Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

Strafrechtliche Abteilung, Beschwerde in Strafsachen 6B.69/2019
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Bundesgericht

Tribunal fédéral

Tribunale federale

Tribunal federal

               

6B_69/2019

Urteil vom 4. November 2019

Strafrechtliche Abteilung

Besetzung

Bundesrichter Denys, Präsident,

Bundesrichterin Jacquemoud-Rossari,

Bundesrichter Oberholzer, Rüedi,

Bundesrichterin Jametti,

Gerichtsschreiber Reut.

Verfahrensbeteiligte

Generalstaatsanwaltschaft des Kant ons Bern,

Beschwerdeführerin,

gegen

1. A.________,

2. B.________,

beide vertreten durch Rechtsanwalt C.________,

3. D.________,

vertreten durch Rechtsanwalt E.________,

4. F.________,

vertreten durch Rechtsanwältin G.________,

5. H.________,

vertreten durch Rechtsanwalt I.________,

Beschwerdegegner.

Gegenstand

Üble Nachrede, sexuelle Belästigung; Strafzumessung,

Beschwerde gegen das Urteil des Obergerichts des Kantons Bern, 2. Strafkammer,
vom 18. Dezember 2018 (SK 17 447).

Sachverhalt:

A. 

Am 13. September 2014 veröffentlichten die Musiker mit dem Pseudonym
"J.________" im Internet das Album "K.________". Ein Titel des Albums lautete
"L.________". Bei diesem Titel traten weitere Musiker als Gastinterpreten auf.
A.________, B.________, D.________, F.________ und H.________ wird in diesem
Zusammenhang insbesondere vorgeworfen, sie hätten im genannten Stück wider
besseres Wissen behauptet, der politische Erfolg von L.________ (nachfolgend
"Strafklägerin") basiere darauf, dass sie Männern "rund um die Uhr" sexuell zu
Diensten stehe und dass ihre jederzeitige sexuelle Verfügbarkeit Ursache für
ihr Burnout gewesen sei. Zudem hätten sie die Strafklägerin sexuell belästigt,
indem sie diese im Songtext mehrfach explizit in Zusammenhang mit sexuellen
Handlungen gestellt respektive sie zu solchen Handlungen aufgefordert hätten.

B. 

Das Regionalgericht Bern-Mittelland sprach A.________, B.________, D.________,
F.________ und H.________ am 28. August 2017 vom Vorwurf der Verleumdung (evt.
üblen Nachrede) und der sexuellen Belästigung frei. Hingegen verurteilte es sie
wegen Beschimpfung zu bedingt aufgeschobenen Geldstrafen zwischen 25 und 30
Tagessätzen.

C. 

Auf Berufung der Staatsanwaltschaft erklärte das Obergericht des Kantons Bern
A.________, B.________, D.________, F.________ und H.________ am 18. Dezember
2018 zusätzlich der üblen Nachrede schuldig, bestätigte aber den Freispruch
wegen sexueller Belästigung. Es sprach Geldstrafen zwischen 65 und 80
Tagessätzen aus. Deren Vollzug wurde wiederum aufgeschoben.

D. 

Die Staatsanwaltschaft reichte am 16. Januar 2019 Beschwerde in Strafsachen
ein. Sie beantragt zusammengefasst, das Urteil des Obergerichts sei aufzuheben
und die Beschwerdegegner neben der Beschimpfung zusätzlich wegen Verleumdung
und sexueller Belästigung schuldig zu sprechen. Die Beschwerdegegner seien zu
bedingt aufgeschobenen Geldstrafen zwischen 105 und 120 Tagessätzen sowie zu
Bussen in der Höhe von Fr. 1'000.-- zu verurteilen. Eventuell sei die Sache an
das Obergericht zurückzuweisen. A.________, B.________, D.________, F.________
und H.________ beantragen je die kosten- und entschädigungspflichtige Abweisung
der Beschwerde, soweit darauf einzutreten sei.

Erwägungen:

1. 

