Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

I. Sozialrechtliche Abteilung, Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten 8C.246/2019
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Bundesgericht

Tribunal fédéral

Tribunale federale

Tribunal federal

               

8C_246/2019

Urteil vom 8. August 2019

I. sozialrechtliche Abteilung

Besetzung

Bundesrichter Maillard, Präsident,

Bundesrichter Wirthlin, Bundesrichterin Viscione,

Gerichtsschreiber Grunder.

Verfahrensbeteiligte

A.________,

vertreten durch Rechtsanwalt Jürg Leimbacher,

Beschwerdeführerin,

gegen

AXA Versicherungen AG,

General Guisan-Strasse 40, 8400 Winterthur,

Beschwerdegegnerin.

Gegenstand

Unfallversicherung (Kausalzusammenhang),

Beschwerde gegen den Entscheid des Sozialversicherungsgerichts des Kantons
Zürich vom 21. Februar 2019 (UV.2017.00254).

Sachverhalt:

A. 

Die 1980 geborene A.________ war mit einem Pensum von 80 % als Mitarbeiterin im
Hausdienst des Spitals B.________ angestellt und dadurch bei der AXA
Versicherungen AG, Winterthur (im Folgenden: AXA), obligatorisch gegen die
Folgen von Unfällen versichert. Am 19. Juni 2013 klemmte sie die rechte Hand
beim Schliessen einer Türe ein. Die AXA erbrachte die gesetzlichen Leistungen
(Heilbehandlung; Taggeld). Nach diversen medizinischen Abklärungen stellte sie
mit Verfügung vom 16. Juni 2015 die bislang erbrachten Leistungen per sofort
ein und verneinte einen adäquaten Kausalzusammenhang der geltend gemachten
eingeschränkten Funktionsfähigkeit der rechten Hand mit dem Unfall vom 19. Juni
2013 und dessen Folgen. Daran hielt sie mit Einspracheentscheid vom 19. Oktober
2015 fest. Die hiegegen eingereichte Beschwerde wies das
Sozialversicherungsgericht des Kantons Zürich mit Entscheid vom 27. März 2017
ab. In teilweiser Gutheissung der Beschwerde in öffentlich-rechtlichen
Angelegenheiten hob das Bundesgericht mit Urteil 8C_383/2017 vom 24. Oktober
2017 den vorinstanzlichen Entscheid auf und wies die Sache zur Durchführung
weiterer medizinischer Abklärung und neuer Entscheidung an das kantonale
Gericht zurück.

B. 

Das Sozialversicherungsgericht des Kantons Zürich holte das auf neurologischen
und psychiatrischen Untersuchungen beruhende Gutachten der MEDAS
Zentralschweiz, Luzern, vom 6. November 2018 ein und gab den Parteien
Gelegenheit, dazu Stellung zu nehmen. Mit Entscheid vom 21. Februar 2019 wies
es die Beschwerde erneut ab.

C. 

Mit Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten lässt A.________
beantragen, unter Aufhebung des vorinstanzlichen Entscheids sei die AXA zu
verpflichten, ihr eine Invalidenrente gestützt auf einen Invaliditätsgrad von
34 % sowie eine Integritätsentschädigung aufgrund einer Integritätseinbusse von
15 % auszurichten. Zudem sei die AXA zu verpflichten, ihr eine
Prozessentschädigung für das kantonale Gerichtsverfahren von         Fr.
7'600.- auszurichten.

Das Bundesgericht führt keinen Schriftenwechsel durch.

Erwägungen:

1.

1.1. Die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten kann wegen
Rechtsverletzungen gemäss Art. 95 und 96 BGG erhoben werden. Das Bundesgericht
wendet das Recht von Amtes wegen an (Art. 106 Abs. 1 BGG), doch prüft es, unter
Berücksichtigung der allgemeinen Rüge- und Begründungspflicht im
Beschwerdeverfahren (Art. 42 Abs. 1 und 2 BGG), nur die geltend gemachten
Vorbringen, falls allfällige weitere rechtliche Mängel nicht geradezu
offensichtlich sind (BGE 141 V 234 E. 1 S. 236; 138 I 274 E. 1.6 S. 280).

