Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

Strafrechtliche Abteilung, Beschwerde in Strafsachen 6B.535/2019
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Bundesgericht

Tribunal fédéral

Tribunale federale

Tribunal federal

               

6B_535/2019

Urteil vom 13. November 2019

Strafrechtliche Abteilung

Besetzung

Bundesrichter Denys, Präsident,

Bundesrichter Rüedi,

Bundesrichterin Jametti,

Gerichtsschreiber Moses.

Verfahrensbeteiligte

A.________,

vertreten durch Advokat Dr. Nicolas Roulet,

Beschwerdeführer,

gegen

1. Staatsanwaltschaft des Kantons Basel-Stadt,

2. Basellandschaftliche Gebäudeversicherung,

Beschwerdegegnerinnen.

Gegenstand

Fahrlässige Verursachung einer Feuersbrunst, Zivilforderung,

Beschwerde gegen das Urteil des Appellationsgerichts des Kantons Basel-Stadt,
Dreiergericht, vom 18. Dezember 2018 (SB.2017.6).

Sachverhalt:

A. 

Das Strafgericht des Kantons Basel-Stadt erklärte A.________ am 2. November
2016 der fahrlässigen Verursachung einer Feuersbrunst sowie eines weiteren
Delikts schuldig. Es bestrafte ihn mit einer bedingten Geldstrafe von 75
Tagessätzen zu Fr. 80.-- und verpflichtete ihn im Zivilpunkt zur Zahlung von
Fr. 37'534.65 an die Basellandschaftliche Gebäudeversicherung. Gegen dieses
Urteil erhob A.________ Berufung.

B. 

Das Appellationsgericht Basel-Stadt erklärte A.________ am 18. Dezember 2018
der fahrlässigen Verursachung einer Feuersbrunst schuldig. Es bestrafte ihn mit
einer bedingten Geldstrafe von 30 Tagessätzen zu Fr. 110.--. Es verpflichtete
A.________, der Basellandschaftlichen Gebäudeversicherung Fr. 22'384.65 als
Schadenersatz zu bezahlen. Für den Mehrbetrag (in der Höhe von Fr. 15'150.--)
verwies es die Zivilklage auf den Zivilweg.

C. 

A.________ führt Beschwerde in Strafsachen. Er beantragt, das Urteil des
Appellationsgerichts sei aufzuheben und er sei vom Vorwurf der fahrlässigen
Verursachung einer Feuersbrunst freizusprechen. Die Zivilklage der
Basellandschaftlichen Gebäudeversicherung sei abzuweisen, eventualiter auf den
Zivilweg zu verweisen.

Erwägungen:

1.

1.1. Der Beschwerdeführer rügt, es liege keine Fahrlässigkeit vor. Die
Vorinstanz erwägt hierzu, dass der Beschwerdeführer eine Zigarette geraucht
habe und diese in einem Aschenbecher, sei dieser mit ein wenig Wasser gefüllt
gewesen oder nicht, nur ungenügend gelöscht habe. Daraufhin habe er den Inhalt
des Aschenbechers im Müllsack entsorgt, womit er einen Brand ausgelöst habe. Es
sei unerheblich, ob der Beschwerdeführer die Zigarette "einfach blindlings" in
den Abfalleimer geworfen habe oder nicht, zumal es für Fahrlässigkeit genüge,
wenn er beim Entsorgen der Zigarette nicht diejenige Sorgfalt hat walten
lassen, die Aufgrund der Umstände sowie seiner Kenntnisse und Fähigkeiten
geboten gewesen wäre, um den voraussehbaren Erfolg zu verhindern. Diese
Sorgfalt hätte beispielsweise bedeutet, die Glut mit genügend Wasser
zuverlässig zu löschen oder den Zigarettenstummel im Aschenbecher zu lassen,
bis dieser vollständig ausgekühlt war. Darüber hinaus habe der Beschwerdeführer
die Gefahr eines Brandes voraussehen können. Es sei dem Beschwerdeführer zu
glauben, dass er sich darauf verlassen habe, dass die von ihm entsorgte
Zigarette keinen Brand auslösen würde. Wäre es anders, würde der Tatvorwurf
nicht auf fahrlässige, sondern auf eventualvorsätzliche Tatbegehung lauten. Es
sei indessen gerade das Wesen der Fahrlässigkeit, dass man eine Gefährdung
(pflichtwidrig) nicht bedenke oder (pflichtwidrig) darauf vertraue, es würden
keine Rechtsgüter verletzt. Massgebend sei damit die Erkennbarkeit einer
Gefahr, was bei dem zur Diskussion stehenden Vorgang - Entsorgen einer noch
glimmenden Zigarette im Abfallsack - zu bejahen sei. Es dürfe als allgemein
bekannt vorausgesetzt werden, dass man in keinem Fall noch glimmende
Gegenstände in Berührung mit brennbarem Material bringen dürfe, weil dies einen
Brand verursachen könne. Rauchern sei diese Problematik erst recht bewusst.
Zudem sei der Beschwerdeführer in seiner Denk- und Wahrnehmungsfähigkeit nicht
beeinträchtigt gewesen, womit er die von Glut ausgehende Gefahr habe erkennen
können. Dies gelte durchaus auch unter Anwendung eines individuell-konkreten
Massstabs. Dass bei früherer Gelegenheit nichts geschehen sei, ändere nichts
daran und könne nicht dazu führen, dass der Beschwerdeführer sich darauf
verlassen durfte, sein gefährliches Vorgehen sei korrekt. Schliesslich sei es
dem Beschwerdeführer ohne Weiteres möglich und zumutbar gewesen, sich
pflichtgemäss zu verhalten und die Zigarette fachgerecht zu entsorgen.

