Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

Strafrechtliche Abteilung, Beschwerde in Strafsachen 6B.761/2019
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Bundesgericht

Tribunal fédéral

Tribunale federale

Tribunal federal

               

6B_761/2019

Urteil vom 9. März 2020

Strafrechtliche Abteilung

Besetzung

Bundesrichter Denys, Präsident,

Bundesrichterin Jacquemoud-Rossari,

Bundesrichter Muschietti,

Gerichtsschreiberin Andres.

Verfahrensbeteiligte

A.________,

vertreten durch Rechtsanwalt Dominic Frey,

Beschwerdeführer,

gegen

Oberstaatsanwaltschaft des Kantons Aargau,

Beschwerdegegnerin.

Gegenstand

Grobe Verletzung der Verkehrsregeln durch Missachtung des Vortritts sowie durch
Inverkehrbringen eines nicht betriebssicheren Fahrzeuges,

Beschwerde gegen das Urteil des Obergerichts

des Kantons Aargau, Strafgericht, 3. Kammer,

vom 21. Mai 2019 (SST.2018.316).

Sachverhalt:

A. 

Die Staatsanwaltschaft Zofingen-Kulm wirft A.________ vor, er habe am 2.
Dezember 2016, um 07.15 Uhr, in V.________ einen Verkehrsunfall verursacht,
indem er trotz völlig vereister Scheiben rückwärts aus der Hauseinfahrt auf die
U.________strasse gefahren sei und einer vortrittsberechtigten Mofalenkerin den
Weg abgeschnitten habe. Diese sei gestürzt und habe sich leicht verletzt.

B. 

Das Bezirksgericht Kulm sprach A.________ am 24. Mai 2018 vom Vorwurf der
fahrlässigen groben Verkehrsregelverletzung durch Inverkehrbringen eines nicht
betriebssicheren Fahrzeugs frei. Es verurteilte ihn wegen fahrlässiger grober
Verkehrsregelverletzung durch Missachtung des Vortritts beim Rückwärtsfahren zu
einer bedingten Geldstrafe von 30 Tagessätzen zu Fr. 220.-- sowie zu einer
Verbindungsbusse von Fr. 1'200.--, ersatzweise fünf Tage Freiheitsstrafe.

Dagegen führte A.________ Berufung, die Staatsanwaltschaft erhob
Anschlussberufung.

C. 

Das Obergericht des Kantons Aargau verurteilte A.________ am 21. Mai 2019 wegen
mehrfacher grober Verletzung der Verkehrsregeln durch Missachtung des Vortritts
und durch Inverkehrbringen eines nicht betriebssicheren Fahrzeugs zu einer
bedingten Geldstrafe von 70 Tagessätzen zu Fr. 220.-- sowie einer
Verbindungsbusse von Fr. 2'000.--, ersatzweise zehn Tage Freiheitsstrafe, und
auferlegte ihm die Verfahrenskosten.

D. 

A.________ beantragt mit Beschwerde in Strafsachen, das obergerichtliche Urteil
sei aufzuheben. Er sei vom Vorwurf der groben Verkehrsregelverletzung durch
Missachtung des Vortritts und durch Führen eines Motorfahrzeugs in nicht
betriebssicherem Zustand von Schuld und Strafe freizusprechen. Eventualiter sei
die Sache zur neuen Beurteilung an das Obergericht zurückzuweisen.

Erwägungen:

1.

1.1. Der Beschwerdeführer wendet sich zunächst gegen die
Sachverhaltsfeststellung und Beweiswürdigung im Zusammenhang mit dem Vorwurf
der groben Verletzung der Verkehrsregeln durch Inverkehrbringen eines nicht
betriebssicheren Fahrzeugs. Er macht geltend, die Vorinstanz wende die
"Bestimmungen über die Würdigung der Beweise" nicht korrekt an. Insbesondere
berücksichtige sie in Verletzung von Art. 10 StPO nicht, dass ein Beschuldigter
im Zweifel freizusprechen sei.

