Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

I. Sozialrechtliche Abteilung, Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten 8C.447/2019
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Bundesgericht

Tribunal fédéral

Tribunale federale

Tribunal federal

               

8C_447/2019

Urteil vom 21. August 2019

I. sozialrechtliche Abteilung

Besetzung

Bundesrichter Maillard, Präsident,

Bundesrichterinnen Heine, Viscione,

Gerichtsschreiber Wüest.

Verfahrensbeteiligte

A.________,

vertreten durch Rechtsanwalt Florian Németh,

Beschwerdeführer,

gegen

IV-Stelle des Kantons St. Gallen, Brauerstrasse 54, 9016 St. Gallen,

Beschwerdegegnerin.

Gegenstand

Invalidenversicherung (Invalidenrente),

Beschwerde gegen den Entscheid des Versicherungsgerichts des Kantons St. Gallen
vom 7. Mai 2019 (IV 2016/155).

Sachverhalt:

A. 

A.a. Der 1960 geborene A.________ meldete sich am 20. August 2007 erstmals zum
Bezug von Leistungen der Invalidenversicherung bei der IV-Stelle des Kantons
St. Gallen an, nachdem er am 28. Juli 2004 bei einem Arbeitsunfall die rechte
Hand eingeklemmt und sich eine Abrissfraktur des Processus styloideus ulnae
zugezogen hatte. Mit Verfügung vom 10. Dezember 2010 wies die IV-Stelle das
Rentenbegehren des Versicherten ab. Die dagegen erhobene Beschwerde hiess das
Versicherungsgericht des Kantons St. Gallen mit Entscheid vom 19. November 2012
(IV 2011/30) dahingehend gut, dass die Sache zur Vervollständigung des
Verwaltungsverfahrens und zur anschliessenden neuen Verfügung im Sinne der
Erwägungen an die IV-Stelle zurückgewiesen wurde.

A.b. Zwischenzeitlich erlitt A.________ am 20. Januar 2011 als Lenker eines
Personenwagens einen Unfall. Die Schweizerische Unfallversicherungsanstalt
(Suva) erbrachte hierfür zunächst die gesetzlichen Leistungen, verneinte dann
aber eine Leistungspflicht über den 5. September 2011 hinaus. Nachdem das
angerufene Versicherungsgericht die Sache zu weiteren Abklärungen an die Suva
zurückgewiesen hatte, hielt diese mit Verfügung vom 21. Oktober 2014 an der
Einstellung der vorübergehenden Leistungen per 5. September 2011 fest. Sie
verneinte zudem einen Anspruch auf eine Invalidenrente und eine
Integritätsentschädigung. Der Entscheid wurde vom Versicherungsgericht und vom
Bundesgericht (Urteil 8C_493/2018 vom 12. September 2018) bestätigt.

A.c. Nachdem die IV-Stelle am 4. August 2014 davon Kenntnis erhalten hatte,
dass der Versicherte im Rahmen der Observation seiner Ehefrau beim Reparieren
eines Fahrrades gesehen worden sei, erteilte sie den Auftrag für eine sofortige
Überwachung. Bereits im Zeitraum vom 2. September bis 16. Oktober 2012 wurde
A.________ im Auftrag des Haftpflichtversicherers observiert (vgl.
Observationsbericht vom 17. Oktober 2012). In der Folge veranlasste die
IV-Stelle eine bidisziplinäre Begutachtung durch Dr. med. B.________, Facharzt
FMH für Orthopädische Chirurgie und Traumatologie des Bewegungsapparates, und
PD Dr. med. C.________, Facharzt FMH für Psychiatrie und Psychotherapie. Mit
Vorbescheid vom 9. Februar 2016 stellte die Verwaltung dem Versicherten die
Abweisung des Rentenbegehrens in Aussicht. Daran hielt sie mit Verfügung vom
12. April 2016 fest.

B. 

Die dagegen geführte Beschwerde wies das Versicherungsgericht des Kantons St.
Gallen mit Entscheid vom 7. Mai 2019 ab.

C. 

Mit Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten lässt A.________
beantragen, die Verfügung der IV-Stelle vom 12. April 2016 und der angefochtene
Entscheid seien aufzuheben und es sei ihm eine ganze Invalidenrente
zuzusprechen. Eventualiter sei die Sache zur weiteren Abklärung des
Sachverhalts und zu neuem Entscheid an die Vorinstanz zurückzuweisen.

Das Bundesgericht hat die vorinstanzlichen Akten eingeholt. Es wird kein
Schriftenwechsel durchgeführt.

Erwägungen:

1. 

