Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

I. Sozialrechtliche Abteilung, Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten 8C.185/2019
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Bundesgericht

Tribunal fédéral

Tribunale federale

Tribunal federal

               

8C_185/2019

Urteil vom 11. Oktober 2019

I. sozialrechtliche Abteilung

Besetzung

Bundesrichter Maillard, Präsident,

Bundesrichterin Heine, Bundesrichter Wirthlin,

Gerichtsschreiber Hochuli.

Verfahrensbeteiligte

A.A.________,

vertreten durch Rechtsanwalt Christian Thöny,

Beschwerdeführer,

gegen

Suva, Abteilung Militärversicherung,

Service Center, 6009 Luzern,

Beschwerdegegnerin.

Gegenstand

Militärversicherung,

Beschwerde gegen den Entscheid des Obergerichts Appenzell Ausserrhoden vom 23.
Oktober 2018

(O3V 18 13).

Sachverhalt:

A. 

A.A.________ (bis Oktober 2007: A.B.________) absolvierte vom 29. März bis 21.
Oktober 2003 einen Swisscoy-Einsatz als LKW-Monteur im Kosovo. Nach seiner
Rückkehr in die Schweiz am 17. Oktober 2003 (Freitag) begab er sich am 20.
Oktober 2003 als Notfallpatient zu Dr. med. B.________, Facharzt FMH für
Allgemeinmedizin, in Behandlung. Der Allgemeinmediziner ging von einer
Überforderungsreaktion, Orientierungslosigkeit und depressiven Reaktion aus,
weshalb er ihn an den externen psychiatrischen Dienst C.________ überwies und
ihm ab 17. Oktober 2003 eine volle Arbeitsunfähigkeit attestierte. Vom 18.
November 2003 bis 2. Februar 2004 war A.A.________ unter anderem wegen einer
schwer depressiven Episode mit psychotischen Symptomen, einer
ängstlich-unsicheren retardierten Persönlichkeitsentwicklung, einer
Anpassungsstörung und einem hochgradigen Verdacht auf Prodrom einer Psychose
aus dem schizophrenen Formenkreis zur stationären Behandlung in der
Psychiatrischen Klinik D.________ hospitalisiert. Die Schweizerische
Unfallversicherungsanstalt, Abteilung Militärversicherung (nachfolgend: Suva-MV
oder Beschwerdegegnerin), anerkannte ihre Leistungspflicht und erbrachte die
gesetzlichen Leistungen. Von der Invalidenversicherung bezieht A.A.________
seit 1. November 2004 basierend auf einem Invaliditätsgrad von 100 % eine ganze
Invalidenrente (Verfügung vom 30. Juni 2010). Nach verschiedenen, teils
mehrmonatigen stationären Aufenthalten zwecks Behandlung der psychischen
Beschwerden und Abklärungen der beruflichen Eingliederungsmöglichkeiten sprach
ihm die Suva-MV basierend auf einer Haftung von 100 % für die befristete Dauer
vom 1. November 2009 bis 31. Oktober 2011 eine 100%-ige Invalidenrente zu
(Verfügung vom 8. Dezember 2009. Sie gewährte sodann auch für die Dauer vom 1.
November 2011 bis 31. Oktober 2013 eine in Anwendung von Art. 69 ATSG in
Verbindung mit Art. 32 MVV wegen Überentschädigung gekürzte 100%-ige
Invalidenrente wiederum basierend auf einer Haftung von 100 % (Verfügung vom
27. April 2012).

Nach weiteren Abklärungen kündigte die Suva-MV dem Rechtsvertreter des
Versicherten mit Vorbescheid vom 1. März 2016 an, die Haftung werde aus
Billigkeit mit Wirkung ab 1. März 2016 auf 25 % festgelegt. Zudem werde die
bisherige - vorschussweise bereits ausgerichtete - 100%-ige, nach Art. 69 ATSG
in Verbindung mit Art. 32 MVV gekürzte Invalidenrente rückwirkend vom 1.
November 2013 bis 29. Februar 2016 gewährt. Auf die hiegegen erhobenen Einwände
hin verneinte die Suva-MV dann aber mit Verfügung vom 8. April 2016 jegliche
Haftung für sämtliche psychischen Störungen des Versicherten, stellte alle
Leistungen ein und schloss den Fall folgenlos ab. Auf Einsprache hin hielt sie
an der Verfügung fest (Einspracheentscheid vom 9. Februar 2018).

