Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

Strafrechtliche Abteilung, Beschwerde in Strafsachen 6B.841/2019
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Bundesgericht

Tribunal fédéral

Tribunale federale

Tribunal federal

               

6B_841/2019

Urteil vom 15. Oktober 2019

Strafrechtliche Abteilung

Besetzung

Bundesrichter Denys, Präsident,

Bundesrichter Oberholzer,

Bundesrichterin Jametti,

Gerichtsschreiber Briw.

Verfahrensbeteiligte

A.________,

vertreten durch Rechtsanwalt Simon Bigler,

Beschwerdeführer,

gegen

Generalstaatsanwaltschaft des Kantons Bern,

Beschwerdegegnerin.

Gegenstand

Landesverweisung (Art. 66a Abs. 1 lit. b StGB),

Beschwerde gegen das Urteil des Obergerichts des Kantons Bern, 1. Strafkammer,
vom 5. Februar 2019

(SK 18 197-199).

Sachverhalt:

A. 

Das Obergericht des Kantons Bern stellte am 5. Februar 2019 auf Berufung des
irakischen Staatsangehörigen A.________ gegen das Urteil des Regionalgerichts
Bern-Mittelland vom 30. Januar 2018 hin fest, das erstinstanzliche Urteil sei
betreffend die (sozialhilferechtlichen) Freisprüche sowie die Verurteilung
wegen Widerhandlung gegen das SVG durch Fahren eines Personenwagens in
fahrunfähigem Zustand am 29./30. Januar 2017 in Rechtskraft erwachsen.

Es sprach ihn in zwei (sozialhilferechtlichen) Anklagepunkten frei und der
versuchten schweren Körperverletzung (begangen am 29. Januar 2017) sowie der
Widerhandlung gegen das AIG durch mehrfache unbewilligte Erwerbstätigkeit
schuldig. Es stellte das Widerrufsverfahren zum staatsanwaltschaftlichen Urteil
vom 6. Juli 2012 gemäss Art. 46 Abs. 5 StGB ein und widerrief den mit
staatsanwaltschaftlichem Urteil vom 19. Januar 2017 gewährten bedingten Vollzug
für eine Geldstrafe von 10 Tagessätzen zu Fr. 30.--. Es verurteilte ihn zu
einer teilbedingten Freiheitsstrafe von 28 Monaten, unter Aufschub der
Freiheitsstrafe im Umfang von 20 Monaten bei einer Probezeit von vier Jahren
(mit Anrechnung von zwei Tagen Polizeiverhaft), und zu einer Geldstrafe von 115
Tagessätzen zu Fr. 30.--, als Zusatzstrafe zu den Urteilen der Regionalen
Staatsanwaltschaft Bern-Mittelland vom 19. Januar 2017 und vom 17. Juli 2018,
unter Einbezug des Widerrufs der von der Regionalen Staatsanwaltschaft
Bern-Mittelland am 19. Januar 2017 bedingt ausgesprochenen und nunmehr zu
vollziehenden Geldstrafe von 10 Tagessätzen zu Fr. 30.-- (Gesamtstrafe i.S.v.
Art. 46 Abs. 1 StGB).

Es ordnete (wie die Erstinstanz) die Landesverweisung für 6 Jahre mit
Ausschreibung im Schengener Informationssystem (SIS) an.

B. 

A.________ beantragt mit Beschwerde in Strafsachen, das vorinstanzliche Urteil
betreffend die Landesverweisung aufzuheben und auf deren Anordnung zu
verzichten sowie eventualiter die Sache in diesem Sinne an die Vorinstanz zu
neuer Entscheidung zurückzuweisen.

Erwägungen:

1.

1.1. Das Gericht verweist den Ausländer, der wegen schwerer Körperverletzung im
Sinne von Art. 66a Abs. 1 lit. b StGB verurteilt wird, unabhängig von der Höhe
der Strafe für 5-15 Jahre des Landes. Art. 66a Abs. 1 StGB erfasst ebenfalls
die versuchte Begehung einer Katalogtat (BGE 144 IV 168 E. 1.4.1 S. 171).