1.1. Mit Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten kann unter
anderem die Verletzung von Bundesrecht gerügt werden (Art. 95 lit. a BGG), die
Feststellung des Sachverhalts nur, wenn sie offensichtlich unrichtig ist oder
auf einer Rechtsverletzung im Sinne von Art. 95 BGG beruht und wenn die
Behebung des Mangels für den Ausgang des Verfahrens entscheidend sein kann
(Art. 97 Abs. 1 BGG). Das Bundesgericht legt seinem Urteil den Sachverhalt
zugrunde, den die Vorinstanz festgestellt hat (Art. 105 Abs. 1 BGG). Es kann
deren Sachverhaltsfeststellung von Amtes wegen berichtigen oder ergänzen, wenn
sie offensichtlich unrichtig ist oder auf einer Rechtsverletzung im Sinne von
Art. 95 BGG beruht (Art. 105 Abs. 2 BGG).

1.2. Das Bundesgericht wendet das Recht von Amtes wegen an (Art. 106 Abs. 1
BGG). Indes prüft es, unter Berücksichtigung der allgemeinen Begründungspflicht
der Beschwerde (vgl. Art. 42 Abs. 1 BGG), grundsätzlich nur die geltend
gemachten Rügen, sofern die rechtlichen Mängel nicht geradezu offensichtlich
sind (BGE 141 V 234 E. 1 S. 236).

2. 

2.1. Streitig und zu prüfen ist, ob die Vorinstanz Bundesrecht verletzte, indem
sie in Bestätigung der Verfügung der IV-Stelle vom 12. April 2016 einen
Rentenanspruch verneinte.

2.2. Im angefochtenen Entscheid sind die für die Beurteilung der Streitsache
massgebenden rechtlichen Grundlagen zutreffend wiedergegeben, worauf verwiesen
wird (Art. 109 Abs. 3 BGG).

3. 

Das kantonale Versicherungsgericht bejahte zunächst die Verwertbarkeit der
Ergebnisse der von der IV-Stelle veranlassten Observation. Es wies zudem darauf
hin, dass die beiden Gutachter aus dem Observationsmaterial keine Schlüsse
gezogen hätten, welche sich nicht bereits aus den eigenen Untersuchungen
ergeben hatten. Im Weiteren mass es den Gutachten der Dres. med. C.________ und
B.________ Beweiskraft bei. Gestützt darauf ging es davon aus, dass beim
Beschwerdeführer eine volle Arbeitsfähigkeit sowohl in der angestammten, als
auch in einer adaptierten Tätigkeit vorliege. Eine rentenbegründende
Invalidität sei somit nicht ausgewiesen.

4. 

Was der Beschwerdeführer dagegen vorbringt, vermag zu keinem anderen Ergebnis
zu führen.

4.1.

4.1.1. Zunächst macht er geltend, die durch die Observation erhobenen Beweise
hätten nicht verwertet und den Gutachtern zur Verfügung gestellt werden dürfen.
Er wirft der Vorinstanz in diesem Zusammenhang eine offensichtlich unrichtige
Sachverhaltsfeststellung vor. So sei er auch auf dem Balkon seines Wohnhauses
observiert worden. Dieser Bereich gehöre nicht zum öffentlichen Raum. Die
Verwertung der Observationsergebnisse falle vorliegend aber auch deshalb ausser
Betracht, weil sein Interesse an der Achtung seiner Privatsphäre höher zu
gewichten sei als dasjenige der Verwaltung an der Vermeidung eines neuen
Gutachtens.

4.1.2. Diese Einwände sind nicht stichhaltig. Soweit er vorbringt, der Balkon
gehöre nicht zum öffentlichen Raum, scheint er zu übersehen, dass gemäss
Rechtsprechung lediglich insoweit von einem absoluten Verwertungsverbot
auszugehen ist, als es sich um Beweismaterial handelt, das im nicht öffentlich
frei einsehbaren Raum zusammengetragen wurde (BGE 143 I 377 E. 5.1.3 S. 386 mit
Hinweis auf das Urteil 8C_830/2011 vom 9. März 2012 E. 6.4; vgl. auch Urteil
8C_837/2018 vom 15. Mai 2019 E. 5.1). Diesbezüglich stellte die Vorinstanz
fest, das Bildmaterial zeige den Beschwerdeführer im öffentlich frei
einsehbaren Raum bei Handlungen, die er aus eigenem Antrieb und ohne äussere
Beeinflussung vorgenommen habe. Inwiefern diese vorinstanzliche
Sachverhaltsfeststellung offensichtlich unrichtig (vgl. E. 1.1 hiervor) sein
soll, legt der Beschwerdeführer nicht dar und ist auch nicht ersichtlich. Nach
den weiteren zutreffenden Feststellungen wurde der Beschwerdeführer im
Überwachungszeitraum an lediglich vier Tagen observiert. Damit und mit Blick
auf die aufgezeichneten alltäglichen Verrichtungen und Handlungen kann
insgesamt nicht von einer schweren Verletzung der Persönlichkeit gesprochen
werden. Wird diesem relativ bescheidenen Eingriff in die grundrechtliche
Position des Beschwerdeführers das erhebliche und gewichtige öffentliche
Interesse an der Verhinderung des Versicherungsmissbrauchs entgegengestellt,
ergibt sich, dass die Observationsergebnisse sowie sämtliche Akten, die darauf
Bezug nehmen (insbesondere die Gutachten der Dres. med. C.________ und
B.________), in die Beweiswürdigung miteinbezogen werden können und müssen (BGE
143 I 377 E. 5.1.2 S. 386). Das kantonale Gericht hat demnach nicht Bundesrecht
verletzt, als sie die Verwertbarkeit des Überwachungsmaterials bejahte.

