Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

Strafrechtliche Abteilung, Beschwerde in Strafsachen 6B.547/2019
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Bundesgericht

Tribunal fédéral

Tribunale federale

Tribunal federal

               

6B_547/2019

Urteil vom 18. September 2019

Strafrechtliche Abteilung

Besetzung

Bundesrichter Denys, Präsident,

Bundesrichter Rüedi,

Bundesrichterin Jametti,

Gerichtsschreiber Matt.

Verfahrensbeteiligte

A.________,

Beschwerdeführer,

gegen

Generalstaatsanwaltschaft des Kantons Bern, Nordring 8, 3013 Bern,

Beschwerdegegnerin.

Gegenstand

Einstellung/Nichtanhandnahme (Urkundenfälschung, Amtsmissbrauch); Ausstand,

Beschwerde gegen den Beschluss des Obergerichts

des Kantons Bern, Beschwerdekammer in Strafsachen,

vom 22. März 2019 (BK 18 481).

Sachverhalt:

A. 

Rechtsanwalt A.________ erstattete im August/September 2017 Strafanzeige wegen
Amtsmissbrauchs und einfacher Körperverletzung gegen den Gerichtspräsidenten
und den Gerichtsschreiber des Regionalgerichts Bern-Mittelland, gegen letzteren
ausserdem wegen Urkundenfälschung im Amt. Der Gerichtspräsident soll
hinsichtlich der Frage des Widerrufs eines amtlichen Mandats wegen
Interessenkonflikts einen Schauprozess inszeniert haben, um den Anzeigesteller
einer erniedrigenden Behandlung auszusetzen. Die mit dem Verfahren betraute
Regionale Staatsanwaltschaft Oberland stellte dieses am 29. Oktober 2018 ein,
wobei sie sämtliche Beweisanträge mangels Erheblichkeit für den
Verfahrensausgang abwies. Das Obergericht des Kantons Bern wies die Beschwerde
von Rechtsanwalt A.________ am 22. März 2019 ab, soweit es darauf eintrat.

B. 

Mit Beschwerde in Strafsachen beantragt Rechtsanwalt A.________, die
Strafuntersuchung sei fortzuführen, eventualiter sei die Sache an das
Obergericht zurückzuweisen. Er ersucht um unentgeltliche Rechtspflege. Das
Bundesgericht lehnt er mangels effektiven Rechtsschutzes ab.

Erwägungen:

1.

1.1. Der Privatklägerschaft wird ein rechtlich geschütztes Interesse an der
Beschwerde zuerkannt, wenn sich der angefochtene Entscheid auf die Beurteilung
ihrer Zivilansprüche auswirken kann (Art. 81 Abs. 1 lit. b Ziff. 5 BGG). Keine
Zivilansprüche im Sinne von Art. 81 Abs. 1 lit. b Ziff. 5 BGG sind solche, die
sich aus öffentlichem Recht, etwa Staatshaftungsrecht ergeben. Die Einstellung
des Strafverfahrens kann sich in diesem Fall nicht auf Zivilansprüche auswirken
(BGE 131 I 455 E. 1.2.4 mit Hinweisen). Die Privatklägerschaft hat vor
Bundesgericht darzulegen, dass die Legitimationsvoraussetzungen erfüllt sind
und unter Vorbehalt klarer, zweifelsfreier Fälle insbesondere zu erläutern,
weshalb und inwiefern sich der angefochtene Entscheid im Ergebnis und aufgrund
der Begründung negativ auf ihre Zivilansprüche auswirken kann (Art. 42 Abs. 1
und 2 BGG). Das Bundesgericht stellt an die Begründung strenge Anforderungen.
Fehlt es daran, tritt es auf die Beschwerde nicht ein (BGE 141 IV 1 E. 1.1 mit
Hinweisen).

Ungeachtet der Legitimation in der Sache im Sinne von Art. 81 Abs. 1 lit. b
Ziff. 5 BGG kann die Privatklägerschaft mit Beschwerde in Strafsachen eine
Verletzung ihrer Parteirechte rügen, die ihr nach dem Verfahrensrecht, der
Bundesverfassung oder der EMRK zustehen und deren Missachtung auf eine formelle
Rechtsverweigerung hinausläuft. Zulässig sind nur Rügen formeller Natur, die
von der Prüfung der Sache getrennt werden können. Das geforderte rechtlich
geschützte Interesse ergibt sich diesfalls aus der Berechtigung, am Verfahren
teilzunehmen. Nicht zu hören sind Rügen, die im Ergebnis auf eine materielle
Überprüfung des angefochtenen Entscheids abzielen (sog. "Star-Praxis"; BGE 141
IV 1 E. 1.1 mit Hinweisen).