Die Beschwerdeführerin wendet sich zunächst gegen den Schuldspruch wegen übler
Nachrede und macht geltend, die Vorinstanz habe es unterlassen, die ihr
vorliegenden Beweise zu würdigen. Die Vorinstanz sei zu Unrecht davon
ausgegangen, dass der objektive Tatbestand von Art. 174 StGB nicht erfüllt sei.
Sie habe sich vielmehr mit der Feststellung begnügt, dass die Wahrheit der von
den Beschwerdegegnern geäusserten Behauptung naturgemäss nicht festgestellt
werden könne. Damit habe sie eine willkürliche Annahme getroffen. Es sei
vorliegend offensichtlich, dass die im betreffenden Liedtext geäusserten
Behauptungen über die Strafklägerin unwahr seien. Hierfür genügten die Angaben
der Strafklägerin und die Aussagen der Beschwerdegegner. Hätte die Vorinstanz
Zweifel an der Unwahrheit gehabt, hätte sie von sich aus Beweise abnehmen
müssen.

1.1. Gemäss Art. 173 Ziff. 1 StGB macht sich der üblen Nachrede unter anderem
schuldig, wer jemanden bei einem anderen eines unehrenhaften Verhaltens oder
anderer Tatsachen, die geeignet sind, seinen Ruf zu schädigen, beschuldigt oder
verdächtigt. Eine Verleumdung gemäss Art. 174 Ziff. 1 StGB begeht demgegenüber,
wer die ehrverletzenden Beschuldigungen oder Verdächtigungen wider besseres
Wissen erhebt. Im Unterschied zur üblen Nachrede setzt der objektive Tatbestand
von Art. 174 StGB voraus, dass die ehrverletzende Tatsachenbehauptung unwahr
ist (BERNARD CORBOZ, Les infractions en droit suisse, 3. Aufl. 2010, N. 5 zu
Art. 174 StGB). Die zu Art. 173 ff. StGB ergangene Rechtsprechung unterscheidet
alsdann zwischen Tatsachenbehauptungen sowie reinen und gemischten
Werturteilen. Wesentlich für die Einstufung als Tatsachenbehauptung ist danach,
ob die ehrverletzende Aussage durch Beweis auf ihren Wahrheitsgehalt hin
überprüft werden kann (BGE 118 IV 41 E. 3; Urteile 6B_683/2016 vom 14. März
2017 E. 1.6; 6B_498/2012 vom 14. Februar 2013 E. 5.3.1). Ein reines Werturteil
bzw. eine Formal- oder Verbalinjurie ist ein blosser Ausdruck der Missachtung,
ohne dass sich die Aussage erkennbar auf bestimmte, dem Beweis zugängliche
Tatsachen stützt. Bei einem sog. gemischten Werturteil hat eine Wertung
demgegenüber einen erkennbaren Bezug zu Tatsachen. Ob ein reines oder ein
gemischtes Werturteil vorliegt, muss aus dem ganzen Zusammenhang der Äusserung
erschlossen werden (Urteil 6B_1270/2017 vom 24. April 2018 E. 2.1 mit
Hinweisen).

Während der Täter im Falle der üblen Nachrede nachzuweisen hat, dass die von
ihm vorgetragene Äusserung der Wahrheit entspricht, oder dass er ernsthafte
Gründe hatte, sie in guten Treuen für wahr zu halten (Art. 173 Ziff. 2 StGB),
müssen bei der Verleumdung die Strafverfolgungsbehörden nachweisen, dass die
behauptete Tatsache unwahr ist (Urteil 6B_1100/2014 vom 14. Oktober 2015 E. 4.1
mit Hinweis). Die Unwahrheit muss zur Überzeugung des Gerichts nach den
allgemeinen Regeln der Beweiswürdigung (Art. 10 StPO) festgestellt werden.
Gelingt der Nachweis nicht, kommt gegebenenfalls Art. 173 StGB in Betracht.