1.2. Von der Landesverweisung kann nur "ausnahmsweise" abgesehen werden, wenn
sie (1.) einen "schweren persönlichen Härtefall bewirken würde und (2.) die
öffentlichen Interessen an der Landesverweisung gegenüber den privaten
Interessen des Ausländers am Verbleib in der Schweiz nicht überwiegen" (Art.
66a Abs. 2 StGB). Die Härtefallklausel ist restriktiv anzuwenden (BGE 144 IV
332 E. 3.3.1 S. 340). Nach der Rechtsprechung lässt sich zur
kriteriengeleiteten Prüfung des Härtefalls im Sinne von Art. 66a Abs. 2 StGB
der Kriterienkatalog der Bestimmung über den "schwerwiegenden persönlichen
Härtefall" in Art. 31 Abs. 1 der Verordnung über Zulassung, Aufenthalt und
Erwerbstätigkeit vom 24. Oktober 2007 (VZAE; SR 142.201, in der Fassung vom 1.
Juni 2019) heranziehen (BGE 144 IV 332 E. 3.3.2 S. 340 f.; Urteil 6B_48/2019
vom 9. August 2019 E. 2.5). Ein Härtefall lässt sich erst bei einem Eingriff
von einer gewissen Tragweite in den Anspruch des Ausländers auf das in Art. 13
BV bzw. Art. 8 EMRK gewährleistete Privat- und Familienleben annehmen (BGE 144
IV 332 E. 3.3 ff. S. 339 ff.; Urteil 6B_378/2018 vom 22. Mai 2019 E. 2.2).

Soweit ein Anspruch aus Art. 8 EMRK in Betracht fällt, ist die Rechtsprechung
des EGMR zu beachten. Die Staaten sind nach dieser Rechtsprechung berechtigt,
Delinquenten auszuweisen; berührt die Ausweisung indes Gewährleistungen von
Art. 8 Ziff. 1 EMRK, ist der Eingriff nach Art. 8 Ziff. 2 EMRK zu rechtfertigen
(Urteil in Sachen I.M. c. Suisse vom 9. April 2019, Req. 23887/16, Ziff. 68).
Nach diesem Urteil haben sich die nationalen Instanzen von den im Urteil Üner
c. Niederlande vom 18. Oktober 2006 (Req. 46410/99) resümierten Kriterien
leiten zu lassen (ausführlich Urteile 6B_48/2019 vom 9. August 2019 E. 2.5 und
6B_131/2019 vom 27. September 2019 E. 2.5.3).

1.3. In der Begründung ist in gedrängter Form darzulegen, inwiefern der
angefochtene Akt Recht verletzt (Art. 42 Abs. 2 BGG). Es ist unerlässlich, auf
den angefochtenen Entscheid einzugehen und im Einzelnen aufzuzeigen, worin die
Verletzung von Bundesrecht liegen soll (BGE 140 III 115 E. 2 S.116). Das
Bundesgericht befasst sich nur mit den Rechtswidrigkeiten, die in der
Beschwerde konkret geltend gemacht werden (Urteil 5A_658/2014 vom 6. Mai 2015
E. 6.3.5 mit Hinweis auf BGE 140 III 86 E. 2 S. 88 ff.). Wird die BV oder die
EMRK als verletzt behauptet, besteht eine qualifizierte Rügepflicht (Art. 106
Abs. 2 BGG; BGE 142 I 135 E. 1.5 S. 144; Urteil 6B_793/2019 vom 12. September
2019 E. 2.3.1). Auf die blosse Anrufung einer EMRK-Bestimmung ohne
substanziierte Begründung tritt das Bundesgericht nicht ein (Urteil 6B_272/2018
vom 15. Mai 2018 E. 3.4). Für das Bundesgericht ist der vorinstanzlich
verbindlich festgestellte Sachverhalt massgebend (Art. 105 Abs. 1 BGG). Es ist
kein Appellationsgericht und tritt auf appellatorische Kritik nicht ein (BGE
145 IV 154 E. 1.1 S. 155 f.).

2.

