Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

I. Sozialrechtliche Abteilung, Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten 8C.289/2019
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Bundesgericht

Tribunal fédéral

Tribunale federale

Tribunal federal

               

8C_289/2019

Urteil vom 18. September 2019

I. sozialrechtliche Abteilung

Besetzung

Bundesrichter Maillard, Präsident,

Bundesrichterin Heine, Bundesrichter Abrecht,

Gerichtsschreiber Grunder.

Verfahrensbeteiligte

IV-Stelle des Kantons St. Gallen,

Brauerstrasse 54, 9016 St. Gallen,

Beschwerdeführerin,

gegen

A.________,

vertreten durch Rechtsanwalt Dr. Kreso Glavas,

Beschwerdegegner.

Gegenstand

Invalidenversicherung (Invalidenrente; Revision),

Beschwerde gegen den Entscheid des Versicherungsgerichts des Kantons St. Gallen

vom 16. April 2019 (IV 2016/304).

Sachverhalt:

A.

A.a. Der 1962 geborene A.________ meldete sich am 7. Februar 1996 zum
Leistungsbezug bei der Invalidenversicherung an. Die IV-Stelle des Kantons St.
Gallen holte unter anderem das Gutachten der Klinik für Orthopädische
Chirurgie, Spital B.________, vom 5. Oktober 1998 ein. Danach lag ein Zustand
nach im Mai 1995 durchgeführter Amputation der Finger II und III rechts im
proximalen Mitttelglied vor, weshalb der Patient praktisch als einhändig zu
betrachten und daher im angestammten Beruf (Hilfsmetzger) nicht mehr
arbeitsfähig gewesen war. Hingegen war er für leichtere Tätigkeiten, die
überwiegend mit der linken Hand ausgeübt werden konnten, einsatzfähig. Mit
rechtskräftig gewordener Verfügung vom 27. Januar 1999 sprach die IV-Stelle dem
Versicherten gestützt auf einen nach der Methode des Einkommensvergleichs
ermittelten Invaliditätsgrad von 54 % ab 1. Mai 1996 eine halbe Invalidenrente
zu.

A.b. Am 3. Dezember 2013 meldete der Versicherte der IV-Stelle, sein
Gesundheitszustand habe sich wegen eines am 20. Mai 2013 erlittenen
Oberschenkelbruchs verschlechtert. Die Verwaltung gelangte in der Stellungnahme
vom 1. Juli 2015 zum Schluss, aufgrund der Oberschenkelfraktur mit Infektion
sei eine vorübergehende erhebliche Verschlechterung des Gesundheitszustands und
damit ein Revisionsgrund gegeben. Die IV-Stelle holte das auf allgemein- und
innermedizinischen, orthopädischen sowie psychiatrischen Untersuchungen
beruhende Gutachten der Neurologie Toggenburg AG, Polydisziplinäre
Begutachtungsstelle, Wattwil (im Folgenden: MEDAS), vom 9. November 2015 ein.
Danach konnte eine beeinträchtigte Einsatzfähigkeit der rechten Hand im letzten
Beruf als Metzgereigehilfe anerkannt werden, allerdings nicht für andere
Tätigkeiten, in denen die grobe Kraft und die geringen Einschränkungen in der
Greiffunktion für den Spitzengriff und die Opponierbarkeit von Daumen und
Zeige- bzw. Mittelfinger rechts nicht entscheidend seien. In handwerklichen
Hilfstätigkeiten könne die Hypersensibilität durch Tragen von speziellen
Arbeitshandschuhen entscheidend positiv beeinflusst werden. Aufgrund der
lediglich inkompletten Amputationsbefunde könne von einer funktionellen
Einhändigkeit nicht gesprochen werden. Nach durchgeführtem Vorbescheidverfahren
verfügte die IV-Stelle am 6. Juli 2016, ab 1. November 2013 werde die laufende
halbe Rente auf eine ganze heraufgesetzt, ab 1. Februar 2015 bestehe wiederum
Anspruch auf eine halbe Rente und ab dem 1. September 2016 mangels eines
weiterhin bestehenden rentenbegründenden Invaliditätsgrades kein Anspruch mehr.

