Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

Strafrechtliche Abteilung, Beschwerde in Strafsachen 6B.699/2019
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Bundesgericht

Tribunal fédéral

Tribunale federale

Tribunal federal

               

6B_699/2019

Urteil vom 16. Januar 2020

Strafrechtliche Abteilung

Besetzung

Bundesrichter Denys, Präsident,

Bundesrichter Muschietti,

Bundesrichterin van de Graaf,

Gerichtsschreiber Weber.

Verfahrensbeteiligte

A.________,

vertreten durch Rechtsanwalt Konrad Jeker,

Beschwerdeführer,

gegen

Generalstaatsanwaltschaft des Kantons Bern,

Beschwerdegegnerin.

Gegenstand

Stationäre therapeutische Massnahme; bedingte Entlassung/Aufhebung; Anspruch
auf mündliche Verhandlung etc.,

Beschwerde gegen die Beschlüsse des Obergerichts des Kantons Bern, 2.
Strafkammer, vom 21. November 2018 (SK 18 409 LUD) und vom 8. Mai 2019 (SK 18
409).

Sachverhalt:

A. 

Das Regionalgericht Bern-Mittelland sprach A.________ am 15. Mai 2013 des
Raubes und Versuchs dazu, teilweise qualifiziert und mehrfach begangen, der
Erpressung und Versuchs dazu, qualifiziert und mehrfach begangen, des
mehrfachen Diebstahls, der Sachbeschädigung, des Hausfriedensbruchs, des
betrügerischen Missbrauchs einer Datenverarbeitungsanlage sowie der mehrfachen
Widerhandlungen gegen das Betäubungsmittelgesetz schuldig. Es verurteilte ihn
zu einer Freiheitsstrafe von 45 Monaten sowie zu einer Busse von Fr. 100.--.
Ausserdem ordnete es eine Massnahme für junge Erwachsene gemäss Art. 61 StGB
an.

Auf Antrag der Bewährungs- und Vollzugsdienste des Kantons Bern (nachfolgend:
BVD) hob das Regionalgericht am 28. April 2017 die Massnahme für junge
Erwachsene auf und ordnete stattdessen eine stationäre therapeutische Massnahme
nach Art. 59 StGB an. Dieses Urteil erwuchs in Rechtskraft.

B. 

Im Rahmen der jährlichen Prüfung der stationären therapeutischen Massnahme
verweigerten die BVD A.________ mit Verfügung vom 9. Mai 2018 die bedingte
Entlassung aus dem Massnahmevollzug sowie die Aufhebung der angeordneten
Massnahme. Eine dagegen gerichtete Beschwerde von A.________ wies die Polizei-
und Militärdirektion des Kantons Bern (nachfolgend: POM) am 24. August 2018 ab.

A.________ beantragte mit Beschwerde beim Obergericht des Kantons Bern, die
stationäre therapeutische Massnahme sei aufzuheben und er sei umgehend aus dem
Vollzug zu entlassen. Eventualiter sei er bedingt aus der stationären
therapeutischen Massnahme zu entlassen. Ausserdem stellte er die Anträge, es
sei eine mündliche Verhandlung durchzuführen und Dr. B.________ als
sachverständige Person zur Befragung vorzuladen.

Das Obergericht wies die Verfahrens- und Beweisanträge von A.________ mit
Beschluss vom 21. November 2018 ab. Seine Beschwerde wies es mit Beschluss vom
8. Mai 2019 ebenfalls ab.

C. 

A.________ führt Beschwerde in Strafsachen. Er beantragt, die Beschlüsse des
Obergerichts vom 21. November 2018 und vom 8. Mai 2019 seien aufzuheben. Die
stationäre therapeutische Massnahme sei aufzuheben, eventualiter sei er bedingt
aus dieser Massnahme zu entlassen. Es sei weiter festzustellen, dass das
Obergericht Art. 5 Ziff. 4 EMRK verletzt habe und die Sache sei zur Bestimmung
der entsprechenden Entschädigungs- und Genugtuungsansprüche an dieses
zurückzuweisen. A.________ ersucht um unentgeltliche Rechtspflege.

D. 

Das Obergericht verzichtet auf eine Vernehmlassung. Die
Generalstaatsanwaltschaft des Kantons Bern liess sich nicht vernehmen.

Erwägungen:

1.