B. 

Die hiegegen erhobene Beschwerde des A.A.________ wies das Obergericht
Appenzell Ausserrhoden ab (Entscheid vom 23. Oktober 2018).

C. 

Mit Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten lässt A.A.________
beantragen, die Suva-MV sei unter Aufhebung des angefochtenen Entscheids zu
verpflichten, ihm ab 1. November 2013 eine unbefristete Rente der
Militärversicherung auf Grund einer 50%-igen versicherten Invalidität
auszurichten.

Während die Suva-MV auf Beschwerdeabweisung schliesst, verzichten das Bundesamt
für Gesundheit (BAG) und die Vorinstanz auf eine Vernehmlassung.

Erwägungen:

1. 

1.1. Die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten kann wegen
Rechtsverletzungen gemäss Art. 95 und 96 BGG erhoben werden. Das Bundesgericht
wendet das Recht von Amtes wegen an (Art. 106 Abs. 1 BGG). Es ist folglich
weder an die in der Beschwerde geltend gemachten Argumente noch an die
Erwägungen der Vorinstanz gebunden; es kann eine Beschwerde aus einem anderen
als dem angerufenen Grund gutheissen und es kann sie mit einer von der
Argumentation der Vorinstanz abweichenden Begründung abweisen. Immerhin prüft
das Bundesgericht, unter Berücksichtigung der allgemeinen Pflicht zur
Begründung der Beschwerde (Art. 42 Abs. 1 und 2 BGG), grundsätzlich nur die
geltend gemachten Rügen, sofern die rechtlichen Mängel nicht geradezu
offensichtlich sind (BGE 141 V 234 E. 1 S. 236 mit Hinweisen).

1.2. Im Beschwerdeverfahren um die Zusprechung oder Verweigerung von
Geldleistungen der Militär- oder Unfallversicherung ist das Bundesgericht nicht
an die vorinstanzliche Feststellung des rechtserheblichen Sachverhalts gebunden
(Art. 97 Abs. 2 und Art. 105 Abs. 3 BGG).

2. 

2.1. Strittig ist, ob die Vorinstanz Bundesrecht verletzte, indem sie die von
der Suva-MV am 8. April 2016 verfügte und mit Einspracheentscheid vom 9.
Februar 2018 bestätigte Verneinung der Haftung für die ab 1. November 2013
bestehenden psychischen Beschwerden schützte.

2.2. Demgegenüber ist unbestritten, dass sich der Versicherte noch während der
vertraglichen Swisscoy-Einsatzdauer wegen seiner psychischen
Gesundheitsstörungen notfallmässig in ärztliche Behandlung begab (vgl.
Sachverhalt lit. A), weshalb hier Art. 5 MVG - mithin die
Kontemporalitätshaftung (CHRISTOF STEGER-BRUHIN, Die Haftungsgrundsätze der
Militärversicherung, in: SZS 2001 S. 246 ff., insbes. S. 250; vgl. dazu auch
JÜRG MAESCHI, Kommentar zum Bundesgesetz über die Militärversicherung [MVG] vom
19. Juni 1992, Bern 2000, N 30 ff. Vorbemerkungen zu Art. 5-7 MVG und N 13 f.
zu Art. 5 MVG) - zur Anwendung gelangt. Zudem steht mit Blick auf die Verfügung
vom 8. April 2016 und den Einspracheentscheid vom 9. Februar 2018 fest, dass
die Suva-MV jedenfalls bis zum 31. Oktober 2013 die 100%-ige Bundeshaftung
anerkannt und die entsprechenden gesetzlichen Leistungen nach MVG für die ab
20. Oktober 2003 behandelten psychischen Beschwerden erbracht hat.

2.3. Sodann ist gemäss Vorbescheid vom 1. März 2016 davon auszugehen, dass die
Suva-MV dem Versicherten über den 31. Oktober 2013 hinaus die bis dahin
ausgerichteten, wegen Überentschädigung gekürzten Rentenleistungen (vgl.
Sachverhalt lit. A) vorschussweise bereits bis zum 29. Februar 2016 ausbezahlt
hat. Gegenüber einem allfälligen, abhängig vom Ausgang dieses Verfahrens
geltend zu machenden Anspruch auf Rückerstattung von zu Unrecht bezogenen
Leistungen im Sinne von Art. 25 Abs. 1 ATSG wäre zumindest der Schutz des
gutgläubigen Leistungsempfängers zu prüfen (vgl. BGE 142 V 259 E. 3.2.2 S. 261
f. mit Hinweisen).