1.2. Die Vorinstanz erwägt, dass es sich bei der Aussage, die Strafklägerin
habe ihren politischen Erfolg sexuellen Gefälligkeiten gegenüber den Politikern
M.________ und N.________ zu verdanken, was denn auch zu ihrem (öffentlich
bekannten) Burnout geführt habe, zweifelsohne um eine Tatsachenbehauptung
handle, die auch ehrenrührig sei. Die Behauptung, sexuelle Gefälligkeiten zu
erbringen, um einen persönlichen Vorteil zu erlangen, indiziere die
Käuflichkeit der Strafklägerin. Dass der Song primitive und frauenfeindliche
Beschimpfungen umfasse, schliesse nicht aus, dass darin auch "ernst zu
nehmende" Tatsachenbehauptungen enthalten seien. Es sei aufgrund der Stellung
der Strafklägerin als demokratisch gewählte Politikerin auch nicht
offensichtlich, dass sie sich ihren Erfolg nicht durch sexuelle Gefälligkeiten
erkauft haben könnte. Denn eine politische Karriere hänge massgeblich von der
Unterstützung der Partei und wichtigen Parteimitgliedern ab. Diese hätten
beispielsweise Einfluss darauf, ob die betreffende Person zur Wahl aufgestellt
werde und auf welchem Listenplatz sie antreten dürfe. Die Behauptung, die
Strafklägerin habe ihren politischen Erfolg sexuellen Gefälligkeiten zu
verdanken, könne daher nicht als abwegig bezeichnet werden. Dies habe umso mehr
zu gelten, als die Strafklägerin wie die Politiker M.________ und N.________
der Zürcher O.________ angehöre und damit offensichtlich eine Nähe und
Zusammenarbeit bestehe. Die Eignung der Tatsachenbehauptung, die Ehre der
Strafklägerin zu verletzen, sei daher gegeben. Der objektive Tatbestand der
üblen Nachrede sei erfüllt. Hingegen sei vorliegend "die Unwahrheit der
Behauptung nicht objektiv nachgewiesen" bzw. der "Nachweis [könne] naturgemäss
nicht erbracht werden". Der objektive Tatbestand der Verleumdung sei daher
nicht erfüllt (angefochtener Entscheid S. 17 f.).

1.3. Die Vorinstanz geht zu Recht von einer Tatsachenbehauptung aus, da es sich
bei den beschriebenen parteiinternen Vorgängen um Geschehnisse handelt, die
einer selbstständigen Überprüfung zugänglich sind. Das Geäusserte kann zum
Gegenstand einer Wahrheitsprüfung gemacht werden. Die hieran anknüpfende
Überlegung, dass der objektive Tatbestand der Verleumdung gleichwohl nicht
erfüllt sei, da im vorliegenden Fall die Unwahrheit der Behauptung "nicht
objektiv nachgewiesen bzw. der Nachweis naturgemäss nicht erbracht werden"
könne, steht allerdings im Widerspruch zur Qualifikation der inkriminierten
Verdächtigung als Tatsachenbehauptung. Die Vorinstanz gibt auch nicht näher zu
erkennen, inwiefern die negative Darstellung der Strafklägerin generell nicht
nachprüfbar sein soll. Dies ist auch nicht ersichtlich. Die Beschwerdeführerin
weist in diesem Zusammenhang zu Recht darauf hin, dass es namentlich die im
Recht liegenden (und allenfalls von Amtes wegen zu erhebenden) (Personal-)
beweise zu würdigen gilt. Die Vorinstanz verletzt Art. 174 StGB, indem sie die
Wahrheitsprüfung unterlässt. Dem Bundesgericht ist es insofern auch nicht
möglich, den angefochtenen Entscheid auf seine Rechtmässigkeit hin zu
überprüfen (vgl. Art. 112 Abs. 1 lit. b BGG). Die Beschwerde erweist sich in
diesem Punkt als begründet.

2.

