Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

Strafrechtliche Abteilung, Erläuterung und Berichtigung 6G.2/2019
Zurück zum Index Strafrechtliche Abteilung, Erläuterung und Berichtigung 2019
Retour à l'indice Strafrechtliche Abteilung, Erläuterung und Berichtigung 2019


 

Bundesgericht

Tribunal fédéral

Tribunale federale

Tribunal federal

               

6G_2/2019

Urteil vom 12. Juli 2019

Strafrechtliche Abteilung

Besetzung

Bundesrichter Denys, Präsident,

Bundesrichter Oberholzer,

Bundesrichter Rüedi,

Gerichtsschreiber Briw.

Verfahrensbeteiligte

X.________,

vertreten durch

Rechtsanwalt Dr. Cornel Borbély,

Gesuchsteller,

gegen

Generalstaatsanwaltschaft des Kantons Bern, Nordring 8, 3013 Bern,

Gesuchsgegnerin.

Gegenstand

Gesuch um Erläuterung des Urteils des Schweizerischen Bundesgerichts vom 29.
April 2019 (6B_870/2018).

Erwägungen:

1.

1.1. Die Staatsanwaltschaft Region Emmental-Oberaargau bestrafte X.________ am
4. Oktober 2016 u.a. wegen grober Verkehrsregelverletzung durch Rechtsüberholen
auf der Autobahn.

Nach der zweiten Einsprache hielt die Staatsanwaltschaft am Strafbefehl fest
und überwies das Verfahren. Der Strafbefehl galt damit als Anklageschrift (Art.
356 Abs. 1 StPO). Der Anklagesachverhalt lautete:

"Der Beschuldigte fuhr hinter einem Fahrzeug auf dem Überholstreifen, schloss
auf und wechselte auf die Normalspur, wo er das Fahrzeug rechts überholte.
Danach schloss er erneut auf ein Fahrzeug auf der Normalspur auf, bremste kurz
und wechselte dann wiederum vor den überholten PW auf die Überholspur, womit er
eine ernstliche Gefahr für die Sicherheit der übrigen Verkehrsteilnehmer schuf
und in Kauf nahm."

Das Regionalgericht Emmental-Oberaargau fand ihn am 26. Juli 2017 der groben
Verkehrsregelverletzung durch Rechtsüberholen auf der Autobahn schuldig.

Das Obergericht bestätigte das Urteil am 27. Juli 2018.

1.2. Das Bundesgericht hiess die Beschwerde von X.________ teilweise gut und
wies sie im Übrigen ab, hob das Urteil auf und wies die Sache zu neuer
Beurteilung der Kosten an die Vorinstanz zurück (Urteil 6B_870/2018 vom 29.
April 2019).

1.3. X.________ ersucht um Erläuterung.

2.

2.1. Die Erläuterung gemäss Art. 129 Abs. 1 BGG dient dazu, Abhilfe zu
schaffen, wenn die Entscheidformel, d.h. das Dispositiv, unklar, unvollständig,
zweideutig oder widersprüchlich ist; die Erläuterung kann sich auch auf
Gegensätze zwischen Entscheidgründen und Dispositiv beziehen, nicht aber auf
die Entscheidgründe als solche (NIKLAUS OBERHOLZER, in: Hansjörg Seiler et al.,
Bundesgerichtsgesetz [BGG], 2. Aufl. 2015, N. 3 zu Art. 129 BGG).

2.2. Der Beschwerdeführer bringt vor, die Staatsanwaltschaft habe ein
Vorsatzdelikt angeklagt ("womit er eine ernstliche Gefahr für die Sicherheit
der übrigen Verkehrsteilnehmer schuf und in Kauf nahm.") (oben E. 1.1). Die
Anklage weiche entscheidend von der gesetzlichen Formulierung in Art. 90 Abs. 2
SVG ab ("hervorruft oder in Kauf nahm."). Die Anklage grenze den Sachverhalt
durch die Formulierung "und" bewusst auf Inkaufnahme und damit Vorsatz ein. Das
hätten auch die Vorinstanzen so gesehen. Eine Verurteilung wegen fahrlässiger
Tatbegehung sei ausgeschlossen (Gesuch S. 3).

Der Beschwerdeführer rügt unzulässig die Entscheidgründe als solche.
Bundesgerichtliche Entscheide erwachsen am Tag ihrer Ausfällung in Rechtskraft
(Art. 61 BGG). Sie können nur noch nach den Vorschriften über die Revision in
Frage gestellt werden (Art. 121 ff. BGG).

2.3. Auch mit der auf Art. 391 Abs. 2 StPO gestützten Begründung macht der
Beschwerdeführer keinen Erläuterungsgrund geltend. Er beruft sich damit auf
eine das kantonale Verfahren regelnde Norm. Im Ausgangsurteil (E. 3.7.5) wurde
auf das Verschlechterungsverbot bei bundesgerichtlichen Rückweisungen
hingewiesen. Indem das Bundesgericht auf Rüge hin (a.a.O., E. 3.1, 3.3, 3.7)
den subjektiven Sachverhalt im Verhältnis zur Vorinstanz milder beurteilte und
die Sache zur günstiger ausfallenden Neufestsetzung der Kosten an die
Vorinstanz zurückwies, reformierte es nicht in peius.

2.4. Gegenstand eines Erläuterungsgesuchs ist das Dispositiv (vgl. Urteil 6G_3/
2018 vom 7. Dezember 2018).

Das Bundesgericht entschied auf ( fahrlässige) grobe Verkehrsregelverletzung,
ohne das vorinstanzliche Dispositiv im Schuld- und Strafpunkt abzuändern. Es
verteilte die kantonalen Kosten nicht anders (Art. 67 BGG), sondern wies die
Sache diesbezüglich (E. 3.7.6) "zu neuer Beurteilung der Kosten" (Dispositiv)
an die Vorinstanz zurück (Art. 107 Abs. 2 BGG; BGE 143 IV 214 E. 5.2.1 S. 220).
Das Dispositiv ist klar und steht mit den Entscheidgründen im Einklang.

2.5. Ein Erläuterungsgesuch eröffnet nicht die Möglichkeit, Entscheide, die für
falsch erachtet werden, in der Sache neu beurteilen zu lassen; nicht anders
verhält es sich bei Gesuchen um Berichtigung oder Revision (Urteile 6G_1/2017
vom 17. Juli 2017 E. 3 und 6G_2/2017 vom 14. Dezember 2017 E. 1.3).

3. 

Auf das Gesuch ist nicht einzutreten. Hinsichtlich der Kosten gelten die Art.
65 ff. BGG (OBERHOLZER, a.a.O., N. 14 zu Art. 129 BGG). Diese sind dem
Beschwerdeführer aufzuerlegen (Art. 66 Abs. 1 BGG).

Demnach erkennt das Bundesgericht:

1. 

Auf das Gesuch um Erläuterung wird nicht eingetreten.

2. 

Die Gerichtskosten von Fr. 1'200.-- werden dem Beschwerdeführer auferlegt.

3. 

Dieses Urteil wird den Parteien und dem Obergericht des Kantons Bern, 1.
Strafkammer, schriftlich mitgeteilt.

Lausanne, 12. Juli 2019

Im Namen der Strafrechtlichen Abteilung

des Schweizerischen Bundesgerichts

Der Präsident: Denys

Der Gerichtsschreiber: Briw