 BGG) -
Sachverhaltsfeststellung nur berichtigen oder ergänzen, wenn sie offensichtlich
unrichtig ist oder auf einer Rechtsverletzung im Sinne von Art. 95 BGG beruht
(Art. 105 Abs. 2 BGG).

1.2. Die Sachverhaltsfeststellung und Beweiswürdigung der Vorinstanz ist nicht
schon dann offensichtlich unrichtig (willkürlich), wenn sich Zweifel anmelden,
sondern erst, wenn sie eindeutig und augenfällig unzutreffend ist. Es genügt
somit nicht, dass eine andere Lösung ebenfalls in Betracht fällt, selbst wenn
diese als die plausiblere erscheint. Willkür liegt insbesondere vor, wenn die
Vorinstanz offensichtlich unhaltbare Schlüsse gezogen, erhebliche Beweise
übersehen oder solche grundlos ausser Acht gelassen hat (Urteil 8C_443/2019 vom
7. November 2019 E. 1.2 mit Hinweis).

2. 

Streitig ist einzig der Rentenbeginn. Während Verwaltung und Vorinstanz diesen
auf den 1. März 2018 festsetzten, beansprucht der Beschwerdeführer die
Viertelsrente der Invalidenversicherung bereits mit Wirkung ab 1. Januar 2017.

3. 

3.1. Anspruch auf eine Rente haben Versicherte, die u.a. während eines Jahres
ohne wesentlichen Unterbruch durchschnittlich mindestens 40 % arbeitsunfähig
(Art. 6 ATSG) gewesen und nach Ablauf dieses Jahres zu mindestens 40 % invalid
(Art. 8 ATSG) sind (Art. 28 Abs. 1 lit. b und c IVG). Der Rentenanspruch
entsteht frühestens nach Ablauf von sechs Monaten nach Geltendmachung des
Leistungsanspruchs nach Art. 29 Absatz 1 ATSG, jedoch frühestens im Monat, der
auf die Vollendung des 18. Altersjahres folgt (Art. 29 Abs. 1 IVG).

3.2. Die Wartezeit nach Art. 28 Abs. 1 lit. b IVG ist eine materielle
Anspruchsvoraussetzung für die Rentenberechtigung, diejenige nach Art. 29 Abs.
1 IVG (zum Normzweck BGE 140 V 2 E. 5.3 S. 7) ist eine solche
verfahrensmässiger Natur (formelle Karenzfrist; BGE 142 V 547 E. 3.2 S. 550;
Urteil 8C_633/2017 vom 16. Februar 2018 E. 3.2 mit Hinweis).

3.3. Das Gesetz macht keine Vorgaben betreffend den Beginn oder das Ende der
Wartezeit nach Art. 28 Abs. 1 lit. b IVG. Es genügt eine Arbeitsunfähigkeit von
durchschnittlich mindestens 40 % ohne wesentlichen Unterbruch während eines
Jahres (Urteil 9C 412/2017 vom 5. Oktober 2017 E. 4.3). Für Beginn und
Fortbestand der rechtserheblichen Arbeitsunfähigkeit im Sinne von Art. 28 Abs.
1 lit. b IVG ist irrelevant, ob diese Folge eines körperlichen, geistigen oder
psychischen Gesundheitsschadens ist (vgl. Art. 6 ATSG).

3.4. Ein wesentlicher Unterbruch der Arbeitsunfähigkeit im Sinne von Art. 28
Abs. 1 lit. b IVG liegt vor, wenn die versicherte Person an mindestens 30
aufeinanderfolgenden Tagen voll arbeitsfähig war (Art. 29ter IVV; vgl. SVR 2016
BVG Nr. 51 S. 215, 9C_289/2016 E. 3.2; Urteil 8C_633/2017 vom 16. Februar 2018
E. 3.4).

4.

4.1. Das kantonale Gericht stellte in tatsächlicher Hinsicht für das
Bundesgericht grundsätzlich verbindlich fest, der Versicherte sei erst seit 16.
März 2017 in seiner bisherigen Tätigkeit vollständig und in einer angepassten
Tätigkeit zu 44 % arbeitsunfähig gewesen. Deshalb sei der Rentenanspruch erst
per 1. März 2018 entstanden. Es knüpfte dabei an den Eintrittstag zur
stationären psychiatrischen Behandlung in der Klinik E.________ AG an.