2.1. Die Beschwerdeführerin rügt eine Verletzung von Art. 198 StGB. Diese
Bestimmung führe zwei Tatbestandsvarianten auf, wobei die Belästigung durch
Worte auch durch das Telefon oder über das Internet erfolgen könne. Entgegen
der Auffassung der Vorinstanz könne der unmittelbare Kontakt zwischen Täter und
Opfer bei einer verbalen sexuellen Belästigung nicht das Kriterium sein,
welches über die Tatbestandsmässigkeit entscheide. Es treffe zwar zu, dass sich
das Lied in erster Linie nicht an die Strafklägerin, sondern an die Fangemeinde
richte. Die Strafklägerin werde aber im Liedtext an verschiedenen Stellen
direkt angesprochen, so z.B. "Du bisch mit Abstand die geilsti Sau", "Nimm mi
Sowjet-Gurt, polier der Stärn", "Bach mir e Gratin, chum mir al Stund cho
blowe". Mit Blick auf den Schutzgedanken von Art. 198 StGB müsse allerdings
genügen, wenn die sexuell anstössigen Äusserungen an Dritte gerichtet seien.
Die im Schrifttum vertretene Ansicht, dass in diesem Fall das Opfer zumindest
anwesend sein müsse, könne im heutigen Zeitalter des Internets bzw. der
Digitalisierung nicht mehr gelten. Es sei kein vernünftiger Grund ersichtlich,
weshalb eine sexuelle Belästigung eintreten soll, wenn das Opfer direkt
physisch anwesend sei, nicht aber, wenn das Opfer die belästigenden Äusserungen
über das Internet wahrnehme. Dabei sei auch zu bedenken, dass die Anonymität
des Internets das Überschreiten von Grenzen begünstige, die im direkten Kontakt
mit dem Opfer eine Hemmschwelle darstellen würden. Die sexuelle Belästigung
über das Internet seien für den Täter einfacher und bequemer. Gleichzeitig habe
sie schwerwiegendere Auswirkungen auf das Opfer als die "klassische"
Belästigung. Es sei der Strafklägerin faktisch auch unmöglich gewesen, sich den
verbreiteten Äusserungen einfach zu entziehen. Die Intensität der Einwirkung
auf das Opfer über das Internet sei letztlich dieselbe wie bei der
"Face-to-Face-Kommunikation".

2.2. Die Vorinstanz erwägt unter Hinweis auf die herrschende Lehre, dass sich
die verbale Belästigung direkt an das Opfer richten müsse, wobei auch
Äusserungen gegenüber Drittpersonen den Tatbestand erfüllen könnten, wenn das
Opfer zugegen sei. Solche Bemerkungen seien diesfalls als direkte Äusserungen
gegenüber dem Opfer zu beurteilen. Die Äusserung sei vorliegend nicht direkt
gegenüber dem Opfer erfolgt. Zwar hätten die Beschwerdegegner die Möglichkeit
gekannt, dass mit der Veröffentlichung des Songs im Internet eine breite
Öffentlichkeit und damit auch die Strafklägerin selbst Kenntnis des Songs
erlangen könnte. Die Beschwerdegegner hätten sich mit ihrer Botschaft jedoch
nicht an die Strafklägerin, sondern an ihr Publikum wenden wollen. Es bestehe
kein Anlass für eine extensivere Auslegung des Tatbestands. Eine solche hätte
denn auch zur Folge, dass sich der Anwendungs- und Schutzbereich von Art. 198
Abs. 2 StGB und den Ehrverletzungsdelikten überschneiden würde. Die
Strafklägerin sei durch den Text zwar beleidigt und in ihrer Würde verletzt
worden. Ihre sexuelle Integrität und die Selbstbestimmung seien aber
unbeeinträchtigt geblieben. Das zeige sich etwa an der Tatsache, dass es ihr
möglich gewesen wäre, sich dem Text zu entziehen. Der objektive Tatbestand der
sexuellen Belästigung sei damit nicht erfüllt (angefochtener Entscheid S. 19
f.).

2.3.