1.1. Der Beschwerdeführer rügt in verfahrensrechtlicher Hinsicht zunächst, die
Vorinstanz habe eine mündliche Verhandlung mit Anhörung von Dr. B.________ zu
Unrecht verweigert. Dies sei eine Verletzung von Art. 5 Ziff. 4 und Art. 6
Ziff. 1 EMRK, Art. 29 Abs. 2 BV sowie Art. 62d StGB. Seine letzte
gutachterliche Exploration sei am 21. Dezember 2016 erfolgt. Die Vorinstanz
masse sich medizinisches Expertenwissen an, indem sie ausführe, in den Akten
fänden sich keine Hinweise für eine Veränderung der früheren Diagnosen. Eine
Diagnose sei medizinischen Sachverständigen vorbehalten. Die gerichtliche
Anhörung der betroffenen Person unter Einbezug einer sachverständigen Person
sei unverzichtbar. Dies gelte a fortiori, weil er ausdrücklich bestreite,
weiterhin an einer schweren psychischen Störung zu leiden. Einen entsprechenden
Beweis könne er ohne persönliche Anhörung unter Einbezug einer sachverständigen
Person vor Vorinstanz nicht erbringen.

1.2. Die Vorinstanz erwägt in ihrem Beschluss vom 21. November 2018, mit
welchem sie die Anträge auf mündliche Verhandlung und Befragung von Dr.
B.________ abwies, beim Beschwerdeführer habe schon Dr. C.________ am 4. April
2013 eine dissoziale Persönlichkeitsstörung (ICD-10: F.60.2.) mit
narzisstischer Akzentuierung und eine Suchtmittelproblematik diagnostiziert.
Zudem habe Dr. B.________ im Gutachten vom 30. Dezember 2016 die Diagnosen
einer dissozialen und narzisstischen Persönlichkeitsstörung mit hoher
Ausprägung der "Psychopathy"-Merkmale und polyvalentem Gebrauch psychotroper
Substanzen gestellt.

Den Entscheid des Regionalgerichts Bern-Mittelland vom 28. April 2017, mittels
welchem die zuvor angeordnete Massnahme für junge Erwachsene nach Art. 61 StGB
aufgehoben und an deren Stelle eine stationäre therapeutische Massnahme nach
Art. 59 StGB angeordnet worden sei, habe der Beschwerdeführer nicht
angefochten.

Bis auf seine Beteuerung, die Voraussetzungen für eine bedingte Entlassung zu
erfüllen und die allgemein gehaltenen Ausführungen seines Rechtsvertreters, es
könne aufgrund des Vollzugsverlaufsberichts vom 9. März 2018 keine schwere
psychische Störung mehr vorliegen, wobei das ursprüngliche Gutachten nicht mehr
aktuell sei, finde sich in den Akten nicht der geringste Hinweis, dass die
Diagnosen sowohl von Dr. B.________ als auch von Dr. C.________ nicht oder
nicht mehr zutreffen sollten. Die Verhältnisse hätten sich seither nicht derart
wesentlich verändert, dass die Einvernahme von Dr. B.________ als
sachverständige Person anlässlich einer mündlichen Verhandlung geboten wäre. Es
sei gestützt auf Art. 31 des Gesetzes über die Verwaltungsrechtspflege des
Kantons Bern vom 23. Mai 1989 (VRPG; BSG 155.21) ein schriftliches Verfahren
durchzuführen (vgl. Beschluss vom 21. November 2018 S. 2).

Im Beschluss vom 8. Mai 2019 erwägt die Vorinstanz weiter, das
forensisch-psychiatrische Gutachten vom 30. Dezember 2016 sowie die Ergänzung
vom 16. Januar 2017 seien vollständig, schlüssig und nachvollziehbar (Beschluss
vom 8. Mai 2019, E. IV. 17.4.3 S. 9). Dieses Gutachten sei erst rund 1,5 Jahre
vor dem Entscheidzeitpunkt der BVD am 9. Mai 2018 erstellt worden und die
Verhältnisse des Beschwerdeführers hätten sich in diesem Zeitraum nicht derart
wesentlich verändert, dass sich eine Neubegutachtung aufgedrängt hätte. Sie
stelle deshalb sowohl auf das Gutachten vom 30. Dezember 2016 als auch auf die
Ergänzung vom 16. Januar 2017 ab (Beschluss vom 8. Mai 2019, E. IV. 17.4.4 S.
10). Der Verlaufsbericht über die sozio-, arbeits- und psychotherapeutische
Behandlung vom 9. März 2018 sei im Wesentlichen positiv ausgefallen. Er
attestiere dem Beschwerdeführer ein positives Vollzugsverhalten und eine
grossmehrheitlich gut bewertete Einlassung auf die therapeutische
Zusammenarbeit. Dies bedeute aber einzig, dass der bisherige Massnahmevollzug
erfolgreich verlaufen sei und lasse für sich allein keineswegs den Schluss zu,
beim Beschwerdeführer liege keine schwere psychische Störung mehr vor
(Beschluss vom 8. Mai 2019, E. IV. 17.4.5 S. 11).

