Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

I. Sozialrechtliche Abteilung, Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten 8C.458/2019
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Bundesgericht

Tribunal fédéral

Tribunale federale

Tribunal federal

               

8C_458/2019

Urteil vom 24. September 2019

I. sozialrechtliche Abteilung

Besetzung

Bundesrichter Maillard, Präsident,

Bundesrichterin Heine, Bundesrichter Wirthlin,

Gerichtsschreiber Wüest.

Verfahrensbeteiligte

IV-Stelle des Kantons Zürich, Röntgenstrasse 17, 8005 Zürich,

Beschwerdeführerin,

gegen

A.________,

vertreten durch Rechtsanwalt Dr. Marcel Bühler, Beschwerdegegnerin.

Gegenstand

Invalidenversicherung (Erlass),

Beschwerde gegen den Entscheid des Sozialversicherungsgerichts des Kantons
Zürich vom 16. Mai 2019 (IV.2018.00060).

Sachverhalt:

A. 

A.a. Die IV-Stelle des Kantons Zürich sprach der 1990 geborenen A.________ mit
Verfügung vom 30. Oktober 2015 rückwirkend ab dem 1. November 2014 eine ganze
Invalidenrente zu. Die Rente wurde auf der Basis eines für massgebend
betrachteten durchschnittlichen Jahreseinkommens von Fr. 47'940.- berechnet.
Mit Verfügung vom 31. August 2016 wurde der Rentenbetrag aufgrund korrigierter
Einkommen neu berechnet und ausgehend von einem massgebenden durchschnittlichen
Jahreseinkommen von nunmehr Fr. 50'760.- angepasst. Nachdem die zuständige
Ausgleichskasse eine weitere Korrektur der im individuellen Konto verbuchten
Einkommen vorgenommen hatte, verfügte die IV-Stelle am 18. Mai 2017 erneut eine
Anpassung der Rentenleistung, wobei sie von einem massgebenden
durchschnittlichen Einkommen von Fr. 25'380.- ausging. Der monatliche
Rentenbetrag reduzierte sich entsprechend. Mit gleichentags ergangenem
Vorbescheid stellte die Verwaltung der Versicherten zudem die Rückforderung der
im Zeitraum vom 1. Juli 2015 bis 31. Mai 2017 zu viel ausgerichteten Leistungen
in der Höhe von Fr. 7'636.- in Aussicht. Daran hielt sie mit Verfügung vom 26.
Juni 2017 fest.

A.b. Mit Schreiben vom 17. Juli 2017 ersuchte A.________ um Erlass der
Rückforderung. Mit Schreiben vom 13. Oktober 2017 kündigte die Verwaltung die
Abweisung des Erlassgesuches an, da die Voraussetzung des guten Glaubens nicht
erfüllt sei. Mit Verfügung vom 29. November 2017 entschied sie in diesem Sinne.

B. 

Die dagegen erhobene Beschwerde hiess das Sozialversicherungsgericht des
Kantons Zürich in dem Sinne teilweise gut, dass es die Verfügung der IV-Stelle
vom 29. November 2017 unter Bejahung des guten Glaubens beim Leistungsbezug
aufhob und die Sache zur Prüfung der Erlassvoraussetzung der grossen Härte mit
anschliessender neuer Verfügung an die IV-Stelle zurückwies (Entscheid vom 16.
Mai 2019).

C. 

Mit Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten beantragt die
IV-Stelle, der angefochtene Entscheid sei aufzuheben und die Verfügung vom 29.
November 2017 zu bestätigen.

A.________ lässt auf Abweisung der Beschwerde schliessen. Zudem ersucht sie um
Gewährung der unentgeltlichen Rechtspflege und Verbeiständung. Das Bundesamt
für Sozialversicherungen (BSV) verzichtet auf eine Vernehmlassung.

Erwägungen:

1. 

