Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

Strafrechtliche Abteilung, Beschwerde in Strafsachen 6B.889/2019
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Bundesgericht

Tribunal fédéral

Tribunale federale

Tribunal federal

               

6B_889/2019

Urteil vom 6. November 2019

Strafrechtliche Abteilung

Besetzung

Bundesrichter Denys, Präsident,

Bundesrichter Oberholzer,

Bundesrichter Rüedi,

Gerichtsschreiber Faga.

Verfahrensbeteiligte

Staatsanwaltschaft des Kantons St. Gallen, Untersuchungsamt St. Gallen,

Beschwerdeführerin,

gegen

A.________,

vertreten durch Rechtsanwalt Dr. Stephan Schlegel,

Beschwerdegegner.

Gegenstand

Verwahrung nach Art. 62c Abs. 4 StGB,

Beschwerde gegen den Entscheid des Kantonsgerichts St. Gallen, Strafkammer, vom
29. Mai 2019 (ST.2019.28-SK3 / Proz. Nr. ST.2012.6874).

Sachverhalt:

A. 

Das Kantonsgericht St. Gallen sprach A.________ (Jahrgang 1955) am 29.
September 2006 der mehrfachen sexuellen Handlungen mit Kindern schuldig. Es
verurteilte ihn zu einer Freiheitsstrafe von vier Jahren und ordnete eine
therapeutische Massnahme an. Am 30. Juni 2011 wurde A.________ aus dem
stationären Massnahmenvollzug bedingt entlassen.

Am 30. Mai 2012 wurde A.________ festgenommen und ab 3. Oktober 2013 befand er
sich im vorzeitigen Strafvollzug. Das Kantonsgericht sprach ihn am 11. Dezember
2013 der mehrfachen versuchten sexuellen Handlungen mit Kindern schuldig
(Tatzeitpunkt Februar/März 2012). Es verurteilte ihn zu einer Freiheitsstrafe
von 21 Monaten und bestätigte die vorinstanzlich angeordnete Rückversetzung in
die stationäre Massnahme.

Am 7. Dezember 2018 entschied das Kantonsgericht, die Massnahme nicht zu
verlängern.

Das Amt für Justizvollzug des Sicherheits- und Justizdepartements des Kantons
St. Gallen hob am 5. März 2019 die Rückversetzung in die stationäre Massnahme
auf und beantragte beim Kantonsgericht die Verwahrung.

Das Kantonsgericht verlängerte am 29. Mai 2019 die stationäre Massnahme bis zum
31. Mai 2020.

B. 

Die Staatsanwaltschaft des Kantons St. Gallen führt Beschwerde in Strafsachen.
Sie beantragt, A.________ sei zu verwahren. Eventualiter sei das Urteil des
Kantonsgerichts aufzuheben und die Sache zur Neubeurteilung an die Vorinstanz
zurückzuweisen.

C. 

Der Präsident der Strafrechtlichen Abteilung hat am 7. Oktober 2019A.________
in der Person von Rechtsanwalt Stephan Schlegel einen unentgeltlichen
Rechtsbeistand beigegeben.

D. 

A.________ beantragt die Abweisung der Beschwerde. Das Kantonsgericht St.
Gallen liess sich nicht vernehmen.

Erwägungen:

1. 

1.1. Die Beschwerdeführerin rügt, die Vorinstanz habe bei der Prüfung der
Verwahrung in Verletzung von Art. 64 und Art. 56 Abs. 2 StGB die
Verhältnismässigkeit zu Unrecht verneint. Zwar liege nach den zutreffenden
vorinstanzlichen Erwägungen eine Anlasstat im Sinne von Art. 64 Abs. 1 und Art.
62c Abs. 4 StGB vor. Ebenso sei der Vorinstanz beizupflichten, wenn sie
gestützt auf die gutachterlichen Einschätzungen von Dr. med. B.________ vom 22.
November 2018 und der Fachärztin für Psychiatrie und Psychotherapie C.________
vom 29. August 2012 die Rückfallgefahr als gross einschätze. Jedoch könne der
Vorinstanz nicht gefolgt werden, wonach die von A.________ (Beschwerdegegner)
ausgehende Gefahr für die Allgemeinheit in ihrer Schwere für die Anordnung
einer Verwahrung nicht ausreiche.

