Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

Strafrechtliche Abteilung, Beschwerde in Strafsachen 6B.843/2019
Zurück zum Index Strafrechtliche Abteilung, Beschwerde in Strafsachen 2019
Retour à l'indice Strafrechtliche Abteilung, Beschwerde in Strafsachen 2019


 

Bundesgericht

Tribunal fédéral

Tribunale federale

Tribunal federal

               

6B_843/2019

Urteil vom 3. September 2019

Strafrechtliche Abteilung

Besetzung

Bundesrichterin Jacquemoud-Rossari,

als präsidierendes Mitglied,

Bundesrichter Oberholzer,

Bundesrichterin Jametti,

Gerichtsschreiberin Arquint Hill.

Verfahrensbeteiligte

X.________,

Beschwerdeführer,

gegen

Staatsanwaltschaft des Kantons Basel-Stadt, Binningerstrasse 21, 4051 Basel,

Beschwerdegegnerin.

Gegenstand

Versuchter Betrug, Urkundenfälschung usw.; Willkür,

Beschwerde gegen das Urteil des Appellationsgerichts des Kantons Basel-Stadt,
Dreiergericht, vom 22. Februar 2019 (SB.2017.27).

Das Bundesgericht zieht in Erwägung:

1. 

Das Strafgericht Basel-Stadt verurteilte den anwaltlich vertretenen
Beschwerdeführer am 24. November 2016 wegen mehrfach versuchten Betrugs,
mehrfacher Urkundenfälschung, mehrfachen Fälschens von Ausweisen und
Verleumdung zu einer bedingten Freiheitsstrafe von 20 Monaten bei einer
Probezeit von 4 Jahren. Von der Anklage der mehrfachen Veruntreuung sprach es
ihn frei. Die gegen ihn am 25. November 2011 bedingt ausgesprochene Geldstrafe
von 90 Tagessätzen erklärte es für vollziehbar.

Auf Berufung hin stellte das Appellationsgericht Basel-Stadt am 22. Februar
2019 die Rechtskraft des strafgerichtlichen Urteils u.a. in Bezug auf den
Freispruch von der Anklage der mehrfachen Veruntreuung fest. Es verurteilte den
Beschwerdeführer wegen versuchten Betrugs, Urkundenfälschung und mehrfachen
Fälschens von Ausweisen zu einer bedingten Freiheitsstrafe von 13 Monaten
(unter Einrechnung des Polizeigewahrsams von einem Tag) bei einer Probezeit von
2 Jahren. Von der Anklage der Urkundenfälschung bezüglich des
Darlehensvertrags, datiert auf den 13. Juni 2009, des in diesem Zusammenhang
angeklagten versuchten Betrugs und der Verleumdung sprach es ihn frei. Den
bedingten Vollzug der gegen ihn am 25. November 2011 ausgesprochenen Geldstrafe
von 90 Tagessätzen widerrief es nicht.

Der Beschwerdeführer wendet sich an das Bundesgericht. Er strebt die Aufhebung
des Urteils und einen vollumfänglichen Freispruch an.

2. 

Mit der Beschwerde in Strafsachen kann auch die Verletzung von Verfassungsrecht
gerügt werden (Art. 95 BGG). Die zusätzlich erhobene subsidiäre
Verfassungsbeschwerde ist ausgeschlossen (vgl. Art. 113 BGG).

3. 

Anfechtungsobjekt im bundesgerichtlichen Verfahren ist alleine der
letztinstanzliche kantonale Entscheid (Art. 80 Abs. 1 BGG). Auf ausserhalb des
durch das vorinstanzliche Urteil vom 22. Februar 2019 begrenzten
Streitgegenstands liegende Anträge, Rügen, Vorbringen und Ausführungen in der
Beschwerde ist nicht einzutreten.

4. 