Weil die IV-Stelle - bei Bejahung der grossen (wirtschaftlichen) Härte -
zufolge des kantonalen Rückweisungsentscheids gezwungen wäre, eine ihres
Erachtens rechtswidrige Verfügung zu treffen (Erlass der Rückforderung), hat
der vorinstanzliche (Zwischen-) Entscheid für sie rechtsprechungsgemäss einen
nicht wiedergutzumachenden Nachteil im Sinne von Art. 93 Abs. 1 lit. a BGG zur
Folge und ist deshalb seitens der Verwaltung selbständig anfechtbar (BGE 144 V
280 E. 1.2 S. 283; 140 V 282; SVR 2017 AHV Nr. 3 S. 5, 9C_413/2016 E. 1).

2.

2.1. Die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten kann wegen
Rechtsverletzungen gemäss Art. 95 und 96 BGG erhoben werden. Das Bundesgericht
wendet das Recht von Amtes wegen an (Art. 106 Abs. 1 BGG). Es ist folglich
weder an die in der Beschwerde geltend gemachten Argumente noch an die
Erwägungen der Vorinstanz gebunden; es kann eine Beschwerde aus einem anderen
als dem angerufenen Grund gutheissen und es kann sie mit einer von der
Argumentation der Vorinstanz abweichenden Begründung abweisen. Immerhin prüft
das Bundesgericht, unter Berücksichtigung der allgemeinen Pflicht zur
Begründung der Beschwerde (Art. 42 Abs. 1 und 2 BGG), grundsätzlich nur die
geltend gemachten Rügen, sofern die rechtlichen Mängel nicht geradezu
offensichtlich sind (BGE 141 V 234 E. 1 S. 236 mit Hinweisen).

2.2. Das Bundesgericht kann die Sachverhaltsfeststellung der Vorinstanz nur
berichtigen oder ergänzen, wenn sie offensichtlich unrichtig ist oder auf einer
Rechtsverletzung im Sinne von Art. 95 BGG beruht (Art. 105 Abs. 2 BGG).
Überdies muss die Behebung des Mangels für den Ausgang des Verfahrens
entscheidend sein (Art. 97 Abs. 1 BGG).

3. 

Streitig ist, ob die Vorinstanz Bundesrecht verletzt hat, indem sie die
Voraussetzung des guten Glaubens beim Leistungsbezug bejahte.

4.

4.1. Wer Leistungen in gutem Glauben empfangen hat, muss sie nicht
zurückerstatten, wenn eine grosse Härte vorliegt (Art. 25 Abs. 1 zweiter Satz
ATSG; vgl. auch Art. 4 Abs. 1 ATSV). Der gute Glaube als Erlassvoraussetzung
ist nicht schon mit der Unkenntnis des Rechtsmangels gegeben. Der
Leistungsempfänger darf sich vielmehr nicht nur keiner böswilligen Absicht,
sondern auch keiner groben Nachlässigkeit schuldig gemacht haben. Der gute
Glaube entfällt somit einerseits von vornherein, wenn die zu Unrecht erfolgte
Leistungsausrichtung auf eine arglistige oder grobfahrlässige Melde- oder
Auskunftspflichtverletzung zurückzuführen ist. Anderseits kann sich die
rückerstattungspflichtige Person auf den guten Glauben berufen, wenn ihr
fehlerhaftes Verhalten nur leicht fahrlässig war. Wie in anderen Bereichen
beurteilt sich das Mass der erforderlichen Sorgfalt nach einem objektiven
Massstab, wobei aber das den Betroffenen in ihrer Subjektivität Mögliche und
Zumutbare (Urteilsfähigkeit, Gesundheitszustand, Bildungsgrad usw.) nicht
ausgeblendet werden darf (BGE 138 V 218 E. 4 S. 220; 112 V 97 E. 2c S. 103; SVR
2019 IV Nr. 6 S. 18, 8C_353/2018 E. 3.1).