Die Beschwerdeführerin macht zusammengefasst geltend, die in Zukunft mit
grosser Wahrscheinlichkeit zu erwartenden sexuellen Handlungen zum Nachteil
minderjähriger Kinder würden die Rechtsgüter Einzelner schwer gefährden. Selbst
die Vorinstanz halte fest, dass der Beschwerdegegner die betroffenen Kinder zu
"Prostituierten und Zuhältern degradiert" und an ihnen abartige Sexualpraktiken
vorgenommen habe. Die vom Beschwerdegegner ausgehende Gefahr sei als schwer zu
gewichten. Der Beschwerdegegner sei uneinsichtig und behandlungsunwillig. Die
Ausprägung seiner Störung, einer Pädophilie mit homosexueller Ausrichtung, habe
sich seit der Tatzeit nicht wesentlich verändert. Das grosse Risiko eines
Rückfalls lasse sich einzig durch die Verwahrung reduzieren. Andere
Möglichkeiten wie etwa ein betreutes Wohnen oder Massnahmen des
Erwachsenenschutzrechts würden im Fall des therapieverweigernden und immer
wieder delinquierenden Beschwerdegegners nicht ausreichen. Das grosse
Schutzbedürfnis der Gesellschaft rechtfertige, da es um den erhöhten
Schutzanspruch minderjähriger Kinder gehe, in deutlicher Weise das Ausmass der
Freiheitsbeschränkungen durch die Verwahrung (Beschwerde S. 4 ff.).

1.2. Gemäss Art. 62c Abs. 4 StGB kann das Gericht auf Antrag der
Vollzugsbehörde die Verwahrung anordnen, falls bei Aufhebung einer stationären
Massnahme, die aufgrund einer Straftat nach Art. 64 Abs. 1 StGB angeordnet
wurde, ernsthaft zu erwarten ist, dass der Täter weitere Taten dieser Art
begeht. Das Gericht ordnet die Verwahrung an, wenn der Täter eine in Art. 64
Abs. 1 StGB ausdrücklich genannte Katalogtat (Mord, vorsätzliche Tötung,
schwere Körperverletzung, Vergewaltigung, Raub, Geiselnahme, Brandstiftung,
Gefährdung des Lebens) oder eine im Sinne der Generalklausel andere mit einer
Höchststrafe von fünf oder mehr Jahren bedrohte Tat begangen hat, durch die er
die physische, psychische oder sexuelle Integrität einer andern Person schwer
beeinträchtigt hat oder beeinträchtigen wollte, und wenn aufgrund einer
anhaltenden oder langdauernden psychischen Störung von erheblicher Schwere, mit
der die Tat in Zusammenhang stand, ernsthaft zu erwarten ist, dass der Täter
weitere Taten dieser Art begeht und die Anordnung einer stationären
therapeutischen Massnahme nach Art. 59 StGB keinen Erfolg verspricht (Art. 64
Abs. 1 lit. b StGB). Die Delikte gemäss der Generalklausel dürfen insgesamt
nicht weniger schwer wiegen, als dies für die Katalogtaten gilt. Das Kriterium
der schweren Beeinträchtigung bezieht sich sowohl auf die Katalogtaten wie auf
die Generalklausel. Relevante Straftaten und schwere Beeinträchtigung müssen
kumulativ vorliegen. Das Gesetz sieht die Verwahrung als "ultima ratio" vor.
Bei der Beurteilung der Schwere des verursachten Eingriffs ist ein objektiver
Massstab anzulegen (BGE 139 IV 57 E. 1.3.3 S. 61 f. mit Hinweisen; HEER/
HABERMEYER, Basler Kommentar, Strafrecht I, 4. Aufl. 2019, N. 22 ff. zu Art. 64
StGB).

1.3. Das Amt für Justizvollzug des Sicherheits- und Justizdepartements des
Kantons St. Gallen hob am 5. März 2019 die stationäre Massnahme auf,
bezeichnete eine Entlassung des Beschwerdegegners in
erwachsenenschutzrechtliche Massnahmen (Art. 62c Abs. 5 StGB) aufgrund der
Sicherheitsrisiken als nicht vertretbar und beantragte bei der Vorinstanz die
Verwahrung (vorinstanzliche Akten "SNE/1").

