Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

Strafrechtliche Abteilung, Beschwerde in Strafsachen 6B.798/2019
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Bundesgericht

Tribunal fédéral

Tribunale federale

Tribunal federal

               

6B_798/2019

Urteil vom 27. August 2019

Strafrechtliche Abteilung

Besetzung

Bundesrichter Denys, Präsident,

Bundesrichterin Jacquemoud-Rossari,

Bundesrichterin Jametti,

Gerichtsschreiber Held.

Verfahrensbeteiligte

A.________,

Beschwerdeführer,

gegen

Oberstaatsanwaltschaft des Kantons Zürich, Florhofgasse 2, 8090 Zürich,

Beschwerdegegnerin.

Gegenstand

Nichtanhandnahme (Überwachung),

Beschwerde gegen den Beschluss des Obergerichts

des Kantons Zürich, III. Strafkammer, vom 28. Mai 2019 (UE190034-O/U/HEI).

Erwägungen:

1. 

Der Beschwerdeführer erstattete am 8. Mai 2018 gegen eine schweizerische
Grossbank respektive gegen deren ihm unbekannte Mitarbeiter Strafanzeige. Er
wirft der Bank und deren Mitarbeitern zusammengefasst vor, im Rahmen von
Abklärungen zwecks einer Weiterbeschäftigung des vom ihm gekündigten
Arbeitsverhältnisses die Grenze zu strafbaren Handlungen überschritten und
durch den Einsatz von Personen und technischer Geräte seinen Privat- und
Geheimbereich ausspioniert sowie verschiedene Personen aus seinem privaten und
beruflichen Umfeld kontaktiert zu haben. Dies habe zur Aufgabe seiner Tätigkeit
als selbständiger Rechtsanwalt geführt und Absagen von potenziellen
Arbeitgebern zur Folge gehabt.

Die Staatsanwaltschaft See/Oberland nahm das Verfahren mit Verfügung vom 24.
Januar 2019 nicht an die Hand. Die hiergegen erhobene Beschwerde wies die
Vorinstanz am 28. Mai 2019 kostenfällig ab, soweit sie darauf eintrat.

2. 

Der Beschwerdeführer beantragt mit Beschwerde in Strafsachen, der Entscheid der
Vorinstanz sei aufzuheben und die Sache zur Eröffnung eines Strafverfahrens an
die Staatsanwaltschaft zurückzuweisen. Er ersucht darum, den Entscheid des
Bundesgerichts wegen überwiegender Geheimhaltungsinteressen nicht zu
veröffentlichen.

3.

3.1. Der Privatklägerschaft wird ein rechtlich geschütztes Interesse an der
Beschwerde zuerkannt, wenn sich der angefochtene Entscheid auf die Beurteilung
ihrer Zivilansprüche auswirken kann (Art. 81 Abs. 1 lit. b Ziff. 5 BGG), was
sie im bundesgerichtlichen Beschwerdeverfahren darzulegen hat. Das
Bundesgericht stellt an die Begründung strenge Anforderungen (BGE 141 IV 1 E.
1.1 mit Hinweisen).

Unabhängig von der fehlenden Legitimation in der Sache selbst kann die
Privatklägerschaft die Verletzung von Verfahrensrechten geltend machen, deren
Missachtung eine formelle Rechtsverweigerung darstellt. Zulässig sind Rügen
formeller Natur, die von der Prüfung der Sache getrennt werden können. Eine in
der Sache nicht legitimierte Beschwerdeführerin kann weder die Beweiswürdigung
kritisieren, noch kann sie vorbringen, die Begründung sei materiell
unzutreffend (BGE 141 IV 1 E. 1.1; 138 IV 78 E. 1.3).

3.2. Steht aufgrund der Strafanzeige oder des Polizeirapports fest, dass die
fraglichen Straftatbestände eindeutig nicht erfüllt sind, verfügt die
Staatsanwaltschaft die Nichtanhandnahme (Art. 310 Abs. 1 lit. a StPO). Die zur
Eröffnung einer Strafuntersuchung erforderlichen tatsächlichen Hinweise auf
eine strafbare Handlung müssen erheblich und konkreter Natur sein. Der
Anfangsverdacht soll eine plausible Tatsachengrundlage haben, aus der sich die
konkrete Möglichkeit ergibt, dass eine Straftat begangen worden ist (Urteil
6B_178/2017 vom 25. Oktober 2017 E. 2.2.2, publ. in: Pra 2018 Nr. 21 S. 192).
Die Strafverfolgungsbehörde und die Beschwerdeinstanz verfügen hinsichtlich der
Eröffnung einer Untersuchung über einen gewissen Ermessensspielraum, in welchen
das Bundesgericht nur mit Zurückhaltung eingreift (vgl. BGE 143 IV 241 E.
2.3.3; 138 IV 86 E. 4.1).