4.2. Mit Bezug auf die Überprüfungsbefugnis des Bundesgerichts unterscheidet
die Rechtsprechung zwischen dem guten Glauben als fehlendem Unrechtsbewusstsein
und der Frage, ob sich jemand unter den gegebenen Umständen auf den guten
Glauben berufen kann oder ob er bei zumutbarer Aufmerksamkeit den bestehenden
Rechtsmangel hätte erkennen sollen. Die Frage nach dem Unrechtsbewusstsein
gehört zum inneren Tatbestand und wird daher als Tatfrage von der Vorinstanz
nach Art. 105 Abs. 1 BGG für das Bundesgericht verbindlich beantwortet.
Demgegenüber gilt die Frage nach der gebotenen Aufmerksamkeit als frei
überprüfbare Rechtsfrage, soweit es darum geht festzustellen, ob sich jemand
angesichts der jeweiligen tatsächlichen Verhältnisse auf den guten Glauben
berufen kann (BGE 122 V 221 E. 3 S. 223; SVR 2019 IV Nr. 6 S. 18, 8C_353/2018
E. 3.1; 2018 IV Nr. 70 S. 225, 9C_847/2017 E. 2.2).

5. 

5.1. Die Vorinstanz erwog, aus der Verfügung vom 30. Oktober 2015 gehe mit
hinreichender Klarheit hervor, dass der Rentenberechnung ein massgebendes
durchschnittliches Jahreseinkommen von Fr. 47'940.- zu Grunde liege. Sie
erachtete es aber als zweifelhaft, ob von der Versicherten tatsächlich erwartet
werden konnte, bei Erhalt dieser Verfügung zu prüfen, auf welchem
durchschnittlichen Jahreseinkommen die zugesprochene Rente beruht. Mit Verweis
auf das Urteil des Bundesgerichts 8C_353/2018 vom 26. Juli 2018 (SVR 2019 IV
Nr. 6 S. 18) hielt sie fest, das durchschnittliche Jahreseinkommen hänge von
einer Vielzahl variabler Parameter (Beitragsdauer; Rentenskala; Einfluss der
Heirat/Scheidung; Eintritt eines Risikofalls beim Ehepartner; Karrierezuschlag)
ab. Es handle sich dabei demnach nicht einfach um den Durchschnitt der effektiv
erzielten Einkommen. Weiter stellte das kantonale Gericht fest, in der
Verfügung vom 30. Oktober 2015 fänden sich keinerlei Erläuterungen zum Begriff
des massgebenden durchschnittlichen Jahreseinkommens sowie zu dessen Berechnung
und Bedeutung für die Rentenhöhe. In der Verfügung würden ausserdem zwei
verschiedene Einkommen verwendet: In ihrem ersten Teil werde ein massgebendes
durchschnittliches Jahreseinkommen von Fr. 47'940.- genannt und im zweiten Teil
ein Valideneinkommen auf der Grundlage eines Jahreseinkommens von Fr. 50'700.-
berechnet. Beide Einkommen würden sich im ähnlichen Rahmen bewegen und lägen
über dem von der Versicherten tatsächlich erzielten Lohn. Für eine in
sozialversicherungsrechtlichen Fragen nicht speziell geschulte Person sei
keineswegs einfach nachzuvollziehen, dass für die Berechnung des
durchschnittlichen Jahreseinkommens die tatsächlichen Jahreseinkommen
massgebend seien, während zur Berechnung des Valideneinkommens in der Regel auf
das zuletzt erzielte Einkommen abgestellt werde. Dies gelte umso mehr für die
gesundheitlich beeinträchtige Beschwerdegegnerin, welche über keine
abgeschlossene Berufslehre verfüge. Die Vorinstanz verneinte schliesslich eine
grobe Nachlässigkeit der Beschwerdegegnerin bezüglich des unrechtmässigen
Leistungsbezugs. Diese habe vielmehr auf die Richtigkeit der von der Verwaltung
vorgenommenen Berechnung vertrauen dürfen. Eine grobfahrlässige
Plfichtverletzung könne ihr nicht vorgeworfen werden. Der gute Glaube sei
demnach zu bejahen.