2.1. Der Beschwerdeführer anerkennt, wegen einer (versuchten) Katalogtat gemäss
Art. 66a Abs. 1 lit. b StGB verurteilt worden zu sein, beruft sich aber auf die
Härtefallklausel des Art. 66a Abs. 2 StGB und macht geltend, durch den völker-
und verfassungsrechtlichen Schutz des Privat- und Familienlebens sei eine
Landesverweisung nur zulässig, wenn sie mit Art. 8 EMRK und Art. 13 BV
vereinbar sei. Im Sinne des Verhältnismässigkeitsprinzips müsse die politische
und wirtschaftliche Situation im Ausschaffungsland berücksichtigt werden.

Im Einzelnen rügt er eine willkürliche Würdigung bezüglich der familiären
Situation (Ziff. 23), der möglichen Wiedereingliederung in den Arbeitsmarkt im
Irak (Ziff. 25), der Integration in der Schweiz sowie der Reintegrationschancen
im Irak (Ziff. 26 und 27) unter Nichtbeachtung des Non-Refoulement-Prinzips und
einer Rachegefahr (Ziff. 29 und 30) sowie der fehlenden vorinstanzlichen
Äusserung zur Thematik seiner Anwesenheitsdauer in der Schweiz (Ziff. 32). Er
schliesst, unter Würdigung aller Umstände sei von einem schweren persönlichen
Härtefall auszugehen (Ziff. 33). In der Interessenabwägung sprächen erhebliche
Gründe zu seinen Gunsten und wäre eine Landesverweisung unverhältnismässig
(Ziff. 35). Mit Ausnahme der versuchten schweren Körperverletzung seien keine
überaus gravierenden Straftaten zu verzeichnen; dieses Einzeldelikt reiche als
Katalogtat nicht aus (Ziff. 36). Damit wögen seine privaten Interessen am
Verbleib in der Schweiz deutlich höher als die öffentlichen Interessen an der
Landesverweisung. Mit der Interessenabwägung zu seinen Ungunsten verletze die
Vorinstanz Bundesrecht und Art. 8 EMRK (Ziff. 37).

2.2. Nach den Feststellungen der Vorinstanz (Urteil S. 63 ff.) wurde der
Beschwerdeführer im Irak geboren und wuchs mit seiner Familie dort auf. Er
reiste im Alter von 20 Jahren im Jahre 2003 in die Schweiz ein. Seit rund
eineinhalb Jahren arbeitet er hier als Bodenleger. Er ist Vater von drei
schulpflichtigen Kindern; ihre Mutter stammt aus dem Iran. In den letzten 14
Jahren bis hin zum erstinstanzlichen Urteil bestand kein gefestigtes familiäres
Zusammenleben, in welchem beide Eltern ihren Betreuungspflichten und ihren
finanziellen Pflichten gegenüber den Kindern angemessen nachgekommen wären. Ein
Grossteil seiner familiären Angehörigen lebt weiterhin im Iran. Zu seinen
Verwandten in der Schweiz pflegt er keinen Kontakt. Er spricht primär Kurdisch.

Inzwischen lebt er mit der Mutter seiner Kinder zusammen. Die Beziehung zu
seinen Kindern hat sich damit intensiviert. Sein Familienleben wird durch eine
Landesverweisung tangiert. Indes sind zwei der drei Söhne mit 14 und 15 Jahren
bereits älter und der Beschwerdeführer lebt erst seit 2018 wieder bei seiner
Familie. Zuvor waren die Familienverhältnisse instabil. Es kann nicht von einem
gefestigten Zusammenleben ausgegangen werden. Die Partnerin hatte wenig
Kontakte mit ihm. Wie einer Strafanzeige des Sozialdienstes der Stadt Bern zu
entnehmen ist, hatte sie sich darüber beschwert, dass er sie nicht finanziell
unterstütze. Hinsichtlich des jüngsten, 2014 geborenen Sohnes, stellt die
Landesverweisung eine gewisse Härte dar. Dessen familiäres Umfeld bliebe jedoch
weitestgehend gleich. Seine Mutter, deren Geschwister und weitere Verwandte
blieben nach wie vor in der Schweiz. Er hat sich erst in letzter Zeit ernsthaft
um diesen Sohn gekümmert. Die Vorinstanz schliesst, dieser Umstand alleine
vermöge weder allgemein noch vorliegend einen Härtefall zu begründen; auch eine
normale familiäre und emotionale Beziehung reiche nicht aus (Urteil 6B_659/2018
vom 20. September 2018 E. 3.5).