B. 

In Gutheissung der hiegegen eingereichten Beschwerde sprach das
Versicherungsgericht des Kantons St. Gallen A.________ über den 31. August 2016
hinaus eine halbe Invalidenrente zu.

C. 

Mit Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten beantragt die
IV-Stelle, unter Aufhebung des vorinstanzlichen Entscheids sei in Bestätigung
der Verfügung vom 6. Juli 2016 ab dem 1. September 2016 ein Anspruch auf
Invalidenrente zu verneinen.

A.________ lässt auf Abweisung der Beschwerde schliessen, soweit darauf
einzutreten sei. Das Bundesamt für Sozialversicherungen verzichtet auf eine
Vernehmlassung.

Erwägungen:

1. 

Mit der Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten kann eine
Rechtsverletzung nach Art. 95 f. BGG gerügt werden. Das Bundesgericht wendet
das Recht von Amtes wegen an (Art. 106 Abs. 1 BGG). Dennoch prüft es -
offensichtliche Fehler vorbehalten - nur die in seinem Verfahren beanstandeten
Rechtsmängel (Art. 42 Abs. 1 f. BGG; BGE 135 II 384 E. 2.2.1 S. 389). Es legt
seinem Urteil den Sachverhalt zugrunde, den die Vorinstanz festgestellt hat
(Art. 105 Abs. 1 BGG). Es kann ihre Sachverhaltsfeststellung von Amtes wegen
berichtigen oder ergänzen, wenn sie offensichtlich unrichtig ist oder auf einer
Rechtsverletzung im Sinne von Art. 95 BGG beruht und wenn die Behebung des
Mangels für den Ausgang des Verfahrens entscheidend sein kann (Art. 105 Abs. 2
BGG).

2. 

Streitig und zu prüfen ist, ob sich der Gesundheitszustand seit Erlass der
Verfügung vom 27. Januar 1999 bis zum Zeitpunkt der Verfügung vom 6. Juli 2016
hinsichtlich der Fingeramputationen an der rechten Hand in revisionsrechtlich
erheblicher Weise verändert hatte. Unbestritten ist dabei, dass die Folgen der
zwischenzeitlich erlittenen Oberschenkelfraktur mit Infekten im Zeitpunkt der
Rentenrevisionsverfügung ausgeheilt gewesen waren.

3.

3.1. Anlass zur Rentenrevision gibt jede wesentliche Änderung in den
tatsächlichen Verhältnissen seit Zusprechung der Rente, die geeignet ist, den
Invaliditätsgrad und damit den Anspruch zu beeinflussen. Insbesondere ist die
Rente bei einer wesentlichen Änderung des Gesundheitszustandes revidierbar.
Weiter sind, auch bei an sich gleich gebliebenem Gesundheitszustand, veränderte
Auswirkungen auf den Erwerbs- oder Aufgabenbereich von Bedeutung (BGE 134 V 131
E. 3 S. 132); dazu gehört die Verbesserung der Arbeitsfähigkeit aufgrund einer
Angewöhnung oder Anpassung an die Behinderung (Urteile 9C_349/2013 vom 24.
Oktober 2013 E. 3.1 und 9C_292/2012 vom 7. August 2012 E. 2.3). Hingegen ist
die lediglich unterschiedliche Beurteilung eines im Wesentlichen gleich
gebliebenen Sachverhalts im revisionsrechtlichen Kontext unbeachtlich (BGE 112
V 371 E. 2b S. 372; SVR 2011 IV Nr. 1 S. 1, 8C_972/2009 E. 3.2; Urteil 8C_133/
2013 vom 29. Mai 2013 E. 4.1). Praxisgemäss ist die Invalidenrente auch dann
revidierbar, wenn sich die erwerblichen Auswirkungen des an sich gleich
gebliebenen Gesundheitszustands erheblich verändert haben (BGE 133 V 545 E. 6.1
S. 546; 130 V 343 E. 3.5 S. 349 f. mit Hinweisen). Liegt in diesem Sinne ein
Revisionsgrund vor, ist der Rentenanspruch in rechtlicher und tatsächlicher
Hinsicht umfassend ("allseitig") zu prüfen, wobei keine Bindung an frühere
Beurteilungen besteht (BGE 141 V 9 E. 2.3 S. 11 mit Hinweisen und E. 6.1 S.
13).