2.3.1. Gemäss Art. 198 Abs. 2 StGB macht sich der sexuellen Belästigung
schuldig, wer jemanden tätlich oder in grober Weise durch Worte sexuell
belästigt. Die als Übertretung ausgestaltete Bestimmung erfasst geringfügigere
Beeinträchtigungen der sexuellen Integrität, bei denen im Einzelnen zweifelhaft
sein kann, ob sie noch eine eigentliche Verletzung der Selbstbestimmung
darstellen, die aber mit solchen Eingriffen immerhin vergleichbar sind, indem
sie die betroffene Person jedenfalls ohne ihren Willen mit Sexualität
konfrontieren (BGE 137 IV 263 E. 3.1 S. 265). Die grobe verbale Belästigung
stellt eine Form der unerwünschten Zumutung sexueller Art dar. Unklar ist
allerdings, ob die Wendung "durch Worte" auch schriftliche (bejahend ANDREAS
DONATSCH, Strafrecht III, Delikte gegen den Einzelnen, 11. Aufl. 2018, S. 588;
ablehnend TRECHSEL/BERTOSSA, in: Schweizerisches Strafgesetzbuch,
Praxiskommentar, 3. Aufl. 2018, N. 7 zu Art. 198 StGB und JOSÉ HURTADO POZO,
Droit pénal, Partie spécial, 2009, S. 962 Rz. 3276; differenzierend BERNHARD
ISENRING, in: Basler Kommentar, Strafrecht II, 4. Aufl. 2018, N. 24 zu Art. 198
StGB und KATHRIN KUMMER, Sexuelle Belästigung, 2001, S. 84 f.) oder wie hier
audiovisuelle Äusserungen mitumfasst. Sodann ist zu prüfen, ob die
Veröffentlichung eines Videos mit grob obszönen sexuellen Aufforderungen im
Internet geeignet ist, jemanden im Sinne von Art. 198 Abs. 2 StGB sexuell zu
belästigen.

2.3.2. Der Wortlaut von Art. 198 Abs. 2 StGB spricht von "Worten" ("paroles",
"parole"), umfasst aufgrund seiner Mehrdeutigkeit nicht nur Ausgesprochenes,
sondern auch schriftliche oder bildliche Tatobjekte. Demgegenüber weist Art.
177 Abs. 1 StGB in systematischer Hinsicht darauf hin, dass schriftliche oder
bildliche Belästigungen nicht tatbestandsmässig sind. Denn diese Bestimmung
lässt neben dem Wort ausdrücklich auch eine Beschimpfung durch Schrift und Bild
zu. Entsprechendes gilt für die Pornografie nach Art. 197 StGB. In Bezug auf
das Merkmal der direkten Konfrontation des Opfers erweist sich der Wortlaut als
ergebnisoffen. Während die tätliche Belästigung begriffsimmanent eine
körperliche Präsenz des Täters bedingt, ist dies bei der verbalen Tatbegehung
nicht zwingend der Fall.