Aktuell arbeite der Beschwerdeführer als Bodenleger, nachdem er während Jahren
sozialhilfeabhängig gewesen sei. Es sei fraglich, ob es sich um eine gesicherte
Arbeitsstelle handle. Es habe keine nachhaltige berufliche Integration
stattgefunden. Er sei voll arbeitsfähig und könne auch in seiner Heimat eine
handwerkliche Arbeit aufnehmen.

Er spreche mit seiner Familie primär Kurdisch. Er habe einen kleinen
Freundeskreis in einem kurdisch-stämmigen Umfeld. Insgesamt sei seine soziale,
kulturelle und persönliche Integration in der Schweiz gering. Die
Reintegrationschancen im Irak seien intakt. Er sei dort aufgewachsen,
beherrsche die Sprache und verfüge dort über ein familiäres Netzwerk. Die
Resozialisierungschancen in der Schweiz seien nicht besser.

Soweit sich die Verteidigung auf das Non-Refoulement-Prinzip berief, verweist
die Vorinstanz auf die erstinstanzliche Einholung eines Berichts der
Migrationsbehörde (mit Hinweis auf act. 565; dazu nachfolgend E. 2.3), nach
welchem die Landesverweisung vollzogen werden kann. Ergänzend sei festzuhalten,
dass keine Hinweise auf die behauptete Gefahr seitens der Familie B.________
vorlägen. Die Rachegefahr sei unbestimmt und in Zweifel zu ziehen (Urteil S.
67). Ein schwerer persönlicher Härtefall sei folglich zu verneinen.

Der Beschwerdeführer habe die versuchte schwere Körperverletzung zum Nachteil
seines damaligen Personalchefs begangen. Sein Interesse am Verbleib in der
Schweiz betreffe in erster Linie sein Familienleben und den regelmässigen
Kontakt zu seinen Kindern. Diese Familienverhältnisse seien aber bis vor kurzem
instabil gewesen, und zwar in einem Ausmasse, dass nicht von einem gefestigten
Zusammenleben ausgegangen werden könne. Er lebe erst seit 2018 bei seiner
Familie. Die Interessen am Schutz der öffentlichen Sicherheit überwögen mithin
seine privaten Interessen am Verbleib in der Schweiz.

2.3. Der Beschwerdeführer rügt im Wesentlichen eine willkürliche
Sachverhaltsfeststellung.

Insbesondere äussert sich die Vorinstanz entgegen der Darstellung des
Beschwerdeführers (oben E. 2.1) zur möglichen Rückführung und bezeichnet die
Rachegefahr als unbestimmt und in Zweifel zu ziehen (oben E. 2.2). Sie stützt
sich dazu auch auf act. 565 der kantonalen Akten. Es handelt sich dabei um eine
Abklärung der Einwohnerdienste, Migration und Fremdenpolizei (EMF) der Stadt
Bern vom 10. Januar 2018 (act. 563 ff.). Nach diesem Bericht hatte der
Beschwerdeführer bei seiner Einreise am 1. Dezember 2003 einen Asylantrag
gestellt; mit Verfügung vom 20. Dezember 2005 wurde das Asylgesuch abgewiesen
und die Wegweisung angeordnet. Der Vollzug wurde in der Folge zu Gunsten einer
vorläufigen Aufnahme aufgeschoben. Letztmalig wurde der F-Ausweis bis 3.
November 2018 verlängert (a.a.O, Ziff. 1). Er wurde vom Januar 2011 bis Mai
2017 vom Sozialdienst unterstützt und bezog Fürsorgeleistungen von Fr.
198'611.-- (Ziff. 5 sowie act. 569). Es sei davon auszugehen, dass die Obhut
der Kinder, für die er nicht wirklich aufkomme, bei der Mutter liege (Ziff. 6);
die Mutter wurde wegen familiärer Probleme in ein Durchgangszentrum verlegt,
der Beschwerdeführer erhielt am 17. März 2005 einen Zentrumsausschluss mit
Hausverbot und durfte die Familie nur am Wochenende besuchen (Ziff. 2). Der
Beschwerdeführer sei im Irak und im Iran viel unterwegs gewesen, sei viele
Bekanntschaften eingegangen und habe eine grosse Anzahl an Familienangehörigen
im Irak, was darauf schliessen lasse, dass er nach wie vor gute Kontakte ins
Heimatland habe und mit den Sitten und Gebräuchen sehr gut vertraut sei.
Aufgrund seines Verhaltens habe mehrmals die Kantonspolizei aufgeboten und er
wegen verschiedener Delikte verzeigt werden müssen (Ziff. 6). Eine
strafrechtliche Landesverweisung in den Irak oder in den Iran (letzter
Wohnsitz) könnte vollzogen werden (Ziff. 7). Der Beschwerdeführer besitze keine
Aufenthaltsbewilligung (Ziff. 6).

