Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

Strafrechtliche Abteilung, Beschwerde in Strafsachen 6B.93/2019
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Bundesgericht

Tribunal fédéral

Tribunale federale

Tribunal federal

               

6B_93/2019

Urteil vom 15. Mai 2019

Strafrechtliche Abteilung

Besetzung

Bundesrichter Denys, Präsident,

Bundesrichter Oberholzer, Rüedi,

Gerichtsschreiber Briw.

Verfahrensbeteiligte

X.________,

vertreten durch Rechtsanwalt Julian Burkhalter,

Beschwerdeführer,

gegen

Departement des Innern des Kantons Solothurn,

Beschwerdegegner.

Gegenstand

Neubeurteilung der Kosten und Entschädigung,

Beschwerde gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts des Kantons Solothurn vom
26. November 2018 (VWBES.2018.441).

Erwägungen:

1.

1.1. X.________ befand sich seit dem Tötungsdelikt vom 3. April 2011 zunächst
in Untersuchungshaft und seit dem 25. Juni 2011 im vorzeitigen Strafvollzug in
verschiedenen Anstalten. Er befindet sich seit dem 9. Januar 2018 in der
Justizvollzugsanstalt Solothurn (JVA/SO) im stationären Massnahmenvollzug und
führte in dieser Zeit zahlreiche Beschwerdeverfahren bis vor Bundesgericht
(vgl. Verfahren 6B_214/2019).

Infolge des schwierigen Vollzugsverlauf mit agressivem Verhalten und Drohungen
wurde X.________ am 25. Juni 2018 im Sinne eines Time-Out in die Psychiatrische
Klinik Münsterlingen verlegt.

X.________ beantragte am 2. Juli 2018 beim Departement des Innern des Kantons
Solothurn u.a., ihn aus der Klinik zu entlassen und in die JVA/SO zu
zurückzuverlegen sowie festzustellen, das Haftsetting in der Klinik verletze
die Art. 3 und Art. 5 Ziff. 1 lit. e EMRK.

Das Verwaltungsgericht des Kantons Solothurn wies die gegen den departementalen
Entscheid eingereichte Beschwerde am 20. September 2018 ab, soweit es darauf
eintrat, wies das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege und
Rechtsverbeiständung ab und auferlegte ihm die Verfahrenskosten von Fr. 300.--.

1.2. Das Bundesgericht hiess mit Urteil 6B_1075/2018 vom 15. November 2018 eine
Beschwerde in Strafsachen von X.________ gegen das verwaltungsgerichtliche
Urteil teilweise gut, soweit es darauf eintrat, und wies sie im Übrigen ab, hob
das Urteil auf und wies die Sache zu neuer Beurteilung an die Vorinstanz
zurück. Der Umfang der Rückweisung ergibt sich aus E. 3.6.3 des
Rückweisungsurteils:

Heisse eine Rechtsmittelbehörde das "Hauptbegehren" betreffend Nichtigkeit
einer Entscheidung gut, so treffe den Staat eine Entschädigungspflicht
ungeachtet dessen, ob der den Fehlentscheid verursachenden Behörde eine
Entschädigungspflicht auferlegt werden könne. Es könne nicht für die
diesbezügliche Entschädigung der Anwaltskosten dem obsiegenden Mandanten ein
Rückforderungsanspruch des Staates und ein Nachzahlungsanspruch des Anwalts
überbunden werden. "In diesem Punkt ist die Beschwerde wegen willkürlicher
Beurteilung gutzuheissen [...]. Entsprechend wird die Vorinstanz auch die
Verlegung der kantonalen Kosten sowie die Anträge auf unentgeltliche
Rechtspflege und Verbeiständung insgesamt neu zu beurteilen haben."

1.3. Das Verwaltungsgericht des Kantons Solothurn hiess im neuen Urteil vom 26.
November 2018 die Beschwerde teilweise gut, hob den Beschwerdeentscheid des
Departements des Innern vom 16. Juli 2018 in den Ziff. 4-6 auf (Ziff. 1) und
verpflichtete den Kanton Solothurn, X.________ für das Verfahren vor dem
Departement eine Parteientschädigung von Fr. 2'293.25 (inkl. Auslagen und MWSt)
zu bezahlen (Ziff. 2). Im Übrigen wies es die Beschwerde ab, soweit darauf
eingetreten werden konnte (Ziff. 3). Das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege
und Verbeiständung wies es ab, soweit es nicht gegenstandslos geworden war
(Ziff. 4). Es auferlegte X.________ die verwaltungsgerichtlichen
Verfahrenskosten von Fr. 300.-- (Ziff. 5) und verrechnete diese mit der vom
Kanton an X.________ zu bezahlenden Parteientschädigung von Fr. 300.-- (Ziff.
6).