1.2. Im Beschwerdeverfahren um die Zusprechung oder Verweigerung von
Geldleistungen der Militär- oder Unfallversicherung ist das Bundesgericht -
anders als in den übrigen Sozialversicherungsbereichen (Art. 97 Abs. 1, Art.
105 Abs. 1 und 2 BGG) - nicht an die vorinstanzliche Feststellung des
rechtserheblichen Sachverhalts gebunden (Art. 97 Abs. 2 und Art. 105 Abs. 3
BGG).

2. 

Streitig und zu prüfen ist wie schon im Verfahren 8C_383/2017, ob das kantonale
Gericht zu Recht in Bestätigung des Einspracheentscheids der AXA vom 19.
Oktober 2015 einen über den Zeitpunkt der Verfügung vom 16. Juni 2015
hinausgehenden Anspruch auf Leistungen der obligatorischen Unfallversicherung
verneint hat. Prozessthema bildet dabei in erster Linie die Frage, ob die
geltend gemachten Beeinträchtigungen an den Fingern der rechten Hand auf ein
somatisch erklärbares Substrat zurückzuführen seien, die mit dem Beweisgrad der
überwiegenden Wahrscheinlichkeit in Zusammenhang mit dem Quetschtrauma vom 19.
Juni 2013 stehen könnten. Die Vorinstanz hat die zur Beurteilung dieser Frage
zu berücksichtigenden Rechtsgrundlagen unter Hinweis auf seinen vom
Bundesgericht im Verfahren 8C_383/2017 aufgehobenen Entscheid vom 27. März 2017
zutreffend dargelegt, worauf verwiesen wird.

3.

3.1. Das kantonale Gericht hat erkannt, dass zur Beurteilung des
Streitgegenstands auf das in allen Teilen beweiskräftige bidisziplinäre
Gutachten der MEDAS vom 6. November 2018 abgestellt werden könne. Danach leide
die Versicherte an einer depressiven Episode (ICD-10: F32/33.0-2), einer
fokalen, fixierten Dystonie bei Status nach Kontusion der rechten Mittelhand am
19. Juni 2013 sowie Status nach weitgehend remittierter posttraumatischer
Entwicklung eines CRPS (Complex Regional Pain Syndrome), und an einem
chronischen intermittierenden zerviko-vertebralen Syndrom. Die Frage, ob die
Versicherte an einer dissoziativen Bewegungsstörung an der rechten Hand gemäss
ICD-10: F44.4 leide, bleibe weiterhin im Raum stehen, ohne dass diese Diagnose
klar habe verifiziert werden können. Die Ursache der persistierenden
Bewegungsstörung lasse sich auch aus neurologischer Sicht nicht abschliessend
beurteilen. Das CRPS sei im Zeitpunkt der rheumatologischen Begutachtung der
Versicherten durch Dr. med. C.________ im April 2015 weitgehend abgeheilt
gewesen. Damit sei ein somatischer Gesundheitsschaden als Ursache der Dystonie
nicht mit dem Beweisgrad der überwiegenden Wahrscheinlichkeit erstellt. Die
Folgen dieser Beweislosigkeit habe die Versicherte zu tragen. Das Vorbringen,
die AXA hätte den adäquaten Kausalzusammenhang nicht anhand der sogenannten
Psychopraxis prüfen dürfen, erweise sich daher als unbegründet, auch wenn die
psychiatrische Expertin der MEDAS keinen relevanten psychopathologischen Befund
habe erheben können. Die Erwägungen, mit denen die AXA den adäquaten
Kausalzusammenhang verneint habe, seien bereits im kantonalen Entscheid vom 27.
März 2017 als zutreffend bezeichnet und vom Bundesgericht mit dem Urteil 8C_383
/2017 vom 24. Oktober 2017 nicht in Frage gestellt worden.

3.2.