3. 

Das kantonale Gericht hat die massgebenden gesetzlichen Bestimmungen und
Grundsätze zur Leistungspflicht der Militärversicherung bei während des
Dienstes auftretenden Gesundheitsschäden wie auch bei Rückfällen und Spätfolgen
(Art. 4-6 MVG; BGE 111 V 370 E. 1b S. 372, 105 V 225 E. 3a S. 229; JÜRG
MAESCHI, a.a.O., N 41 ff. Vorbemerkungen zu Art. 5-7 MVG, N 21 ff. zu Art. 5
MVG, N 12 und 23 f. zu Art. 6 MVG) und die Beweiswürdigung von ärztlichen
Berichten (BGE 134 V 231 E. 5.1 S. 232; 125 V 351 E. 3 S. 352) zutreffend
dargelegt. Darauf wird verwiesen.

4.

4.1. Laut angefochtenem Entscheid ist einzig die Leistungspflicht und damit die
Haftung ab 1. November 2013 strittig. Die Beschwerdegegnerin stellt nicht in
Frage, dass die von ihr bis zum 31. Oktober 2013 ausgerichteten Leistungen in
einem natürlichen und adäquaten Kausalzusammenhang zur dienstlich verursachten
Gesundheitsschädigung im Sinne von Art. 5 Abs. 1 MVG standen. Dementsprechend
übernahm die Suva-MV bis dahin die Haftung zu 100 %. Das kantonale Gericht ging
mit dem Psychiater der Militärversicherung, Dr. med. E.________, von der
Beweiskraft des umfassenden psychiatrischen Gutachtens des Dr. med. F.________
vom 16. Juni 2015 (nachfolgend: psychiatrisches Gutachten) aus. Es schloss
daraus, dass die aktuell anhaltenden psychischen Beeinträchtigungen zumindest
teilursächlich in einem natürlichen Kausalzusammenhang zu den Ereignissen
während des Swisscoy-Einsatzes stehen. Mit der Suva-MV vertrat es jedoch die
Auffassung, nach der allgemeinen Lebenserfahrung könnten solche Ereignisse,
insbesondere der missglückte Ölwechsel und die Besonderheiten eines solchen
Swisscoy-Einsatzes, zwar vorübergehende psychische Anspannungen auslösen. Sie
seien jedoch generell nicht geeignet, bei Durchschnittspersonen langandauernde
psychische Beeinträchtigungen zu verursachen. Die heutigen psychischen
Beschwerden stünden demnach nicht in einem adäquaten Kausalzusammenhang zum
Swisscoy-Einsatz.

4.2. Der Beschwerdeführer beanstandet, die Ereignisadäquanz des psychischen
Leidens sei seit den auslösenden Vorfällen während des Swisscoy-Einsatzes von
der Suva-MV wiederholt bejaht worden. Praxisgemäss werde im Rahmen der
Haftungsvoraussetzungen nach Art. 5 MVG der adäquate Kausalzusammenhang
zwischen der dienstlichen Einwirkung und der während des Dienstes gemeldeten
Gesundheitsschädigung vermutet. Die Haftung der Militärversicherung sei nur
durch den gegenteiligen Sicherheitsbeweis auszuschliessen. Die Suva-MV habe
nachzuweisen, dass ab dem massgebenden Zeitpunkt (1. November 2013)
ausschliesslich vordienstliche Ursachen für die anhaltende
Gesundheitsschädigung verantwortlich seien. Weil die ängstlich vermeidende
Persönlichkeitsstörung gemäss psychiatrischem Gutachten bereits vordienstlich
bestanden habe, sei die Militärversicherung nur für deren dienstlich
verursachte Verschlimmerung zuständig. Deshalb sei nur von einer Teilhaftung im
Sinne von Art. 64 MVG auszugehen. Durch diese gesetzlich vorgesehene
Leistungskürzung bei Teilhaftung habe der Gesetzgeber - im Gegensatz zum
"Alles-oder-nichts-Prinzip" des Unfallversicherungsrechts - insbesondere bei
Versicherten mit Prädispositionen angemessen fallgerechte Lösungen ermöglichen
wollen (vgl. dazu CHRISTOF STEGER-BRUHIN, Die Haftungsgrundsätze der
Militärversicherung, Diss. St. Gallen 1996, S. 200 f.). Dementsprechend sei
auch die Suva-MV zunächst von einer unbeschränkten Teilhaftung ausgegangen,
allerdings nur auf Grund eines Haftungsanteils von 25 %, obwohl ihr eigener
Psychiater Dr. med. E.________ diesen Anteil sogar mit hinreichender
Beweissicherheit auf bis zu 50 % eingeschätzt habe. Im angefochtenen Entscheid
fehle eine Begründung dafür, weshalb die anhaltenden - zumindest teilursächlich
natürlich kausalen - psychischen Beschwerden zehn Jahre nach dem
Swisscoy-Einsatz plötzlich nicht mehr adäquat kausal sein sollten.

