Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

Strafrechtliche Abteilung, Beschwerde in Strafsachen 6B.389/2019
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Bundesgericht

Tribunal fédéral

Tribunale federale

Tribunal federal

               

6B_389/2019

Urteil vom 28. Oktober 2019

Strafrechtliche Abteilung

Besetzung

Bundesrichter Denys, Präsident,

Bundesrichterin Jacquemoud-Rossari,

Bundesrichter Oberholzer, Rüedi,

Bundesrichterin Jametti,

Gerichtsschreiber Boog.

Verfahrensbeteiligte

A.________,

vertreten durch Rechtsanwalt Markus Bischoff,

Beschwerdeführerin,

gegen

Generalstaatsanwaltschaft des Kantons Thurgau,

Beschwerdegegnerin.

Gegenstand

Mehrfacher teilweise gewerbsmässiger Betrug, Pfändungsbetrug usw.,
Abwesenheitsurteil, wirksame amtliche Verteidigung,

Beschwerde gegen den Entscheid des Obergerichts des Kantons Thurgau vom 23.
Januar 2019 (SBR.2018.26).

Sachverhalt:

A.

Die Staatsanwaltschaft des Kantons Thurgau erhob am 25. Oktober 2007 Anklage
gegen A.________ wegen verschiedener Vermögens- und Urkundendelikte sowie
Widerhandlungen gegen das Strassenverkehrsgesetz. A.________ hatte im Herbst
2006 ihren Wohnsitz nach Kanada verlegt.

B.

B.a. Das Bezirksgericht Münchwilen erklärte A.________ am 21. Februar 2008 im
Abwesenheitsverfahren des mehrfachen gewerbsmässigen Betruges, der mehrfachen
Veruntreuung, des Pfändungsbetruges, der Misswirtschaft, der Unterlassung der
Buchführung, der Verfügung über mit Beschlag belegte Vermögenswerte, der
mehrfachen Fälschung von Ausweisen sowie der Widerhandlung gegen das
Strassenverkehrsgesetz schuldig und verurteilte sie zu einer Freiheitsstrafe
von 30 Monaten und einer Busse von Fr. 240.--, bei schuldhafter Nichtbezahlung
umwandelbar in eine Ersatzfreiheitsstrafe von drei Tagen. Ferner entschied es
über die Einziehung der beschlagnahmten Vermögenswerte und verpflichtete
A.________ zur Zahlung von Schadenersatz an die Geschädigten. Von der Anklage
der mehrfachen Urkundenfälschung und der einfachen Verletzung von
Verkehrsregeln in einem Punkt sprach es sie frei.

B.b. Am 10. Januar 2013 wurde das Urteil des Bezirksgerichts Münchwilen der
Beurteilten persönlich übergeben. Diese stellt am gleichen Tag ein Gesuch um
Neubeurteilung, welchem das Bezirksgericht Münchwilen mit Beschluss vom 2. Mai
2013 stattgab. Der neu angesetzten Hauptverhandlung vom 14. November 2013 blieb
A.________ fern. An der abermals neu angesetzten Hauptverhandlung, an welcher
A.________ wiederum nicht teilnahm, bestätigte das Bezirksgericht Münchwilen am
6. Februar 2014 das Urteil vom 21. Februar 2008. Eine gegen diesen Entscheid
geführte Beschwerde hiess das Obergericht des Kantons Thurgau mit Urteil vom
11./23. September 2014 gut und wies die Sache zur neuen Entscheidung an das
Bezirksgericht zurück.

B.c. Mit Urteil vom 20. März 2018 erklärte das Bezirksgericht Münchwilen
A.________ erneut des mehrfachen gewerbsmässigen Betruges, der mehrfachen
Veruntreuung und weiterer Vermögensdelikte sowie der mehrfachen Widerhandlungen
gegen das Strassenverkehrsgesetz schuldig und verurteilte sie zu einer
Freiheitsstrafe von 20 Monaten. In einzelnen Anklagepunkten sprach es sie frei,
in einem Punkt stellte es das Verfahren zufolge Verjährung ein. Den Vollzug der
Freiheitsstrafe schob es zugunsten einer ambulanten psychotherapeutischen
Massnahme auf. Ferner entschied es über die Einziehung der beschlagnahmten
Vermögenswerte und die geltend gemachten Zivilforderungen.