2.3.3. Historisch betrachtet ersetzte Art. 198 StGB die aArt. 203 (öffentlich
unzüchtige Handlung) und aArt. 205 StGB (unzüchtige Belästigung). Während die
früheren Bestimmungen als Delikte gegen die (öffentliche) Sittlichkeit
ausgestaltet waren, schützt Art. 198 StGB die sexuelle Integrität und
Selbstbestimmung (Botschaft vom 10. September 1985 über die Änderung des StGB
und des MStG, BBl 1985 II 1092) und damit individuelle Rechtsgüter. Nachdem die
Expertenkommission im Rahmen der Gesetzesrevision die unzüchtige Belästigung
(aArt. 205 StGB) zunächst noch ersatzlos streichen wollte, war die vom
Bundesrat eingesetzte Arbeitsgruppe der Auffassung, dass der Tatbestand in
irgendeiner Form beibehalten werden müsse. Der Entwurf des Bundesrats
beschränkte daraufhin die Strafbarkeit als Ergänzung zum Exhibitionismus auf
geschlechtliche Handlungen, die vor jemandem vorgenommen werden. Verbale
Belästigungen sollten indes durch Art. 177 StGB abgedeckt werden. In den
Kommissionen wurde anschliessend kritisiert, dass die bloss verbale Belästigung
- etwa durch das Telefon oder auf der Strasse - im Unterschied zur früheren
Rechtslage straflos bleiben würde. Erfasst werden sollte einmal das direkte
Anfassen, zum anderen die direkte verbale Belästigung. Wie bei der tätlichen
Belästigung stellte der Gesetzgeber damit die unmittelbare Konfrontation von
Opfer und Täter ins Zentrum seiner Überlegungen (BBl 1985 II 1092; Protokolle
der Sitzungen der Kommission für Rechtsfragen des Ständerats vom 16. Februar
1987 S. 84 f. und vom 28./29. Januar 1991, S. 44 f.; Protokolle der Sitzungen
der Kommission für Rechtsfragen des Nationalrats vom 15. Mai 1990 S. 459 ff.
und vom 28. August 1990 S. 549 ff.; dazu auch KUMMER, a.a.O., 2001, S. 83).
Dementsprechend wird auch im Schrifttum die Auffassung vertreten, dass sich das
Anstössige direkt an das Opfer richten muss (DONATSCH, a.a.O., S. 589; CORBOZ,
a.a.O., N. 15 zu Art. 198 StGB; ISENRING, a.a.O., N. 22 zu Art. 198 StGB;
KUMMER, a.a.O., S. 83 ff.; FONTANIVE/SIMMLER, Gefahr im Netz: Die unzeitgemässe
Erfassung des Cybergroomings und des Cyberharassments im schweizerischen
Sexualstrafrecht - Zur Notwendigkeit der Modernisierung von Art. 198 StGB, ZSR
135/2016 S. 500 f.). Ist das Opfer hingegen nicht anwesend, sind die
Äusserungen nicht tatbestandsmässig (QUELOZ/ILLÀNEZ, in: Commentaire romand,
Code pénal II, 2017, N. 23 zu Art. 198 StGB; HURTADO POZO, a.a.O., S. 961 f.
Rz. 3275). Art. 198 Abs. 2 StGB umfasst damit keine Belästigungen, soweit
Tathandlung und Belästigung zeitlich auseinanderfallen. Das nachträgliche
Bekanntwerden genügt nicht. Daran ändert entgegen der Auffassung der
Beschwerdeführerin auch nichts, dass sich Belästigungen im Internet zu einem
Massenphänomen entwickelt haben sollen (vgl. Rechtliche Basis für Social Media:
Erneute Standortbestimmung, Nachfolgebericht des Bundesrates zum
Postulatsbericht Amherd 11.3912 "Rechtliche Basis für Social Media" vom 10. Mai
2017, S. 34 ff.; MARCEL BRUN, Cyberbulling - aus strafrechtlicher Sicht, recht
34/2016 S. 100 ff.; FONTANIVE/SIMMLER, a.a.O., S. 491 ff.).

2.3.4. Die sexuelle Belästigung knüpft zwar an das Kriterium der unmittelbaren
Wahrnehmung an, setzt allerdings nicht zwingend die gleichzeitige körperliche
Präsenz von Täter und Opfer voraus. Vielmehr kann das Opfer nach der
Rechtsprechung auch auf andere Art und Weise durch Worte belästigt werden,
namentlich durch Anrufe mit grob obszönen sexuellen Aufforderungen und Fragen
über das eigene Sexualleben (Urteil 6B_75/2009 vom 2. Juni 2009 E. 3.1.2). Die
räumliche Distanz ist insofern unbeachtlich. Das gilt gleichermassen für
audiovisuelle Aufnahmen mit belästigendem Charakter, soweit sie das Opfer
zeitlich direkt erreichen (z.B. Webcam). Selbst wenn aus der Gesetzessystematik
geschlossen werden könnte, audiovisuelle Belästigungen seien nicht
tatbestandsmässig, so ergibt sich aus dem offenen Wortlaut, der
Entstehungsgeschichte sowie aus Sinn und Zweck des Gesetzes, dass Art. 198 Abs.
2 StGB auch Handlungen umfasst, die mittels technischer Vorgänge übertragen und
vom Opfer unmittelbar wahrgenommen werden. Aufgrund der fehlenden Präsenz des
Täters ist der Unrechtsgehalt gegenüber der direkten mündlichen Belästigung
jedoch in aller Regel geringer (KUMMER, a.a.O., S. 84; DONATSCH, a.a.O., S. 588
f.), soweit sich das Opfer der Belästigung entziehen kann (vgl. BGE 137 IV 263
E. 3.1 S. 267).