5.2. Die IV-Stelle vertritt demgegenüber die Ansicht, dass der gute Glaube der
Beschwerdegegnerin aufgrund einer grobfahrlässigen Sorgfaltspflichtverletzung
nicht gegeben sei. Sie macht geltend, aus dem Verfügungsteil 2 gehe hervor, auf
welcher Grundlage das Valideneinkommen berechnet werde. Der Beschwerdegegnerin
habe klar sein müssen, dass es sich beim Wert von Fr. 50'700.- um einen
aufgerechneten Wert handle, zumal sie bei der "B.________ AG" lediglich von Mai
2011 bis Februar 2012 angestellt gewesen sei und dabei ein monatliches
Einkommen von Fr. 3'960.- erzielt habe. Aus der Verfügung ergebe sich sodann
nicht, dass das Valideneinkommen etwas mit der Rentenberechnung sowie der Höhe
an sich zu tun habe. Im Weiteren seien in der Rentenverfügung vom 30. Oktober
2015 die Berechnungsgrundlagen dargelegt worden. Daraus sei ein massgebliches
durchschnittliches Jahreseinkommen von Fr. 47'940.- ersichtlich. Bei
sorgfältiger Lektüre hätten der Beschwerdegegnerin Zweifel aufkommen müssen, ob
das Jahreseinkommen korrekt gewesen sei, zumal sie im Rahmen ihrer erwerblichen
Tätigkeit nicht auch nur annähernd ein Jahreseinkommen in dieser Höhe erzielt
habe. Zweifel hätten sich insbesondere auch mit Blick auf den der Verfügung
beigelegten Auszug aus dem individuellen Konto (IK) ergeben müssen. Daraus sei
der fälschlicherweise gutgeschriebene Betrag von Fr. 74'800.- ersichtlich
gewesen. Dies hätte sie zumindest zu einer Rückfrage bei der Verwaltung
veranlassen müssen.

6. 

6.1. Dem von der Vorinstanz zitierten Urteil des Bundesgerichts 8C_353/2018 vom
26. Juli 2018 E. 4.3 lag folgender Sachverhalt zugrunde: Zur Beurteilung stand
die Rentenhöhe einer 1955 geborenen Frau, die Mutter von vier erwachsenen
Kindern war und teils als Hausfrau, teils als Landwirtin auf dem
landwirtschaftlichen Betrieb ihres Ehemannes arbeitete. Im Jahr 2003 wurde ihr
ab März 2002 aufgrund der Folgen eines erlittenen Schädelhirntraumas eine halbe
Invalidenrente zugesprochen, wobei die Rentenberechnung auf einem massgebenden
durchschnittlichen Jahreseinkommen von Fr. 35'448.- basierte. Jahre später
bemerkte die IV-Stelle, dass bei der Berechnung der Invalidenrente eine falsche
Versichertennummer herangezogen und folglich ein zu hohes massgebendes
durchschnittliches Jahreseinkommen festgelegt worden war. Die IV-Stelle und das
kantonale Gericht verneinten den guten Glauben beim Leistungsbezug mit der
Begründung, die Versicherte hätte erkennen müssen, dass das in der
Rentenverfügung angegebene durchschnittliche Jahreseinkommen nicht mit dem
Einkommen übereinstimmte, welches sie in den Jahren 1973 bis 1979 erzielt habe.
Das Bundesgericht wies indessen darauf hin, dass aus den in der Vergangenheit
erzielten tatsächlichen Einkommen nicht ohne Weiteres auf das durchschnittliche
Jahreseinkommen im Sinne von Art. 29quater AHVG geschlossen werden könne (E.
4.3). Dieses setze sich zusammen aus dem Durchschnitt der aufgewerteten Summe
der Erwerbseinkommen (Art. 29quater i.V.m. Art. 30 AHVG), zuzüglich den
durchschnittlich erworbenen Erziehungs- und Betreuungsgutschriften (Art.
29quater lit. b und c AHVG). Im Weiteren hänge das durchschnittliche
Jahreseinkommen von einer Vielzahl variabler Parameter ab (Beitragsdauer,
Rentenskala, Einfluss der Heirat/Scheidung, Eintritt eines Risikofalls beim
Ehepartner, Karrierezuschlag). Im konkreten Fall wurde das massgebende
durchschnittliche Jahreseinkommen zu beinahe 90 % von den
Erziehungsgutschriften bestimmt. Daher habe die Versicherte aus der Kenntnis
ihres relativ tiefen tatsächlichen Einkommens in den 1970er Jahren nicht ohne
Weiteres ableiten können, dass das von der Verwaltung festgestellte massgebende
Jahreseinkommen zu hoch gewesen sei. Unter den dargelegten Umständen sowie
unter Berücksichtigung der gesundheitlichen Einschränkungen und des beruflichen
Werdegangs der Beschwerdeführerin habe von ihr nicht erwartet werden können,
dass sie - selbst unter Aufwendung der ihr zumutbaren Aufmerksamkeit - den
Fehler der Verwaltung in der Rentenverfügung vom 31. Oktober 2003 hätte
erkennen müssen.