1.2. Das Bundesgericht legt seinem Urteil den Sachverhalt zugrunde, den die
Vorinstanz festgestellt hat (Art. 105 Abs. 1 BGG). Die Feststellung des
Sachverhalts kann vor Bundesgericht nur gerügt werden, wenn sie offensichtlich
unrichtig ist oder auf einer Rechtsverletzung im Sinne von Art. 95 BGG beruht
und wenn die Behebung des Mangels für den Ausgang des Verfahrens entscheidend
sein kann (Art. 97 Abs. 1 BGG; vgl. auch Art. 105 Abs. 2 BGG). Offensichtlich
unrichtig ist die Sachverhaltsfeststellung, wenn sie willkürlich ist (Art. 9
BV; BGE 143 IV 500 E. 1.1 S. 503, 241 E. 2.3.1 S. 244). Die Willkürrüge muss in
der Beschwerde anhand des angefochtenen Entscheids explizit vorgebracht und
substanziiert begründet werden (Art. 106 Abs. 2 BGG; BGE 143 IV 500 E. 1.1 S.
503). Auf eine rein appellatorische Kritik am angefochtenen Entscheid tritt das
Bundesgericht nicht ein (BGE 145 I 26 E. 1.3 S. 30; 145 IV 154 E. 1.1 S. 156;
143 IV 347 E. 4.4 S. 354 f.; je mit Hinweisen).

Dem Grundsatz "in dubio pro reo" kommt in seiner Funktion als
Beweiswürdigungsregel im Verfahren vor Bundesgericht keine über das
Willkürverbot von Art. 9 BV hinausgehende Bedeutung zu (BGE 144 IV 345 E.
2.2.3.1 - 2.2.3.3 S. 348 ff.; 143 IV 500 E. 1.1 S. 503; Urteil 6B_614/2019 vom
3. Dezember 2019 E. 1.3.1, zur Publikation vorgesehen; je mit Hinweisen).

1.3. Die Vorinstanz erwägt zusammengefasst, eine am Unfall nicht beteiligte
Zeugin habe zwei Fotografien des Autos des Beschwerdeführers gemacht. Darauf
sei ersichtlich, dass die beiden Scheiben auf der Beifahrerseite und die
Heckscheibe mit einer äusserlichen Eisschicht bedeckt seien. Die Zeugin habe
ausgesagt, ihr sei aufgefallen, dass die Scheiben am Fahrzeug des
Beschwerdeführers vereist gewesen seien beziehungsweise keine Scheibe
freigekratzt gewesen sei. Entgegen dem Einwand des Beschwerdeführers seien
keine Anhaltspunkte ersichtlich, die Zweifel an der Objektivität und
Glaubhaftigkeit der Aussagen der Zeugin aufkommen lassen müssten. Daran ändere
nichts, dass sich die Zeugin über den Beschwerdeführer genervt habe, da er sich
ihres Erachtens nach dem Unfall eher teilnahmslos gezeigt habe. Sie habe den
Beschwerdeführer nicht gekannt und es sei nicht ersichtlich, wieso sie ihm
durch ihre Aussagen hätte schaden wollen. Unerheblich sei, dass die Scheiben
auf den zu einem späteren Zeitpunkt von der Polizei erstellten Fotografien
eisfrei erschienen. Die Fotografien der Zeugin seinen anders als jene der
Polizei unmittelbar nach dem von ihr beobachteten Unfall erstellt worden und
zeigten weitgehend vereiste Scheiben. Auch könne ausgeschlossen werden, dass
die von der Zeugin fotografierten Vereisungen erst durch eine Manipulation an
den Fotografien oder durch eine "Aufhellung" entstanden seien. Die auf der
Fotografie gut sichtbaren horizontalen Streifen seien die Folge der
angeschalteten Heckscheibenheizung bei einer vereisten Scheibe und könnten bei
einer zuvor eisfreien Scheibe in dieser Form nicht entstehen. Vielmehr sei
davon auszugehen, dass die Heckscheibe zum Unfallzeitpunkt noch stärker vereist
gewesen sei als zum Zeitpunkt der späteren Fotoaufnahme. Schliesslich habe der
Beschwerdeführer selbst eingeräumt, er habe zwar die Frontscheibe, nicht aber
die Heckscheibe mechanisch vom Eis befreit. Hinsichtlich Letzterer habe er es
beim Einschalten der Heckscheibenheizung belassen, was offensichtlich nicht
genügt habe (Urteil S. 5 ff.).