Der Beschwerdeführer weist dagegen auf den "Ex-Mann" von B.________ hin, der im
Irak lebe, und folgert, basierend auf seiner Lebensgeschichte, seinen Aussagen
sowie jenen von B.________ sei die Rachegefahr als erstellt zu betrachten und
die Verneinung derselben als offensichtlich unrichtig zu werten (Beschwerde S.
12, Ziff. 30). Es ist nicht ersichtlich, wie aufgrund dieser Behauptung auf
eine vorinstanzliche Willkür zu schliessen wäre. Der blosse Hinweis auf die
politische und wirtschaftliche Situation im Irak ist nicht relevant. Wie das
Bundesgericht festhielt, ist es unbehelflich, gegen die vorinstanzliche
Beurteilung lediglich auf die generelle Lage im Irak hinzuweisen, ohne
irgendwelche den Beschwerdeführer persönlich auch nur bloss möglicherweise
gefährdenden Umstände namhaft zu machen oder substanziieren zu können (oben E.
1.3; Urteil 6B_793/2019 vom 12. September 2019 E. 2.3.3 betr. Landesverweisung
i.S.v. Art. 66a Abs. 1 lit c StGB wegen gewerbsmässigen Betrugs; vgl.
Berichtigung mit Urteil 6G_3/2019 vom 15. Oktober).

Eine willkürliche Beweiswürdigung und damit eine schlechterdings unhaltbare
Sachverhaltsfeststellung (BGE 143 IV 241 E. 2.3.1 S. 244) sind nicht dargetan.
Der Beschwerdeführer trägt seine eigene Version und Sicht der Dinge vor. Die
Ausführungen erscheinen daher als appellatorisch.

2.4. Das Verbrechen der schweren Körperverletzung wird mit einer
Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren bestraft (Art. 122 StGB).
Der Beschwerdeführer hatte das Opfer erheblich verletzt, indem er es in der
Dunkelheit, nachdem das Opfer die Haustür geöffnet hatte, unvermittelt und
kräftig, ohne Vorwarnung sowie ohne zu sehen, wohin er traf, in den Rücken
stach. Eine schwere, lebensgefährliche Verletzung wurde nur dank Glück
vermieden (Urteil S. 50). Er hatte alkoholisiert, aber bei klarem Verstand und
eventualvorsätzlich gehandelt. Er fügte sich in der Folge Verletzungen zu und
beschuldigte das Opfer als Urheber dieser Verletzungen. B.________ (die Mutter
seiner drei Kinder) sagte zu seinen Gunsten falsch aus und wurde deshalb
bestraft (Urteil S. 54). Der Beschwerdeführer war bis zur vorinstanzlichen
Verhandlung am 5. Februar 2019 mit insgesamt vier Urteilen aus den Jahren 2009,
2011, 2016 und 2018 im Strafregister verzeichnet. Das aktuelle
Körperverletzungsdelikt vom 29. Januar 2017 hatte er nur wenige Tage nach und
damit noch während der Rechtsmittelfrist des Strafbefehls vom 19. Januar 2017
begangen (Urteil S. 53 f.). Der Beschwerdeführer liess sich demnach durch die
Vorstrafen nicht beeindrucken. Die teilbedingte Freiheitsstrafe von 28 Monaten
belegt ein erhebliches Verschulden. Nach der ausländerrechtlichen
"Zweijahresregel" bedarf es ausserordentlicher Umstände, damit das private
Interesse des Betroffenen an einem Verbleib in der Schweiz das öffentliche
Interesse an einer Ausweisung überwiegt (Urteil 6B_34/2019 vom 5. September
2019 E. 2.4.4 mit Hinweis). Das gilt umso mehr für die strafrechtliche
Landesverweisung.