Soweit ein verfassungsmässiger Anspruch auf Ausfällung der im Gesetz
vorgesehenen Strafen besteht, kann sich der Privatkläger, der Opfer eines
staatlichen Übergriffs geworden ist, nicht nur in verfahrensrechtlicher
Hinsicht, sondern auch in der Sache selbst gegen eine Verfahrenseinstellung zur
Wehr setzen. Die Rechtsprechung anerkennt gestützt auf Art. 10 Abs. 3 BV, Art.
3 und 13 EMRK, Art. 7 UNO-Pakt II sowie Art. 13 des UN-Übereinkommens gegen
Folter und andere grausame, unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder
Strafe einen Anspruch des Betroffenen auf wirksamen Rechtsschutz (BGE 141 IV
349 E. 3.4.2; 138 IV 86 E. 3.1.1; je mit Hinweisen). Um unter Art. 3 EMRK zu
fallen, muss eine Behandlung ein Mindestmass an Schwere erreichen und
körperliche Verletzungen oder intensive physische oder psychische Leiden mit
sich bringen (BGE 134 I 221 E. 3.2.1; 124 I 231 E. 2b).

1.2.

1.2.1. Der Beschwerdeführer hat Amtsdelikte sowie einfache Körperverletzungen
gegen einen Gerichtspräsidenten und einen Gerichtsschreiber, mithin Vorwürfe
gegen kantonale Angestellte im Rahmen amtlicher Tätigkeit beanzeigt. Die
Verfahrenseinstellung und Nichtanhandnahme kann sich von daher von vornherein
nicht auf zivilrechtliche Ansprüche auswirken (vgl. oben E. 1.1), was der
Beschwerdeführer auch nicht darlegt. Hinsichtlich der behaupteten
Körperverletzung lassen sich der Beschwerde zudem weder Ausführungen entnehmen,
worin jene bestehen soll, noch macht der Beschwerdeführer einen Schaden
geltend. Er ist daher nicht zur Beschwerde befugt und nicht zu hören, soweit er
die Einstellung und Nichtanhandnahme des Verfahrens rügt.

1.2.2. Gleichfalls nicht einzutreten ist auf die Rüge eines Verstosses gegen
das in Art. 3 EMRK statuierte Verbot der Folter oder der erniedrigenden
Behandlung und in diesem Zusammenhang das Recht auf wirksame Beschwerde nach
Art. 13 EMRK. Solches scheint der Beschwerdeführer darin zu erblicken, dass der
erstinstanzliche Gerichtspräsident einen Schauprozess veranstaltet habe, weil
er bereits vor der Hauptverhandlung vom angeblichen Interessenkonflikt des
Beschwerdeführers gewusst und diesen in seinen Ausführungen unterbrochen und
ihm die Fortführung des Vortrags untersagt habe. Soweit dieses Verhalten
überhaupt Verfahrensgegenstand bildet (vgl. oben), genügt es offensichtlich
nicht, um eine erniedrigende Behandlung im Sinne von Art. 3 und 13 EMRK
darzustellen. Dazu wären ein Mindestmass an Schwere sowie körperliche
Verletzungen oder intensive physische oder psychische Leiden erforderlich, was
der Beschwerdeführer nicht ansatzweise dartut. Dies gilt entgegen seiner
anscheinend vertretenen Auffassung auch dann, wenn sich das Opfer nur in seinen
eigenen Augen erniedrigt fühlt. Aus dem vom Beschwerdeführer angerufenen
Entscheid des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte (EGMR) in Sachen 
Bouyid gegen Belgien vom 28. September 2015, Nr. 23380/09, § 87 ergibt sich
nichts anderes. Nachgerade unerfindlich ist in diesem Zusammenhang, inwiefern
das Nichterheben sämtlicher Beweise im eröffneten Verfahren, insbesondere
betreffend die Behauptung, wonach das Hauptverhandlungsprotokoll nachträglich
verändert worden sei, gegen das Verbot von Folter oder erniedrigender
Behandlung verstossen soll. Selbst wenn im Übrigen ein zunächst zu Protokoll
genommenes Verbal hinsichtlich des Wortentzugs des Beschwerdeführers entfernt
worden sein sollte, wie er mutmasst, ist nicht erkennbar, inwiefern dies den
Verdacht eines einzig mit dem Ziel der Erniedrigung des Beschwerdeführers
durchgeführten Schauprozesses nähren würde. Ebenso wenig kann solches aus der
behaupteten sonstigen Fehlerhaftigkeit des Protokolls oder der Nichteröffnung
eines Verfahrens wegen Amtsmissbrauchs und fahrlässiger Falschbeurkundung im
Amt geschlossen werden.