1.3. Laut Art. 62d Abs. 1 StGB prüft die zuständige Behörde mindestens einmal
jährlich, ob und wann der Täter aus dem Vollzug der Massnahme bedingt zu
entlassen oder die Massnahme aufzuheben ist.

Bei der jährlichen Überprüfung der bedingten Entlassung gemäss Art. 62 StGB
besteht grundsätzlich keine Pflicht zur Einholung eines psychiatrischen
Gutachtens, es sei denn, der Täter habe eine Tat im Sinne von Art. 64 StGB
verübt (vgl. Art. 62d Abs. 2 StGB). Das Gesetz verlangt lediglich, dass vor dem
Entscheid ein Bericht der Leitung der Vollzugseinrichtung eingeholt und die
eingewiesene Person angehört wird (vgl. Art. 62d Abs. 1 Satz 2 StGB). Unter
Umständen kann der Beizug einer psychiatrisch sachverständigen Person geboten
sein (vgl. zum alten Recht BGE 128 IV 241 E. 3.2.; 121 IV 1 E. 2). Es ist nach
der Rechtsprechung zulässig, ältere Gutachten heranzuziehen, wenn sich die
Verhältnisse seit deren Erstellung nicht erheblich verändert haben. Ob ein
Gutachten noch hinreichend aktuell ist, ist nicht primär eine Frage seines
formalen Alters. Vielmehr ist relevant, ob Gewähr dafür besteht, dass sich die
Ausgangslage seit der Erstellung des Gutachtens nicht gewandelt hat (BGE 134 IV
246 E. 4.3; 128 IV 241 E. 3.4).

1.4. Nicht eingetreten werden kann auf die vom Beschwerdeführer geltend
gemachten Verletzungen von Art. 5 Ziff. 4 und Art. 6 Ziff. 1 EMRK sowie Art. 29
Abs. 2 BV. Wird die BV oder die EMRK als verletzt behauptet, besteht
diesbezüglich eine qualifizierte Rügepflicht (vgl. Art. 42 Abs. 2 und Art. 106
Abs. 2 BGG; BGE 142 III 364 E. 2.4 S. 367 f.; Urteil 6B_272/2018 vom 15. Mai
2018 E. 3.4). Dass und weshalb sich aus den genannten Bestimmungen ein Anspruch
auf eine Verhandlung unter Befragung der sachverständigen Person im
verwaltungsgerichtlichen Beschwerdeverfahren nach Art. 62d StGB ergibt, zeigt
der Beschwerdeführer nicht oder zumindest nicht rechtsgenügend auf. Ob im
Rahmen eines solchen Verfahrens eine mündliche Verhandlung durchzuführen ist,
beurteilt sich darüber hinaus nach kantonalem Verfahrensrecht, welches das
Bundesgericht nur auf Willkür (Art. 9 BV) überprüft (vgl. Art. 95 BGG; BGE 145
I 121 E. 2.1 S. 133; 142 IV 70 E. 3.3.1 S. 79; Urteil 6B_1070/2016 vom 23. Mai
2017 E. 3.2; je mit Hinweisen). Die Rüge der Willkür muss explizit vorgebracht
und substanziiert begründet werden (vgl. Art. 106 Abs. 2 BGG). Dies tut der
Beschwerdeführer indes nicht, weshalb auch vor diesem Hintergrund nicht auf die
Beschwerde einzutreten ist.