1.2. Der Beschwerdeführer macht zusammengefasst geltend, es sei nicht erstellt,
dass der Aschenbecher nicht mit Wasser gefüllt gewesen sei. Nach dem Grundsatz 
in dubio pro reo müsse deshalb angenommen werden, dass sich in diesem zumindest
etwas Wasser befunden habe. In objektiver Hinsicht sei der Tatbestand der
fahrlässigen Verursachung einer Feuersbrunst jedenfalls erfüllt. Er sei aber
irrtümlich davon ausgegangen, die Zigarette vollständig gelöscht zu haben.
Dabei handle es sich um einen Vorgang, den er täglich und damit routinemässig
ausübe. Bis zum damaligen Zeitpunkt sei nie etwas geschehen, womit er habe
annehmen können, dass er sich in diesem Zusammenhang immer korrekt verhalten
habe. Er habe sich aus seiner Sicht nicht anders verhalten als sonst. Subjektiv
habe er alles in seiner Macht stehende unternommen, um den eingetretenen Erfolg
abzuwenden. Strafrechtlich müsse ihm - anders als im Zivilrecht - ein
individueller Fahrlässigkeitsvorwurf gemacht werden können, was vorliegend
nicht der Fall sei. Ihm könnte höchstens der Vorwurf gemacht werden, dass er
das Vorhandensein seiner spezifischen Sicherheitsvorkehrungen vorgängig nicht
abschliessend überprüft habe und davon ausgegangen sei, der Aschenbecher sei
mit Wasser gefüllt gewesen. Diese Sachverhaltsvariante sei aber nicht angeklagt
worden.

1.3.

1.3.1. Fahrlässig handelt, wer die Folge seines Verhaltens aus pflichtwidriger
Unvorsichtigkeit nicht bedenkt oder darauf nicht Rücksicht nimmt (Art. 12 Abs.
3 StGB). Ein Schuldspruch wegen fahrlässiger Verursachung einer Feuersbrunst
gemäss Art. 222 Abs. 1 StGB setzt voraus, dass der Täter den Erfolg durch
Verletzung einer Sorgfaltspflicht verursacht hat. Sorgfaltswidrig ist die
Handlungsweise, wenn der Täter zum Zeitpunkt der Tat aufgrund der Umstände
sowie seiner Kenntnisse und Fähigkeiten die damit bewirkte Gefährdung der
Rechtsgüter des Opfers hätte erkennen können und müssen und wenn er zugleich
die Grenzen des erlaubten Risikos überschritten hat. Das Mass der im Einzelfall
zu beachtenden Sorgfalt richtet sich, wo besondere, der Unfallverhütung und der
Sicherheit dienende Normen ein bestimmtes Verhalten gebieten, in erster Linie
nach diesen Vorschriften. Fehlen solche, kann auf analoge Regeln privater oder
halbprivater Vereinigungen abgestellt werden, sofern diese allgemein anerkannt
sind. Dies schliesst nicht aus, dass der Vorwurf der Fahrlässigkeit auch auf
allgemeine Rechtsgrundsätze wie etwa den allgemeinen Gefahrensatz gestützt
werden kann (BGE 135 IV 56 E. 2.1; BGE 127 IV 62 E. 2d.; je mit Hinweisen). Die
Zurechenbarkeit des Erfolgs bedingt die Vorhersehbarkeit nach dem Massstab der
Adäquanz. Weitere Voraussetzung ist, dass der Erfolg vermeidbar war. Dabei wird
ein hypothetischer Kausalverlauf untersucht und geprüft, ob der Erfolg bei
pflichtgemässem Verhalten des Täters ausgeblieben wäre. Für die Zurechnung des
Erfolgs genügt, wenn das Verhalten des Täters mindestens mit einem hohen Grad
an Wahrscheinlichkeit die Ursache des Erfolgs bildete (BGE 135 IV 56 E. 2.1 mit
Hinweisen).