3.2. Einer neuen ärztlichen Einschätzung, die sich nicht hinreichend darüber
ausspricht, inwiefern im Vergleich zur früheren Beurteilung eine effektive
Veränderung des Gesundheitszustands eingetreten ist, kommt für die Belange der
Rentenrevision kein genügender Beweiswert zu (Urteil 9C_137/2017 vom 8.
November 2017 E. 3.1; Bestätigung von SVR 2012 IV Nr. 18 S. 81, 9C_418/2010
sowie des Urteils 9C_710/2014 vom 26. März 2015).

4.

4.1.

4.1.1. Das kantonale Gericht hat erkannt, aufgrund des in allen Teilen
beweiskräftigen Gutachtens der MEDAS vom 9. November 2015 stehe mit dem
erforderlichen Beweisgrad der überwiegenden Wahrscheinlichkeit fest, dass der
Versicherte im Zeitpunkt der Explorationen für ideal leidensangepasste
Tätigkeiten uneingeschränkt arbeitsfähig gewesen sei. Zu dieser
Schlussfolgerung seien bereits die medizinischen Sachverständigen des Spitals
B.________ gelangt (Expertise vom 5. Oktober 1998).

4.1.2. Hinsichtlich der weiteren Erwägungen stellt die Vorinstanz
vollumfänglich auf einen Aufsatz von RALF JÖHL (Die Revision nach Art. 17 ATSG,
in: KIESER/LENDFERS [Hrsg.]: Jahrbuch zum Sozialversicherungsrecht 2012, S. 153
ff.) ab, der im kantonalen Gerichtsverfahren als Präsident amtierte. Sie hat
erwogen, die Revision nach Art. 17 ATSG diene (allein) dazu, die nachträglich
unrichtig gewordene Dauerleistungsverfügung für die Zukunft zu korrigieren, das
heisse die Leistungszusprache einer neuen, sich auf die den veränderten
effektiven Sachverhalt abstützende Sachverhaltsprognose anzupassen. Es gehöre
nicht zur Aufgabe der Revision, Fehler in der Sachverhaltsermittlung oder der
Rechtsanwendung zu beheben, die bei der ursprünglichen Leistungszusprache oder
bei einer früheren Revision begangen worden seien. Würde man ein
Revisionsverfahren dazu benützen, auch derartige Fehler zu korrigieren, käme es
zu einer unzulässigen Vermengung der Revision auf der einen und der
prozessualen Revision beziehungsweise der Wiedererwägung auf der anderen Seite.
Es könne nicht zum Inhalt eines Revisionsverfahrens gehören, formell
rechtskräftige, aber fehlerhafte frühere Revisionsverfügungen zu korrigieren.
Das müsse mittels einer prozessualen Revision oder Wiedererwägung jener
früheren Revisionsverfügung geschehen. Zur Vermeidung einer solchen
unzulässigen Vermengung von Revision und Wiedererwägung gelte es zu beachten,
dass eine bloss unterschiedliche Beurteilung eines im Wesentlichen unverändert
gebliebenen Sachverhalts keinen Revisionsgrund darstellen könne.

