Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

Strafrechtliche Abteilung, Beschwerde in Strafsachen 6B.526/2019
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Bundesgericht

Tribunal fédéral

Tribunale federale

Tribunal federal

               

6B_526/2019

Urteil vom 14. November 2019

Strafrechtliche Abteilung

Besetzung

Bundesrichter Denys, Präsident,

Bundesrichter Rüedi,

Bundesrichterin Jametti,

Gerichtsschreiber Moses.

Verfahrensbeteiligte

Oberstaatsanwaltschaft des Kantons Luzern,

Beschwerdeführerin,

gegen

1. A.A.________,

2. A.B.________,

vertreten durch Rechtsanwalt Dr. Andreas Landtwing,

Beschwerdegegner.

Gegenstand

Mehrfache Gläubigerschädigung durch Vermögensminderung, Beschlagnahme

und Grundbuchsperre,

Beschwerde gegen das Urteil des Kantonsgerichts Luzern, 2. Abteilung, vom 10.
Januar 2019 (4M 18 47).

Sachverhalt:

A. 

Das Kriminalgericht Luzern erklärte A.A.________ am 5. Oktober 2017 der
mehrfachen Gläubigerschädigung durch die Übertragung von zwei Liegenschaften an
seine Ehefrau, A.B.________, schuldig. Es bestrafte ihn mit einer
Freiheitsstrafe von 3 Monaten als Zusatzstrafe zu einer früheren Verurteilung.
Gleichzeitig ordnete es die Verwertung der beiden Liegenschaften an. Gegen
dieses Urteil erhoben A.A.________ und A.B.________ (als Drittbetroffene)
Berufung. Die Staatsanwaltschaft erhob Anschlussberufung.

B. 

Das Kantonsgericht Luzern sprach A.A.________ am 10. Januar 2019 frei und hob
die Beschlagnahme über die beiden Liegenschaften auf.

C. 

Die Oberstaatsanwaltschaft des Kantons Luzern führt Beschwerde in Strafsachen.
Sie beantragt, das Urteil des Kantonsgerichts sei aufzuheben und die Sache zur
Neubeurteilung an die Vorinstanz zurückzuweisen.

Erwägungen:

1.

1.1. Die Beschwerdeführerin rügt, die Vorinstanz habe den Sachverhalt
willkürlich festgestellt.

Die Sachverhaltsfeststellung der Vorinstanz kann vor Bundesgericht nur gerügt
werden, wenn sie offensichtlich unrichtig ist oder auf einer Rechtsverletzung
im Sinne von Art. 95 BGG beruht und wenn die Behebung des Mangels für den
Ausgang des Verfahrens entscheidend sein kann (Art. 97 Abs. 1 BGG).
Offensichtlich unrichtig ist die Sachverhaltsfeststellung, wenn sie willkürlich
ist (BGE 143 IV 241 E. 2.3.1). Willkür liegt vor, wenn der angefochtene
Entscheid offensichtlich unhaltbar ist oder mit der tatsächlichen Situation in
klarem Widerspruch steht. Dass eine andere Lösung oder Würdigung ebenfalls
vertretbar oder gar zutreffender erscheint, genügt für die Annahme von Willkür
nicht (BGE 141 IV 305 E. 1.2). Eine entsprechende Rüge muss explizit
vorgebracht und substanziiert begründet werden (Art. 106 Abs. 2 BGG). Auf eine
rein appellatorische Kritik am angefochtenen Urteil tritt das Bundesgericht
nicht ein (BGE 142 III 364 E. 2.4).

1.2. Zu der am 3. Januar 2003 erfolgten Übertragung der landwirtschaftlichen
Liegenschaft C._________ erwägt die Vorinstanz, es sei nicht erwiesen, dass
A.B.________ keinen äquivalenten Preis bezahlt habe. Der objektive Tatbestand
von Art. 164 StGB sei damit nicht erfüllt (Urteil, S. 13). Ob dies auch
hinsichtlich des am 28. März 2003 übertragenen Grundstücks Nr. xxx, Grundbuch
D.________, der Fall sei, liess die Vorinstanz offen. Sie erwägt, dass der
subjektive Tatbestand von Art. 164 StGB ohnehin nicht erfüllt sei (Urteil, S.
15).