1.4. X.________ beantragt mit Beschwerde in Strafsachen:

1. Prozessualiter: Ihm die unentgeltliche Rechtspflege zu gewähren, unter
Verbeiständung durch den Schreibenden.

2. Hauptsächlich: In Gutheissung der Beschwerde das vorinstanzliche Urteil
aufzuheben und wie folgt neu zu fassen:

" 1. und 2. Unverändert.

3. Verändert: Das Departement werde angewiesen, eine anfechtbare Verfügung
bezüglich des Settings in der Psychiatrischen Klinik Münsterlingen zu erlassen.
Es werde festgestellt, dass das Departement eine Rechtsverweigerung begangen
habe und dass das Haftsetting in der Psychiatrischen Klinik Münsterlingen Art.
5 Ziff. 1 lit. e EMRK verletzt habe.

4. Verändert: Das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege wird zufolge Obsiegens
gegenstandslos.

5. Die Verfahrenskosten von Fr. 300.-- gehen auf die Staatskasse.

6. Verändert: Der Kanton hat dem Rechtsanwalt von X.________ eine
Parteientschädigung von Fr. 2'000.-- (inkl. MWSt und Auslagen) zu bezahlen."

3. Eventualbegehren: " 1.- 6."

2.

2.1. Heisst das Bundesgericht eine Beschwerde gut und weist es die
Angelegenheit zur neuen Beurteilung an das Berufungsgericht zurück, darf sich
dieses von Bundesrechts wegen nur noch mit jenen Punkten befassen, die das
Bundesgericht kassierte. Die anderen Teile des Urteils haben Bestand und sind
in das neue Urteil zu übernehmen. Irrelevant ist, dass das Bundesgericht mit
seinem Rückweisungsentscheid formell in der Regel das ganze angefochtene Urteil
aufhebt. Entscheidend ist nicht das Dispositiv, sondern die materielle
Tragweite des bundesgerichtlichen Entscheids. Die neue Entscheidung der
kantonalen Instanz ist somit auf diejenige Thematik beschränkt, die sich aus
den bundesgerichtlichen Erwägungen als Gegenstand der neuen Beurteilung ergibt.
Das Verfahren wird nur insoweit neu in Gang gesetzt, als dies notwendig ist, um
den verbindlichen Erwägungen des Bundesgerichts Rechnung zu tragen (BGE 143 IV
214 E. 5.2.1 S. 220).

Wegen dieser Bindung der Gerichte ist es diesen wie auch den Parteien,
abgesehen von allenfalls zulässigen Noven, verwehrt, der Beurteilung des
Rechtsstreits einen anderen als den bisherigen Sachverhalt zu unterstellen oder
die Sache unter rechtlichen Gesichtspunkten zu prüfen, die im
Rückweisungsentscheid ausdrücklich abgelehnt oder überhaupt nicht in Erwägung
gezogen worden sind (BGE 143 IV 214 E. 5.3.3 S. 222).

Prozessgegenstand der Neubeurteilung war somit einzig der im Rückweisungsurteil
E. 3.6.3 umschriebene Kostenpunkt. Im Übrigen konnten die mit der Beschwerde
vom 24. Oktober 2018 aufgeworfenen Tat- und Rechtsfragen nicht mehr Gegenstand
der Neubeurteilung bilden.

2.2. In der Neubeurteilung (Urteil E. 4 S. 7) heisst die Vorinstanz die
Beschwerde entsprechend der bundesgerichtlichen Rückweisung gut, hebt den
Departementsentscheid in den Ziff. 4-6 auf, richtet dem Beschwerdeführer eine
Parteientschädigung nach der von diesem am 12. Juli 2018 beim Departement
eingereichten Kostennote aus und setzt dazu den Stundenansatz praxisgemäss auf
Fr. 230.-- fest, d.h. ein Honorar von Fr. 2'293.25 (9.15 h x Fr. 230.--, plus
Auslagen Fr. 24.80, MWSt 7.7%). Im Übrigen weist es die Beschwerde ab, soweit
überhaupt auf sie einzutreten sei. Es führt dazu aus:

Bei Obsiegen in einem Nebenpunkt seien, den finanziellen Verhältnissen des
Beschwerdeführers angepasst, diesem Verfahrenskosten von Fr. 300.--
aufzuerlegen; die restlichen Kosten trage der Staat. Dieser Ausgang des
Verfahrens ändere nichts daran, dass das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege
und Verbeiständung für das verwaltungsgerichtliche Verfahren wegen
offensichtlicher Aussichtslosigkeit in der Hauptsache und in gewissen Teilen
gar Mutwilligkeit abzuweisen sei, soweit es nicht gegenstandslos geworden sei.

