Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

Strafrechtliche Abteilung, Beschwerde in Strafsachen 6B.871/2019
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Bundesgericht

Tribunal fédéral

Tribunale federale

Tribunal federal

               

6B_871/2019

Urteil vom 14. November 2019

Strafrechtliche Abteilung

Besetzung

Bundesrichter Denys, Präsident,

Bundesrichterin Jametti,

nebenamtliche Bundesrichterin Griesser,

Gerichtsschreiber Traub.

Verfahrensbeteiligte

A.B.________,

vertreten durch Rechtsanwalt Markus Härdi,

Beschwerdeführer,

gegen

Oberstaatsanwaltschaft des Kantons Aargau,

Beschwerdegegnerin.

Gegenstand

Veruntreuung; Willkür,

Beschwerde gegen das Urteil des Obergerichts

des Kantons Aargau, Strafgericht, 2. Kammer,

vom 18. Juni 2019 (SST.2019.20).

Sachverhalt:

A. 

Mit Strafbefehl vom 24. April 2017 sprach die Staatsanwaltschaft Lenzburg-Aarau
A.B.________ der Veruntreuung schuldig und verurteilte ihn zu einer bedingten
Geldstrafe von 30 Tagessätzen zu Fr. 70.-- und zu einer Busse von Fr. 500.--.
Die Staatsanwaltschaft ging davon aus, A.B.________ habe im Februar 2014 als
Inhaber der Einzelunternehmung Garage B.________ mit der D.________ GmbH von
C.D.________ einen Untermietvertrag für eine Werkstatt abgeschlossen.
C.D.________ habe in der Folge zahlreiche Gegenstände in die Liegenschaft
verbracht. Da C.D.________ den vereinbarten Mietzins nicht bezahlt habe und es
zu Unstimmigkeiten zwischen den Parteien gekommen sei, habe A.B.________
C.D.________ ab Juni 2014 den Zutritt in die Garage verwehrt. Im Februar 2016
habe A.B.________ das gesamte Inventar der Garage B.________ einschliesslich
der Gegenstände, die der D.________ GmbH resp. C.D.________ gehörten, für
insgesamt Fr. 25'000.-- an E.________ verkauft. Dadurch habe sich A.B.________
unrechtmässig bereichert.

Gegen den Strafbefehl erhob A.B.________ Einsprache. Die Staatsanwaltschaft
erklärte den Strafbefehl zur Anklageschrift und überwies die Akten zur
Beurteilung an das Bezirksgericht Lenzburg.

B. 

Mit Urteil vom 3. Juli 2018 erkannte die Präsidentin des Bezirksgerichts
Lenzburg A.B.________ schuldig der Veruntreuung gemäss Art. 138 Ziff. 1 Abs. 1
StGB und bestrafte ihn mit einer Geldstrafe von 20 Tagessätzen zu Fr. 40.-- und
einer Busse von Fr. 200.--. Der Vollzug der Geldstrafe wurde aufgeschoben und
die Probezeit auf zwei Jahre angesetzt.

Gegen das Urteil vom 3. Juli 2018 erhob A.B.________ Berufung an das
Obergericht des Kantons Aargau. Er beantragte, er sei vom Vorwurf der
Veruntreuung freizusprechen. Das Obergericht bestätigte mit Urteil vom 18. Juni
2019 das erstinstanzliche Urteil vollumfänglich.

C. 

Mit Beschwerde in Strafsachen beantragt A.B.________, der Entscheid des
Obergerichts vom 18. Juni 2019 sei aufzuheben und er sei vom Vorwurf der
Veruntreuung freizusprechen. Eventuell sei die Angelegenheit zur richtigen
Sachverhaltsfeststellung und Neubeurteilung an die Vorinstanz zurückzuweisen.

Erwägungen:

1.