Im Übrigen erwog das Bundesgericht bereits in einem früheren Urteil mit
demselben Rechtsvertreter, in einem Verfahren betreffend eine verweigerte
bedingte Entlassung aus der stationären Massnahme werde nicht über eine
strafrechtliche Anklage entschieden. Art. 6 Ziff. 1 EMRK gelangt daher nicht
zur Anwendung. Art. 5 Ziff. 4 EMRK gewährt nach der Rechtsprechung des
Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte [EGMR] sodann keinen zwingenden
Anspruch auf eine mündliche Anhörung durch das Gericht. Entscheidend sind die
konkreten Umstände (vgl. Urteil 6B_1070/2016 vom 23. Mai 2017 E. 3.2; Urteil
des EGMR Derungs gegen die Schweiz vom 10. Mai 2016, Nr. 52089/09, §§ 72 ff.).
Vorliegend wurde der Beschwerdeführer im Rahmen der erstmaligen, jährlichen
Überprüfung der stationären therapeutischen Massnahme gemäss Art. 62d Abs. 1
StGB in Anwesenheit seines Rechtsvertreters am 5. April 2018 von der
Vollzugsbehörde persönlich angehört (vgl. kant. Akten, act. 003). Zudem liegt
der durch die Vollzugseinrichtung zuhanden der BVD verfasste
Behandlungsverlaufsbericht vom 9. März 2018 in den Akten (kant. Akten, act. 922
ff.), welchen der Beschwerdeführer weder als unzutreffend noch als unzureichend
rügt. Die Vorinstanz stellt zu Recht fest, dass diesem Bericht ein positiver
erster Verlauf der Massnahme, jedoch kein Hinweis auf eine nicht mehr
vorhandene schwere psychische Störung zu entnehmen ist. Auch der
Beschwerdeführer begründet den von ihm behaupteten Wegfall der gutachterlich
diagnostizierten Persönlichkeitsstörungen nicht. Hinzu kommt, dass er den
Entscheid des Regionalgerichts vom 28. April 2017 über die Anordnung der
stationären Massnahme, wonach bei ihm schwere psychische Störungen vorliegen
(vgl. kant. Akten, act. 820), nicht anfocht und von jenem Zeitpunkt bis zur
strittigen Verweigerung der bedingten Entlassung aus dem Massnahmevollzug resp.
der Aufhebung der Massnahme vom 9. Mai 2018 rund ein Jahr verging. Zusätzliche
Abklärungen durch eine sachverständige Person drängten sich daher für eine
rechtsgenügliche Beurteilung des Gesundheitszustands des Beschwerdeführers
zumindest nicht geradezu auf. Nicht ersichtlich ist insbesondere, wie sich aus
den vom Beschwerdeführer beantragten Beweisanträgen hätte ergeben können, dass
er an keiner schweren psychischen Störung mehr leidet. Es wäre einer
sachverständigen Person lediglich anlässlich einer Befragung vor der
Beschwerdeinstanz und ohne erneute vorhergehende Exploration des
Beschwerdeführers kaum möglich gewesen, verlässliche Feststellungen über dessen
Gesundheit zu treffen.

Seine eigene Anhörung beantragt der Beschwerdeführer sodann nicht losgelöst von
der geforderten richterlichen Anhörung der sachverständigen Person, weshalb
diesem Begehren keine eigenständige Bedeutung zukommt und darauf nicht weiter
einzugehen ist. Damit ist bezogen auf die beschwerdeführerischen Beweisanträge
kein Verstoss gegen Konventionsrecht oder Art. 62 StGB durch die Vorinstanz
ersichtlich.

2.

2.1.

2.1.1. In materieller Hinsicht rügt der Beschwerdeführer, die Vorinstanz
erachte trotz fehlender Entscheidgrundlage eine schwere psychische Störung als
erstellt. Dabei stütze sie sich auf nicht aktuelle medizinische Feststellungen.
Die Gutachten seien nicht aktuell, weil sie noch vor seinem Massnahmenantritt
erstellt worden seien und die Therapieerfolge nicht berücksichtigten. Die
Vorinstanz setze sich überdies nicht juristisch mit den medizinischen Diagnosen
auseinander.

2.1.2. Die Weiterführung der stationären therapeutischen Massnahme erweise sich
zudem als unverhältnismässig. Er habe seine Strafe mehr als doppelt verbüsst.
Die Verweigerung der bedingten Entlassung sei nicht notwendig. Die Vorinstanz
übersehe, dass er schon in Untersuchungs- und Sicherheitshaft gewesen sei und
eine Massnahme nach Art. 61 StGB hinter sich habe.

2.2.

2.2.1. Die Vorinstanz erwägt zusammenfassend, beim Beschwerdeführer habe zum
massgebenden Zeitpunkt im Frühjahr 2018 nach wie vor eine schwere psychische
Störung i.S.v. Art. 59 StGB vorgelegen. Entsprechend sei der Antrag auf
Aufhebung der stationären therapeutischen Massnahme abzuweisen (Beschluss vom
8. Mai 2019, E. IV. 17.4.5 S. 11). Auch eine bedingte Entlassung aus der
stationären therapeutischen Massnahme sei zum Zeitpunkt der jährlichen
Überprüfung im Mai 2018 weder angezeigt noch sinnvoll gewesen (Beschluss vom 8.
Mai 2019, E. IV. 18. S. 11 ff.).