Das Bundesgericht gehe dagegen davon aus, beim Vorliegen eines Revisionsgrundes
sei der Rentenanspruch in rechtlicher und tatsächlicher Hinsicht umfassend zu
prüfen, wobei keine Bindung an frühere Beurteilungen bestehe. Abgesehen von der
keine Grundlage im Gesetz findenden Behauptung, dass die Revision eine ex nunc
et pro futuro in allen Punkten rechtmässige Leistungsausrichtung sicherstellen
wolle, habe das Bundesgericht bis heute keine Begründung für seine hinter
dieser Rechtsauffassung stehende Praxisänderung geliefert (mit Hinweis auf BGE
141 V 9 E. 2.3 S. 11). Die Anwendung der aktuellen Bundesgerichtspraxis
ermögliche es nicht nur formell rechtskräftige Verfügungen der Verwaltung
abzuändern, ohne dass die strengen Voraussetzungen für eine Wiedererwägung
(Art. 53 Abs. 2 ATSG) erfüllt sein müssten. Auch formell rechtskräftige
Gerichtsurteile, die vom (wahren) Sinn und Zweck des Art. 17 ATSG her zwingend
revidierbar sein müssten, könnten in Anwendung der aktuellen
Bundesgerichtspraxis von der IV-Stelle abgeändert werden. Damit laufe die
aktuelle Bundesgerichtspraxis auf eine Untergrabung der Verbindlichkeit von
formell rechtskräftigen Verfügungen und kantonalen Gerichtsurteilen hinaus.
Eine blosse Prüfung des Sachverhalts im Hinblick auf allfällige Veränderungen
seit der letzten Leistungsfestsetzung lasse sich nicht mit Art. 43 Abs. 1 ATSG
vereinbaren, der für eine umfassende Neufestsetzung eine ebenso umfassende
Sachverhaltsabklärung fordere. Selbstverständlich könne eine IV-Stelle nicht
willkürlich wählen, ob sie nur ein "echtes" Rentenrevisionsverfahren oder ein
solches im Sinne der bundesgerichtlichen Rechtsprechung durchführen wolle; das
Gleichbehandlungsgebot zwinge sie dazu, den Sachverhalt in jedem
Rentenrevisionsverfahren umfassend abzuklären. Zusammenfassend erweise sich die
aktuelle Bundesgerichtspraxis (nach wie vor) als nicht überzeugend und sie
lasse sich nicht mit den massgebenden gesetzlichen Grundlagen in
Übereinstimmung bringen, weshalb es dem kantonalen Gericht gemäss Art. 190 BV
untersagt sei, die bundesrechtswidrige Rechtsprechung anzuwenden.

4.1.3. Abschliessend hat die Vorinstanz festgehalten, dass sich gemäss
Gutachten der MEDAS (abgesehen von der vorübergehenden Verschlechterung des
Gesundheitszustands nach dem Verkehrsunfall vom Mai 2013) der medizinische
Sachverhalt seit der urspünglichen Rentenzusprache nicht wesentlich verändert
habe, und da sich in den Akten auch kein anderer Hinweis auf einen möglichen
Revisionsgrund finden lasse, erweise sich die Rentenaufhebung als rechtswidrig.

4.2.

4.2.1. Die IV-Stelle bringt vor, der Beschwerdegegner sei wegen der Folgen des
Verkehrsunfalles vom 22. Mai 2013 während über 17 Monaten vollständig
arbeitsunfähig gewesen. Damit habe sich der Invaliditätsgrad rentenrelevant
erhöht und dem Beschwerdegegner sei eine befristete ganze Invalidenrente
zugesprochen worden. Ein Revisionsgrund sei somit gegeben gewesen.

4.2.2. Weiter macht die IV-Stelle geltend, streitig sei die Rentenanpassung ab
dem 1. September 2016. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichts könne der
Gesundheitszustand und die Arbeitsfähigkeit aufgrund des gegebenen
Revisionsgrundes in Abweichung zur medizinischen Einschätzung im Zeitpunkt der
ursprünglichen Rentenverfügung vollumfänglich neu beurteilt werden und eine
Rentenaufhebung zur Folge haben. Das kantonale Gericht setze sich aber explizit
über diese Praxis zu Art. 17 Abs. 1 ATSG hinweg. Statt eine vollumfängliche
Überprüfung vorzunehmen stelle es sich diametral der bundesgerichtlichen
Rechtsprechung entgegen und nehme den Standpunkt ein, mit der Rentenrevision
könnten nicht Fehler aus früheren Verfügungen korrigiert werden. Damit habe es
Bundesrecht verletzt.