5.

5.1. Der Unterschied zwischen den Haftungsvoraussetzungen nach Art. 5 und 6 MVG
besteht namentlich darin, dass im ersten Fall der Kausalzusammenhang zwischen
der Gesundheitsschädigung und den Einwirkungen während des Dienstes vermutet
wird und diese Vermutung nur durch den gegenteiligen Sicherheitsbeweis
ausgeschlossen werden kann, während im zweiten Fall das Vorliegen kausaler
Folgen von dienstlicher Gesundheitsschädigung mit dem im
Sozialversicherungsrecht allgemein erforderlichen Beweisgrad der überwiegenden
Wahrscheinlichkeit erstellt sein muss (BGE 123 V 137 E. 3a S. 138, 111 V 370 E.
1b S. 372 f.).

5.2. Die Militärversicherung haftet gestützt auf Art. 5 MVG nach dem Prinzip
der Kontemporalität beziehungsweise Kontemporaneität, sofern sie nicht den
Beweis erbringt, dass die Gesundheitsschädigung sicher vordienstlich ist oder
sicher nicht während des Dienstes verursacht werden konnte. Ist die Erkrankung
während des Dienstes in Erscheinung getreten und gemeldet worden, wird der
adäquate Kausalzusammenhang zwischen den Einwirkungen während des Dienstes und
der Gesundheitsschädigung vermutet und kann nur durch den gegenteiligen
Sicherheitsbeweis ausgeschlossen werden (SVR 2017 MV Nr. 1 S. 1, 8C_522/2016 E.
5 und SVR 2008 MV Nr. 3 S. 7, 8C_283/2007 E. 4.1, je mit Hinweisen). Der
Sicherheitsbeweis gilt als geleistet, wenn feststeht, dass nach der
medizinischen Erfahrung eine Einwirkung verschlimmernder Faktoren während des
Dienstes praktisch ausgeschlossen ist (BGE 111 V 141 E. 4 S. 146; SVR 2017 MV
Nr. 1 S. 1, 8C_522/2016 E. 5).

5.3. Die Haftung der Militärversicherung erstreckt sich grundsätzlich auf
sämtliche Folgen, die mit dem versicherten Ereignis in einem rechtserheblichen
Kausalzusammenhang stehen (BGE 111 V 370 E. 2a S. 373; 105 V 225 E. 4c S. 231;
Urteil 8C_1051/2010 vom 11. März 2011 E. 2). Ob bei ausschliesslich psychischen
Beschwerden eine Differenzierung nach einzelnen psychiatrischen Diagnosen,
welche sich zwischen Oktober 2003 und November 2013 zum Teil verändert haben,
statthaft ist, kann hier offenbleiben. Denn Dr. med. F.________ hat im
psychiatrischen Gutachten ausführlich dargelegt, inwiefern trotz
unterschiedlicher diagnostischer Gewichtungen der Symptome im Laufe der
Behandlung die sechs Eingangskriterien der ICD-10 zur Diagnose einer
Persönlichkeitsstörung (F6) seit Beginn der Behandlung 2003 stets erkennbar
geblieben seien.