Die Vorinstanz prüft, ob der Beschwerdegegner eine Anlasstat im Sinne von Art.
64 Abs. 1 StGB begangen hat. Sie verneint die Frage in Bezug auf die im Jahre
2013 abgeurteilten Delikte und bejaht sie in Bezug auf die Straftaten der
früheren Verurteilung aus dem Jahre 2006. Die Vorinstanz verletzt kein
Bundesrecht und ihren Erwägungen schliesst sich die Beschwerdeführerin an
(Entscheid S. 5 ff.; Beschwerde S. 4). Sexuelle Verfehlungen gegenüber Kindern
gehören prinzipiell zu den gravierenden Straftaten (Urteil 6B_68/2016 vom 28.
November 2016 E. 4.3.2 mit Hinweis, nicht publ. in BGE 143 IV 1). Die sexuellen
Handlungen des Beschwerdegegners zum Nachteil von vier Kindern führten im Jahre
2006 zu einer vierjährigen Freiheitsstrafe. Sie umfassten unter anderem an
Kindern vollzogenen Oralverkehr und bezogen menschliche Ausscheidungen mit ein
(vgl. Entscheid S. 6 und E. 1.6.3 nachfolgend). Nach den tatsächlichen
Feststellungen störte der Beschwerdegegner die sexuelle Entwicklung der Kinder
erheblich und ein Kind musste sich in psychotherapeutische Behandlung begeben
(Entscheid S. 7). Die Straftaten haben damit zweifelsohne die psychische und
sexuelle Integrität der Opfer schwer beeinträchtigt. Daran ändert nichts, dass
der Beschwerdegegner, wie er in der Vernehmlassung betont, ohne physische
Gewalt vorging (Urk. 13 S. 5). Ein Vorgehen ohne Gewalt liegt beim gewaltfreien
sexuellen Kindsmissbrauch nach Art. 187 StGB in der Natur der Sache. Zudem sind
die Übergriffe entgegen seinem Dafürhalten massiver als die Taten im Urteil
6B_746/2016 vom 8. Dezember 2016 (mit Ausnahme des Analverkehrs), die laut
Bundesgericht die Schwere einer Anlasstat nicht erreichten. Die im Jahre 2006
abgeurteilten Delikte sind in Art und Eingriffsintensität als ausreichend
schwer im Sinne von Art. 64 Abs. 1 StGB zu bezeichnen.

1.4. Laut den vorinstanzlichen Erwägungen liegt beim Beschwerdegegner eine
schwere psychische Störung im Sinne einer Pädophilie mit homosexueller
Ausrichtung vor, mit der die Delikte im Zusammenhang stehen. Die Vorinstanz
stützt sich auf das forensisch-psychiatrische Gutachten von Dr. med. B.________
vom 22. November 2018 (nachfolgend: Gutachten B.________ 2018) und die
Expertise der Fachärztin für Psychiatrie und Psychotherapie C.________ vom 29.
August 2012 (nachfolgend: Expertise C.________ 2012) mit einer Ergänzung vom
10. Oktober 2012 (Entscheid S. 7). Zur Diagnose hält Dr. med. B.________ fest,
Vorwürfe über sexuelle Handlungen mit Kindern liessen sich bis Mitte des
dritten Lebensjahrzehnts des Beschwerdegegners zurückverfolgen. So sei es etwa
Ende der 1980er Jahre in Portugal zu einer Verurteilung wegen sexueller
Handlungen mit Knaben gekommen. Eine weitere Verurteilung wegen Schändung sei
erfolgt, weil der Beschwerdegegner in seinem 42. Lebensjahr einen Jungen im
Schlaf sexuell missbraucht haben soll. Die sexuellen Handlungen würden immer
ähnlich geschildert, nämlich mit einer Präferenz für Streicheln und Küssen,
aber auch für oralen Verkehr mit teilweise Urinieren in den Mund. Der
Beschwerdegegner habe Bedürfnisse empfunden und ausgelebt, die sich auf
sexuelle Handlungen mit Knaben kurz vor und zu Beginn der Pubertät beziehen.
Diese Bedürfnisse seien seit Jahren vorhanden und beträfen immer die gleiche
Altersgruppe und ähnliche sexuelle Handlungen. Deshalb könne die Diagnose einer
Pädophilie gleichgeschlechtlicher Orientierung gestellt werden (ICD-10 F65.4;
Gutachten B.________ 2018 S. 61 ff. und S. 68; vgl. auch Expertise C.________
2012 S. 61). Diese gutachterlichen Schlussfolgerungen stellen die
Beschwerdeführerin und der Beschwerdegegner nicht in Frage.

1.5.