1.1. Der Beschwerdeführer rügt, die Vorinstanz habe den Sachverhalt
offensichtlich falsch und somit willkürlich festgestellt und habe so
Bundesrecht verletzt, nämlich Art. 9 BV (Willkürverbot), Art. 8 BV (Verletzung
des Rechtsgleichheitsgebots) und Art. 6 EMRK (Verletzung des Grundsatzes "in
dubio pro reo"). Es stünden sich die Aussagen des Beschwerdeführers einerseits
und von C.D.________ anderseits gegenüber. Bei einer solchen Konstellation
müsse aufgrund des Grundsatzes "in dubio pro reo" zugunsten der beschuldigten
Person entschieden werden. Es sei nicht am Beschwerdeführer, sein Eigentum an
den in der Anklage genannten Gegenständen nachzuweisen. Vielmehr müsse die
Anklage den Nachweis erbringen, dass C.D.________ genau die betreffenden
Gegenstände in die Werkstatt eingebracht hat. Die Vorinstanz habe sich
überhaupt nicht mit der Frage befasst, ob diese Gegenstände tatsächlich in die
Werkstatt eingebracht worden seien. Dafür, dass dem so ist, liege kein
objektiver Beweis vor. Die von der Vorinstanz vorgenommene Beweiswürdigung
erweise sich als willkürlich. Wenn sich nicht beweisen lasse, dass C.D.________
die Gegenstände eingebracht habe, stelle sich die Eigentumsfrage an den
Gegenständen gar nicht und der Beschwerdeführer sei freizusprechen. Die
Vorinstanz befasse sich nicht mit der Glaubwürdigkeit von C.D.________; sie
berücksichtige nicht, dass er die Miete für die Mitbenutzung der Garage nicht
bezahlt habe, finanzielle Schwierigkeiten gehabt habe und bereits früher in
diverse Rechtsstreitigkeiten verwickelt gewesen sei. Es sei willkürlich, einzig
auf Aussagen abzustellen, die den Beschwerdeführer belasteten. Selbst wenn
C.D.________ Kaufbelege oder Steigerungsbestätigungen über die betreffenden
Gegenstände habe vorlegen können, so sei nicht erstellt, dass er diese
Gegenstände tatsächlich in die Werkstatt eingebracht habe. Die Prüfung der
Eigentumsverhältnisse sei erst dann massgebend, wenn der Nachweis erbracht sei,
dass C.D.________ diese Gegenstände tatsächlich eingebracht habe. Dieser
Nachweis sei nicht erbracht, weshalb nach dem Grundsatz "in dubio pro reo" ein
Freispruch hätte ergehen müssen.

1.2. Die Sachverhaltsfeststellung der Vorinstanz kann nur gerügt werden, wenn
sie offensichtlich unrichtig ist oder auf einer Rechtsverletzung im Sinne von
Art. 95 BGG beruht und die Behebung des Mangels für den Ausgang des Verfahrens
entscheidend sein kann (Art. 97 Abs. 1 und Art. 105 Abs. 2 BGG). Offensichtlich
unrichtig ist eine Sachverhaltsfeststellung, wenn sie willkürlich ist (BGE 143
IV 241 E. 2.3.1 S. 244; 143 I 310 E. 2.2 S. 313; je mit Hinweis). Willkür liegt
vor, wenn der angefochtene Entscheid offensichtlich unhaltbar ist oder mit der
tatsächlichen Situation in klarem Widerspruch steht (BGE 144 V 50 E. 4.2 S. 53;
143 IV 241 E. 2.3.1 S. 244 mit Hinweisen). Dabei gilt hinsichtlich des
Vorbringens, der Sachverhalt sei offensichtlich unrichtig festgestellt worden,
das strenge Rügeprinzip (Art. 106 Abs. 2 BGG). Demnach ist anhand der
Erwägungen des angefochtenen Entscheids klar und detailliert darzulegen,
inwiefern die vorinstanzliche Sachverhaltsfeststellung willkürlich sein soll
(BGE 141 IV 369 E. 6.3 S. 375; Urteil 5A_809/2017 vom 17. Oktober 2017 E. 2).
Dazu genügt es nicht, einen von den tatsächlichen Feststellungen der Vorinstanz
abweichenden Sachverhalt zu behaupten oder die eigene Beweiswürdigung zu
erläutern (BGE 143 V 19 E. 2.2 S. 23).

Der in Art. 10 Abs. 1 StPO, Art. 32 Abs. 1 BV und Art. 6 Ziff. 2 EMRK
verankerten Unschuldsvermutung und dem daraus abgeleiteten Grundsatz "in dubio
pro reo" in der vom Beschwerdeführer angerufenen Funktion als
Beweiswürdigungsregel kommt im Verfahren vor Bundesgericht keine über das
Willkürverbot (Art. 9 BV) hinausgehende Bedeutung zu (BGE 144 IV 345 E. 2.2.3.1
S. 348 f.; 138 V 74 E. 7 S. 82; je mit Hinweisen; Urteil 6B_294/2019 vom 22.
August 2019 E. 1).