1.3.2. Ein individueller Massstab kommt hinsichtlich der Frage zur Anwendung,
ob der Täter die mit seiner Handlungsweise verbundene Gefahr hätte erkennen
können oder müssen. Dass das Entsorgen einer glimmenden Zigarette im Abfall zu
einem Brand führen konnte, war für den Beschwerdeführer erkennbar. Bereits aus
diesem Grund ist das Verhalten des Beschwerdeführers als sorgfaltswidrig zu
qualifizieren. Dass der Beschwerdeführer der Meinung war, die Zigarette
vollständig gelöscht zu haben, ist hingegen nicht von Belang. Es handelt sich
hierbei um ein subjektives Tatbestandselement, welches zur Begehung eines
(unbewussten) Fahrlässigkeitsdelikts nicht erforderlich ist (vgl. JOSÉ HURTADO
POZO, Droit pénal, partie générale, 2008, S. 447 f.). Unerheblich ist damit
auch, ob und gegebenenfalls wie viel Wasser sich im Aschenbecher befand. Die
Rüge ist unbegründet.

2.

2.1. Der Beschwerdeführer rügt weiter, die Vorinstanz sei der Ansicht, dass,
bis auf einen Betrag von Fr. 15'000.-- für den Ersatz der Küche, sämtliche von
der Gebäudeversicherung geltend gemachten Schadensposten zum Neuwert zu
ersetzende Beseitigungs- und Reparaturkosten darstellen würden. Dieser Meinung
könne nicht gefolgt werden. Mit Ausnahme des Schadens für Trocknungsarbeiten
würden sich sämtliche Schadensposten auf Instandstellungsarbeiten beziehen, die
beispielsweise auch bei einem ordentlichen Ersatz der Küche oder bei einem
Mieterwechsel anfallen würden. Insbesondere das Abschleifen und Versiegeln des
Parketts unterliege dem Zeitwert. Die Entsorgung der alten Küche und die
Anfertigung von Plänen für den Einbau einer neuen Küche seien nicht der
Feuersbrunst, sondern dem Ersatz der Küche geschuldet.

2.2. Dem Argument, dass die Entsorgung der alten Küche und die Planung der
neuen Küche nicht der Feuersbrunst, sondern dem Ersatz der Küche geschuldet
sei, kann nicht gefolgt werden. Diese Massnahmen wurden erst durch den vom
Beschwerdeführer verursachten Brand erforderlich und sind damit
entschädigungspflichtig.

Wird eine beschädigte Sache repariert, sind die Reparaturkosten zu ersetzen,
soweit diese den Zeitwert der Sache nicht übersteigen. Beim Ersatz der Sache
ist hingegen grundsätzlich nur der Zeitwert zu entschädigen (ROLAND BREHM,
Berner Kommentar, 4. Aufl. 2013, N. 21c ff. zu Art. 42 OR; CAROLE AUBERT, in:
Bohnet/Montini [Hrsg.], Droit du bail à loyer et à ferme, 2. Aufl. 2017, N. 32
zu Art. 267 OR). Vorteile, die dem Geschädigten durch die Schadensverursachung
entstehen, sind in der Regel anzurechnen (BREHM, a.a.O., N. 27 ff. zu Art. 42
OR). Dass die Kosten für das Abschleifen und Versiegeln des Parketts den
Zeitwert desselben übersteigen oder die Geschädigte dadurch einen Vorteil
erlangt hat, der allenfalls anzurechnen wäre, ist nicht ersichtlich.
Hinsichtlich der Kosten für die Entsorgung der alten Küche und die Planung der
neuen Küche stellt sich die Frage einer Reduktion der Entschädigung auf den
Zeitwert nicht, zumal der Geschädigte dadurch von vornherein keinen Vorteil
erlangen kann. Die Rüge ist unbegründet.

3. 

Die Beschwerde ist abzuweisen. Der Beschwerdeführer trägt die Kosten des
Verfahrens (Art. 66 Abs. 1 BGG).

Demnach erkennt das Bundesgericht:

1. 

Die Beschwerde wird abgewiesen.

2. 

Die Gerichtskosten von Fr. 3'000.-- werden dem Beschwerdeführer auferlegt.

3. 

Dieses Urteil wird den Parteien und dem Appellationsgericht des Kantons
Basel-Stadt, Dreiergericht, schriftlich mitgeteilt.

Lausanne, 13. November 2019

Im Namen der Strafrechtlichen Abteilung

des Schweizerischen Bundesgerichts

Der Präsident: Denys

Der Gerichtsschreiber: Moses