Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

Strafrechtliche Abteilung, Beschwerde in Strafsachen 6B.607/2019
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Bundesgericht

Tribunal fédéral

Tribunale federale

Tribunal federal

               

6B_607/2019

Urteil vom 5. Juni 2019

Strafrechtliche Abteilung

Besetzung

Bundesrichter Denys, Präsident,

Gerichtsschreiberin Arquint Hill.

Verfahrensbeteiligte

1. A.________,

2. B.________,

Beschwerdeführer,

gegen

Oberstaatsanwaltschaft des Kantons Aargau,

Frey-Herosé-Strasse 20, Wielandhaus, 5001 Aarau,

Beschwerdegegnerin.

Gegenstand

Einstellung (Betrug, Nötigung, Urkundenfälschung etc.);

Nichteintreten,

Beschwerde gegen den Entscheid des Obergerichts des Kantons Aargau,
Beschwerdekammer in Strafsachen, vom 2. April 2019 (SBK.2018.337 / va).

Der Präsident zieht in Erwägung:

1. 

Die Beschwerdeführer erstatteten mit Eingabe vom 7. Februar 2017, ergänzt durch
weitere Eingaben vom 7. Oktober 2017 und 25. Januar 2018, Anzeige gegen einen
Gerichtspräsidenten sowie gegen zwei Angestellte eines Inkassobüros wegen
Betrugs, Urkundenfälschung und weiteren Delikten. Am 29. Oktober 2018 stellte
die Staatsanwaltschaft Zofingen-Kulm die Strafuntersuchung ein, was die
Oberstaatsanwaltschaft des Kantons Aargau am 19. November 2018 genehmigte. Eine
dagegen gerichtete Beschwerde wies das Obergericht des Kantons Aargau am 2.
April 2019 ab, soweit es darauf eintrat.

Die Beschwerdeführer wenden sich an das Bundesgericht.

2. 

Mit der Beschwerde in Strafsachen kann auch die Verletzung von Verfassungsrecht
gerügt werden (Art. 95 BGG). Die zusätzlich erhobene subsidiäre
Verfassungsbeschwerde ist ausgeschlossen (vgl. Art. 113 BGG).

3. 

Gemäss Art. 81 Abs. 1 lit. b Ziff. 5 BGG ist die Privatklägerschaft zur
Beschwerde in Strafsachen nur berechtigt, wenn der angefochtene Entscheid sich
auf die Beurteilung ihrer Zivilansprüche auswirken kann. Richtet sich die
Beschwerde gegen die Einstellung oder Nichtanhandnahme eines Verfahrens, hat
die Privatklägerschaft nicht notwendigerweise bereits vor den kantonalen
Behörden Zivilansprüche geltend gemacht. In jedem Fall muss sie indes im
Verfahren vor Bundesgericht darlegen, aus welchen Gründen sich der angefochtene
Entscheid inwiefern auf welche Zivilforderung auswirken kann. Das Bundesgericht
stellt an die Begründung der Legitimation strenge Anforderungen. Genügt die
Beschwerde diesen nicht, kann darauf nur eingetreten werden, wenn aufgrund der
Natur der untersuchten Straftat ohne Weiteres ersichtlich ist, um welche
Zivilforderung es geht (BGE 141 IV 1 E. 1.1 mit Hinweisen).

Als Zivilansprüche im Sinne von Art. 81 Abs. 1 lit. b Ziff. 5 BGG gelten
solche, die ihren Grund im Zivilrecht haben und deshalb ordentlicherweise vor
dem Zivilgericht durchgesetzt werden müssen. Nicht in diese Kategorie gehören
Ansprüche, die sich aus öffentlichem Recht ergeben. Öffentlich-rechtliche
Ansprüche, auch solche aus Staatshaftungsrecht, können nicht adhäsionsweise im
Strafprozess geltend gemacht werden und zählen nicht zu den Zivilansprüchen im
Sinne von Art. 81 Abs. 1 lit. b Ziff. 5 BGG (BGE 131 I 455 E. 1.2.4 S. 461; 128
IV 188 E. 2.2 f. S. 191 f.).

4. 