1.3. Die Vorinstanz hält fest, es sei erstellt, dass C.D.________ diverse
Gegenstände in die Werkstatt des Beschwerdeführers eingebracht hat
(angefochtenes Urteil, S. 8 E. 4.4). Ebenso sei unbestritten, dass der
Beschwerdeführer am 29. Februar 2016 die in der Anklage aufgeführten
Gegenstände an E.________ verkauft hat. Anschliessend prüft die Vorinstanz, ob
C.D.________ zum Zeitpunkt des Verkaufs Eigentümer der fünf noch Gegenstand des
Berufungsverfahrens bildenden Gegenstände (Kleinteilereiniger F.________,
Sandstrahlkabine G.________, Ladentheke mit Glasauslage, Design-Büro-Tisch und
Hängeregisterschrank H.________) war und der Beschwerdeführer somit einem
Dritten gehörende Gegenstände verkauft hat (angefochtenes Urteil, S. 8 ff. E. 5
ff.).

In Bezug auf den "Kleinteilereiniger F.________" hält die Vorinstanz fest, der
Beschwerdeführer habe unbestrittenermassen denjenigen Kleinteilereiniger
verkauft, welcher in den Untersuchungsakten (act. 118) abgebildet sei. Dabei
handle es sich um einen "Reinigungstisch I.________". Zudem habe der
Beschwerdeführer auf einem handschriftlich angefertigten Inventar eine
"Teilreinigungsmaschine (F.________) " selbst vermerkt. Es könnten somit keine
Zweifel daran bestehen, dass der Beschwerdeführer am 29. Februar 2016 einen
"Reinigungstisch I.________" verkauft habe. Sodann sei erstellt, dass
C.D.________ am 24. Januar 2013 ein Gerät mit der Bezeichnung
"Kleinteilereiniger F.________/I.________" auf der Auktionsplattform Ricardo
ersteigert hat. Dies sei durch eine E-Mail von "Kundendienst@ricardo.ch"
belegt. Der Einwand des Beschwerdeführers, C.D.________ könnte die
"Teilreinigungsmaschine" zwar ersteigert, aber nicht abgeholt oder aber bei
sich behalten und nicht in die Garage eingebracht haben, sei lebensfremd.
Angesichts der Tatsache, dass C.D.________ nachweislich ein Gerät ersteigert
hat, dessen Marke und Typenbezeichnung mit dem vom Beschwerdeführer verkauften
Gerät übereinstimmen, während keine Anhaltspunkte oder Belege für das
behauptete Eigentumsrecht des Beschwerdeführers vorliegen, könnten keine
rechtserheblichen Zweifel daran bestehen, dass es sich beim vom
Beschwerdeführer veräusserten "Kleinteilereiniger F.________" um das von
C.D.________ gekaufte Gerät handle.

Analoge Überlegungen macht die Vorinstanz in Bezug auf die Sandstrahlkabine
G.________ (hier sei die Aussage von C.D.________, er habe diesen Gegenstand
erworben, durch eine Kaufquittung belegt), die Ladentheke mit Glasauslage (hier
sei der Kauf des Gegenstandes durch C.D.________ durch eine Bestätigungs-E-Mail
von "ricardo.ch" belegt) sowie in Bezug auf den Design Büro-Tisch und den
Hängeregisterschrank H.________ (hier ergebe sich aus der Liste der
Auktionstitel, dass C.D.________ den Bürotisch der Marke "K.________" und den
Hängeregisterschrank der Marke "H.________" auf "ricardo.ch" ersteigert hat).

Zusammenfassend stellt die Vorinstanz fest, aufgrund der Übereinstimmung der
nachweislich von C.D.________ käuflich erworbenen Gegenstände mit den vom
Beschwerdeführer an E.________ verkauften könne kein Zweifel daran bestehen,
dass sich diese fünf Gegenstände zum Zeitpunkt des vom Beschwerdeführer
getätigten Verkaufs im Eigentum von C.D.________ befanden (angefochtenes
Urteil, S. 12 E. 10).

1.4.

1.4.1. Mit der ausführlichen und sorgfältigen Begründung der Vorinstanz setzt
sich der Beschwerdeführer in seiner Beschwerdeschrift kaum auseinander. Was der
Beschwerdeführer gegen die vorinstanzliche Sachverhaltsfeststellung zum
Kerngeschehen vorbringt, erschöpft sich überwiegend in einer unzulässigen
appellatorischen Kritik, auf die das Bundesgericht nicht eintritt (vgl. BGE 144
V 50 E. 4.2 S. 53). Er zeigt nicht auf, inwieweit die von ihm beanstandeten
Sachverhaltsfeststellungen im angefochtenen Entscheid unhaltbar sein sollen. Er
beschränkt sich überwiegend darauf zu behaupten, der Sachverhalt sei nicht
erstellt, ohne auf die Begründung der Vorinstanz einzugehen.