1.5.1. Zur Therapierbarkeit und Legalprognose stützt sich die Vorinstanz in
erster Linie auf das Gutachten von Dr. med. B.________ vom 22. November 2018.
Der Experte hält fest, der Beschwerdegegner habe sich ab 2008 während rund vier
Jahren in Behandlung beim forensischen Psychotherapeuten Dr. D.________
begeben. Trotz eines günstigen Therapieeffekts sei es 2012 zu einer Missachtung
von Weisungen und zu erneuten versuchten sexuellen Handlungen mit einem Jungen
gekommen. Dies habe zum Vertrauensbruch und zum Abbruch der Therapie bei Dr.
D.________ geführt. Die folgenden Therapiesitzungen bei Dr. E.________ seien
von Abwehrhaltungen des Beschwerdegegners geprägt gewesen, weshalb eine
deliktpräventive Therapie gar nicht zustande gekommen sei. Nach der Verlegung
in die Forensisch-Psychiatrische Abteilung (FPA) der Justizvollzugsanstalt
Pöschwies im Frühjahr 2016 sei der Beschwerdegegner therapeutisch wenig
zugänglich gewesen. Seine Widerstände gegen die Therapie seien so gross
gewesen, dass der Behandlungsversuch nach etwas über einem Jahr abgebrochen
worden sei. Seit Mitte 2017 fänden deshalb keine Therapiesitzungen mehr statt.
Im Zeitpunkt der Begutachtung habe der Beschwerdegegner seine Pädosexualität
nicht mehr anerkannt, was als Rückschritt gewertet werden müsse. Die
Auswirkungen der rund neunjährigen therapeutischen Bemühungen seien in
deliktpräventiver Hinsicht bescheiden. Aufgrund seiner Abwehr, seinem
Selbstbild und der völlig fehlenden Motivation seien von einer Therapie keine
nennenswerten deliktpräventiven Wirkungen mehr zu erwarten. Motivation und
vertrauensvolle Beziehung zum Therapeuten vorausgesetzt, sei der
Beschwerdegegner zwar grundsätzlich therapiefähig. Diese Voraussetzungen seien
aber aktuell weder vorhanden noch unmittelbar in Sicht. Zur Risikoprognose hält
der Gutachter weiter fest, protektive Faktoren (etwa singuläre Taten, Einsicht
in das Unrecht der Taten und in die Störung, hohe Transparenz, gutes Ansprechen
auf eine Therapie, stabile soziale Situation mit guter Sozialkontrolle,
Verzicht auf Alkohol) seien beim Beschwerdegegner nur in geringem Mass
vorhanden. Er habe als Therapieeffekt vorübergehend gewisse Einsichten
gewonnen, jedoch seien diese flüchtiger Natur gewesen und aktuell kaum mehr
erkennbar. Theoretisch bestehe die Möglichkeit, dass zu einem späteren
Zeitpunkt wieder auf früheren Erfolgen aufgebaut werden könne. Seit dem letzten
Delikt seien aber keine therapeutischen Fortschritte feststellbar, welche zur
Annahme einer Verringerung des Risikos berechtigen würden. Gestützt auf
verschiedene Prognoseinstrumente (die "Psychopathy-Checklist Revised [PCL-R]",
das "Forensische Operationalisiertes Therapie-Risiko-Evaluations-System FOTRES"
und das "Risk for Sexual Violence Protocol [RSVP]") hält der Gutachter weiter
fest, ohne deliktorientierte Therapie bestehe ein grosses Risiko für weitere
strafbare pädosexuelle Handlungen im Sinne der bisherigen Delinquenz. Die
Chance einer erfolgreichen Wiederaufnahme der Therapie sei bei fehlender
Behandlungsmotivation und deutlich eingeschränkter Ansprechbarkeit auf die
Therapie aktuell gering (Gutachten B.________ 2018 S. 68 ff.).

