Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

I. Sozialrechtliche Abteilung, Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten 8C.496/2019
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Bundesgericht

Tribunal fédéral

Tribunale federale

Tribunal federal

               

8C_496/2019

Urteil vom 30. September 2019

I. sozialrechtliche Abteilung

Besetzung

Bundesrichter Maillard, Präsident,

Bundesrichterinnen Heine, Viscione,

Gerichtsschreiberin Polla.

Verfahrensbeteiligte

Arbeitslosenkasse des Kantons Zürich, Zürcherstrasse 8, 8400 Winterthur,

Beschwerdeführerin,

gegen

A.________,

Beschwerdegegner.

Gegenstand

Arbeitslosenversicherung (Zwischenverdienst, Nebenverdienst),

Beschwerde gegen den Entscheid des Sozialversicherungsgerichts des Kantons
Zürich

vom 28. Mai 2019 (AL.2018.00317).

Sachverhalt:

A. 

Der 1973 geborene A.________ arbeitete vom 1. Mai 2014 bis 31. Mai 2017 als
Vertriebsmitarbeiter bei der B.________ AG. Ausserdem war er vom 1. Januar bis
30. Juni 2017 beim F.C. C.________ als Trainer im Nebenamt tätig. Am 1. Juni
2017 meldete er sich zum Bezug von Arbeitslosenentschädigung an). Am 1. Juli
2018 übernahm er eine Trainerfunktion bei der FC D.________ AG mit einem
monatlichen Bruttogehalt von Fr. 750.-, welches die Arbeitslosenkasse des
Kantons Zürich bei der Berechnung der Arbeitslosenentschädigung als
Zwischenverdienst berücksichtigte (Verfügung vom 4. September 2018). Daran
hielt sie mit Einspracheentscheid vom 1. Oktober 2018 fest.

B. 

Die hiegegen geführte Beschwerde hiess das Sozialversicherungsgericht des
Kantons Zürich gut und verpflichtete die Arbeitslosenkasse, dem Versicherten
die Taggelder ab 1. Juli 2018 ohne die Anrechnung des bei der FC D.________ AG
erzielten Nebenverdienstes von monatlich Fr. 750.- auszurichten (Entscheid vom
28. Mai 2019).

C. 

Mit Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten beantragt die
Arbeitslosenkasse die Aufhebung des Entscheids vom 28. Mai 2019. Eventualiter
sei die Sache an die Vorinstanz zurückzuweisen, damit diese unter
Berücksichtigung eines ausgeweiteten Nebenverdienstes neu entscheide.

A.________ schliesst auf Abweisung der Beschwerde. Das Staatssekretariat für
Wirtschaft (SECO) verzichtet auf eine Vernehmlassung.

Erwägungen:

1. 

Die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten kann wegen
Rechtsverletzung gemäss Art. 95 und Art. 96 BGG erhoben werden. Das
Bundesgericht wendet das Recht von Amtes wegen an (Art. 106 Abs. 1 BGG). Es ist
folglich weder an die in der Beschwerde geltend gemachten Argumente noch an die
Erwägungen der Vorinstanz gebunden; es kann eine Beschwerde aus einem anderen
als dem angerufenen Grund gutheissen und es kann sie mit einer von der
Argumentation der Vorinstanz abweichenden Begründung abweisen. Immerhin prüft
das Bundesgericht, unter Berücksichtigung der allgemeinen Begründungspflicht in
Beschwerdeverfahren (Art. 42 Abs. 1 und 2 BGG), grundsätzlich nur die geltend
gemachten Rügen, sofern die rechtlichen Mängel nicht geradezu offensichtlich
sind (BGE 133 II 249 E. 1.4.1 S. 254). Das Bundesgericht legt seinem Urteil den
Sachverhalt zugrunde, den die Vorinstanz festgestellt hat (Art. 105 Abs. 1
BGG), und kann eine - für den Ausgang des Verfahrens entscheidende (vgl. Art.
97 Abs. 1 BGG) - Sachverhaltsfeststellung von Amtes wegen nur berichtigen oder
ergänzen, wenn sie offensichtlich unrichtig ist oder auf einer Rechtsverletzung
im Sinne von Art. 95 BGG beruht (Art. 105 Abs. 2 BGG).

2. 

Streitig und zu prüfen ist, ob die Vorinstanz Bundesrecht verletzte, indem sie
das bei der FC D.________ AG erzielte Einkommen als Neben- und nicht als
Zwischenverdienst qualifizierte.

3. 