1.4.2. Die Vorinstanz legt schlüssig dar, weshalb sie zur Überzeugung gelangt,
dass die Sachdarstellung von C.D.________ glaubhafter ist als diejenige des
Beschwerdeführers. Entgegen der Darstellung des Beschwerdeführers stellt die
Vorinstanz nicht ungeprüft auf die Aussagen von C.D.________ ab. Vielmehr
berücksichtigt sie weitere Beweismittel, so insbesondere E-Mails des
Kundendienstes von "ricardo.ch" sowie Kaufbelege, welche die Aussagen von
C.D.________ untermauern. Es trifft auch nicht zu, dass die Vorinstanz vom
Beschwerdeführer den Nachweis für sein Eigentum an den von ihm verkauften
Gegenständen verlangt hätte und - da er einen solchen nicht habe erbringen
können - ihn in Verletzung der Beweisregeln schuldig gesprochen hätte. Vielmehr
berücksichtigt die Vorinstanz in willkürfreier Beweiswürdigung, dass
C.D.________ - im Gegensatz zum Beschwerdeführer - die von ihm behaupteten
Käufe der betreffenden Gegenstände mit Urkunden belegen konnte. Keine Willkür
ist darin zu erblicken, dass die Vorinstanz bei der Beweiswürdigung nicht
berücksichtigt, dass C.D.________ finanzielle Schwierigkeiten und diverse
Rechtsstreitigkeiten gehabt hat und haben soll. Selbst wenn dies zuträfe,
vermöchte es nichts an der Glaubhaftigkeit der Aussagen von C.D.________ zu
ändern, sind doch diese im Kerngeschehen widerspruchsfrei und durch die von ihm
eingereichten Urkunden belegt.

Die Vorinstanz gelangt in willkürfreier Beweiswürdigung zum Schluss, dass der
Beschwerdeführer im Eigentum von C.D.________ stehende Gegenstände an
E.________ verkauft hat. Sie begründet nachvollziehbar, weshalb für sie
feststeht, dass C.D.________ diese Gegenstände zuvor käuflich erworben hat. Sie
zeigt auch auf, dass diese Gegenstände in ihren Merkmalen (Name, Marke,
Typbezeichnung) mit denjenigen Gegenständen übereinstimmen, welche der
Beschwerdeführer verkauft hat. Die Vorinstanz legt somit schlüssig dar, weshalb
sie es als erstellt erachtet, dass es sich bei den vom Beschwerdeführer an
E.________ verkauften fünf Gegenständen um diejenigen handelt, welche
C.D.________ in die Garage des Beschwerdeführers eingebracht hat. Zu Recht
wertet sie den Einwand des Beschwerdeführers als lebensfremd, C.D.________
könnte die Gegenstände zwar gekauft haben, aber nicht abgeholt oder bei sich
behalten und nicht in die Garage eingebracht haben. Die Vorinstanz hält dazu
fest, dass die von C.D.________ nachweislich erworbenen fünf Gegenstände mit
den vom Beschwerdeführer verkauften in einem Ausmass übereinstimmen, dass kein
vernünftiger Zweifel daran verbleibt, dass die Gegenstände identisch sind.
Diese Schlussfolgerung der Vorinstanz ist nachvollziehbar und plausibel.

Die Willkürrügen des Beschwerdeführers erweisen sich als unbehelflich.

2. 

Die Beschwerde ist abzuweisen, soweit darauf einzutreten ist. Bei diesem
Ausgang des Verfahrens trägt der Beschwerdeführer die Kosten (Art. 66 Abs. 1
BGG).

 Demnach erkennt das Bundesgericht:

1. 

Die Beschwerde wird abgewiesen, soweit darauf einzutreten ist.

2. 

Die Gerichtskosten von Fr. 3'000.-- werden dem Beschwerdeführer auferlegt.

3. 

Dieses Urteil wird den Parteien und dem Obergericht des Kantons Aargau,
Strafgericht, 2. Kammer, schriftlich mitgeteilt.

Lausanne, 14. November 2019

Im Namen der Strafrechtlichen Abteilung

des Schweizerischen Bundesgerichts

Der Präsident: Denys

Der Gerichtsschreiber: Traub