4.3. Der Beschwerdegegner bringt vor, der Gesundheitszustand habe sich
zwischenzeitlich zwar verschlechtert, danach sei indessen wieder der gleiche
Zustand eingetreten, der bereits im Zeitpunkt der Rentenzusprache vorgelegen
habe. Daher sei eine neue und vollumfängliche Überprüfung des auch gemäss dem
Gutachten der MEDAS gleichgebliebenen Gesundheitszustandes gesetzwidrig.
Entgegen den Ausführungen der IV-Stelle liege die relevante Begründung der
Vorinstanz nicht darin, dass allfällige Fehler aus früheren Verfügungen nicht
korrigiert werden dürften. Vielmehr habe sie erklärt, dass die Verwaltung die
Rechtsbehelfe der Revision und der Wiedererwägung vermengt habe. In diesem
Sinne habe das kantonale Gericht nachvollziehbar erläutert, dass ein im
Wesentlichen unverändert gebliebener Sachverhalt keinen Revisionsgrund bilden
könne. Auch gemäss den Ausführungen der IV-Stelle sei nicht bestritten, dass
die aktuellen Gutachter bloss die bisherigen Beschwerden des Versicherten auf
andere Weise und unter dem Blickwinkel der Rentensparpolitik gewürdigt hätten.
Nachdem die Voraussetzungen der Wiedererwägung gemäss Art. 53 Abs. 2 ATSG nicht
vorlägen, versuche die IV-Stelle die Rente im Revisionsverfahren einzustellen,
was gesetzwidrig sei. Aus diesem Grunde sei auch die aktuelle
Bundesgerichtspraxis anzupassen, ansonsten es zu den von der Vorinstanz
bemängelten gesetzeswidrigen Entscheiden komme, die zweifellos gegen ein faires
Verfahren nach Art. 6 EMRK sprächen.

5.

5.1. Zunächst ist festzuhalten, dass der Auffassung des kantonalen Gerichts und
des Beschwerdegegners, im Zeitpunkt der Rentenaufhebungsverfügung vom 6. Juli
2016 habe kein Revisionsgrund vorgelegen, nicht gefolgt werden kann. Der Unfall
vom 20. März 2013 und dessen Folgen (Oberschenkelfraktur mit Infektion)
bildeten unbestritten den Anlass, dass die IV-Stelle den Rentenanspruch von
Gesetzes wegen revisionsweise zu überprüfen hatte. Wie bei der Neufestsetzung
des Rentenanspruchs ex nunc et pro futuro wird die Verwaltung oftmals, nicht
zuletzt aufgrund der Langsamkeit des Abklärungsverfahrens, in die Lage
versetzt, im Rentenrevisionsverfahren rückwirkend den eingetretenen
Tatsachenänderungen, die zu einer Erhöhung, Herabsetzung oder Aufhebung des
Rentenanspruchs führen können, Rechnung zu tragen. Etwas anderes ergibt sich
aus der Rechtsprechung nicht (vgl. MEYER/REICHMUTH, Rechtsprechung des
Bundesgerichts zum IVG, Zürich/Basel/Genf 2014, Art. 30 bis 31 Rz. 19 S. 423
mit Hinweisen). Im Übrigen ist in diesem Zusammenhang darauf hinzuweisen, dass
die Sachverständigen der MEDAS festhielten, angesichts des über Jahre hinweg
stabil gebliebenen Zustands im Bereich der rechten Hand (Handverletzung mit
Fingerteilamputationen) müsse davon ausgegangen werden, dass durch Gewöhnung
und Anpassung eine faktische und funktionelle Verbesserung über die Zeit bis
zum Jahr 2013 eingetreten sei. Aktuell könne klinisch keine funktionelle
Einschränkung der rechten Hand gesehen werden. Ein kompletter Funktionsverlust,
wie bei einem "funktionellen Einhänder" liege nicht vor, was auch dadurch
untermauert werde, dass der Explorand weiterhin rechtshändig schreibe. Auch aus
diesen Angaben des beweiskräftigen Gutachtens der MEDAS ergibt sich, dass sich
der Gesundheitszustand infolge Gewöhnung an die Amputationen an zwei Fingern
der rechten Hand in revisionsrechtlich erheblicher Weise verbessert hatte und
damit einen Revisionstatbestand darstellte (vgl. E. 3.1 hievor).