1.4. Der Beschwerdeführer zeigt mit seinen Vorbringen nicht auf, dass diese
tatsächlichen Feststellungen schlechterdings unhaltbar sind oder den Grundsatz
"in dubio pro reo" verletzen. Daran ändert auch nichts, dass die Vorinstanz
fälschlicherweise festhält, die Zeugin sei von der ersten Instanz - und nicht
nur von der Kantonspolizei - einvernommen worden. Trotz dieses Versehens ist
die vorinstanzliche Würdigung der Aussagen der Zeugin und der von dieser
erstellten Fotografien frei von Willkür. Bezüglich der Würdigung der
Fotografien beschränkt sich der Beschwerdeführer weitestgehend darauf, die
seines Erachtens zutreffenden Erwägungen des erstinstanzlichen Gerichts
wiederzugeben und darzulegen, wie die Beweise aus seiner Sicht richtigerweise
zu würdigen sind, ohne sich jedoch mit der diesbezüglichen Begründung der
Vorinstanz auseinanderzusetzen. Diese begründet nachvollziehbar, dass sie auf
den Fotografien eine weisse, uneben strukturierte Schicht erkenne, deren
Struktur eine Art Luftbläschen oder kristallförmige Flecken aufweise. In
Kombination mit dem auf der Heckscheibe ersichtlichen Streifenmuster, das
auftrete, wenn bei vereisten Aussenscheiben die Heckscheibenheizung eingestellt
werde, gelangt sie zum Schluss, dass die Heckscheibe und die Scheiben auf der
Beifahrerseite beim Rückwärtsfahren vereist gewesen seien. Betrachtet man die
sich in den Akten befindenden Fotografien, erscheint diese vorinstanzliche
Würdigung nicht schlechterdings unhaltbar. Die Vorinstanz schliesst auch mit
überzeugender Begründung eine Manipulation oder "Aufhellung" der Fotografien
aus. Ebenso frei von Willkür ist die vorinstanzliche Beurteilung der Aussagen
der Zeugin als glaubhaft. Entgegen dem Einwand des Beschwerdeführers legt die
Vorinstanz überzeugend dar, dass keine Anhaltspunkte dafür bestehen, dass die
Zeugin ihn fälschlicherweise belasten würde. Dabei verkennt sie nicht, dass
sich die Zeugin über den Beschwerdeführer genervt habe. Unzutreffend ist auch
der Einwand, die Zeugin habe alles daran gesetzt, um dem Beschwerdeführer "das
Leben im Strafverfahren so schwer wie nur möglich zu machen". Sie hätte
durchaus die Möglichkeit gehabt, ihn stärker zu belasten. So gab sie
beispielsweise an, der Beschwerdeführer sei "normal", im Schritttempo gefahren
(Akten Staatsanwaltschaft, act. 35 f. Frage 12). Auch wirft sie ihm weder vor,
er habe die Mofalenkerin angefahren (Akten Staatsanwaltschaft, act. 40 Frage 51
ff.), noch macht sie geltend, er habe aktiv versucht, den Unfallort zu
verlassen (Akten Staatsanwaltschaft, act. 39 Frage 41 ff.) oder sie von der
Alarmierung der Polizei abzuhalten (Akten Staatsanwaltschaft, act. 39 Frage 44,
act. 40 f. Frage 60). Dass sich der Beschwerdeführer schliesslich doch bei der
Mofafahrerin erkundigte, wie es ihr gehe, und ihr seine Personalien gab, steht
zur Angabe der Zeugin, er habe die Unfallstelle verlassen wollen, ohne sich um
die Mofalenkerin zu kümmern, nicht in Widerspruch. Im Ergebnis ist die
vorinstanzliche Beweiswürdigung hinsichtlich der vereisten Autoscheiben nicht
willkürlich. Der Beschwerdeführer kritisiert diesbezüglich die rechtliche
Qualifikation seines Verhaltens als grobe Verkehrsregelverletzung nicht,
weshalb sich Ausführungen hierzu erübrigen.