6.2. Der hier zur Beurteilung stehende Sachverhalt ist indessen anders
gelagert. Es geht um eine 1990 geborene ledige und kinderlose Versicherte, die
ab November 2014 berentet wurde. Der - zweifellos nicht von ihr zu
verantwortende - Fehler in den Rentenverfügungen vom 30. Oktober 2015 und 31.
August 2016 ist darauf zurückzuführen, dass im IK der Versicherten im Jahr 2011
ein Einkommen in der Höhe von Fr. 74'800.- verbucht war, welches diese nie
erzielt hatte. Gemäss den korrigierten IK-Eintragungen erzielte sie bei der
betreffenden Arbeitgeberin lediglich von Januar bis Februar 2010 ein Einkommen
von Fr. 2'980.-. Im Jahr 2011 erzielte sie bei dieser Arbeitgeberin hingegen
offenbar kein Einkommen. Festzuhalten ist weiter, dass sich das massgebende
durchschnittliche Jahreseinkommen bei der noch jungen Versicherten alleine aus
den in den Jahren 2011 bis 2013 erzielten Erwerbseinkommen zusammensetzte. Die
Verhältnisse sind vorliegend demnach weit weniger kompliziert als im mit Urteil
8C_353/2018 vom 26. Juli 2018 entschiedenen Fall.

6.3. Nach den von der Versicherten unbestritten gebliebenen Vorbringen in der
Beschwerde war der Rentenverfügung vom 30. Oktober 2015 ein IK-Auszug
beigelegt. Dieser wird in der Verfügung denn auch explizit als Beilage erwähnt.
Der vorinstanzlich unvollständig festgestellte Sachverhalt ist entsprechend zu
ergänzen (vgl. E. 2.2 hiervor). Aus dem IK-Auszug war die Fehlbuchung im Jahr
2011 (vgl. E. 6.2 hiervor) ersichtlich. Es trifft zwar zu, dass sich eine
Rentenberechnung für einen Laien nur schwerlich im Detail nachvollziehen lässt.
Dies entbindet den Verfügungsadressaten aber nicht, die Verfügung zumindest
einer Plausibilitätskontrolle zu unterziehen. Dazu gehört etwa, die in den
Berechnungsblättern ausgewiesenen Erwerbseinkommen und das sich daraus
ergebende, in der Verfügung direkt angeführte, für die Bestimmung der
Rentenhöhe massgebliche Erwerbseinkommen nach offenkundigen Fehlern zu sichten.
(vgl. Urteil 8C_225/2013 vom 5. September 2013 E. 4.1). Vorliegend waren der
Verfügung vom 30. Oktober 2015 zwar nicht die Berechnungsblätter beigelegt,
sondern lediglich - aber immerhin - ein IK-Auszug. Der darin enthaltene
offenkundige Fehler hätte die Beschwerdegegnerin - nicht zuletzt aufgrund der
altersbedingt überschaubaren Erwerbshistorie - auffallen und sie zumindest zu
einer Rückfrage bei der Verwaltung veranlassen müssen, wie die
Beschwerdeführerin zu Recht vorbringt. Daran ändert - entgegen der Auffassung
der Vorinstanz - auch die betragliche Nähe zwischen dem in der Rentenverfügung
angegebenen massgebenden durchschnittlichen Jahreseinkommen und dem im zweiten
Verfügungsteil erwähnten Valideneinkommen nichts. Denn zum einen weist die
IV-Stelle zu Recht darauf hin, dass in der Verfügung der Begriff des
Valideneinkommens und dessen Bedeutung für die Bemessung der Invalidität
dargelegt wird. Zum anderen musste sich die Versicherte mit Blick auf das in
den Berechnungsgrundlagen der Rentenverfügung vom 30. Oktober 2015 angegebene
massgebende durchschnittliche Jahreseinkommen darüber im Klaren sein, dass sich
die Höhe der Invalidenrente (unter anderem) nach dem erzielten Erwerbseinkommen
richtet. Insoweit hätte sie die Bedeutung des beigelegten IK-Auszugs für die
Rentenhöhe erkennen müssen, auch wenn sich in der Verfügung vom 30. Oktober
2015 keinerlei Erläuterungen zum Begriff des massgebenden durchschnittlichen
Jahreseinkommens finden.