5.4. Gelingt der Militärversicherung der Sicherheitsbeweis nicht, kann sie ihre
Leistungen nach Art. 64 MVG kürzen, wenn sie beweist, dass die
Gesundheitsschädigung oder deren Verschlimmerung nur teilursächlich auf
Einwirkungen während des Dienstes zurückgeht (SVR 2008 MV Nr. 3 S. 7, 8C_283/
2007 E. 7). Diese Bestimmung ergänzt und konkretisiert die Haftungsgrundsätze
von Art. 5 ff. MVG (Jean-Maurice Frésard/Margit Moser-Szeless,
L'assurance-accidents obligatoire, in: Schweizerisches Bundesverwaltungsrecht
[SBVR], Soziale Sicherheit, 3. Aufl., Basel 2016, S. 1157 Rz. 969),
insbesondere die Verschlimmerungshaftung nach Art. 5 Abs. 3 MVG und die Haftung
für nachdienstlich festgestellte Gesundheitsschädigungen gemäss Art. 6 MVG. Die
Leistungskürzung wegen Teilhaftung greift Platz, wenn - bei gegebener
Bundeshaftung - mehrere Schadenursachen zusammentreffen, wovon mindestens eine
als nichtversichert zu qualifizieren ist. Die Leistungskürzung ist vorzunehmen,
wenn nach den Kriterien des Adäquanzbegriffs und im Rahmen der anwendbaren
Beweisregeln (Art. 5 ff. MVG) davon auszugehen ist, dass die versicherten
Schadenursachen allein die ganze in Erscheinung getretene Gesundheitsschädigung
nicht bewirkt haben. Im Rahmen von Art. 5 MVG hat die Militärversicherung den
Nachweis dafür zu erbringen, inwieweit die Gesundheitsschädigung sicher nicht
in einem adäquat kausalen Zusammenhang mit Einwirkungen während des Dienstes
steht. Im Anwendungsbereich von Art. 6 MVG obliegt es grundsätzlich dem
Leistungsansprecher nicht nur Tatsache, sondern auch Mass der Kausalität und
damit der Haftung der Militärversicherung nachzuweisen. Nebst dem klassischen
Anwendungsfall von Art. 64 MVG einer teilweisen Vordienstlichkeit der während
oder nach dem Dienst festgestellten Gesundheitsschädigung, findet die
Bestimmung auch Anwendung, wenn die Gesundheitsschädigung nur teilweise auf
Einwirkungen während des Dienstes zurückzuführen ist, oder wenn die versicherte
Gesundheitsschädigung durch eine nicht mit dieser in Zusammenhang stehende
Krankheit verschlimmert worden ist (JÜRG MAESCHI, a.a.O., N 1 ff. zu Art. 64;
vgl. auch CHRISTOF STEGER-BRUHIN, Diss. a.a.O., S. 260 ff.; EVGE 1964 S. 131).
Eine wesentliche Teilursache kann die blosse Disposition oder ein
gesundheitsschädigender Risikofaktor sein (CHRISTOF STEGER-BRUHIN, SZS a.a.O.
S. 265; SVR 2007 MV Nr. 1 S. 1, M 8/05 E. 3.2).

6. 

6.1. Dass die psychischen Beschwerden des Versicherten während des Dienstes
aufgetreten sind, ist unbestritten (E. 2.2 hievor) und genügt nach Gesetz und
Rechtsprechung für die Haftung der Militärversicherung (SVR 2017 MV Nr. 1 S. 1,
8C_522/2016 E. 6.1 mit Hinweisen auf Maeschi, a.a.O., Vorbemerkungen zu Art. 5
bis 7 Rz. 21, Rz. 30 ff.; Rz. 13 und Rz. 29 ff. zu Art. 5).