Die Vorinstanz geht gesetzmässig von einer obligatorischen Landesverweisung aus
(oben E. 1.1).

2.5. Die Vorinstanz prüft indes die Sache unter dem Gesichtspunkt eines
ausnahmsweisen Absehens von der Landesverweisung im Sinne von Art. 66a Abs. 2
StGB (oben E. 1.2).

2.5.1. Im Grundsätzlichen ist festzuhalten, dass die Rechtsprechung der
Strafrechtlichen Abteilung des Bundesgerichts nicht gleichsam schematisch ab
einer gewissen Aufenthaltsdauer eine Verwurzelung in der Schweiz annimmt
(Urteil 6B_131/2019 vom 27. September 2019 E. 2.5.5 mit Hinweis auf das Urteil
6B_143/2019 vom 6. März 2019 E. 3.3.2). Spielt sich das gesellschaftliche Leben
einer ausländischen Person primär mit Angehörigen des eigenen Landes ab,
spricht dies eher gegen die Annahme einer gelungenen Integration (Urteil 2C_221
/2019 vom 25. Juli 2019 E. 2.3). Eine erfolgreiche Integration ist zu
verneinen, wenn eine Person kein Erwerbseinkommen erwirtschaften kann, welches
ihren Konsum zu decken vermag, und während einer substanziellen Zeitdauer von
Sozialleistungen abhängig ist, ohne dass sich die Situation wesentlich
verbessert. Entscheidend ist, dass die ausländische Person für sich sorgen
kann, keine (nennenswerten) Sozialhilfeleistungen bezieht und sich nicht (in
nennenswerter Weise) verschuldet (Urteil 6B_793/2019 vom 12. September 2019 E.
2.3.2 mit Hinweis auf die ausländerrechtliche Rechtsprechung).

Nach dem Bericht der Migrationsbehörde wurde der F-Ausweis bis 3. November 2018
verlängert; der Beschwerdeführer besitze keine Aufenthaltsbewilligung (oben E.
2.3). Diese Tatsache wird in der Beschwerde nicht bestritten. Die vorläufige
Aufnahme erlischt jedenfalls, wenn eine strafrechtliche Landesverweisung
rechtskräftig geworden ist (Art. 83 Abs. 9 AIG [Ausländer- und
Integrationsgesetz; SR 142.20]).

2.5.2. Der Beschwerdeführer beruft sich aussichtslos auf die BV und Art. 8 EMRK
(dazu oben E. 1.2).

Unter dem Titel des Privatlebens gemäss Art. 8 Ziff. 1 EMRK genügen eine lange
Anwesenheit und die damit verbundene normale Integration nicht; erforderlich
sind besonders intensive, über eine normale Integration hinausgehende private
Beziehungen beruflicher oder gesellschaftlicher Natur (BGE 144 II 1 E. 6.1 S.
13). Solche sind nicht gegeben.

Der familienrechtliche Schutzbereich von Art. 8 Ziff. 1 EMRK ist berührt, wenn
eine Ausweisung eine nahe, echte und tatsächlich gelebte familiäre Beziehung
einer in der Schweiz gefestigt anwesenheitsberechtigten Person beeinträchtigen
würde, ohne dass es dieser ohne Weiteres möglich bzw. zumutbar wäre, ihr
Familienleben andernorts zu pflegen (BGE 144 II 1 E. 6.1 S. 12). Ein solches
Anwesenheitsrecht steht indessen unter dem Vorbehalt der
Eingriffsrechtfertigung im Sinne von Art. 8 Ziff. 2 EMRK (Urteile 6B_131/2019
vom 27. September 2019 E. 2.5.2 und 6B_34/2019 vom 5. September 2019 E. 2.4.3).