4.2.

4.2.1. In medizinischer Hinsicht macht der Beschwerdeführer geltend, die
Vorinstanz hätte nicht auf das psychiatrische Teilgutachten des Dr. med.
C.________ vom 14. September 2015 abstellen dürfen. Das Gutachten stehe in
diametralem Widerspruch zum Bericht des Psychiatrie-Zentrums D.________ vom 11.
Mai 2016, worin als Hauptdiagnose eine narzisstische Persönlichkeitsstörung
gestellt worden sei. Vor diesem Hintergrund hätte das Versicherungsgericht
weitere Abklärungen veranlassen müssen.

4.2.2. Die Vorinstanz stellte hierzu fest, die Ärzte des Psychiatrie-Zentrums
und der Gutachter Dr. med. C.________ hätten im Wesentlichen dieselben Befunde
erhoben. Bis auf das Vorliegen einer narzisstischen Persönlichkeitsstörung
herrsche auch in diagnostischer Hinsicht weitgehend Einigkeit. Im Bericht des
Psychiatrie-Zentrums werde aber nicht begründet, weshalb entgegen dem
Teilgutachten des Dr. med. C.________ eine narzisstische Persönlichkeitsstörung
zu diagnostizieren sei. Zudem fehlten konkrete Angaben zu einer damit
einhergehenden Arbeitsunfähigkeit. Ausserdem habe sich der psychiatrische
Gutachter mit den möglichen Diagnosen auseinandergesetzt, wobei es keine
Anzeichen für das Vorliegen einer narzisstischen Persönlichkeitsstörung gegeben
habe. Inwiefern diese vorinstanzlichen Sachverhaltsfeststellungen und
Beweiswürdigung offensichtlich unrichtig sein sollen, zeigt der
Beschwerdeführer nicht auf und ist auch nicht ersichtlich. Sie bleiben demnach
für das Bundesgericht verbindlich (vgl. E. 1.1 hiervor). Wenn das kantonale
Gericht gestützt darauf zum Schluss gelangte, auch aus dem Bericht des
Psychiatrie-Zentrums D.________ vom 11. Mai 2016 ergäben sich keine
Gesichtspunkte, die Beweisweiterungen zu begründen vermöchten, und es auf die
beweiskräftige Expertise des Dr. med. C.________ vom 14. September 2015
abstellte, so ist darin keine Rechtsverletzung zu erblicken.

5. 

Zusammenfassend lassen die Einwendungen des Beschwerdeführers weder die
vorinstanzlichen Sachverhaltsfeststellungen als offensichtlich unrichtig, als
Ergebnis willkürlicher Beweiswürdigung oder als rechtsfehlerhaft nach Art. 95
BGG erscheinen, noch zeigen sie sonstwie eine Bundesrechtsverletzung auf. Die
Beschwerde ist offensichtlich unbegründet, weshalb sie im vereinfachten
Verfahren nach Art. 109 Abs. 2 lit. a BGG ohne Durchführung eines
Schriftenwechsels, mit summarischer Begründung und unter Hinweis auf die
Erwägungen im angefochtenen Entscheid (Art. 109 Abs. 3 BGG) erledigt wird.

6. 

Die Gerichtskosten werden dem unterliegenden Beschwerdeführer auferlegt (Art.
66 Abs. 1 Satz 1 BGG).

 Demnach erkennt das Bundesgericht:

1. 

Die Beschwerde wird abgewiesen.

2. 

Die Gerichtskosten von Fr. 800.- werden dem Beschwerdeführer auferlegt.

3. 

Dieses Urteil wird den Parteien, dem Versicherungsgericht des Kantons St.
Gallen und dem Bundesamt für Sozialversicherungen schriftlich mitgeteilt.

Luzern, 21. August 2019

Im Namen der I. sozialrechtlichen Abteilung

des Schweizerischen Bundesgerichts

Der Präsident: Maillard

Der Gerichtsschreiber: Wüest