2.

2.1. Hinsichtlich des Vorwurfs der groben Verletzung der Verkehrsregeln durch
Missachtung des Vortritts beim Rückwärtsfahren rügt der Beschwerdeführer, die
Vorinstanz würdige die Beweise falsch beziehungsweise wende das Gesetz falsch
an, indem sie die grobe Fahrlässigkeit und ein skrupelloses Verhalten bejahe.

2.2. Die Vorinstanz erachtet als erstellt, dass der Beschwerdeführer rückwärts
aus seiner Hauseinfahrt auf die U.________strasse gefahren ist, wodurch es
beinahe zu einer Kollision mit der korrekt auf dieser Strasse heranfahrenden
Mofalenkerin gekommen sei. Sie stellt fest, der Beschwerdeführer habe
angegeben, die Mofalenkerin gesehen zu haben, als er etwa in der Mitte des Ein-
beziehungsweise Ausfahrtswegs zu seiner Liegenschaft gewesen sei. Die
Vorinstanz erwägt, es sei unklar, ob der Beschwerdeführer beim späteren
Einbiegen auf die Strasse nicht mehr an die Mofalenkerin gedacht habe oder ob
er die Distanz und/oder die Geschwindigkeit der Mofalenkerin falsch
eingeschätzt habe. Jedenfalls erscheine sein Einbiegemanöver rücksichtslos.
Aufgrund der Distanz und der Lichtverhältnisse habe der Beschwerdeführer
unmöglich mit Gewissheit erkennen können, dass es sich um ein langsam fahrendes
Mofa handeln würde, das zum Zeitpunkt des Einbiegens noch nicht auf seiner Höhe
sein würde. Tatsächlich sei es denn auch beinahe zur Kollision gekommen. Er
habe damit zweifellos rücksichtslos gehandelt. Das zeige sich auch daran, dass
er nicht einmal mitbekommen habe, dass die Mofalenkerin aufgrund seines
Einbiegemanövers zu Fall gekommen sei, sondern dies erst realisiert habe, als
eine andere Autolenkerin gehupt habe. Der Beschwerdeführer habe das
Vortrittsrecht der Mofalenkerin in grober Weise verletzt und dadurch eine
konkrete ernstliche Gefahr für deren Sicherheit geschaffen. Nur dank deren
Reaktion seien schwerwiegende (Verletzungs-) Folgen ausgeblieben. Abwegig sei
es, eine Mitschuld bei der Mofalenkerin zu verorten. Der Beschwerdeführer könne
sich als vortrittsbelasteter Lenker nicht auf das Vertrauensprinzip berufen.
Der Beschwerdeführer sei der (fahrlässigen) groben Verletzung der
Verkehrsregeln durch Missachtung des Vortritts gemäss Art. 90 Abs. 2 i.V.m.
Art. 36 Abs. 4 SVG schuldig zu erklären (Urteil S. 3 ff.).

2.3.

2.3.1. Nach Art. 90 Abs. 2 SVG wird mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder
mit Geldstrafe bestraft, wer durch grobe Verletzung der Verkehrsregeln eine
ernstliche Gefahr für die Sicherheit anderer hervorruft oder in Kauf nimmt.

In objektiver Hinsicht setzt eine schwere Widerhandlung beziehungsweise eine
grobe Verkehrsregelverletzung voraus, dass der Täter eine wichtige
Verkehrsvorschrift in objektiv schwerer Weise missachtet und die
Verkehrssicherheit ernsthaft gefährdet. Eine ernstliche Gefahr für die
Sicherheit anderer ist bereits bei einer erhöhten abstrakten Gefährdung gegeben
(BGE 142 IV 93 E. 3.1 S. 96; 131 IV 133 E. 3.2 S. 136; je mit Hinweisen).