Das kantonale Gericht legte die anwendbaren Rechtsgrundlagen (Art. 23 Abs. 1
und 3 AVIG sowie Art. 24 Abs. 1 und 3 AVIG) zutreffend dar. Darauf wird
verwiesen. Zu ergänzen bleibt, dass sich die Annahme eines Nebenerwerbs schon
rein begrifflich verbietet, solange nicht auch eine Beschäftigung vorliegt,
welche als Haupterwerbsquelle bezeichnet werden kann (vgl. Urteil C 252/06 vom
28. November 2007 E. 3.3.2, in: ARV 2008 S. 154). Der Grundgedanke der
Arbeitslosenversicherung rechtfertigt es, den versicherten Verdienst
praxisgemäss auf die normale Arbeitnehmertätigkeit zu beschränken (BGE 126 V
207 E. 1 S. 209; 125 V 475 E. 5a S. 478 sowie BGE 123 V 70 E. 5c S. 74; je mit
Verweis auf BGE 116 V 281 E. 2d S. 283). Rechtsprechungsgemäss wird daher keine
Entschädigung für Erwerbseinbussen ausgerichtet, die vom Wegfall einer ein
normales Vollzeitpensum übersteigenden Beschäftigung stammen (BGE 125 V 475 E.
5a S. 478, 120 V 233 E. 5 und 6 S. 253 f.; Urteil C 186/00 vom 28. Februar 2001
E. 2a). Unter einem Nebenverdienst im Sinne von Art. 23 Abs. 3 AVIG ist das
Einkommen aus jener Tätigkeit zu verstehen, die eine Person bereits vor
Eintritt der Arbeitslosigkeit über eine Vollzeitarbeitsstelle hinaus zusätzlich
verrichtete und nach Eintritt der Arbeitslosigkeit - ohne diese
Nebenbeschäftigung zu erhöhen - weiterhin ausübt (vgl. dazu BGE 123 V 230 E. 3d
S. 233; Urteil 8C_86/2017 vom 19. Mai 2017 E. 3 mit weiteren Hinweisen, in: ARV
2017 S. 233).

4.

4.1. Das kantonale Gericht erwog, der vorliegende Sachverhalt sei nicht mit
demjenigen im Urteil 8C_86/2017 vom 19. Mai 2017, in ARV 2017 S. 233
vergleichbar. In jenem Fall habe die versicherte Person vor Eintritt der
Arbeitslosigkeit keine weitere Beschäftigung neben der Haupttätigkeit ausgeübt.
Hier sei der Versicherte aber bereits vor seiner Arbeitslosigkeit für etwa acht
Stunden pro Woche als Fussballtrainer im Nebenerwerb tätig gewesen und habe
diese Funktion beim F.C. C.________ auch nach Eintritt der Arbeitslosigkeit bis
Ende Juni 2017 ausgeübt. Das dabei erzielte Entgelt von Fr. 666.65 im Monat sei
daher als Nebenverdienst abgerechnet worden. Der Versicherte habe nun während
derselben Leistungsrahmenfrist wieder eine gleichartige Tätigkeit als Trainer
bei der FC D.________ AG mit einem Einkommen von Fr. 750.- pro Monat begonnen,
wobei das deutlich höhere Pensum von rund 17 Stunden pro Woche keine
Qualifikation als Zwischenverdienst rechtfertige. Der als Fussballtrainer
erwirtschaftete Lohn erreiche überdies nicht annähernd denjenigen der
verlorenen Haupttätigkeit. Das beim FC D.________ AG erzielte Einkommen sei
daher als Nebenverdienst anzusehen und habe bei der Berechnung der zustehenden
Arbeitslosenentschädigung unberücksichtigt zu bleiben.

4.2. Die Beschwerdeführerin stellt sich dementgegen auf den Standpunkt, es
liege kein bereits vor der Arbeitslosigkeit ausgeübter und danach
weitergeführter Nebenverdienst vor. Vielmehr bestehe eine Lücke von zwölf
Monaten zwischen der während der Arbeitslosigkeit begonnenen Tätigkeit bei der
FC D.________ AG und derjenigen beim F.C. C.________. Eine neu aufgenommene
Tätigkeit im Rahmen einer laufenden Leistungsrahmenfrist stelle gemäss dem
genannten Urteil 8C_86/2017 einen Zwischenverdienst dar. Eventualiter sei der
bei der FC D.________ AG erzielte monatliche Mehrverdienst von Fr. 83.35 brutto
als erheblich einzustufen, womit diesfalls eine Ausweitung des Nebenverdienstes
vorliege, was ebenfalls zur Qualifikation des in Frage stehenden Einkommens als
Zwischenverdienst führe.