Eine normale familiäre und emotionale Beziehung reicht nicht aus, um einen
Aufenthaltsanspruch zu begründen (BGE 144 II 1 E. 6.1 S. 12 f. und E. 6.6 S.
15). Angesichts der vorinstanzlichen Feststellungen lässt sich keine nahe,
echte und tatsächlich gelebte familiäre Beziehung annehmen. Der
Beschwerdeführer zog offensichtlich erst mit Blick auf das erstinstanzliche
Verfahren 2018 und damit auf die drohende Landesverweisung mit der Mutter
seiner drei Kinder zusammen. Seine Berufung auf das Familienleben erscheint
damit als opportunistisches prozesstaktisches Vorgehen. Zum geschützten
Familienkreis gehört in erster Linie die Kernfamilie, d.h. die Gemeinschaft der
Ehegatten mit ihren minderjährigen Kindern (BGE 144 II 1 E. 6.1 S. 12; 145 I
227 E. 5.3 S. 233). Der Beschwerdeführer lebte und lebt nicht in einer Ehe, und
ebensowenig lässt sich ein eheähnliches, gefestigtes Konkubinat annehmen.
Soweit nicht besondere Umstände vorliegen, können sich Konkubinatspaare nicht
auf Art. 8 EMRK berufen; vorausgesetzt wäre eine echte und eheähnliche
Gemeinschaft ("une véritable union conjugale"; Urteil 6B_704/2019 vom 28. Juni
2019 E. 1.3.2). Davon kann nach den vorinstanzlichen Feststellungen (Art. 105
Abs. 1 BGG) nicht die Rede sein. Es ist nicht dargetan, dass die
Landesverweisung unter dem Titel des "Privat"- oder "Familienlebens" nicht
statthaft erschiene.

2.5.3. Die Vorinstanz hat die vom Beschwerdeführer aufgeworfenen Gesichtspunkte
geprüft und sich mit der Landesverweisung hinreichend auseinandergesetzt (vgl.
Urteil 6B_48/2019 vom 9. August 2019 E. 2.5 ad Ziff. 12). Unter
Verhältnismässigkeitsgesichtspunkten ist ferner darauf hinzuweisen, dass die
Vorinstanz lediglich eine knapp über der gesetzlichen Mindestdauer liegende
Landesverweisung von sechs Jahren anordnet.

2.6. Zusammengefasst lässt sich die Anlasstat nicht relativieren und geht die
Vorinstanz gesetzesgemäss von einer obligatorischen Landesverweisung aus. Sie
verneint ein ausnahmsweises Absehen von einer Landesverweisung im Sinne von
Art. 66a Abs. 2 StGB sowie einen Aufenthaltsanspruch aus Gründen des Privat-
oder des Familienlebens im Sinne von Art. 8 Ziff. 1 und 2 EMRK. Angesichts der
Vorstrafen und der verwerflichen und skrupellosen Anlasstat (Urteil S. 54)
können die privaten Interessen des Beschwerdeführers am Verbleib in der Schweiz
die öffentlichen Interessen an seiner Landesverweisung nicht überwiegen. Die
Vorinstanz begründet ihre Entscheidung hinreichend. Eine Verletzung von
Bundesrecht (Art. 95 lit. a und b BGG) ist nicht dargetan (Art. 42 Abs. 2
i.V.m. Art. 97 Abs. 1 und Art. 106 Abs. 2 BGG) und zu verneinen.

3. 

Die Beschwerde ist abzuweisen, soweit darauf eingetreten werden kann. Die
Gerichtskosten sind dem Beschwerdeführer aufzuerlegen (Art. 66 Abs. 1 BGG).

 Demnach erkennt das Bundesgericht:

1. 

Die Beschwerde wird abgewiesen, soweit darauf einzutreten ist.

2. 

Dem Beschwerdeführer werden die Gerichtskosten von Fr. 3'000.-- auferlegt.

3. 

Dieses Urteil wird den Parteien und dem Obergericht des Kantons Bern, 1.
Strafkammer, schriftlich mitgeteilt.

Lausanne, 15. Oktober 2019

Im Namen der Strafrechtlichen Abteilung

des Schweizerischen Bundesgerichts

Der Präsident: Denys

Der Gerichtsschreiber: Briw