Subjektiv erfordert der Tatbestand ein rücksichtsloses oder sonst schwerwiegend
verkehrswidriges Verhalten, d.h. ein schweres Verschulden, bei fahrlässiger
Begehung mindestens grobe Fahrlässigkeit. Diese ist zu bejahen, wenn der Täter
sich der allgemeinen Gefährlichkeit seiner Fahrweise bewusst ist. Grobe
Fahrlässigkeit kommt aber auch in Betracht, wenn der Täter die Gefährdung
anderer Verkehrsteilnehmer pflichtwidrig gar nicht in Betracht zieht und sein
Verhalten auf Rücksichtslosigkeit beruht. Rücksichtslos ist unter anderem ein
bedenkenloses Verhalten gegenüber fremden Rechtsgütern. Dieses kann auch in
einem blossen (momentanen) Nichtbedenken der Gefährdung fremder Interessen
bestehen (BGE 131 IV 133 E. 3.2 S. 136 mit Hinweisen). Je schwerer die
Verkehrsregelverletzung objektiv wiegt, desto eher wird Rücksichtslosigkeit
subjektiv zu bejahen sein, sofern keine besonderen Gegenindizien vorliegen (BGE
142 IV 93 E. 3.1 S. 96 mit Hinweisen).

Grundsätzlich ist von einer objektiv groben Verletzung der Verkehrsregeln auf
ein zumindest grobfahrlässiges Verhalten zu schliessen. Die Rücksichtslosigkeit
ist ausnahmsweise zu verneinen, wenn besondere Umstände vorliegen, die das
Verhalten subjektiv in einem milderen Licht erscheinen lassen (Urteile 6B_994/
2019 vom 29. Januar 2020 E. 3.1.1; 6B_462/2019 vom 23. August 2019 E. 1.1.1;
6B_772/2018 vom 8. November 2018 E. 2.3; je mit Hinweisen).

2.3.2. Der Führer, der sein Fahrzeug in den Verkehr einfügen, wenden oder
rückwärts fahren will, darf andere Strassenbenützer nicht behindern; diese
haben den Vortritt (Art. 36 Abs. 4 SVG). Wer aus Fabrik-, Hof- oder
Garageausfahrten, aus Feldwegen, Radwegen, Parkplätzen, Tankstellen und
dergleichen oder über ein Trottoir auf eine Haupt- oder Nebenstrasse fährt,
muss den Benützern dieser Strassen den Vortritt gewähren. Ist die Stelle
unübersichtlich, so muss der Fahrzeugführer anhalten; wenn nötig, muss er eine
Hilfsperson beiziehen, die das Fahrmanöver überwacht (Art. 15 Abs. 3 der
Verkehrsregelnverordnung vom 13. November 1962 [VRV; SR 741.11]). Rückwärts
darf nur im Schritttempo gefahren werden (Art. 17 Abs. 2 Satz 1 VRV). Im Fall
einer Sichtbehinderung hat sich der Vortrittsbelastete nur sehr langsam und
sehr vorsichtig "hineintastend" zu bewegen (BGE 143 IV 500 E. 1.2.2 S. 504 f.
mit Hinweisen). Es liegt an ihm, die nach den Umständen und Sichtverhältnissen
gebotenen Massnahmen zu treffen, um eine Beeinträchtigung oder Gefährdung
herannahender Vortrittsberechtigter zu verhindern (Urteil 6B_221/2018 vom 7.
Dezember 2018 E. 2.2 mit Hinweis).

2.3.3. Nach dem aus Art. 26 Abs. 1 SVG abgeleiteten Vertrauensprinzip darf
jeder Strassenbenützer darauf vertrauen, dass sich die anderen
Verkehrsteilnehmer ebenfalls ordnungsgemäss verhalten, ihn also nicht behindern
oder gefährden, sofern nicht besondere Umstände dagegen sprechen.

Auf den Vertrauensgrundsatz kann sich nur stützen, wer sich selbst
verkehrsregelkonform verhält. Wer gegen die Verkehrsregeln verstösst und
dadurch eine unklare oder gefährliche Verkehrslage schafft, kann nicht
erwarten, dass andere diese Gefahr durch erhöhte Vorsicht ausgleichen. Jedoch
gilt diese Einschränkung dort nicht, wo gerade die Frage, ob der
Verkehrsteilnehmer eine Verkehrsvorschrift verletzt hat, davon abhängt, ob er
sich auf den Vertrauensgrundsatz berufen kann oder nicht (BGE 143 IV 500 E.
1.2.4 S. 505 f. mit Hinweisen).