In Beantwortung der Fragen der Vorinstanz führt Dr. med. B.________
abschliessend aus, es bestehe eine gegenüber der Tatzeit unverändert hohe
Gefahr weiterer pädosexueller Handlungen an Knaben kurz vor oder zu Beginn der
Pubertät ohne Anwendung von körperlicher Gewalt oder erheblichem psychischem
Druck. Eine erfolgreiche Therapie habe nicht stattgefunden. Die Ansprechbarkeit
des Beschwerdegegners auf die erfolgten (grundsätzlich richtigen und
geeigneten) Behandlungen, insbesondere die Behandlung auf der FPA der
Justizvollzugsanstalt Pöschwies, sei gering. Falls eine
forensisch-psychiatrische Behandlung erfolgreich durchgeführt werden könnte,
dürfte grundsätzlich mit einer erheblichen Senkung des Rückfallrisikos
gerechnet werden. Jedoch sei der Beschwerdegegner nicht bereit, sich einer
intensiven psychotherapeutischen Behandlung zu unterziehen. Die
Wahrscheinlichkeit, eine Grundmotivation zu erarbeiten, sei gering. Der
Beschwerdegegner weise eine psychische Störung auf, die grundsätzlich beha
ndelbar sei. Im konkreten Fall aber sei mit Rücksicht auf die erfolgten,
letztlich nicht zielführenden Therapien und die völlig fehlende Motivation eine
Behandlung zurzeit nicht erfolgversprechend (Gutachten B.________ 2018 S. 85
ff.). Davon wich der Sachverständige in seinen mündlichen Ausführungen
anlässlich der vorinstanzlichen Hauptverhandlung nicht ab. Er unterstrich die
Wichtigkeit des Vertrauensverhältnisses des Verurteilten zum Therapeuten.
"Grundsätzlich" könne die therapeutische Methodik auch ambulant durchgeführt
werden und "grundsätzlich" sei der Beschwerdegegner therapierbar. Die Chance,
dass eine neue Therapie zu einem Erfolg führen könnte, halte er aber für gering
(vorinstanzliche Akten "SNE/55").

Nebst dem Gutachten von Dr. med. B.________ zieht die Vorinstanz einen Bericht
des Psychiatrisch-Psychologischen Dienstes der Justizvollzugsanstalt Pöschwies
vom 3. Mai 2017 her an. Dieser bezeichnet den Versuch, mit dem Beschwerdegegner
eine deliktsorientierte Therapie durchzuführen, als gescheitert. Risiko- oder
deliktsrelevante Themen hätten nicht befriedigend besprochen und bearbeitet
werden können. Es sei nicht gelungen, den Beschwerdegegner in das
milieutherapeutische Setting der FPA zu integrieren. Es handle sich dabei nicht
um eine vorübergehende Stagnation im Behandlungsprozess, sondern um eine
bewusste Haltung und innere Überzeugung des Beschwerdegegners. Vor dem
Hintergrund der über zwölf Monate dauernden erfolglosen Erprobung sei ein
weiterer Verbleib auf der FPA nicht zweckmässig und die Massnahme nicht
durchführbar (vorinstanzliche Akten "SJD/382").

1.5.2. Die Vorinstanz schliesst sich den Einschätzungen des Gutachters an. Der
Beschwerdegegner habe nach der Verurteilung im Jahre 2006 im Februar/März 2012
während laufender Bewährungszeit delinquiert. Die (während rund vier Jahren)
durchgeführten Therapien wie auch die Behandlung nach der Rückversetzung in die
stationäre Massnahme seien gescheitert. Die Vorinstanz gelangt, auch unter
Hinweis auf die mündlichen Ausführungen von Dr. med. B.________ im Rahmen der
vorinstanzlichen Hauptverhandlung, zur Überzeugung, dass keine therapeutischen
Fortschritte erzielt werden konnten und das Rückfallrisiko nach wie vor gross
ist (Entscheid S. 9).

Diese vorinstanzlichen Schlussfolgerungen kritisiert die Beschwerdeführerin
nicht. Ebenso wenig wendet sich der Beschwerdegegner gegen die Ausführungen des
Gutachters zur fehlenden Therapierbarkeit. Soweit er im Rahmen der
Vernehmlassung die in der Beschwerde unangefochtene Legalprognose beanstandet,
ist er damit grundsätzlich zu hören. Zwar kennt das Bundesgerichtsgesetz keine
Anschlussbeschwerde. Hingegen wurde der Antrag des Amts für Justizvollzug des
Sicherheits- und Justizdepartements auf Anordnung einer Verwahrung im Sinne der
Verteidigung vorinstanzlich abgewiesen. Der Beschwerdegegner hatte keine
Veranlassung, sich gegen die Feststellungen zur Legalprognose (und zur
fehlenden Therapierbarkeit) zu wenden. Daran ändert die bis zum 31. Mai 2020
angeordnete stationäre Massnahme nichts. Ansonsten würde ihm die Möglichkeit
genommen, das zu seinem Nachteil Festgestellte anzufechten. Jedoch dringt seine
Kritik nicht durch. Er bringt vor, entgegen den vorinstanzlichen Erwägungen sei
die von ihm ausgehende Gefahr nicht mittelschwer. Laut Gutachter bestehe eine
hohe Wahrscheinlichkeit für sexuelle Handlungen im Sinne der bisherigen
Delinquenz und eine geringe Wahrscheinlichkeit für Straftaten unter Anwendung
von psychischem Druck (Urk. 13 S. 6). Die Rüge ist unbegründet, schliesst sich
doch die Vorinstanz in diesem Punkt ausdrücklich den gutachterlichen
Einschätzungen an (Entscheid S. 8). Soweit der Beschwerdegegner auch in diesem
Zusammenhang meint, die bisherige Delinquenz stelle keine Anlasstat im Sinne
von Art. 64 Abs. 1 StGB dar, dringt seine Argumentation nicht durch (E. 1.3).
Unbehelflich ist schliesslich, wenn er betont, er könne vergleichbare Taten in
einem betreuten Wohnen und damit ohne eigene Wohnung nicht wiederholen (Urk. 13
S. 8). Damit vermag er die gutachterlichen Schlussfolgerungen, wonach
protektive Faktoren kaum vorhanden sind und insgesamt ein hohes Risiko für
weitere strafbare pädosexuelle Handlungen besteht, nicht in Frage zu stellen
geschweige denn zu erschüttern (vgl. zur Würdigung von Gutachten BGE 142 IV 49
E. 2.1.3 S. 53; 141 IV 369 E. 6.1 S. 372 f., 305 E. 6.6.1 S. 315; 133 II 384 E.
4.2.3 S. 391; 132 II 257 E. 4.4.1 S. 269; je mit Hinweisen).