Die Beschwerdeführer halten sich für beschwerdelegitimiert; sie führen aus, die
Beschuldigten hätten einen nicht absehbaren volkswirtschaftlichen Schaden
verursacht und mit unrichtigen Kontoständen auf einem angeblichen Bankkonto
bzw. manipulierten Kontoauszügen einen Vermögensschaden herbeigeführt. Indessen
legen sie nicht dar, um welche Schadenersatz- und/oder Genugtuungsforderung
nach Art. 41 ff. OR es konkret gehen könnte, und zeigen auch nicht auf,
inwiefern der angefochtene Entscheid sich auf die Beurteilung eines solchen
Anspruchs auswirken könnte. Das ergibt sich auch nicht ohne Weiteres aus den
Akten oder dem angezeigten Sachverhalt. Davon abgesehen sind allfällige
Haftungsansprüche gegen den beschuldigten Gerichtspräsidenten ohnehin keine
Zivilforderungen im Sinne von Art. 81 Abs. 1 lit. b Ziff. 5 BGG (vgl. § 75 der
kantonalen Verfassung vom 25. Juni 1980 [SAR 110.000], § 10 des kantonalen
Haftungsgesetzes vom 24. März 2009 [SAR 150.200]; § 2 des kantonalen
Verantwortlichkeitsgesetzes vom 21. Dezember 1939 [SAR 150.100]). Mangels
Begründung der Legitimation muss davon ausgegangen werden, dass die
Beschwerdeführer in der Sache nicht zur Beschwerde berechtigt sind.

5. 

Unbesehen der fehlenden Legitimation in der Sache könnten die Beschwerdeführer
vor Bundesgericht rügen, im kantonalen Verfahren in ihren Parteirechten
verletzt worden zu sein (sog. "Star-Praxis"; BGE 141 IV 1 E. 1.1 mit
Hinweisen).

Die Beschwerdeführer behaupten, es seien ihnen sämtliche prozessualen
Grundrechte, auch im Zivilprozess, willkürlich abgesprochen worden. Sie rügen
wahllos Verletzungen u.a. des Anspruchs auf gleiche und gerechte Behandlung,
auf Beurteilung innert angemessener Frist, auf rechtliches Gehör sowie auf
unentgeltliche Rechtspflege und machen geltend, es sei weder eine unabhängige
Strafuntersuchung noch Ermittlungen oder eine Parteibefragung durchgeführt
worden. Soweit es sich dabei überhaupt um Grundrechte handelt, die sich auf das
vorliegende Verfahren beziehen und von einer Überprüfung in der Sache getrennt
werden können, legen sie nicht dar, inwiefern das Obergericht mit dem
angefochtenen Entscheid dagegen verstossen haben könnte. Soweit die
Beschwerdeführer die Parteibezeichnungen auf dem Deckblatt des angefochtenen
Entscheids als unvollständig beanstanden, zeigen sie nicht auf, dass und
inwiefern dies für den Ausgang der Sache relevant sein könnte. Soweit sie der
fallführenden Staatsanwältin und zwei Oberrichtern Mehrfachbefassung bzw.
Voreingenommenheit vorwerfen, begründen sie nicht rechtsgenügend, weshalb die
Staatsanwältin und die von ihnen genannten Gerichtspersonen befangen sein
könnten, und zeigen in Bezug auf Letztere insbesondere auch nicht auf, dass sie
von den angeblichen Ausstandsgründen erst nach Eröffnung des obergerichtlichen
Entscheids Kenntnis erhalten haben sollen. Mit den Erwägungen des Obergerichts,
u.a. auch zum Ausstandsbegehren betreffend die Staatsanwältin, setzen sich die
Beschwerdeführer nicht auseinander. Sie verkennen, dass blosse Behauptungen von
Verfassungsverletzungen und pauschale Vorwürfe die Begründungsanforderungen
nicht erfüllen (Art. 42 Abs. 2 BGG, Art. 106 Abs. 2 BGG).

6. 

Nicht einverstanden sind die Beschwerdeführer, dass ihnen eine
Sicherheitsleistung abverlangt wurde und ihnen im angefochtenen Entscheid die
Kosten auferlegt wurden. Indessen sagen sie nicht, inwiefern das Obergericht
mit seinem Vorgehen Art. 383 StPO, Art. 428 Abs. 1 StPO oder eine andere Norm
verletzt haben könnte.

7. 

Ohne dass sich das Bundesgericht zu allen weitschweifigen Erörterungen der
Beschwerdeführer ausdrücklich äussern müsste, ist auf die Beschwerde im
Verfahren nach Art. 108 BGG nicht einzutreten. Das Gesuch um unentgeltliche
Rechtspflege ist in Anwendung von Art. 64 BGG wegen Aussichtslosigkeit
abzuweisen. Die Gerichtskosten sind den Beschwerdeführern unter solidarischer
Haftung aufzuerlegen (Art. 66 Abs. 1 und 5 BGG).

 Demnach erkennt der Präsident:

1. 

Auf die Beschwerde wird nicht eingetreten.

2. 

Das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege wird abgewiesen.

3. 

Die Gerichtskosten von Fr. 500.-- werden den Beschwerdeführern unter
solidarischer Haftung auferlegt.

4. 

Dieses Urteil wird den Parteien und dem Obergericht des Kantons Aargau,
Beschwerdekammer in Strafsachen, schriftlich mitgeteilt.

Lausanne, 5. Juni 2019

Im Namen der Strafrechtlichen Abteilung

des Schweizerischen Bundesgerichts

Der Präsident: Denys

Die Gerichtsschreiberin: Arquint Hill