2.4. Der Beschwerdeführer hat der vortrittsberechtigten Mofalenkerin mit seiner
Fahrweise den Vortritt genommen und damit eine wichtige Verkehrsvorschrift in
objektiv schwerer Weise missachtet und die Verkehrssicherheit ernsthaft
gefährdet. Wie die Vorinstanz zutreffend festhält, kann sich der
Beschwerdeführer unter diesen Umständen nicht auf das Vertrauensprinzip
berufen. Im Übrigen würde eine allfällige Verkehrsregelverletzung der
Mofalenkerin an der Beurteilung des Verhaltens des Beschwerdeführers nichts
ändern, da das Strafrecht keine Verschuldenskompensation kennt (vgl. Urteile
6B_917/2019 vom 10. Februar 2020 E. 3.2; 6B_1180/2018 vom 6. März 2019 E. 2.4;
6B_776/2018 vom 14. Dezember 2018 E. 1.4; 6B_316/2017 vom 7. Juni 2017 E. 2.3).

Auch die vorinstanzliche Beurteilung des subjektiven Tatbestands ist nicht zu
beanstanden. Der Beschwerdeführer fuhr rückwärts aus seiner Hauseinfahrt. In
etwa der Mitte des Einfahrtswegs nahm er die auf der U.________strasse in
Richtung Aarau fahrende Mofalenkerin wahr. Da auf deren Gegenfahrbahn (Richtung
Reinach) ein Auto herannahte, änderte der Beschwerdeführer seinen
ursprünglichen Plan, zunächst rückwärts auf diese Fahrspur zu fahren, um erst
in einem zweiten Schritt vorwärts auf die Spur in Richtung Aarau einzubiegen,
und fuhr trotz der herannahenden Mofalenkerin direkt rückwärts auf die rechte
Fahrspur in Richtung Aarau. Um eine Kollision zu verhindern, wich die
Mofalenkerin aus und stürzte. Der Beschwerdeführer bog rückwärts auf die
Hauptstrasse ein, obwohl sich ihm auf beiden Fahrspuren ein Fahrzeug näherte.
Damit handelte er rücksichtslos. Es ist unverständlich, weshalb er unter diesen
Voraussetzungen an seinem Vorhaben festhielt und nicht zuwartete, bis die
beiden Fahrzeuge vorbeigefahren waren. Zu keiner anderen Einschätzung führt
sein Vorbringen, er habe die Distanz zwischen ihm und der Mofalenkerin falsch
eingeschätzt. Es sind keine besonderen Umstände ersichtlich, die das Verhalten
des Beschwerdeführers subjektiv in einem milderen Licht erscheinen und die
Rücksichtslosigkeit entfallen liessen. Daran ändert auch nichts, dass er
täglich einen Arbeitsweg von 100 km zurücklegt und noch nie einen Unfall hatte.
Der Schuldspruch wegen grober Verkehrsregelverletzung durch Missachtung des
Vortritts verletzt kein Bundesrecht.

3. 

Die Beschwerde ist abzuweisen.

Der Beschwerdeführer wird ausgangsgemäss kostenpflichtig (Art. 66 Abs. 1 BGG).

Demnach erkennt das Bundesgericht:

1. 

Die Beschwerde wird abgewiesen.

2. 

Die Gerichtskosten von Fr. 3'000.-- werden dem Beschwerdeführer auferlegt.

3. 

Dieses Urteil wird den Parteien und dem Obergericht des Kantons Aargau,
Strafgericht, 3. Kammer, schriftlich mitgeteilt.

Lausanne, 9. März 2020

Im Namen der Strafrechtlichen Abteilung

des Schweizerischen Bundesgerichts

Der Präsident: Denys

Die Gerichtsschreiberin: Andres