Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

Strafrechtliche Abteilung, Beschwerde in Strafsachen 6B.592/2019
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Bundesgericht

Tribunal fédéral

Tribunale federale

Tribunal federal

               

6B_592/2019

Urteil vom 12. Juli 2019

Strafrechtliche Abteilung

Besetzung

Bundesrichter Denys, Präsident,

Bundesrichterin Jacquemoud-Rossari,

Bundesrichter Rüedi,

Gerichtsschreiberin Unseld.

Verfahrensbeteiligte

A.________,

vertreten durch Rechtsanwalt Peter Niggli,

Beschwerdeführer,

gegen

1. Oberstaatsanwaltschaft des Kantons Luzern, Postfach 3439, 6002 Luzern,

2. X.________,

Beschwerdegegner.

Gegenstand

Nichtanhandnahmeverfügung (falsche Anschuldigung, falsches Zeugnis),

Beschwerde gegen den Beschluss des Kantonsgerichts Luzern, 1. Abteilung, vom 9.
April 2019 (2N 18 126).

Erwägungen:

1. 

Die Staatsanwaltschaft Abteilung 2 Luzern, Emmenbrücke, erliess gegen den
Beschwerdeführer am 25. Oktober 2017 einen Strafbefehl wegen Raufhandels
begangen am 3. September 2016 anlässlich des Fussballspiels zwischen dem FC
Emmenbrücke und dem FC Südstern. Der Beschwerdeführer erhob gegen den
Strafbefehl Einsprache.

Am 4. Juni 2018 erstattete er in diesem Zusammenhang zudem Strafanzeige gegen
den Beschwerdegegner 2 wegen falscher Anschuldigung und falschen Zeugnisses. Er
wirft diesem vor, im Strafverfahren gegen ihn wegen Raufhandels wahrheitswidrig
ausgesagt zu haben, er (der Beschwerdeführer) habe anlässlich des erwähnten
Fussballspiels auf den Zuschauer B.________ eingeschlagen.

Die Staatsanwaltschaft Abteilung 1 Luzern nahm die Strafanzeige mit Verfügung
vom 16. August 2018 nicht an die Hand. Die vom Beschwerdeführer dagegen
erhobene Beschwerde wies das Kantonsgericht Luzern am 9. April 2019 ab.

Der Beschwerdeführer beantragt mit Beschwerde in Strafsachen, der Beschluss vom
9. April 2019 sei aufzuheben und die Staatsanwaltschaft sei anzuhalten, gegen
den Beschwerdegegner 2 ein Vorverfahren wegen falscher Anschuldigung und
falschem Zeugnis durchzuführen.

2. 

Die Privatklägerschaft ist zur Beschwerde in Strafsachen nur berechtigt, wenn
der angefochtene Entscheid sich auf die Beurteilung ihrer Zivilansprüche
auswirken kann (Art. 81 Abs. 1 lit. b Ziff. 5 BGG). Bei den Zivilansprüchen im
Sinne von Art. 81 Abs. 1 lit. b Ziff. 5 BGG geht es in erster Linie um
Ansprüche auf Schadenersatz und Genugtuung gemäss Art. 41 ff. OR, die
üblicherweise vor den Zivilgerichten geltend gemacht werden müssen. Die
Privatklägerschaft muss im Verfahren vor Bundesgericht darlegen, aus welchen
Gründen sich der angefochtene Entscheid inwiefern auf welche Zivilforderung
auswirken kann. Das Bundesgericht stellt an die Begründung der Legitimation
strenge Anforderungen. Genügt die Beschwerde diesen nicht, kann darauf nur
eingetreten werden, wenn aufgrund der Natur der untersuchten Straftat ohne
Weiteres ersichtlich ist, um welche Zivilforderung es geht (BGE 141 IV 1 E. 1.1
S. 4 f. mit Hinweisen).

3. 

Der Beschwerdeführer argumentiert, er habe ein schutzwürdiges Interesse an der
Aufhebung des angefochtenen Entscheids, da durch die falsche Zeugenaussage des
Beschwerdegegners 2 seine Persönlichkeitsrechte verletzt würden. Ihm drohe
aufgrund der falschen Zeugenaussage eine strafrechtliche Verurteilung für eine
Tat, die sich so nicht zugetragen habe, was sich entsprechend in der
Persönlichkeitsverletzung niederschlage.

4. 