2.2.2. Anlässlich ihrer Prüfung der Verhältnismässigkeit der Massnahme verweist
die Vorinstanz u.a. auf das Gutachten vom 30. Dezember 2016. Dieses komme
bezüglich Rückfallrisiko mit nachvollziehbarer und schlüssiger Begründung zum
Ergebnis, dass der Beschwerdeführer ausserhalb eines Massnahmensettings als
Hochrisikotäter für Eigentums-, Betäubungsmittel- sowie Gewaltdelikte
eingeordnet werden müsse. Das ausgeprägte Mass dieser Gefährdung durch notabene
schwere Delikte überwiege den noch als leicht zu qualifizierenden Eingriff in
die Freiheitsrechte des Beschwerdeführers bei weitem. Auch die Voraussetzung
der Verhältnismässigkeit sei, insbesondere in Relation zu den Anlasstaten, klar
zu bejahen (Beschluss vom 8. Mai 2019, E. IV. 18.5 S. 14).

2.3.

2.3.1. Eine stationäre therapeutische Massnahme nach Art. 59 StGB zur
Behandlung von psychischen Störungen ist anzuordnen, wenn der Täter psychisch
schwer gestört ist, er ein Verbrechen oder Vergehen begangen hat, das mit
seiner psychischen Störung in Zusammenhang steht, und zu erwarten ist, dadurch
lasse sich der Gefahr weiterer mit seiner psychischen Störung in Zusammenhang
stehender Taten begegnen (Art. 59 Abs. 1 StGB).

Eine Massnahme, für welche die Voraussetzungen nicht mehr erfüllt sind, ist
aufzuheben (vgl. Art. 56 Abs. 6 und Art. 62c Abs. 1 lit. a StGB).

Die Vollzugsbehörde prüft auf Gesuch hin oder von Amtes wegen, ob und wann der
Täter aus dem Vollzug der Massnahme bedingt zu entlassen oder die Massnahme
aufzuheben ist. Sie beschliesst darüber mindestens einmal jährlich. Vorher hört
sie den Eingewiesenen an und holt einen Bericht der Leitung der
Vollzugseinrichtung ein (Art. 62d Abs. 1 StGB).

Der Täter wird gemäss Art. 62 Abs. 1 StGB aus dem stationären Vollzug einer
Massnahme bedingt entlassen, sobald sein Zustand es rechtfertigt, dass ihm
Gelegenheit gegeben wird, sich in der Freiheit zu bewähren. Voraussetzung für
die bedingte Entlassung ist eine günstige Prognose. Die Prognose ist günstig,
wenn zu erwarten ist, dass der Betroffene keine weiteren Straftaten begehen
wird, die mit der behandelten Störung in Zusammenhang stehen. Eine Heilung im
medizinischen Sinn ist indes nicht erforderlich. Es genügt, dass der Betroffene
gelernt hat, mit seinen Defiziten umzugehen. Entscheidend ist, dass die mit der
schweren psychischen Störung zusammenhängende Rückfallgefahr durch die
Behandlung ausreichend vermindert werden konnte (BGE 137 IV 201 E. 1.2 S. 202
f.; Urteile 6B_593/2012 vom 10. Juni 2013 E. 3; 6B_714/2009 vom 19. November
2009 E. 1.2; je mit Hinweisen).

2.3.2. Die stationäre therapeutische Massnahme muss verhältnismässig sein (Art.
36 Abs. 2 und 3 BV; Art. 56 Abs. 2 StGB). Das Verhältnismässigkeitsprinzip
verlangt neben der Eignung der Massnahme zur Verbesserung der Legalprognose und
dem Fehlen milderer Massnahmen für die Erreichung des angestrebten Erfolgs,
dass zwischen dem Eingriff und dem angestrebten Zweck eine vernünftige Relation
besteht (BGE 142 IV 105 E. 5.4 S. 112; 137 IV 201 E. 1.2 S. 203; Urteil 6B_835/
2017 vom 22. März 2018 E. 5.2.2, nicht publ. in: BGE 144 IV 176). Der Grundsatz
der Verhältnismässigkeit gilt sowohl bei der Anordnung von Massnahmen als auch
bei den Folgeentscheidungen (BGE 142 IV 105 E. 5.4 S. 112 mit Hinweisen). Im
Rahmen der Verhältnismässigkeit ist auch der Dauer des bereits erfolgten
Freiheitsentzugs Rechnung zu tragen. Bei lang andauernder Unterbringung gewinnt
der Freiheitsanspruch des Eingewiesenen zunehmend an Gewicht (BGE 137 IV 201 E.
1.2 S. 203; Urteile 6B_643/2018 vom 5. September 2018 E. 1.2.2; 6B_109/2013 vom
19. Juli 2013 E. 4.4.2).