Dem Beschwerdeführer sei für das Verfahren vor Verwaltungsgericht gestützt auf
das Verwaltungsrechtspflegegesetz entsprechend dem teilweisen Obsiegen im
Kostenpunkt eine Parteientschädigung zuzusprechen. Da es sich lediglich um eine
Gutheissung in einem Nebenpunkt handle, erscheine eine Parteientschädigung von
pauschal Fr. 300.-- gerechtfertigt.

2.3. Der Beschwerdeführer rügt nach der Titelei der Beschwerde eine unrichtige
Sachverhaltsfeststellung (Beschwerde S. 13); Verletzung von Art. 13 i.V.m. Art.
3 und 5 EMRK sowie § 12 Abs. 1 VRG/SO i.V.m. Art. 9 BV, § 28bis VRG/SO und Art.
29 Abs. 3 BV (Rechtsbegehren Ziff. 2, Erlass einer anfechtbaren Verfügung) (S.
14); Verletzung von Art. 29 Abs. 1 BV, Art. 6 EMRK sowie Art. 29 Abs. 3 BV und
Art. 107 BGG (Rechtsbegehren 3, Rechtsverweigerung in Bezug auf Eintreten) (S.
18); Art. 3 EMRK sowie Art. 107 BGG und Art. 29 Abs. 3 BV (Rechtsbegehren Ziff.
4; Art. 3 EMRK) (S. 19); Verletzung von Art. 5 Ziff. 1 lit. e EMRK sowie Art.
107 BGG (Rechtsbegehren Ziff. 4; Art. 5 Ziff. 1 lit. e EMRK) (S. 21);
Verletzung von Art. 29 Abs. 1, 2 und 3 BV sowie Art. 107 BGG und Art. 112 Abs.
1 lit. b BGG und Art. 6 EMRK (S. 23); Prozesskosten (S. 25); ad
bundesgerichtliches Verfahren (S. 27).

Die aktuelle Beschwerde in Strafsachen vom 21. Januar 2019 stellt eine die
Thematik der damaligen 23-seitigen Beschwerde vom 24. Oktober 2018
fortschreibende und auf 28 Seiten erweiternde Eingabe dar. Der Beschwerdeführer
verkennt mit seiner aktuellen Beschwerde das Rückweisungs- wie das
Neubeurteilungsverfahren.

Die Beschwerdeführung läuft darauf hinaus, das Verfahren vom Bundesgericht
insgesamt neu aufrollen zu lassen. Beschwerdegegenstand konnte einzig die
vorinstanzliche Neubeurteilung der Kosten- und Entschädigungsfrage sein. Dass
die sich nach kantonalem Verwaltungsrecht (vgl. Urteile 6B_1075/2018 vom 15.
November 2018 E. 3.6.2, 6B_614/2018 und 6B_615/2018 vom 4. Juli 2018, jeweils
E. 4) richtende Neubeurteilung der Kostenfrage willkürlich, d.h.
schlechterdings unhaltbar, sein sollte, ist nicht dargetan. Eine Verletzung von
Art. 29 BV ist zu verneinen.

3.

Auf die Beschwerde ist im Umfang der übrigen, nicht im Rahmen des
Rückweisungsentscheids begründeten Anträge nicht einzutreten.

Die Beschwerde ist abzuweisen, soweit darauf einzutreten ist. Das Gesuch um
unentgeltliche Rechtspflege (und Verbeiständung) ist wegen Aussichtslosigkeit
des Rechtsbegehrens abzuweisen (Art. 64 Abs. 1 BGG; vgl. BGE 129 I 129 E. 2.3.1
S. 135 f.). Aufgrund der anzunehmenden Mittellosigkeit sind die Gerichtskosten
herabzusetzen (Art. 65 Abs. 2 i.V.m. Art. 66 Abs. 1 BGG).

 Demnach erkennt das Bundesgericht:

1. 

Die Beschwerde wird abgewiesen, soweit darauf einzutreten ist.

2. 

Das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege wird abgewiesen.

3. 

Die Kosten von Fr. 1'200.-- werden dem Beschwerdeführer auferlegt.

4. 

Dieses Urteil wird den Parteien und dem Verwaltungsgericht des Kantons
Solothurn schriftlich mitgeteilt.

Lausanne, 15. Mai 2019

Im Namen der Strafrechtlichen Abteilung

des Schweizerischen Bundesgerichts

Der Präsident: Denys

Der Gerichtsschreiber: Briw