Damit zeigt der Beschwerdeführer nicht auf, inwiefern ihm gegenüber dem
Beschwerdegegner 2 Schadenersatz- oder Genugtuungsansprüche im Sinne von Art.
41 ff. OR zustehen könnten. Genugtuungsforderungen aus
Persönlichkeitsverletzung bestehen nur, sofern die Schwere der Verletzung es
rechtfertigt (vgl. Art. 49 Abs. 1 OR). Der Eingriff muss aussergewöhnlich
schwer sein und in seinen Auswirkungen das Mass einer Aufregung oder einer
alltäglichen Sorge klar übersteigen (vgl. etwa Urteile 6B_96/2019 vom 7. Juni
2019 E. 1.2; 6B_798/2018 vom 14. November 2018 E. 4; 6B_555/2017 vom 29.
September 2017 E. 3.2; je mit Hinweisen). Dies ist vorliegend weder
rechtsgenügend dargetan noch ersichtlich. Mangels gegenteiliger Angaben des
Beschwerdeführers ist davon auszugehen, dass das Strafverfahren gegen den
Beschwerdeführer wegen Raufhandels unabhängig vom Zutun des Beschwerdegegners 2
eingeleitet wurde. Der Beschwerdeführer macht den Beschwerdegegner 2 nicht für
die Einleitung des Strafverfahrens gegen ihn wegen Raufhandels verantwortlich,
sondern lediglich für den für ihn möglicherweise negativen Ausgang dieses
Verfahrens im Sinne einer Verurteilung. Darüber, ob sich der Beschwerdeführer
des Raufhandels schuldig gemacht hat, hat das Gericht im hängigen Verfahren
gegen den Beschwerdeführer wegen Raufhandels zu befinden. Dabei wird es die
Zeugenaussage des Beschwerdegegners 2 auf ihre Glaubhaftigkeit hin zu
überprüfen und daneben auch die übrigen Beweise zu würdigen haben.

5. 

Abgesehen davon erscheint die Beschwerde auch in der Sache offensichtlich
unbegründet. Die Vorinstanz verneint einen Anfangsverdacht im Sinne von Art.
303 Ziff. 1 und Art. 307 Abs. 1 StGB. Sie legt im angefochtenen Entscheid
ausführlich dar, weshalb keine Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass der
Beschwerdegegner 2 wider besseres Wissen objektiv falsche Aussagen machte. Die
vom Beschwerdeführer geltend gemachte krasse Aktenwidrigkeit sei in keiner
Weise erstellt. Die Aussagen des Beschwerdegegners 2 würden durch die
Videoaufzeichnung und die Akten vielmehr gestützt (angefochtener Entscheid S. 8
ff.).

Der Beschwerdeführer begründet den angeblichen Anfangsverdacht gegenüber dem
Beschwerdegegner 2 wegen falscher Anschuldigung und falschen Zeugnisses
sinngemäss damit, dass seine (des Beschwerdeführers) Schuld nicht erwiesen sei
und somit auch nicht ausgeschlossen werden könne, dass der Beschwerdegegner 2
ihn zu Unrecht beschuldigte, auf B.________ eingeschlagen zu haben. Die
Aussagen des Beschwerdegegners 2 würden den Aussagen des Zeugen C.________
widersprechen, womit zwingend einer der beiden Zeugen nicht die Wahrheit gesagt
habe.

Damit lässt sich ein Tatverdacht im Sinne von Art. 303 und Art. 307 StGB indes
nicht begründen, ansonsten bei Strafverfahren mit unklarer Beweislage und
mehreren, sich teils widersprechenden Zeugenaussagen immer Strafverfahren gegen
die Zeugen wegen falscher Zeugenaussage zu eröffnen wären, ohne dass konkrete
Anhaltspunkte für eine bewusste Falschaussage des einen oder anderen Zeugen
vorlägen. Dies kann nicht angehen, zumal damit unzulässiger Druck auf die
Zeugen ausgeübt würde. Ob die Aussagen des Beschwerdegegners 2 glaubhaft sind
und darauf abgestellt werden kann, ist wie bereits erwähnt im hängigen
Strafverfahren gegen den Beschwerdeführer wegen Raufhandels zu prüfen. Hierfür
bedarf es keines separaten Verfahrens wegen falscher Anschuldigung oder
falscher Zeugenaussage. Kommt es zu einer Verurteilung des Beschwerdeführers
wegen Raufhan dels, scheidet ein Schuldspruch wegen falscher Anschuldigung im
Sinne von Art. 303 StGB von vornherein aus. Gleiches gilt grundsätzlich für den
Tatbestand des falschen Zeugnisses im Sinne von Art. 307 StGB.

6. 

Die Beschwerde ist im Verfahren nach Art. 109 BGG abzuweisen, soweit darauf
eingetreten werden kann. Die Gerichtskosten sind dem Beschwerdeführer
aufzuerlegen (Art. 66 Abs. 1 BGG).

Dem Beschwerdegegner 2 ist keine Entschädigung zuzusprechen, da ihm im
bundesgerichtlichen Verfahren keine Umtriebe entstanden sind.

 Demnach erkennt das Bundesgericht:

1. 

Die Beschwerde wird abgewiesen, soweit darauf einzutreten ist.

2. 

Die Gerichtskosten von Fr. 3'000.-- werden dem Beschwerdeführer auferlegt.

3. 

Dieses Urteil wird den Parteien und dem Kantonsgericht Luzern, 1. Abteilung,
schriftlich mitgeteilt.

Lausanne, 12. Juli 2019

Im Namen der Strafrechtlichen Abteilung

des Schweizerischen Bundesgerichts

Der Präsident: Denys

Die Gerichtsschreiberin: Unseld