4.

Ob die Ausführungen des Beschwerdeführers den Begründungsanforderungen zur
Beschwerdelegitimation genügen, kann offen bleiben, da die Beschwerde sich als
unbegründet erweist, soweit auf sie eingetreten werden kann.

4.1. Nicht zu hören ist der Beschwerdeführer mit der Rüge, entgegen den
vorinstanzlichen Erwägungen seien auch die von ihm nachträglich eingereichten
Ergänzungen und Präzisierungen Gegenstand seiner Strafanzeige, jedoch im Rahmen
der Nichtanhandnahmeverfügung nicht behandelt worden. Selbst wenn die von ihm
mit Schreiben vom 22. Juni 2018 (das sich weder in den kantonalen Akten
befindet noch in der Nichtanhandnahmeverfügung der Staatsanwaltschaft erwähnt
wird) geschilderten, angeblich unvollständigen Auskünfte der Bank zu seinen
persönlichen Daten zu Unrecht nicht behandelt worden sein sollten, fehlt es
insoweit an einem das Strafverfahren abschliessenden (letztinstanzlichen)
Entscheid i.S.v Art. 98 BGG. Die Vorinstanz hält ausdrücklich fest, dass die
vom Beschwerdeführer geltend gemachten Verletzungen der Auskunftspflicht gemäss
Art. 8 i.V.m. Art. 34 des Bundesgesetzes vom 19. Juni 1992 über den Datenschutz
(DSG, SR 235.1) nicht Gegenstand der Nichtanhandnahmeverfügung bilden. Dass ihm
durch den Nichteintretensentscheid ein nicht wieder gutzumachender rechtlicher
Nachteil erwachsen könnte (vgl. Art. 93 Abs. 1 lit. a BGG), ist weder dargetan
noch ersichtlich, da hinsichtlich allfälliger Verstösse gegen das DSG durch den
angefochtenen Entscheid gerade kein Verfahrensabschluss ohne Durchführung einer
Strafuntersuchung droht (vgl. zum Ganzen: 6B_535/2017 vom 19. September 2017 E.
3.2.1). Die Staatsanwaltschaft wird eine allenfalls erhobene Strafanzeige in
der gesetzlich vorgeschriebenen Form behandeln müssen (vgl. Art. 2 Abs. 2
StPO).

4.2. Der Beschwerdeführer moniert, die Staatsanwaltschaft habe vor dem Erlass
der Nichtanhandnahmeverfügung keine Akten beiziehen dürfen. Die Akten beträfen,
ob richtig oder nicht, in erster Linie seinen Gesundheitszustand und seine
psychische Verfassung und nicht die von ihm zur Anzeige gebrachten
Lebenssachverhalte. Der Aktenbeizug sei aufgrund der von ihm als Beweis
offerierten, jedoch nicht berücksichtigten Zeugen weder erforderlich noch
verhältnismässig gewesen. Auch habe er zu den beigezogenen Akten vor Erlass der
Nichtanhandnahmeverfügung keine Stellung nehmen und Korrekturen anbringen
können. Dies stelle entgegen der vorinstanzlichen Erwägungen eine schwere
Verletzung seines Anspruchs auf rechtliches Gehör dar, die im
Beschwerdeverfahren nicht habe geheilt werden können.

Nicht gefolgt werden kann dem Beschwerdeführer, ein Aktenbeizug sei aufgrund
(nicht näher spezifizierter) "gewichtiger, überwiegender privater Interessen an
der vertraulichen Handhabung der Akten" unzulässig. Die Vorinstanz weist
zutreffend darauf hin, dass Art. 194 Abs. 1 StPO - als Ausfluss des
Untersuchungsgrundsatzes (Art. 6 Abs. 1 StPO) - Staatsanwaltschaft und Gerichte
verpflichtet, Akten anderer Verfahren beizuziehen, wenn dies für den Nachweis
des Sachverhalts erforderlich ist. Art. 164 Abs. 2 StPO, der vorliegend i.V.m.
Art. 180 Abs. 2 StPO auf den Beschwerdeführer als Privatkläger Anwendung
findet, erlaubt es den Strafbehörden ausdrücklich, das Vorleben und die
persönlichen Verhältnisse (einer Person) abzuklären, soweit dies zur Prüfung
der Glaubwürdigkeit erforderlich ist. Dies war vorliegend aufgrund des zur
Anklage gebrachten Sachverhalts, der im Wesentlichen - wenn nicht
ausschliesslich - auf den Aussagen des Beschwerdeführers beruhte, der Fall.
Unerheblich ist, ob die Strafbehörden allenfalls durch andere, namentlich
kosten- und zeitintensivere Ermittlungen ebenfalls zur Verfahrenseinstellung
hätten kommen können, zumal fraglich ist, inwieweit eine Zeugenbefragung die
vom Beschwerdeführer geäusserten Vermutungen einer Überwachung durch die Bank
hätten bestätigen oder gar belegen können.