Die Rüge fehlender Unabhängigkeit und Unparteilichkeit der Vorinstanz im Sinne
von Art. 6 EMRK substanziiert der Beschwerdeführer nicht, sodass darauf nicht
einzugehen ist.

1.2.3. Mit Bezug auf das bundesgerichtliche Verfahren erhebt der
Beschwerdeführer ausschliesslich Rügen, womit sich das Bundesgericht in
zahlreichen, ebenfalls ihn involvierenden Urteilen bereits ausführlich
auseinandergesetzt hat. Darauf ist mangels zureichender Begründung nicht
neuerlich einzugehen. So macht der Beschwerdeführer wiederum geltend,
angesichts der zahlreichen, ihn betreffenden Entscheide, worin das
Bundesgericht allenfalls selektiv auf seine Rügen eingegangen sei oder diese
ganz ignoriert habe, gewährleiste das Gericht keine effektive
Beschwerdemöglichkeit im Sinne von Art. 13 EMRK in Verbindung mit Art. 3 EMRK.
Ausserdem sei es nicht unabhängig gemäss Art 6 EMRK. Zu dieser hier nicht
substanziierten Rüge, hat sich das Bundesgericht zuletzt in den Urteilen 6B_430
/2019 vom 19. August 2019 E. 1; 6B_1124/2018 vom 18. März 2019 E. 2.1 und
6B_229/2019 vom 27. Mai 2019 E. 1 (mit Hinweisen) geäussert. Namentlich hat es
die Behauptung des Beschwerdeführers, wonach einzelne seiner Rügen ignoriert
worden seien, als haltlos verworfen. Der in diesem Zusammenhang erfolgte
Verweis auf den Entscheid des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte
(EGMR) in Sachen Uche gegen die Schweiz vom 17. April 2018, Nr. 12211/09 geht
daher an der Sache vorbei.

Auch eine systematische, zielgerichtete Verletzung seiner Konventionsrechte
durch das Bundesgericht legt der Beschwerdeführer nicht dar (vgl. dazu
ebenfalls Urteil 6B_229/2019 vom 27. Mai 2019 E. 1 mit Hinweisen). Wie das
Bundesgericht bereits mehrfach ausgeführt hat, ist solches insbesondere nicht
darin zu erblicken, dass das Gericht einen Grossteil seiner formellen Rügen
verworfen hat. Entgegen seiner Darstellung hat es sich zudem stets sachlich mit
seinen Vorbringen auseinandergesetzt und diese teilweise geschützt. Von einer
feindseligen Einstellung gegenüber dem Beschwerdeführer kann keine Rede sein
(vgl. dazu 6B_1124/2018 vom 18. März 2019 E. 2.1.3). Schliesslich ist nicht
ersichtlich, dass das Bundesgericht auf gewisse, vom Beschwerdeführer nicht
näher genannte Rügen nicht eingetreten wäre, um mangels Ausschöpfung des
Instanzenzugs systematisch Konventionsrechte zu unterlaufen. Einen Verstoss
gegen das Verbot des Missbrauchs der Konventionsrechte durch einen Staat, eine
Gruppe oder eine Person gemäss Art. 17 EMRK, welchen der Beschwerdeführer unter
Hinweis auf die Urteile des EGMR in Sachen Navalnyy gegen Russland vom 15.
November 2018, Nr. 29580/12 und Barsan gegen Rumänien vom 2. Februar 2016, Nr.
79917/13, behauptet, begründet er nicht.

2. 

Auf die Beschwerde ist nicht einzutreten. Ausgangsgemäss hat der
Beschwerdeführer die Gerichtskosten zu tragen, da sein Gesuch um unentgeltliche
Rechtspflege aussichtslos ist. Den finanziellen Verhältnissen des
Beschwerdeführers ist bei der Kostenfestsetzung Rechnung zu tragen (Art. 64
Abs. 1, 65 Abs. 2 und 66 Abs. 1 BGG).

 Demnach erkennt das Bundesgericht:

1. 

Auf die Beschwerde wird nicht eingetreten.

2. 

Das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege wird abgewiesen.

3. 

Der Beschwerdeführer trägt die Gerichtskosten von Fr. 1'200.--.

4. 

Dieses Urteil wird den Parteien und dem Obergericht des Kantons Bern,
Beschwerdekammer in Strafsachen, schriftlich mitgeteilt.

Lausanne, 18. September 2019

Im Namen der Strafrechtlichen Abteilung

des Schweizerischen Bundesgerichts

Der Präsident: Denys

Der Gerichtsschreiber: Matt