Zum subjektiven Tatbestand erwägt die Vorinstanz unter anderem, dass im
Zeitraum vom 22. Februar bis zum 13. Dezember 2002 bereits Betreibungen von
über einer Million Franken gegen A.A.________ ergangen waren, verschiedene
Liegenschaften mit betreibungsrechtlichen Verfügungsbeschränkungen belegt
worden seien und über sein Unternehmen E.________ AG am 28. Juni 2002 der
Konkurs eröffnet worden sei. Zudem habe A.A.________ in den Jahren 2000 bis
2002 private Darlehen zur Überbrückung geschäftlicher Engpässe von rund Fr.
5.16 Mio. aufgenommen, welche privat zu einer massiven Überschuldung geführt
hätten. Im Zeitpunkt der Übertragung der Liegenschaften sei deshalb - objektiv
betrachtet - ein Zwangsvollstreckungsverfahren gegen das private Vermögen von
A.A.________ nicht gänzlich auszuschliessen gewesen. Dennoch habe A.A.________
im Zeitpunkt der Liegenschaftsveräusserungen nicht im Bewusstsein einer
drohenden oder bereits laufenden Zwangsvollstreckung gehandelt. Vielmehr habe
er nachvollziehbar und glaubhaft damit gerechnet, die für die Wiederaufnahme
des Kiesabbaus notwendigen Bewilligungen zeitnah zu erhalten und damit die aus
seiner Sicht bloss vorübergehende schlechte finanzielle Situation aufbessern zu
können. Dies sei auch die Auffassung seiner Vertragspartner gewesen, die ihm
trotz der schlechten finanziellen Lage Darlehen in erheblichem Umfang gewährt
hätten. Das fehlende Bewusstsein um einen möglichen Konkurs in jener Zeit werde
schliesslich dadurch untermauert, dass der Konkurs tatsächlich erst am 14.
Dezember 2006, also rund dreieinhalb Jahre nach der Veräusserung des
Grundstücks Nr. xxx, erfolgt sei. Die Vorinstanz erwägt weiter, dass die
familiäre Situation von A.A.________ schwierig gewesen sei. Insbesondere habe
sich dieser durch seinen Bruder, A.C.________, bedroht gefühlt. In einem Fall
sei A.C.________ der versuchten Nötigung sowie der einfachen Körperverletzung
zum Nachteil von A.A.________ schuldig gesprochen worden. Es sei damit
nachvollziehbar, dass A.A.________ - für den Fall, dass ihm etwas zustossen
würde - habe verhindern wollen, dass die Liegenschaften Dritten oder
zerstrittenen Familienangehörigen zufallen.

1.3. Im Zusammenhang mit dem subjektiven Tatbestand bringt die
Beschwerdeführerin vor, dass A.A.________ selbstredend seine Geschäftspartner
von der baldigen Abbaubewilligung habe überzeugen müssen, ansonsten er von
ihnen keine Darlehen bekommen hätte. Es sei unklar, was diese über die
finanzielle Situation genau wussten; die F.________ AG habe zudem die als
Darlehensrückzahlungen vereinbarten Kieslieferungen nicht zeitnah, sondern
innerhalb einer fast fünfjährigen Frist verlangt. Das selbstständige und
dauernde Recht für den Abbau von Kies, Sand und anderen verwertbaren
Materialien sei zugunsten der F.________ AG verpfändet gewesen und stelle
keinen grossen Wert dar. Weiter bringt die Beschwerdeführerin vor, dass sich
die finanzielle Situation von A.A.________ trotz gegebener Abbaubewilligung
nicht verbessert habe und dieser sich insolvent erklären musste. Völlig ausser
Acht lasse die Vorinstanz, dass A.A.________ seit 2004 von der G.________ AG
geschäftlich und finanziell unterstützt worden sei, was dazu beigetragen habe,
dass eine Insolvenzerklärung erst 2006 und nicht früher unumgänglich geworden
sei. Darüber hinaus würden die Streitigkeiten zwischen A.A.________ und seinem
Bruder auf gegenseitigen Provokationen beruhen und A.A.________ sei nie
ernsthaft verletzt worden, was die Bedrohungssituation relativiere. Zudem
hätten die gerichtlich dokumentierten Vorfälle einige Zeit vor der Übertragung
der Liegenschaften stattgefunden. Es sei damit wahrscheinlich, dass
A.A.________ den Verlust der Liegenschaften befürchtet habe und sie deshalb auf
seine Ehefrau übertragen habe.