3.2.1. Die Beschwerdeführerin bringt vor, nach dem im
Sozialversicherungsprozess geltenden Beweismass der überwiegenden
Wahrscheinlichkeit sei zwar ein bestimmter Sachverhalt nicht bereits dann
bewiesen, wenn er bloss möglich sei. Hingegen genüge es zur Annahme der
überwiegenden Wahrscheinlichkeit, wenn das Gericht aufgrund der Würdigung aller
relevanten Umstände zur Überzeugung gelange, die eine Sachverhaltsvariante sei
wahrscheinlicher als die andere. Hinsichtlich der im vorliegenden Fall
feststehenden Dystonie gebe es zwei mögliche Ursachen, nämlich eine organische
oder eine psychische. Laut dem neurologischen Teilgutachten erfülle die
Beschwerdeführerin die Auffälligkeiten, die an eine psychisch bedingte
Bewegungseinschränkung denken liessen, nur zu einem geringen Mass. Auch gemäss
der psychiatrischen Sachverständigen habe eine psychische Ursache der Dystonie
nicht mit Sicherheit festgestellt werden können. Somit sei festzustellen, dass
die Dystonie überwiegend wahrscheinlich organischen Ursprungs und damit
unfallbedingt sei, weshalb die AXA für die Einschränkungen an der rechten Hand
leistungspflichtig sei.

3.2.2. Was die Beschwerdeführerin vorbringt, dringt nicht durch. Lässt sich
nicht mit dem Beweisgrad der überwiegenden Wahrscheinlichkeit nachweisen, dass
eine Erkrankung in einem natürlichen Kausalzusammenhang zu einem Unfall und
dessen unmittelbaren gesundheitlichen Folgen stehen kann, hat die Verwaltung
oder das angerufene Gericht die Leistungspflicht des obligatorischen
Unfallversicherers zu verneinen (vgl. BGE 117 V 261 V E. 3b S. 264 mit
Hinweisen). Nichts anderes lässt sich aus dem von der Beschwerdeführerin
zitierten BGE 126 V 353 E. 5b S. 360 mit Hinweisen ableiten. Das ehemalige
Eidgenössische Versicherungsgericht (heute: Schweizerisches Bundesgericht)
hielt einzig den auch aktuell noch geltenden, im vorinstanzlichen Entscheid
implizit erwähnten Grundsatz fest, dass die blosse Möglichkeit eines bestimmten
Sachverhalts den Beweisanforderungen nicht genügt. Im Übrigen ist in diesem
Zusammenhang zu erwähnen, dass die Beschwerdeführerin nicht in Frage stellt,
dass das Gerichtsgutachten der MEDAS vom 6. November 2018 beweiskräftig sei.
Die neurologische Sachverständige interpretierte die Bewegungsstörung der
rechten Hand zwar als unfallbedingt, indessen ergibt sich aus ihren
vorausgehenden und einlässlichen Ausführungen unmissverständlich, dass sich von
neurologischer Seite nicht abschliessend klären lasse, welche Ursache die
Dystonie haben könnte. Unter diesen Umständen hatten die Sachverständigen der
MEDAS klar aufgezeigt, dass die Streitfrage, ob die Bewegungseinschränkungen an
der rechten Hand durch den Unfall vom 19. Juni 2013 verursacht worden sein
könnten, nicht schlüssig beurteilt werden konnte. Die Schlussfolgerung des
kantonalen Gerichts, die Beschwerdeführerin habe die Folgen der Beweislosigkeit
zu tragen, ist daher nicht zu beanstanden. Die Beschwerde ist abzuweisen.

4. 

Der Beschwerdeführerin werden als unterliegender Partei die Gerichtskosten
auferlegt (Art. 66 Abs. 1 BGG).

 Demnach erkennt das Bundesgericht:

1. 

Die Beschwerde wird abgewiesen.

2. 

Die Gerichtskosten von Fr. 800.- werden der Beschwerdeführerin auferlegt.

3. 

Dieses Urteil wird den Parteien, dem Sozialversicherungsgericht des Kantons
Zürich und dem Bundesamt für Gesundheit schriftlich mitgeteilt.

Luzern, 8. August 2019

Im Namen der I. sozialrechtlichen Abteilung

des Schweizerischen Bundesgerichts

Der Präsident: Maillard

Der Gerichtsschreiber: Grunder