Die gutachterlichen Schlussfolgerungen sind kriterienorientiert, sachlich und
nachvollziehbar. Die Vorinstanz verletzt deshalb nicht Bundesrecht, wenn sie
therapeutische Schritte, welche zu einer Verringerung des Risikos führen
könnten, ausschliesst und das Rückfallrisiko für pädosexuelle Handlungen im
Sinne der bisherigen Delinquenz als hoch bewertet.

Verspricht aber eine therapeutische Massnahme keinen Erfolg, besteht für die
von der Vorinstanz angeordnete einjährige Therapie kein Raum. Die
entsprechenden vorinstanzlichen Erwägungen sind widersprüchlich, bleiben vage
und finden in den gutachterlichen Einschätzungen keine Stütze.

1.6. 

1.6.1. Einschränkungen von Grundrechten müssen verhältnismässig sein (Art. 36
Abs. 3 BV). Der Grundsatz der Verhältnismässigkeit gilt im gesamten
Massnahmenrecht, sowohl bei der Anordnung von Massnahmen als auch bei den
Folgeentscheidungen. Er wird im Strafgesetzbuch konkretisiert. Die Anordnung
einer Massnahme setzt nach Art. 56 Abs. 2 StGB voraus, dass der mit ihr
verbundene Eingriff in die Persönlichkeitsrechte des Täters im Hinblick auf die
Wahrscheinlichkeit und Schwere weiterer Straftaten nicht unverhältnismässig
ist. Der Verhältnismässigkeitsgrundsatz verlangt, dass die Sicherheitsbelange
der Allgemeinheit und der Freiheitsanspruch des Betroffenen als wechselseitiges
Korrektiv gesehen und im Einzelfall gegeneinander abgewogen werden (BGE 142 IV
105 E. 5.4 S. 112 mit Hinweisen). Im Rahmen der Verhältnismässigkeit ist auch
der Dauer des bereits erfolgten Freiheitsentzugs Rechnung zu tragen (BGE 137 IV
201 E. 1.2 S. 203). Bei langandauernder Unterbringung gewinnt der
Freiheitsanspruch des Eingewiesenen zunehmend an Gewicht (Urteile 6B_643/2018
vom 5. September 2018 E. 1.2.2; 6B_930/2018 vom 21. Januar 2019 E. 1.2.3; je
mit Hinweisen; 6B_109/2013 vom 19. Juli 2013 E. 4.4.2). Erreicht die
Gefährlichkeit allerdings einen Grad, der im Falle einer Unbehandelbarkeit eine
Verwahrung rechtfertigen könnte, ist das Kriterium der Dauer des
Freiheitsentzugs von beschränkter Tragweite (Urteile 6B_1143/2018 vom 22. März
2019 E. 2.5.1 und 6B_930/2018 vom 21. Januar 2019 E. 1.2.3 mit Verweis auf BGE
137 IV 201 E. 1.2 S. 203). Gleichwohl hebt das Bundesgericht gegebenenfalls
auch eine Verwahrung auf, wenn sie sich nicht als verhältnismässig erweist
(Urteil 6B_150/2019 vom 19. Juni 2019 E. 2.4.5 mit Verweis auf Urteil 6B_109/
2013 vom 19. Juli 2013 E. 4.4.8).