6.4. Nach dem Gesagten hätte zur gebotenen Aufmerksamkeit auch gehört, dass
sich die Beschwerdegegnerin ein grobes Bild über ihre Einkommensverhältnisse
macht und sie den der Rentenverfügung beigelegten IK-Auszug - zumindest auf
offenkundige Fehler - prüft. Dass sie dazu aus gesundheitlichen oder anderen
persönlichen Gründen nicht in die Lage versetzt gewesen wäre, ist nicht
erstellt. Allenfalls hätte sie auch jemanden zur Hilfe beiziehen können. Eine
einfache Überprüfung des IK-Auszugs hätte eine augenfällige Diskrepanz zur
tatsächlichen wirtschaftlichen Situation der Beschwerdegegnerin und damit zur
Fehlerhaftigkeit der Verfügung offengelegt. So war im Jahr 2011 total ein
Einkommen von Fr. 105'779.- verbucht worden, wohingegen die Beschwerdegegnerin
in den Jahren 2008 bis 2013 nie mehr als Fr. 30'000.- verdiente. Ein Einkommen
von Fr. 74'800.- im Jahr 2011 betraf eine Arbeitgeberin, für die die
Beschwerdegegnerin im betreffenden Jahr offenbar gar nicht tätig war. Lediglich
im Jahr 2010 (Januar und Februar) erzielte sie bei ihr ein Einkommen von
insgesamt Fr. 2'980.-. Der fälschlicherweise aufgeführte Betrag von Fr.
74'800.- hätte ihr somit - auch im Rahmen einer Plausibilitätskontrolle (vgl.
E. 6.3 hiervor) - ins Auge stechen müssen. Selbst ohne nähere Kenntnisse über
die Modalitäten einer Rentenberechnung hätten bei der Beschwerdegegnerin
erhebliche Zweifel am angegebenen massgeblichen Jahreseinkommen und letztlich
an der Rechtmässigkeit des ausgerichteten Rentenbetrages aufkeimen müssen.