4.2. Der Beschwerdeführer rügt eine offensichtlich aktenwidrige und
willkürliche Sachverhaltsfeststellung. Schon laut SMAB-Gutachten sei er wegen
Unzumutbarkeit einer "in ständiger Kälte" zu verrichtenden Arbeit in der
angestammten Tätigkeit gesundheitsbedingt eingeschränkt gewesen. Seit dem 5.
Oktober 2012 (letzter Arbeitstag) habe er aus gesundheitlichen Gründen nicht
mehr an die angestammte Arbeitsstelle zurückkehren können, auch wenn er diese
Anstellung erst per Ende Februar 2014 verloren habe. Die Vorinstanz habe zu
Unrecht offengelassen, wie weit er als Teamleiter durch die Unzumutbarkeit der
Kälteexposition in seiner Arbeitsfähigkeit eingeschränkt gewesen sei.

4.3. Die Einwände des Versicherten sind unbegründet. Laut SMAB-Gutachten war er
trotz gewisser gesundheitlicher Beeinträchtigungen aus polydisziplinärer Sicht
weder in der angestammten noch in einer leidensangepassten Tätigkeit
arbeitsunfähig. Mit Blick auf die schon ab 2013 diagnostizierte somatoforme
Schmerzstörung und die Standardindikatoren (BGE 141 V 281 E. 4.1.3 S. S. 297
f.) äusserte sich der psychiatrische Gutachter nach sorgfältiger
Auseinandersetzung mit der umfangreichen medizinischen Aktenlage differenziert
zur Arbeitsfähigkeit. Retrospektiv sei der Schweregrad der Depression nicht
präzise zu bestimmen. Angesichts der im Vergleich zum psychiatrischen Gutachten
abweichenden Befunde anlässlich der SMAB-Begutachtung sei davon auszugehen,
dass sich der Gesundheitszustand zwischen Februar 2015 und der psychiatrischen
Exploration im September bzw. Oktober 2017 wesentlich verschlechtert habe. Der
zeitliche Ablauf sei ex post schwierig festzuhalten. Unter ausdrücklicher
Berücksichtigung der Aussagen der Ehefrau des Versicherten habe sich die
Kognition schleichend verschlechtert; deutlich schlechter sei sie erst nach
einer Hospitalisation anfangs 2017 geworden. Gestützt auf das psychiatrische
Gutachten setzte das kantonale Gericht den Beginn des Wartejahres nach Art. 28
Abs. 1 lit. b IVG (vgl. E. 3.3 hievor) auf den Zeitpunkt des Antritts der
stationären psychiatrischen Behandlung am 16. März 2017 (vgl. E. 4.1 hievor)
fest.

4.4. Der Beschwerdeführer legt nicht dar und es ist nicht ersichtlich,
inwiefern die Vorinstanz bei der Würdigung der medizinischen Unterlagen
Bundesrecht verletzt und den rechtserheblichen Sachverhalt offensichtlich
unrichtig oder gar unter Verletzung des Willkürverbots festgestellt hätte (vgl.
E. 1.2 hievor). Ist demnach die Festsetzung des Beginns des Wartejahres nicht
zu beanstanden, bleibt es bei dem mit angefochtenem Entscheid bestätigten
Beginn des Rentenanspruchs ab 1. März 2018.

5. 

Dem Verfahrensausgang entsprechend sind die Gerichtskosten dem unterliegenden
Beschwerdeführer aufzuerlegen (Art. 66 Abs. 1 Satz 1 BGG).

 Demnach erkennt das Bundesgericht:

1. 

Die Beschwerde wird abgewiesen.

2. 

Die Gerichtskosten von Fr. 800.- werden dem Beschwerdeführer auferlegt.

3. 

Dieses Urteil wird den Parteien, dem Sozialversicherungsgericht des Kantons
Zürich und dem Bundesamt für Sozialversicherungen schriftlich mitgeteilt.

Luzern, 10. Dezember 2019

Im Namen der I. sozialrechtlichen Abteilung

des Schweizerischen Bundesgerichts

Der Präsident: Maillard

Der Gerichtsschreiber: Hochuli