6.2. Vorweg ist klarzustellen, dass bei Anwendung von Art. 5 MVG (E. 2.2
hievor) - anders als im Bereich des UVG, wo abgesehen von der Einschränkung
nach Art. 36 Abs. 2 UVG das Kausalitätsprinzip gilt (BGE 126 V 116 E. 3a S.
117) - mit Blick auf das hier massgebende Kontemporalitätsprinzip (E. 5.2
hievor) die nachträgliche Berufung auf ein fehlendes versichertes Ereignis
(vgl. BGE 130 V 380) zwecks Durchsetzung eines folgenlosen Fallabschlusses ex
nunc et pro futuro ohne Rückkommenstitel, Wiedererwägungs- oder Revisionsgrund
nicht in Frage kommt. Im Rahmen der Haftung nach Art. 5 MVG bleibt der
Militärversicherung unter den gegebenen Umständen einzig der Sicherheitsbeweis
(vgl. dazu JÜRG MAESCHI, a.a.O., N 23 zu Art. 5) für die Vordienstlichkeit
(Art. 5 Abs. 2 lit. a MVG) einerseits und die Nichtverschlimmerung bzw.
Nichtbeschleunigung der Gesundheitsschädigung während des Dienstes (Art. 5 Abs.
2 lit. b MVG) andererseits (vgl. JÜRG MAESCHI, a.a.O., N 18 zu Art. 5;
Jean-Maurice Frésard/Margit Moser-Szeless, a.a.O., S. 1160 Rz. 983). Nach dem
Willen des Gesetzgebers soll jeder Zweifel in Bezug auf die Erfüllung des
Sicherheitsbeweises der versicherten Person zugute kommen (vgl. JÜRG MAESCHI,
a.a.O., N 38 i.f. zu Art. 5 mit Hinweis).

6.3. Gestützt auf das umfangreiche und unbestritten beweiskräftige
psychiatrische Gutachten gelangte der Psychiater der Suva-MV Dr. med.
E.________ in seiner Beurteilung vom 12. August 2015 zur Überzeugung, unter
Berücksichtigung der bekannten Vorgeschichte und der dokumentierten
Verschlimmerung sei in Bezug auf die "Ausbildung der aktuellen Symptomatik"
angesichts der erforderlichen Beweissicherheit mit grosser Wahrscheinlichkeit
von einem höchstens 50%-igen Anteil an beeinflussenden Faktoren während des
Kosovoeinsatzes auszugehen. Nach Kenntnisnahme dieser Administrativbeurteilung
auf der Grundlage der medizinischen Erfahrung (vgl. dazu hievor E. 5.2 i.f.)
anerkannte die Suva-MV zunächst mit Vorbescheid von 1. März 2016 "aus
Billigkeit" eine unbefristete Haftung von 25 %. In Bezug auf die Festlegung des
Haftungsanteils auf 25 % fehlt es - abgesehen vom Hinweis auf die "Billigkeit"
- an einer nachvollziehbaren Begründung für die ursprüngliche Bestimmung dieses
konkreten Prozentsatzes.

6.4. Bei den umfangreichen Akten der Beschwerdegegnerin finden sich keine
echtzeitlich erstellten medizinischen Unterlagen zur Dokumentation des von der
Suva-MV wiederholt geltend gemachten psychischen Vorzustandes. Auch liegen die
Ergebnisse der erfolgreichen Personensicherheitsprüfung, welche laut
öffentlich-rechtlichem Arbeitsvertrag vom 25. Februar 2003 Voraussetzung für
den Swisscoy-Einsatz war, nicht bei den Akten. Weiter bleibt mit Blick auf die
Anhaltspunkte im ersten Bericht des am 20. Oktober 2003 notfallmässig
konsultierten Dr. med. B.________ unklar, ob - und gegebenenfalls weshalb - der
Versicherte bereits vor dem Swisscoy-Einsatz verbeiständet war. Ebenso wenig
findet sich im Dossier eine medizinisch begründete Beurteilung dafür, dass der
Status quo ante vel sine (vgl. dazu Jean-Maurice Frésard/Margit Moser-Szeless,
a.a.O., S. 1160 Rz. 984 und CHRISTOF STEGER-BRUHIN, Diss. a.a.O., S. 258)
spätestens per 31. Oktober 2013 (vgl. E. 2.1 hievor) sicher erreicht worden
wäre. Dennoch ist mit Blick auf das psychiatrische Gutachten und die wiederholt
erhobenen anamnestischen Angaben des Beschwerdeführers nicht in Frage zu
stellen, dass dessen Persönlichkeit schon vor Antritt des Kosovoeinsatzes
"erheblich vorgeschädigt" war. Den bereits im Mai 2004 diagnostizierten
Verdacht auf eine emotional instabile Persönlichkeitsstörung ordnete der
psychiatrische Gutachter bei der Grunderkrankung einer ängstlich-vermeidenden
Persönlichkeitsstörung (ICD-10: F60.6) ein, welche nicht nur eine ausgeprägte
Prädisposition für depressive Krisen darstelle, sondern auch einen besonderen
Vulnerabilitätsfaktor bei der Entstehung der psychiatrischen Erkrankung
gebildet habe. Laut unbestritten beweiskräftigem psychiatrischem Gutachten
stellten die subjektiv als extrem erlebten Belastungen während des
Kosovoeinsatzes im Längsschnitt des Krankheitsverlaufs den markanten "Knick"
dar. Der militärische Auslandseinsatz bildete mithin den Wendepunkt, welcher zu
einer negativen Veränderung der vorbestehenden Defizite in der Grundstruktur
der Persönlichkeit geführt habe.