5.

5.1. Die Vorinstanz ging insofern von einem offensichtlich unrichtigen
Sachverhalt aus, als sie annahm, dass der Versicherte während seiner
Arbeitslosigkeit noch nebenerwerblich beim F.C. C.________ tätig gewesen sei
und er daher innerhalb der gleichen Leistungsrahmenfrist wieder als
Fussballtrainer gearbeitet habe. Wie die Beschwerdeführerin zutreffend
vorbringt, war das Arbeitsverhältnis mit dem F.C. C.________ bereits vor Beginn
der Leistungsrahmenfrist am 3. Juli 2017 beendet gewesen. Der Beginn dieser
Rahmenfrist wurde nachträglich vom 1. Juni auf den 3. Juli 2017 korrigiert, was
die Vorinstanz offensichtlich übersehen hat, weil der Beschwerdegegner im Juni
2017 eine die Höhe des zustehenden Bruttotaggeldes der Arbeitslosenversicherung
übersteigende zumutbare Beratertätigkeit ausgeübt hatte und damit in diesem
Monat nicht arbeitslos gewesen war.

5.2. Letztlich ist jedoch ausschlaggebend, dass der Beschwerdegegner das zu
beurteilende Arbeitsverhältnis bei der FC D.________ AG (als einzige
Einnahmequelle) erst während der Arbeitslosigkeit einging. Dem kantonalen
Gericht ist wohl zuzustimmen, dass beim zitierten Urteil 8C_86/2017 insoweit
eine andere Ausgangslage bestand, als dort die versicherte Person beim Verlust
der Haupttätigkeit noch gar keiner Nebenbeschäftigung nachgegangen war. Im
vorliegenden Fall war der Versicherte dementgegen zwar bereits während seiner
verlorenen Haupttätigkeit als nebenamtlicher Fussballtrainer angestellt
gewesen, jedoch bei einem anderen Verein, was nicht ausser Acht gelassen werden
kann. Denn das Einkommen aus einem während der Arbeitslosigkeit neu bei einem
anderen Arbeitgeber begründeten Arbeitsverhältnis stellt keinen nach Eintritt
der Arbeitslosigkeit weiterhin ausgeübten Nebenverdienst aus einer bereits
davor innegehabten Beschäftigung dar (vgl. E. 3 hiervor). Die Tätigkeit bei der
FC D.________ AG kann daher nicht mit dem zwölf Monate davor beendeten
Arbeitsverhältnis beim F.C. C.________ gleichgesetzt werden. Daran ändert auch
nichts, dass eine gleichartige Funktion ausgeübt wird. Die Arbeitslosenkasse
rechnete demnach den bei der FC D.________ AG erzielten Lohn korrekt als
Zwischenverdienst ab. Die vorinstanzliche Qualifikation als Nebenverdienst
verletzt bei der gegebenen Sach- und Rechtslage Bundesrecht.

5.3. Auf den eventualiter vorgebrachten Einwand der Beschwerdeführerin, die
Tätigkeit gehe aufgrund des erheblichen Mehrverdienstes über den blossen
Nebenerwerb hinaus und sei deshalb als Zwischenverdienst anzurechnen, braucht
bei diesem Ausgang des Verfahrens nicht weiter eingegangen zu werden. Die
Beschwerde ist begründet.

6. 

Der unterliegende Beschwerdegegner trägt die Gerichtskosten (Art. 66 Abs. 1
BGG).

 Demnach erkennt das Bundesgericht:

1. 

Die Beschwerde wird gutgeheissen. Der Entscheid des Sozialversicherungsgerichts
des Kantons Zürich vom 28. Mai 2019 wird aufgehoben und der Einspracheentscheid
der Arbeitslosenkasse des Kantons Zürich vom 1. Oktober 2018 bestätigt.

2. 

Die Gerichtskosten von Fr. 500.- werden dem Beschwerdegegner auferlegt.

3. 

Dieses Urteil wird den Parteien, dem Sozialversicherungsgericht des Kantons
Zürich, dem Staatssekretariat für Wirtschaft (SECO) und dem Amt für Wirtschaft
und Arbeit des Kantons Zürich schriftlich mitgeteilt.

Luzern, 30. September 2019

Im Namen der I. sozialrechtlichen Abteilung

des Schweizerischen Bundesgerichts Ausweitung Nebenverdienst

Der Präsident: Maillard

Die Gerichtsschreiberin: Polla