2.4. Inhaltlich stellt der inkriminierte Song zweifellos einen groben verbalen
Angriff dar. Die Beschwerdegegner wandten sich mit der Veröffentlichung des
Songs im Internet allerdings nicht direkt an die Strafklägerin, sondern an ein
dieser gegenüber kritisch eingestelltes Publikum. Die Vorinstanz stellt
verbindlich fest, die Beschwerdegegner hätten zu keinem Zeitpunkt Bemühungen
unternommen, den Song bzw. das Video der Strafklägerin zukommen zu lassen.
Diese habe davon erst eineinhalb Jahre nach der Veröffentlichung Kenntnis
erhalten (angefochtener Entscheid S. 19 f.). Damit fehlt es am Kriterium der
unmittelbaren Wahrnehmung durch das Opfer. Die Vorinstanz verletzt kein
Bundesrecht, wenn sie die Beschwerdegegner vom Vorwurf der sexuellen
Belästigung freispricht.

3. 

Die Beschwerdeführerin kritisiert schliesslich die Strafzumessung. Da sie diese
im Wesentlichen mit den zusätzlichen Schuldsprüchen begründet, ist darauf
ausgangsgemäss nicht näher einzugehen. Soweit die Beschwerdeführerin der
Vorinstanz allerdings vorwirft, bei der Strafzumessung des Beschwerdegegners 1
die in Rechtskraft erwachsene Beschimpfung wegen der Bezeichnung der
Strafklägerin als "Fotze" nicht berücksichtigt und damit Art. 49 Abs. 1 StGB
verletzt zu haben, erweist sich die Beschwerde als unbegründet. Die
Beschwerdeführerin übersieht, dass die Bezeichnung als "Fotze" nicht unabhängig
als selbstständige Tat zu würdigen war. Sowohl Anklage (kant. Akten pag. 181
und 184) wie auch die kantonalen Instanzen (kant. Akten pag. 379 und 381;
angefochtener Entscheid S. 9 und 23) gehen offensichtlich von einem
tateinheitlich begangenen Delikt aus, nicht aber von mehreren Beschimpfungen.
Die "zusätzliche Festsetzung einer Strafe" bzw. eine Asperation dieser
Beschimpfung nach Art. 49 Abs. 1 StGB ist unter diesen Umständen
ausgeschlossen. Dass die Vorinstanz in diesem Zusammenhang das objektive
Tatverschulden falsch gewichtet haben soll, rügt die Beschwerdeführerin dagegen
nicht.

4. 

Die Beschwerde erweist sich teilweise als begründet. Sie ist im Übrigen aber
abzuweisen. Die Sache ist zu neuer Entscheidung an die Vorinstanz
zurückzuweisen. Es sind keine Gerichtskosten zu erheben (Art. 66 Abs. 1 BGG).
Die Rechtsvertreter der Beschwerdegegner im kantonalen Verfahren sind als
unentgeltliche Rechtsbeistände gemäss Art. 64 Abs. 2 BGG einzusetzen. Ihnen ist
aus der Gerichtskasse eine angemessene Parteientschädigung zuzusprechen, wobei
die weitgehend wortgleichen Rechtsschriften der Beschwerdegegner 1 und 2
vorliegend nicht zu einer doppelten Remuneration führen (vgl. Art. 2, Art. 6
und Art. 10 des Reglements über die Parteientschädigung und die Entschädigung
für die amtliche Vertretung im Verfahren vor dem Bundesgericht vom 31. März
2006; SR 173.110.210.3).

 Demnach erkennt das Bundesgericht:

1. 

Die Beschwerde wird teilweise gutgeheissen. Das Urteil des Obergerichts des
Kantons Bern vom 18. Dezember 2018 wird aufgehoben und die Sache zu neuer
Entscheidung an die Vorinstanz zurückgewiesen. Im Übrigen wird die Beschwerde
abgewiesen.

2. 

Es werden keine Kosten erhoben.

3. 

Die Rechtsvertreter der Beschwerdegegner werden aus der Bundesgerichtskasse mit
je Fr. 2'000.-- entschädigt.

4. 

Dieses Urteil wird den Parteien, dem Obergericht des Kantons Bern, 2.
Strafkammer, und L.________schriftlich mitgeteilt.

Lausanne, 4. November 2019

Im Namen der Strafrechtlichen Abteilung

des Schweizerischen Bundesgerichts

Der Präsident: Denys

Der Gerichtsschreiber: Reut