2.4. In ihrem forensisch-psychiatrischen Gutachten vom 30. Dezember 2016
attestierte Dr. B.________ dem Beschwerdeführer eine dissoziale und
narzisstische Persönlichkeitsstörung, mit hoher Ausprägung der
"Psychopathy"-Merkmale, sowie ein polyvalenter Gebrauch psychotroper Substanzen
(Alkohol, Cannabis, Kokain; vgl. kant. Akten, act. 635 und 642). Die Ergänzung
des Gutachtens vom 16. Januar 2017 bestätigt den Inhalt und die Diagnosen des
Gutachtens vom 20. Dezember 2016 (vgl. kant. Akten, act. 688 ff.). Inwiefern
die u.a. auf diese gutachterlichen Feststellungen gestützte Auffassung der
Vorinstanz, der Beschwerdeführer leide an einer schweren psychischen Störung im
Sinne von Art. 59 StGB, Recht verletzt, es mit anderen Worten an rechtlicher
Relevanz der psychiatrischen Diagnosen fehle, begründet der Beschwerdeführer
nicht und ist nicht ersichtlich.

Die Vorinstanz erwägt sodann zu Recht, dass die Akten keine Hinweise enthalten,
wonach die Diagnosen von Dr. B.________ und die früheren von Dr. C.________
nicht oder nicht mehr zutreffen. Weshalb die vom Beschwerdeführer unbestritten
gebliebene Feststellung einer schweren psychischen Störung durch das
Regionalgericht Bern-Mittelland vom 28. April 2017 ein Jahr später überholt
gewesen sei, ist nicht nachvollziehbar. Es müssten sich etwa aus dem vom
Beschwerdeführer nicht beanstandeten Behandlungsverlaufsbericht vom 9. März
2018 deutliche Hinweise auf einen Wegfall seiner schweren psychischen Störung
ergeben. Dies ist jedoch nicht der Fall. Vielmehr ergibt sich daraus, dass der
Beschwerdeführer erst am 9. August 2017 zum Vollzug der Massnahme in die
Vollzugseinrichtung eintrat, sich am 9. März 2018 noch in Progressionsstufe A
befand und die Bewilligung erster Elemente der Progressionsstufe B bloss
geplant war (vgl. kant. Akten, act. 922 und 925). In Gesamtbetrachtung des
damaligen Behandlungsverlaufs beantragte die Vollzugseinrichtung anhand des
schlüssigen und ausreichend begründeten Berichts die Weiterführung der
Massnahme gemäss Art. 59 StGB (vgl. kant. Akten, act. 927). Dazu äussert sich
der Beschwerdeführer nicht und dieser Antrag wäre bei ausreichend verminderter
Rückfallgefahr, insbesondere aber bei weggefallener psychischer Störung,
widersinnig.

Nicht zu beanstanden ist weiter, dass die Vorinstanz die stationäre
therapeutische Massnahme zum Zeitpunkt der Verweigerung der Aufhebung sowie der
bedingten Entlassung durch die BVD am 9. Mai 2018 als verhältnismässig
erachtet. Sie weist zutreffend darauf hin, dass die sachverständige Person den
Beschwerdeführer als Hochrisikotäter für Eigentums-, Betäubungsmittel- und
Gewaltdelikte einordnete (vgl. kant. Akten, act. 638). Laut
Behandlungsverlaufsbericht vom 9. März 2018 wäre eine bedingte Entlassung
verfrüht und ist die Massnahme weiter sinnvoll und vertretbar (vgl. kant.
Akten, act. 926).

Dem Beschwerdeführer kann nicht gefolgt werden, wenn er rügt, die Vorinstanz
übersehe, dass er sich vor Vollzug der stationären Massnahme in Untersuchungs-
und Sicherheitshaft sowie in einer Massnahme nach Art. 61 StGB befunden habe
(vgl. Beschluss vom 8. Mai 2019, E. I. 1. S. 2). An der Bundesrechtskonformität
des Ergebnisses der vorinstanzlichen Verhältnismässigkeitsprüfung ändert
alsdann nichts, dass er zu einer Freiheitsstrafe von 45 Monaten verurteilt
wurde und ihm die Freiheit in mehr als doppelter Länge dieser Strafe entzogen
worden sei. Zwar ist zutreffend, dass hinsichtlich der
Verhältnismässigkeitsprüfung der Weiterführung einer freiheitsentziehenden
Massnahme auch deren bisheriger Dauer Rechnung zu tragen ist (vgl. E. 2.3.2
hiervor). Die Vorinstanz verkennt dies indessen nicht und ihr Entscheid steht
angesichts der vom Beschwerdeführer ausgehenden Gefahr für weitere Straftaten
und deren Schwere mit Bundesrecht im Einklang.