6.5. Dadurch, dass die Versicherte den der Rentenverfügung vom 30. Oktober 2015
beigelegten IK-Auszug nicht mit der gebotenen Aufmerksamkeit überprüft hatte,
hat sie den für sie leicht erkennbaren Mangel übersehen und es damit auch
unterlassen, die Verwaltung darauf hinzuweisen. Dieses Fehlverhalten kann nicht
als leichte Nachlässigkeit gewertet werden. Vielmehr schliesst es den guten
Glauben der Versicherten beim Leistungsbezug aus. Daran ändert im Übrigen auch
der Umstand nichts, dass der Rentenverfügung vom 31. August 2016 - anders als
derjenigen vom 30. Oktober 2015 - gemäss Beilagenverzeichnis kein IK-Auszug
beigelegt war. Denn hätte die Beschwerdegegnerin den offenkundigen Fehler im
IK-Auszug nach Erhalt der Rentenverfügung vom 30. Oktober 2015 der Verwaltung
rechtzeitig gemeldet, so hätte eine entsprechende Korrektur bereits im Rahmen
der Rentenverfügung vom 31. August 2016 erfolgen können.

6.6. Entgegen der Darstellung der Beschwerdegegnerin in ihrer Vernehmlassung
wird ihr nicht vorgeworfen, nicht bemerkt zu haben, dass sie monatlich eine um
Fr. 332.- zu hohe Invalidenrente erhalten habe. Vielmehr liegt das
(grobfahrlässige) Fehlverhalten nach dem Gesagten darin, dass sie bei der
Überprüfung der Rentenverfügung und des IK-Auszugs nicht ein Mindestmass an
Sorgfalt walten liess. Eine absichtliche Vermögensverschiebung oder eine
Betrugsabsicht stand nie zur Diskussion.

7. 

Kann sich die Beschwerdegegnerin unter den gegebenen Umständen nicht auf den
guten Glauben berufen, entfällt die Erlassmöglichkeit ungeachtet dessen, ob die
Rückerstattungsforderung zu einer grossen Härte führt oder nicht. Nach dem
Gesagten hat die Vorinstanz Bundesrecht verletzt (vgl. E. 2.1 hiervor). Die
Beschwerde der IV-Stelle ist begründet.

8. 

Ausgangsgemäss wird die Beschwerdegegnerin grundsätzlich kostenpflichtig (Art.
66 Abs. 1 Satz 1 BGG). Ihrem Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege
(Prozessführung, Verbeiständung) kann entsprochen werden (Art. 64 Abs. 1 und 2
BGG), da die Bedürftigkeit der Versicherten anhand der Akten ausgewiesen ist.
Es wird indessen ausdrücklich auf Art. 64 Abs. 4 BGG hingewiesen, wonach sie
der Bundesgerichtskasse Ersatz zu leisten hat, wenn sie später dazu in der Lage
ist. Die Entschädigung wird aufgrund des geltend gemachten Aufwandes
ermessensweise festgesetzt.

Demnach erkennt das Bundesgericht:

1. 

Die Beschwerde wird gutgeheissen. Der Entscheid des Sozialversicherungsgerichts
des Kantons Zürich vom 16. Mai 2019 wird aufgehoben und die Verfügung der
IV-Stelle des Kantons Zürich vom 29. November 2017 bestätigt.

2. 

Der Beschwerdegegnerin wird die unentgeltliche Rechtspflege gewährt und
Rechtsanwalt Marcel Bühler wird als unentgeltlicher Anwalt bestellt.

3. 

Die Gerichtskosten von Fr. 900.- werden der Beschwerdegegnerin auferlegt, indes
vorläufig auf die Bundesgerichtskasse genommen.

4. 

Dem Rechtsvertreter der Beschwerdegegnerin wird aus der Bundesgerichtskasse
eine Entschädigung von Fr. 1'400.- ausgerichtet.

5. 

Die Sache wird zum Entscheid über das Gesuch um unentgeltliche Verbeiständung
im vorangegangenen Verfahren an das Sozialversicherungsgericht des Kantons
Zürich zurückgewiesen.

6. 

Dieses Urteil wird den Parteien, dem Sozialversicherungsgericht des Kantons
Zürich und dem Bundesamt für Sozialversicherungen schriftlich mitgeteilt.

Luzern, 24. September 2019

Im Namen der I. sozialrechtlichen Abteilung

des Schweizerischen Bundesgerichts

Der Präsident: Maillard

Der Gerichtsschreiber: Wüest