Die Beschwerdeführerin rügt weiter, dass die Vorinstanz einseitig und
willkürlich auf die Aussagen von A.A.________ abstelle und das gesamte Bild
völlig ausser Betracht lasse. So berücksichtige die Vorinstanz etwa die massive
private Überschuldung von A.A.________ nicht und lasse auch den Umstand ausser
Acht, dass dieser den Betreibungsbeamten anlässlich eines erfolglosen
Pfändungsversuchs im Jahr 2002 belogen habe. Hinzuweisen sei ebenfalls darauf,
dass A.A.________ im Zusammenhang mit dem Konkurs der E.________ AG vorsätzlich
Handlungen zur Schädigung der Gläubiger vorgenommen und sehr wohl daran gedacht
habe, seinen eigenen Vorteil zum Nachteil der Gläubiger durchzusetzen. Nachdem
A.A.________ sich zur Überbrückung geschäftlicher Engpässe in erheblichem Mass
auch privat verschuldet habe, habe er damit rechnen müssen, dass seine
Gläubiger im Geschäftskonkurs auch auf sein Privatvermögen zugreifen würden.

Weiter lasse die völlige Ahnungslosigkeit der Ehefrau nach Ansicht der
Vorinstanz keine Schlüsse darauf zu, ob es die Absicht von A.A.________ gewesen
sei, die Liegenschaften vor dem Zugriff der Gläubiger zu schützen oder seine
Familie abzusichern. Auch in diesem Zusammenhang würdige die Vorinstanz die
Indizien isoliert und einseitig. Schliesslich zeige eine Gegenüberstellung der
Vermögenswerte von A.A.________ vor und nach seinen finanziellen Problemen, wie
er systematisch Vermögenswerte an seine Ehefrau übertragen habe.

1.4. Was der Täter wusste, wollte oder in Kauf nahm, betrifft sogenannte innere
Tatsachen. Es handelt sich dabei um eine Tatfrage, welche das Bundesgericht nur
unter dem Blickwinkel der Willkür prüft (BGE 141 IV 369 E. 6.3). Die
Beschwerdeführerin setzt sich mit dem zentralen Argument der Vorinstanz nicht
auseinander, wonach A.A.________, als er die Liegeschaften veräusserte, zeitnah
mit einer Verbesserung seiner schlechten finanziellen Lage rechnen konnte. Eine
Beschwerdebegründung, welche Teile der vorinstanzlichen Argumente ausklammert,
genügt den Anforderungen von Art. 42 Abs. 2 und Art. 106 Abs. 2 BGG nicht. Auf
die Rüge, die Vorinstanz verneine hinsichtlich des Grundstücks Nr. xxx den
subjektiven Tatbestand von Art. 164 StGB zu Unrecht, ist deshalb nicht
einzutreten. Die Vorinstanz erstreckt inhaltlich ihre Überlegungen zur
subjektiven Tatbestandserfüllung auch auf die Veräusserung der Liegenschaft
C._________, womit auf die Frage, ob diese den Tatbestand von Art. 164 StGB
objektiv erfülle, nicht eingegangen zu werden braucht.

2. 

Auf die Beschwerde ist nicht einzutreten. Der unterliegenden Staatsanwaltschaft
sind keine Kosten aufzuerlegen (Art. 66 Abs. 4 BGG). Die Beschwerdegegner haben
keinen Anspruch auf eine Parteientschädigung, zumal sie nicht zur
Vernehmlassung eingeladen worden sind.

 Demnach erkennt das Bundesgericht:

1. 

Auf die Beschwerde wird nicht eingetreten.

2. 

Es werden keine Kosten erhoben.

3. 

Dieses Urteil wird den Parteien und dem Kantonsgericht Luzern, 2. Abteilung,
schriftlich mitgeteilt.

Lausanne, 14. November 2019

Im Namen der Strafrechtlichen Abteilung

des Schweizerischen Bundesgerichts

Der Präsident: Denys

Der Gerichtsschreiber: Moses