5.2.

5.2.1. Die vom kantonalen Gericht und dem Beschwerdegegner beantragte Änderung
der Rechtsprechung muss sich auf ernsthafte sachliche Gründe stützen können,
die - vor allem im Hinblick auf das Gebot der Rechtssicherheit - umso
gewichtiger sein müssen, je länger die als falsch oder nicht mehr zeitgemäss
erkannte Rechtsanwendung für zutreffend erachtet worden ist. Eine
Praxisänderung lässt sich grundsätzlich nur begründen, wenn die neue Lösung
besserer Erkenntnis des Gesetzeszweckes, veränderten äusseren Verhältnissen
oder gewandelten Rechtsanschauungen entspricht (BGE 140 V 538 E. 4.5 S. 541 mit
Hinweisen).

5.2.2. Gemäss der in E. 3.1 hievor zitierten ständigen Praxis des
Bundesgerichts hat die Verwaltung - wenn ein Revisionsgrund wie hier gegeben
ist - den Rentenanspruch in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht umfassend
("allseitig") zu prüfen, wobei keine Bindung an frühere Beurteilungen besteht.
Es ist nicht erforderlich, dass gerade die geänderte Tatsache zu einer
Neufestsetzung der Invalidenrente führt; vielmehr kann sich bei der allseitigen
Prüfung des Rentenanspruchs ergeben, dass ein anderes Anspruchselement zu einer
Herauf-, Herabsetzung oder Aufhebung der Invalidenrente führt (BGE 141 V 9 E.
2.3 S. 11; 139 V 28 E. 3.3.1 S. 30; 117 V 198 E. 4b S. 200; SVR 2015 IV Nr. 8
S. 23, 9C_378/2014 E. 4.2 mit weiteren Hinweisen auf Rechtsprechung und
Literatur). Daher steht gemäss BGE 141 V 9 E. 5 f. S. 12 ff. auch im Rahmen der
vorzunehmenden Neueinschätzung von Gesundheitszustand und Arbeitsfähigkeit eine
zum bestehenden Beschwerdebild hinzu getretene Schulterproblematik einer
Rentenaufhebung nicht entgegen.

5.2.3. Die IV-Stelle bringt zu Recht vor, dass das kantonale Gericht von der
zitierten, seit Jahrzehnten bestehenden, mit BGE 117 V 198 E. 4b S. 200
präzisierten Rechtsprechung abgewichen ist. Dass die Voraussetzungen für eine
Praxisänderung vorliegen (vgl. E. 5.2.1 hievor), lässt sich mit den Vorbringen
der Vorinstanz nicht begründen. In dem von ihr erwähnten juristischen Artikel
wird weder die bisherige Rechtsprechung noch die herrschende Lehre diskutiert
noch ist daraus ersichtlich, dass sich die Rechtsanschauungen erheblich
gewandelt hätten, weshalb gestützt darauf kein ernsthafter sachlicher Grund für
eine Änderung der Praxis zur (materiellen) Rentenrevision dargetan ist. Dem
Gesagten entsprechend war die IV-Stelle entgegen der Ansicht der Vorinstanz
befugt, den Gesundheitszustand und die Arbeitsfähigkeit ohne Bindung an frühere
Einschätzungen und damit ohne Bindung an die im Bereich der Wiedererwägung von
Verwaltungsverfügungen geltenden Voraussetzungen (vgl. Art. 53 Abs. 2 ATSG)
frei zu überprüfen.