Der vom Beschwerdeführer im Zusammenhang mit dem Aktenbeizug ebenfalls gerügten
Verletzung seines Anspruchs auf rechtliches Gehör kommt vorliegend keine über
die Zulässigkeit des Beizugs hinausgehende Bedeutung zu. Der Beschwerdeführer
konnte sich im kantonalen Beschwerdeverfahren umfassend zum Beizug und Inhalt
der Akten äussern und die Vorinstanz hat die von ihm hiergegen erhobenen
Einwände behandelt. Dass die Vorinstanz auf eine Aufhebung der
Nichtanhandnahmeverfügung wegen der Verletzung des rechtlichen Gehörs und eine
Rückweisung an die Staatsanwaltschaft verzichtet hat, verletzt im konkreten
Fall kein Bundesrecht (vgl. BGE 143 IV 408 E. 6.3.2; Urteil 6B_941/2018 vom 6.
März 2019 E. 1.3.4). Die Strafbehörden sind jedoch darauf hinzuweisen, dass
Strafverfahren gemäss Art. 2 Abs. 2 StPO nur in den vom Gesetz vorgesehenen
Formen durchgeführt und abgeschlossen werden können (vgl. zur Erledigung durch
Einstellung und nicht durch Nichtanhandnahme nach Untersuchungshandlungen der
Staatsanwaltschaft: Urteil 6B_810/2017 vom 9. November 2017 E. 2.4.2 mit
Hinweisen). Die Verletzung prozessualer Vorschriften, namentlich die Verletzung
des rechtlichen Gehörs, zwingt die betroffene Partei, ein Rechtsmittel zu
ergreifen. Erachtet die Rechtsmittelinstanz die Heilung von Verfahrensmängeln,
insbesondere solcher formeller Natur, deren Verletzung ungeachtet der
materiellen Begründetheit des Rechtsmittels grundsätzlich zur Aufhebung des
angefochtenen Entscheids führt, (ausnahmsweise) als zulässig, ist diesem
Umstand bei der Kostenverlegung zwingend Rechnung zu tragen (Urteile 1C_326/
2018 vom 21. November 2018 E. 6.3; 6B_1/2015 vom 25. März 2015 E. 4, publ. in:
Pra 2015 Nr. 60 S. 468; s. auch: BGE107 1a E.1).

5. 

Der Antrag des Beschwerdeführers, das vorliegende Urteil nicht anonymisiert im
Internet zu veröffentlichen, ist abzuweisen. Er legt keine Gründe dar, warum
seinem Persönlichkeitsschutz durch die Anonymisierung nicht hinreichend
Rechnung getragen werden könnte und den gesetzlich vorgesehenen
Informationsanspruch der Öffentlichkeit überwiegt (vgl. 27 BGG, Art. 57 Abs. 1
und Art. 59 des Reglements für das Bundesgericht [BGerR; SR 173.110.131]).

6. 

Die Beschwerde ist im Verfahren gemäss Art. 109 BGG abzuweisen, soweit darauf
eingetreten werden kann. Die Gerichtskosten sind dem Beschwerdeführer
aufzuerlegen (Art. 66 Abs. 1 BGG).

 Demnach erkennt das Bundesgericht:

1. 

Die Beschwerde wird abgewiesen, soweit darauf einzutreten ist.

2. 

Dem Beschwerdeführer werden Gerichtskosten in Höhe von Fr. 3'000.- auferlegt.

3. 

Dieses Urteil wird den Parteien und dem Obergericht des Kantons Zürich, III.
Strafkammer, schriftlich mitgeteilt.

Lausanne, 27. August 2019

Im Namen der Strafrechtlichen Abteilung

des Schweizerischen Bundesgerichts

Der Präsident: Denys

Der Gerichtsschreiber: Held