1.6.2. Der bald 65-jährige Beschwerdegegner befindet sich (mit einem Unterbruch
von elf Monaten) seit 26. November 2003 im Freiheitsentzug. Damit dauert der
Freiheitsentzug im Zeitpunkt des vorinstanzlichen Urteils seit rund 14 1/2
Jahren an. Dessen Verhältnismässigkeit misst sich nicht an der Dauer der
ausgesprochenen Freiheitsstrafen von insgesamt 5 Jahren und 9 Monaten, sondern
an der Schwere der vom Beschwerdegegner begangenen Taten und der von ihm
ausgehenden Gefahr für ähnliche Taten (Urteil 6B_1143/2018 vom 22. März 2019 E.
2.5.3 mit Hinweis). Der Eingriff in seine Freiheitsrechte wiegt schwer.
Zusätzlich gilt es zu berücksichtigen, dass der Beschwerdegegner am 19. Juni
2017 in den Normalvollzug zurückversetzt wurde und seither keine
Therapiesitzungen mehr stattfinden, nachdem das Amt für Justizvollzug des
Sicherheits- und Justizdepartements einen weiteren Verbleib auf der FPA der
Justizvollzugsanstalt Pöschwies als nicht zweckmässig bezeichnet hatte. Seit
Mitte 2017 findet mithin keine wirksame Behandlung mehr statt. Relativierend
bleibt zu diesem Punkt anzufügen, dass dies auf die völlig fehlende Motivation
des Beschwerdegegners zurückgeführt werden muss.

1.6.3. Die Schwere des Eingriffs in die Grundrechte des Beschwerdegegners ist
mit den Sicherheitsbelangen der Allgemeinheit abzuwägen. Zu gewichten gilt es
demnach Schwere und Wahrscheinlichkeit weiterer Delikte. Vom Beschwerdegegner
sind pädosexuelle Straftaten im Sinne der bisherigen Delinquenz zu erwarten.
Dies bedeutet hier Folgendes. Der Beschwerdegegner zog Knaben im vor- und
nachpubertären Alter (von 10 bis 15 Jahren) aus, legte sich nackt zu ihnen,
streichelte und leckte sie am ganzen Körper (inklusive After), leckte deren
Penisse teilweise bis zum Samenerguss, liess sich in den Mund urinieren und
trank ein Glas aus, worin ein Knabe uriniert hatte. Teilweise befriedigte sich
der Beschwerdegegner dabei selbst. Er gab den Kindern dafür Geld und versprach
ihnen Geld oder ein Handy, wenn sie ihm andere (jüngere) Kinder mitbringen.
Betroffen ist damit das hochwertige Rechtsgut der ungestörten sexuellen
Entwicklung von Kindern. Die fraglichen Taten wiegen zudem schwer und sind
geeignet, die psychische und sexuelle Integrität der Opfer erheblich zu
beeinträchtigen. Dies gilt im Besonderen für die Handlungen mit Urin, selbst
wenn seit 1. Juli 2014 Handlungen mit menschlichen Ausscheidungen nicht mehr
unter den Begriff der "harten" Pornographie fallen (Botschaft zur Genehmigung
des Übereinkommens des Europarats zum Schutz von Kindern vor sexueller
Ausbeutung und sexuellem Missbrauch [Lanzarote-Konvention] sowie zu seiner
Umsetzung [Änderung des Strafgesetzbuchs] vom 4. Juli 2012, BBl 2012 7619 f.
Ziff. 2.6.3.2). Ob entsprechende Handlungen von weiten Teilen der Bevölkerung
nach wie vor als bizarr und pervers empfunden werden (BGE 128 IV 201 E. 1.4.5
S. 209), kann dahingestellt bleiben. Sie sind mindestens für Kinder und
Jugendliche auf jeden Fall verstörend. Unerheblich ist, dass die Opfer keine
Kleinkinder waren. Soweit die Vorinstanz in diesem Umstand ein relativierendes
Moment sieht (Entscheid S. 10), kann ihr nicht gefolgt werden. Die Übergriffe
waren ohne Zweifel geeignet, die sexuelle Entwicklung der Kinder massiv zu
stören (vgl. Entscheid S. 7). Es ist nicht erkennbar und legt die Vorinstanz
nicht dar, dass, weshalb und unter welchem Aspekt Eingriffe in die sexuelle
Integrität respektive Entwicklung bei Kindern vor oder in der Pubertät
gegenüber Kleinkindern an Gewicht verlieren sollten. Ebenso wenig ist entgegen
dem Dafürhalten der Vorinstanz bei der Schwere zukünftiger Delikte zu
berücksichtigen, dass der Beschwerdegegner in der Vergangenheit sein Ziel ohne
körperliche Gewalt (sondern mit einem Missbrauch des ihm entgegengebrachten
Vertrauens und mit materiellen Anreizen) verfolgte und erreichte. Dass der
Beschwerdegegner ohne Gewalt vorging, liegt beim gewaltfreien sexuellen
Kindsmissbrauch nach Art. 187 StGB in der Natur der Sache.