5.2.4. Die offensichtlich begründete Beschwerde ist gutzuheissen, ohne dass das
Bundesgericht die von der Vorinstanz aufgeworfene Frage einer Praxisänderung
näher prüft (Art. 109 Abs. 2 lit. b in Verbindung mit Abs. 3 BGG).

6.

6.1. Das Verfahren ist kostenpflichtig (Art. 65 Abs. 4 lit. a BGG). Die
Gerichtskosten werden in der Regel der unterliegenden Partei auferlegt (Art. 66
Abs. 1 Satz 1 BGG). Ferner wird diese regelmässig verpflichtet, der obsiegenden
Partei die durch den Rechtsstreit verursachten notwendigen Kosten zu ersetzen
(Art. 68 Abs. 1 und 2 BGG). Bund, Kantonen und Gemeinden sowie mit
öffentlich-rechtlichen Aufgaben betrauten Organisationen dürfen in der Regel
keine Gerichtskosten auferlegt werden, wenn sie in ihrem amtlichen
Wirkungskreis, ohne dass es sich um ihr Vermögensinteresse handelt, das
Bundesgericht in Anspruch nehmen oder wenn gegen ihre Entscheide in solchen
Angelegenheiten Beschwerde geführt worden ist (Art. 66 Abs. 4 BGG). Auch wird
ihnen in der Regel keine Parteientschädigung zugesprochen, wenn sie in ihrem
amtlichen Wirkungskreis obsiegen (Art. 68 Abs. 3 BGG). Unnötige Kosten hat
indessen zu bezahlen, wer sie verursacht (Art. 66 Abs. 3, Art. 68 Abs. 4 BGG).
Dies gestattet auch, ausnahmsweise die Gerichts- und Parteikosten der
Vorinstanz respektive dem Gemeinwesen, dem sie angehört, aufzuerlegen,
namentlich, wenn sie in qualifizierter Weise die Pflicht zur
Justizgewährleistung verletzt hat (BGE 142 V 551 E. 9.1 S. 571 mit Hinweisen).

6.2. Letzteres trifft hier zu, indem die Vorinstanz zum wiederholten Mal (vgl.
zum Beispiel das Urteil 8C_668/2016 vom 5. Dezember 2016) die seit Jahrzehnten
bestehende Rechtsprechung des Bundesgerichts zu den Voraussetzungen, unter
welchen eine Invalidenrente (materiellrechtlich) revidiert werden kann,
explizit missachtet hat (vgl. vorstehende Erwägungen). Dem Kanton St. Gallen
sind demnach die Gerichtskosten aufzuerlegen.

6.3. Dem unterliegenden Beschwerdegegner steht keine Parteientschädigung zu
(Art. 68 Abs. 2 BGG).

 Demnach erkennt das Bundesgericht:

1. 

Die Beschwerde wird gutgeheissen. Der Entscheid des Versicherungsgerichts des
Kantons St. Gallen vom 16. April 2019 wird aufgehoben und die Verfügung der
IV-Stelle des Kantons St. Gallen vom 6. Juli 2016 bestätigt.

2. 

Die Gerichtskosten von Fr. 800.- werden dem Kanton St. Gallen auferlegt.

3. 

Dieses Urteil wird den Parteien, dem Versicherungsgericht des Kantons St.
Gallen und dem Bundesamt für Sozialversicherungen schriftlich mitgeteilt.

Luzern, 18. September 2019

Im Namen der I. sozialrechtlichen Abteilung

des Schweizerischen Bundesgerichts

Der Präsident: Maillard

Der Gerichtsschreiber: Grunder