Die Beschwerde an das Bundesgericht hat gemäss Art. 42 Abs. 1 und 2 BGG unter
anderem die Begehren und deren Begründung zu enthalten, wobei in der Begründung
in gedrängter Form darzulegen ist, inwiefern der angefochtene Akt Recht
verletzt. Dies setzt unter anderem voraus, dass auf die massgeblichen
Erwägungen der Vorinstanz eingegangen und im Einzelnen aufgezeigt wird, dass
und weshalb nach Auffassung des Beschwerdeführers Recht verletzt ist (BGE 142 I
99 E. 1.7.1; 140 III 86 E. 2; je mit Hinweisen). Hinsichtlich der Verletzung
von Grundrechten und der Anfechtung des Sachverhalts besteht eine qualifizierte
Rügepflicht (Art. 106 Abs. 2 BGG; BGE 141 IV 249 E. 1.3.1; 138 I 171 E. 1.4 S.
176).

5. 

Die Vorinstanz hat das Urteil vom 22. Februar 2019 (nur) dem amtlichen
Verteidiger zugestellt. Entgegen der Auffassung des Beschwerdeführers lässt
sich darin keine Rechtsverletzung erkennen. Strafbehörden haben Mitteilungen an
die Parteien deren Rechtsbeistand zuzustellen (Art. 87 Abs. 3 StPO), unabhängig
davon, ob die Partei selber einen Rechtsbeistand bestellt hat oder ihr ein
solcher beigegeben wurde (Urteil 1B_700/2011 vom 7. Februar 2012 E. 2.1; siehe
auch BGE 144 IV 64 E. 2; Urteil 6B_304/2019 vom 22. Mai 2019 E. 2.3.4). Im
Übrigen ist weder dargelegt noch ersichtlich, inwiefern sich die
ausschliessliche Urteilszustellung an die amtliche Verteidigung zu seinen
Lasten ausgewirkt haben soll. Ins Leere stösst der Vorwurf, er habe das
begründete Strafgerichtsurteil nie zugestellt erhalten. Der Beschwerdeführer
hat dem Bundesgericht eine Kopie desselben als Beschwerdebeilage eingereicht
und verfügt somit offensichtlich darüber.

6. 

Die Vorinstanz hat die Verhandlungsfähigkeit des Beschwerdeführers für die
Berufungsverhandlung vom 16. November 2018 bejaht. Der Beschwerdeführer wendet
unter Hinweis auf ein Arztzeugnis seiner behandelnden Ärztin ein, er sei zur
Teilnahme an der Verhandlung "genötigt" worden. Indessen unterschlägt er, dass
die Vorinstanz die Frage der Verhandlungsfähigkeit dem Institut für
Rechtsmedizin (IRM) zur Beurteilung unterbreitet hat, welches sich mit den
Vorbringen der behandelnden Ärztin auseinandersetzte und zum Schluss kam, dass
deren Einschätzung nicht gefolgt werden könne. Inwiefern das Abstellen der
Vorinstanz auf die Beurteilung des IRM, nachdem sie den Beschwerdeführer
überdies zu seinem Zustand anhörte, willkürlich oder sonstwie
bundesrechtswidrig sein könnte, wird in der Beschwerde nicht aufgezeigt und ist
auch nicht ersichtlich.

7. 

In der Sache hat die Vorinstanz das Strafgerichtsurteil in allen angefochtenen
Punkten überprüft. Die Beweisanträge (u.a. Ladung eines Polizisten und weiterer
Personen) hat sie abgewiesen und ihr Urteil ausführlich begründet. Aufgrund der
zusätzlich erfolgten Freisprüche hat sie dem Beschwerdeführer reduzierte
Gerichtskosten auferlegt und sich auch mit der Frage der Entschädigung befasst.
Die Urteilserwägungen sind umfassend. Statt sich damit auseinanderzusetzen,
beschränkt sich der Beschwerdeführer unter wahlloser Anrufung von Konventions-,
Verfassungs- und Gesetzesnormen darauf, die Sachlage weitschweifig aus
subjektiver Sicht zu schildern und zu behaupten, in sämtlichen Punkten falsch
beschuldigt worden zu sein, wobei er im Rahmen seiner pauschalen Kritik
teilweise nicht einmal merkt, dass die Vorinstanz ihn von diversen
Anklagepunkten freigesprochen, die Strafe gesenkt, die Probezeit reduziert und
die Vorstrafe nicht widerrufen hat. Eine (rechtsgenügliche) Auseinandersetzung
mit den Urteilserwägungen lässt sich seinen Ausführungen nicht entnehmen.
Inwiefern das angefochtene Urteil in tatsächlicher oder rechtlicher Hinsicht
fehlerhaft sein und die Vorinstanz damit gegen das Recht im Sinne von Art. 95
BGG verstossen haben könnte, ergibt sich aus der Beschwerde nicht und ist auch
nicht ersichtlich.