1.7. Zusammenfassend erfolgten während über acht Jahren und damit langjährige
therapeutische Bemühungen, die keine nennenswerten deliktpräventiven Wirkungen
zeitigten. Ein im Zeitpunkt der bedingten Entlassung im Jahre 2011 ausgemachter
günstiger Therapieeffekt war von kurzer Dauer und die folgende deliktfreie Zeit
von marginaler Bedeutung. Die wiederaufgenommene Therapie scheiterte an der
bewussten Abwehrhaltung des Beschwerdegegners und musste abgebrochen werden.
Dabei handelte es sich laut Therapeuten nicht um eine vorübergehende Stagnation
im Behandlungsprozess. Therapeutische Schritte seit dem letzten Delikt blieben
aus. Als Rückschritt im Jahre 2018 ist zu werten, dass der Beschwerdegegner im
Zeitpunkt der Begutachtung seine Pädosexualität nicht mehr anerkannte. Die
Wahrscheinlichkeit einer erfolgreichen Wiederaufnahme der Therapie ist gering.
Aktuell ist von einer fehlenden Therapierbarkeit auszugehen.

Damit ist mit einer Verringerung des hohen Rückfallrisikos für pädosexuelle
Handlungen im Sinne der bisherigen Delinquenz nicht zu rechnen. Zwar ist der
Eingriff in die Freiheitsrechte des Beschwerdegegners durch den Freiheitsentzug
von rund 14 1/2 Jahren schwer. Hingegen hat das Kriterium der Dauer des
Freiheitsentzugs mit Blick auf die zu erwartenden Delikte und den Grad der
Gefährlichkeit eine beschränkte Tragweite. Ein Abwägen der Gefährlichkeit des
Beschwerdegegners und das Anliegen der Öffentlichkeit am Schutz der ungestörten
(sexuellen) Entwicklung von Kindern einerseits mit dem Freiheitsanspruch des
Beschwerdegegners andererseits führt zum Schluss, dass die Verwahrung aus
Verhältnismässigkeitsgründen anzuordnen ist.

2. 

Die Beschwerde ist gutzuheissen. Der angefochtene Entscheid ist aufzuheben und
die Sache zur neuen Beurteilung an die Vorinstanz zurückzuweisen. Der
unterliegende Beschwerdegegner wird grundsätzlich kostenpflichtig (Art. 66 Abs.
1 BGG). Er stellt ein Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege. Dieses kann
bewilligt werden, da von seiner Bedürftigkeit auszugehen ist und seine
Rechtsbegehren nicht von vornherein aussichtslos waren. Es sind keine Kosten zu
erheben. Seinem Rechtsvertreter ist eine angemessene Parteientschädigung aus
der Bundesgerichtskasse auszurichten (Art. 64 Abs. 1 und 2 BGG). Eine
Parteientschädigung ist dem Kanton St. Gallen nicht zuzusprechen (Art. 68 Abs.
3 BGG).

Demnach erkennt das Bundesgericht:

1. 

Die Beschwerde wird gutgeheissen. Der Entscheid des Kantonsgerichts St. Gallen
vom 29. Mai 2019 wird aufgehoben und die Sache zur neuen Beurteilung an die
Vorinstanz zurückgewiesen.

2. 

Das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege wird gutgeheissen.

3. 

Es werden keine Kosten erhoben.

4. 

Dem Vertreter des Beschwerdegegners, Rechtsanwalt Stephan Schlegel, wird eine
Entschädigung von Fr. 3'000.-- aus der Bundesgerichtskasse ausgerichtet.

5. 

Dieses Urteil wird den Parteien und dem Kantonsgericht St. Gallen, Strafkammer,
schriftlich mitgeteilt.

Lausanne, 6. November 2019

Im Namen der Strafrechtlichen Abteilung

des Schweizerischen Bundesgerichts

Der Präsident: Denys

Der Gerichtsschreiber: Faga