3.

3.1. Der Beschwerdeführer rügt weiter eine Verletzung des Beschleunigungsgebots
gemäss Art. 5 Ziff. 4 EMRK. Es gebe keine sachlichen Gründe für die lange
vorinstanzliche Verfahrensdauer. Er verweist auf das Urteil des Europäischen
Gerichtshofes für Menschenrechte (EGMR) Derungs gegen die Schweiz vom 10. Mai
2016 (Nr. 52089/09). Für diese Konventionsverletzung sei er angemessen zu
entschädigen.

3.2. Gemäss Art. 5 Ziff. 4 EMRK hat jede Person, die festgenommen oder der die
Freiheit entzogen ist, das Recht zu beantragen, dass ein Gericht innerhalb
kurzer Frist über die Rechtmässigkeit der Freiheitsentziehung entscheidet und
ihre Entlassung anordnet, wenn die Freiheitsentziehung nicht rechtmässig ist
(vgl. BGE 133 I 270 E. 1.2.2.; 128 I 149 E. 2.2.1).

Die Frage, welche Verfahrensdauer im Sinne von Art. 5 Ziff. 4 EMRK noch als
angemessen erscheint, kann nicht abstrakt beantwortet werden, sondern hängt von
der Würdigung der konkreten Umstände des Einzelfalles ab. Der Anspruch auf
einen raschestmöglichen Entscheid wird nicht verletzt, wenn der Behörde
aufgrund der Umstände des Falles ein früherer Entscheid vernünftigerweise nicht
möglich war. Zu berücksichtigen sind insbesondere allfällige besondere
verfahrensrechtliche oder materielle Schwierigkeiten sowie das Verhalten des
Betroffenen (BGE 117 Ia 372 E. 3.a; Urteil 6B_424/2011 vom 12. September 2011
E. 1.3; je mit Hinweisen) und, dass sich die Verfahrensdauer nicht für alle
Arten der Freiheitsentziehung nach den gleichen Massstäben beurteilt (BGE 127
III 385 E. 3a). Dabei ist nach der Natur der Freiheitsentziehung zu
differenzieren (Urteil 6B_109/2013 vom 19. Juli 2013 E. 5.3 mit Hinweisen).

Im Entscheid Fuchser gegen die Schweiz befand der EGMR, die Dauer von vier
Monaten und sechs Tagen bis zur gerichtlichen Beurteilung eines Gesuchs um
Aufhebung einer stationären Massnahme und Entlassung aus dem Massnahmevollzug
verstosse gegen Art. 5 Ziff. 4 EMRK, da keine besonderen Umstände vorgelegen
hätten, welche eine solche Dauer bzw. Verzögerung hätten rechtfertigen können.
Der EGMR stellte fest, die Behörden seien im Zusammenhang mit der Einholung
eines Ergänzungsgutachtens untätig geblieben (Urteil des EGMR Fuchser gegen die
Schweiz vom 13. Juli 2006, Nr. 55894/00, §§ 46 ff.). Da das Entlassungsgesuch
im Fall Fuchser vom Gericht schliesslich gutgeheissen wurde, wirkte sich die
Verfahrensverzögerung auf die Dauer des Freiheitsentzugs aus. Im Entscheid 
Derungs gegen die Schweiz (Urteil, a.a.O., §§ 48 ff.) bestätigte der EGMR
besagte Rechtsprechung. Gleichzeitig entschied er, die Dauer von fast elf
Monaten vom Gesuch um bedingte Entlassung aus der Verwahrung bis zum ersten
richterlichen Entscheid sei mit Art. 5 Ziff. 4 EMRK nicht vereinbar.

3.3. Die Zeitdauer zwischen dem schriftlichen Gesuch des Beschwerdeführers um
bedingte Entlassung aus der stationären Massnahme vom 3. Mai 2018 (vgl. kant.
Akten, act. 937) und dem angefochtenen Beschluss vom 8. Mai 2019 beträgt knapp
über ein Jahr. Dem angefochtenen Beschluss ist keine Begründung zur
Rechtfertigung dieser Verfahrensdauer zu entnehmen. Vor diesem Hintergrund, der
genannten Rechtsprechung und unter Berücksichtigung der vorliegenden Umstände -
es wurde ein bloss schriftliches Verfahren durchgeführt und nicht etwa ein
neues Gutachten in Auftrag gegeben - ist die Verfahrensdauer als zu lang und
nicht mit Art. 5 Ziff. 4 EMRK vereinbar zu qualifizieren.