8. 

Im Übrigen erschöpft sich die Beschwerde in einem unsachlichen Rundumschlag
namentlich gegen die Vorinstanz und den damaligen amtlichen Verteidiger.
Vorgebracht wird etwa, die Vorinstanz habe die materielle Wahrheit unterdrückt,
die StPO missachtet, die prozessualen Grundrechte ausgehebelt, das
Konfrontationsrecht verweigert, dem Beschwerdeführer eine "Schlechtverteidigung
aufgehalst" und gestützt auf Annahmen, Vermutungen und absurden
Fehlinterpretationen ein Fehlurteil zusammengebastelt. Dem damaligen amtlichen
Verteidiger wird u.a. unterstellt, gegen den Beschwerdeführer und für die
Staatsanwaltschaft "gearbeitet", jeglichen Kontakt mit dem Beschwerdeführer
vermieden, die Verteidigungsrechte nicht hinreichend wahrgenommen und Fristen
ungenutzt verstreichen lassen zu haben. Solche pauschalen Vorwürfe und
Unterstellungen stellen offensichtlich keine hinreichende Auseinandersetzung
mit den vorinstanzlichen Erwägungen dar. Zudem ist nicht im Ansatz dargetan und
im Übrigen auch nicht ersichtlich, wie sich die behaupteten
"XXL"-Verfahrensmängel und die vermeintliche "Schlechtverteidigung" zum
Nachteil des Beschwerdeführers ausgewirkt haben sollen. Auf die Vorbringen ist
nicht einzutreten. Soweit der Beschwerdeführer im Weiteren geltend macht, die
Vorinstanz habe "die Schlechtverteidigung [...] entgegen bestehender Weisung
nicht entlassen", kann auf die bundesgerichtlichen Urteile 1B_377/2017 vom 12.
September 2017 und 1B_24/2017 vom 10. Mai 2017 verwiesen werden.

9. 

Die geltend gemachte Entschädigung wegen "illegaler Inhaftierung", "jahrelanger
Diskriminierung" und "ungerechtfertigter Strafverfolgung" begründet der
Beschwerdeführer mit seiner aus seiner Sicht zu Unrecht erfolgten Verurteilung.
Da es bei den Schuldsprüchen bleibt, ist darauf nicht einzutreten.

10. 

Ohne dass sich das Bundesgericht zu allen Ausführungen, Vorbringen und
teilweise unzulässigen Anträgen des Beschwerdeführers ausdrücklich äussern
müsste, ist die Beschwerde im Verfahren nach Art. 109 BGG abzuweisen, soweit
darauf überhaupt eingetreten werden kann. Eine Parteientschädigung an den
Beschwerdeführer fällt ausser Betracht (Art. 68 Abs. 1 BGG). Die Gerichtskosten
sind dem Beschwerdeführer aufzuerlegen (Art. 66 Abs. 1 BGG). Das Gesuch um
unentgeltliche Rechtspflege ist wegen Aussichtslosigkeit abzuweisen. Seiner
finanziellen Lage ist bei der Bemessung der Gerichtskosten Rechnung zu tragen
(Art. 65 Abs. 2 BGG).

 Demnach erkennt das Bundesgericht:

1. 

Die Beschwerde wird abgewiesen, soweit darauf einzutreten ist.

2. 

Das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege wird abgewiesen.

3. 

Die Gerichtskosten von Fr. 1'200.-- werden dem Beschwerdeführer auferlegt.

4. 

Dieses Urteil wird den Parteien und dem Appellationsgericht des Kantons
Basel-Stadt, Dreiergericht, schriftlich mitgeteilt.

Lausanne, 3. September 2019

Im Namen der Strafrechtlichen Abteilung

des Schweizerischen Bundesgerichts

Das präsidierende Mitglied: Jacquemoud-Rossari

Die Gerichtsschreiberin: Arquint Hill