6.5. Damit gelingt der Suva-MV der Sicherheitsbeweis (vgl. dazu hievor E. 5.2
i.f.) im Sinne von Art. 5 Abs. 2 lit. b MVG nicht. Angesichts der erheblich
vorbelasteten Persönlichkeit des Versicherten ist nach der medizinischen
Erfahrung (insbesondere mit Blick auf das psychiatrische Gutachten und die
versicherungspsychiatrische Beurteilung des Dr. med. E.________) jedenfalls
nicht auszuschliessen, sondern vielmehr davon auszugehen, dass die während des
Swisscoy-Einsatzes festgestellten Gesundheitsschädigungen durch die
Einwirkungen während dieses Einsatzes zumindest teilursächlich verschlimmert
oder in ihrem Ablauf beschleunigt wurden. Indem die Suva-MV - und mit ihr das
kantonale Gericht - die Verneinung der Rechtsfrage nach der Ereignisadäquanz in
Bezug auf die strittigen, über den 31. Oktober 2013 hinaus geklagten
psychischen Beschwerden an die Stelle der medizinischen Erfahrung (vgl. hiezu
E. 5.2 i.f.) des psychiatrischen Experten Dr. med. F.________ und ihres eigenen
Versicherungspsychiaters Dr. med. E.________ setzten, verletzten sie
Bundesrecht.

6.6. Mit Blick auf diese Ausgangslage in psychiatrischer Hinsicht hat die
Beschwerdegegnerin nach dem Gesagten im Rahmen der Verschlimmerungshaftung nach
Art. 5 Abs. 3 MVG das Haftungsmass im Sinne von Art. 64 MVG (vgl. dazu SVR 2007
MV Nr. 1 S. 1, M 8/05 E. 8.1) und die konkreten Leistungen zu bestimmen. Der
angefochtene Entscheid und der Einspracheentscheid vom 9. Februar 2018 sind
folglich aufzuheben und die Sache zum weiteren Vorgehen im Sinne der Erwägungen
an die Suva-MV zurückzuweisen.

7. 

Die Rückweisung der Sache an die Verwaltung zu erneuter Abklärung (mit noch
offenem Ausgang) gilt als volles Obsiegen des Versicherten im Sinne von Art. 66
Abs. 1 sowie Art. 68 Abs. 1 und 2 BGG (BGE 132 V 215 E. 6.1 S. 235; Urteil
8C_514/2008 vom 31. März 2009 E. 7 mit Hinweis).

 Demnach erkennt das Bundesgericht:

1. 

Die Beschwerde wird teilweise gutgeheissen. Der Entscheid des Obergerichts
Appenzell Ausserrhoden vom 23. Oktober 2018 und der Einspracheentscheid der
Suva, Abteilung Militärversicherung, vom 9. Februar 2018 werden aufgehoben. Die
Sache wird zu neuer Verfügung an die Suva, Abteilung Militärversicherung,
zurückgewiesen. Im Übrigen wird die Beschwerde abgewiesen.

2. 

Die Gerichtskosten von Fr. 800.- werden der Beschwerdegegnerin auferlegt.

3. 

Die Beschwerdegegnerin hat den Beschwerdeführer für das bundesgerichtliche
Verfahren mit Fr. 2800.- zu entschädigen.

4. 

Die Sache wird zur Neuverlegung der Parteientschädigung des vorangegangenen
Verfahrens an das Obergericht Appenzell Ausserrhoden zurückgewiesen.

5. 

Dieses Urteil wird den Parteien, dem Obergericht Appenzell Ausserrhoden und dem
Bundesamt für Gesundheit schriftlich mitgeteilt.

Luzern, 11. Oktober 2019

Im Namen der I. sozialrechtlichen Abteilung

des Schweizerischen Bundesgerichts

Der Präsident: Maillard

Der Gerichtsschreiber: Hochuli