Nicht gefolgt werden kann indessen dem beschwerdeführerischen Gesuch, er sei
als Folge dieser Verletzung des Beschleunigungsgebots finanziell zu
entschädigen. Ihm ist jene Rechtswohltat zuzugestehen, welche die
schweizerische Rechtsordnung für eine Verletzung des Beschleunigungsgebots
vorsieht (vgl. Art. 46 Ziff. 1 EMRK; BGE 137 I 86 E. 3.1; 124 I 274 E. 3.b, 327
E. 4.d) bb). Nachdem die weiteren Rügen des Beschwerdeführers abzuweisen sind
(vgl. E. 1 und 2 hiervor), ist Folge der Verfahrensverzögerung, dass sein
Gesuch um Aufhebung oder um bedingte Entlassung aus der stationären Massnahme
erst nach einer übermässig langen Verfahrensdauer von einem Gericht abgelehnt
wurde. Inwiefern sich die Verletzung des Beschleunigungsgebots weitergehend zu
seinem Nachteil auswirkt, begründet der Beschwerdeführer nicht und ist auch
nicht ersichtlich. Mit der ausdrücklichen Feststellung der Verletzung des
Beschleunigungsgebots im Urteilsdispositiv und dem Verzicht auf eine
Kostenauflage im bundesgerichtlichen Verfahren wird dem Beschwerdeführer eine
hinreichende Genugtuung sowie vollkommene Wiedergutmachung für die erlittene
Rechtsverletzung verschafft.

4. 

Die Beschwerde ist teilweise gutzuheissen. Es ist festzustellen, dass das
Beschleunigungsgebot verletzt wurde. Im Übrigen ist die Beschwerde abzuweisen,
soweit darauf einzutreten ist.

Bei diesem Ausgang des Verfahrens hat der Beschwerdeführer grundsätzlich einen
Teil der Gerichtskosten zu tragen, während dem Kanton Bern keine Kosten
aufzuerlegen sind (Art. 66 Abs. 1 und 4 BGG). Da die Vorinstanz eine Verletzung
des Beschleunigungsgebots hätte bejahen und feststellen müssen, hätte sich dies
auf ihren Kosten- und Entschädigungsentscheid auswirken können. Dies jedoch nur
marginal, weil der Beschwerdeführer nur in einem Nebenpunkt obsiegt hätte,
zumal im vorinstanzlichen Verfahren hauptsächlich die Verweigerung der
Aufhebung und der bedingten Entlassung aus der stationären Massnahme streitig
war. Es genügt daher, wenn von Verfahrenskosten abgesehen wird. Auf die
Rückweisung der Akten an die Vorinstanz zur Neuregelung der vorinstanzlichen
Kosten- und Entschädigungsfolgen kann verzichtet werden. Dem Kanton Bern ist
keine Entschädigung zuzusprechen, dieser hat dem Beschwerdeführer für das
bundesgerichtliche Verfahren im Umfang dessen Obsiegens jedoch eine angemessene
Entschädigung zu bezahlen (Art. 68 Abs. 1 bis 3 BGG). Diese ist praxisgemäss
seinem Rechtsvertreter auszurichten. Das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege
ist infolge Aussichtslosigkeit abzuweisen, soweit es infolge Gutheissung der
Beschwerde nicht gegenstandslos geworden ist (Art. 64 Abs. 1 und 2 BGG).

 Demnach erkennt das Bundesgericht:

1. 

Die Beschwerde wird teilweise gutgeheissen. Es wird festgestellt, dass das
Beschleunigungsgebot im Sinne von Art. 5 Ziff. 4 EMRK betreffend rechtzeitige
Prüfung des Gesuchs vom 3. Mai 2018 um bedingte Entlassung aus der stationären
Massnahme verletzt wurde.

Im Übrigen wird die Beschwerde abgewiesen, soweit darauf eingetreten wird.

2. 

Das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege wird abgewiesen, soweit es nicht
gegenstandslos geworden ist.

3. 

Es werden keine Kosten erhoben.

4. 

Der Kanton Bern hat den Rechtsvertreter des Beschwerdeführers, Rechtsanwalt
Konrad Jeker, für das bundesgerichtliche Verfahren mit Fr. 1'000.-- zu
entschädigen.

5. 

Dieses Urteil wird den Parteien und dem Obergericht des Kantons Bern, 2.
Strafkammer, schriftlich mitgeteilt.

Lausanne, 16. Januar 2020

Im Namen der Strafrechtlichen Abteilung

des Schweizerischen Bundesgerichts

Der Präsident: Denys

Der Gerichtsschreiber: Weber