B.d. Das Obergericht des Kantons Thurgau hiess eine von A.________ gegen dieses
Urteil erhobene Berufung am 23. Januar 2019 teilweise gut und verurteilte sie
wegen mehrfacher Veruntreuung, Pfändungsbetruges, Misswirtschaft, Unterlassung
der Buchführung, Verfügung über mit Beschlag belegte Vermögenswerte, mehrfacher
Fälschung von Ausweisen sowie wegen mehrfacher einfacher
Verkehrsregelverletzungen zu einer Freiheitsstrafe von 12 Monaten. Von der
Anklage des mehrfachen teilweise gewerbsmässigen Betruges, der
Urkundenfälschung und des Missbrauchs von Ausweisen und Kontrollschildern
sprach es sie frei. In einem Punkt stellte es das Verfahren zufolge Verjährung
ein. In Bezug auf die Anordnung einer ambulanten psychotherapeutischen
Behandlung und den Aufschub des Vollzugs der Freiheitsstrafe bestätige es den
erstinstanzlichen Entscheid. Schliesslich verurteilte es A.________ zur Zahlung
von Schadenersatz an zwei Privatkläger als Solidargläubiger; im Übrigen verwies
es die Schadenersatzforderungen auf den Zivilweg.

C.

A.________ führt Beschwerde in Strafsachen, mit der sie beantragt, das
angefochtene Urteil sei aufzuheben und die Sache zur Neubeurteilung an die
Vorinstanz zurückzuweisen. Eventualiter sei das Verfahren in Bezug auf die
Anklagepunkte 1 bis 3, 12 sowie auf den Anklagepunkt 5, soweit Handlungen vor
dem 20. März 2003 umschrieben würden, zufolge Verjährung einzustellen. Ferner
sei sie in den Anklagepunkten 5, soweit Handlungen nach dem 20. März 2003
betreffend, und 7 von Schuld und Strafe freizusprechen. Im Anklagepunkt 4 sei
sie der Unterlassung der Buchführung und der Misswirtschaft schuldig zu
erklären und angemessen zu bestrafen. Der beschlagnahmte Betrag von CHF
3'488.15 sei freizugeben; der beschlagnahmte Betrag von CHF 21'353.45 sei der
Konkursmasse B.________ AG zu überweisen. Die Zivilforderungen seien auf den
Zivilweg zu verweisen.

Subeventualiter beantragt A.________, sie sei in den Anklagepunkten 1 bis 4 des
Pfändungsbetruges, der mehrfachen Fälschung von Ausweisen, der Verfügung über
mit Beschlag belegte Vermögenswerte der Unterlassung der Buchführung und der
Misswirtschaft sowie der mehrfachen Verkehrsregelverletzung, mit Ausnahme
derjenigen vom 10. Dezember 2004 schuldig, von den übrigen Anklagepunkten aber
freizusprechen. Sie sei zu einer Geldstrafe von 120 Tagessätzen zu CHF 30.--,
mit bedingtem Strafvollzug bei einer Probezeit von 3 Jahren, sowie zu einer
Busse von CHF 300.-- zu verurteilen. Im Weiteren sei ihr die Weisung zu
erteilen, eine Psychotherapie zu absolvieren; eventualiter sei eine Massnahme
gemäss Art. 63 StGB auszusprechen und die Strafe zugunsten der Massnahme
aufzuschieben. Schliesslich ersucht sie um Gewährung der unentgeltlichen
Rechtspflege.

D.

Das Obergericht und die Staatsanwaltschaft des Kantons Thurgau beantragen in
ihren Vernehmlassungen die Abweisung der Beschwerde. A.________ hat auf
Stellungnahme hiezu stillschweigend verzichtet.

Erwägungen:

1.

Der Instruktionsrichter der Strafrechtlichen Abteilung des Bundesgerichts hat
am 10. September 2019 die Generalstaatsanwaltschaft des Kantons Thurgau zur
Vernehmlassung eingeladen. Die Vernehmlassung ist von Staatsanwalt C.________
der Staatsanwaltschaft Frauenfeld, der die Anklage in der letzten Verhandlung
vor dem Bezirksgericht sowie vor der Vorinstanz vertreten hat, eingereicht
worden.

Nach der Rechtsprechung ist zur Beschwerde in Strafsachen gemäss Art. 81 Abs. 1
lit. b Ziff. 3 BGG die oberste kantonale Anklagebehörde und nicht der einzelne
Staatsanwalt zur Beschwerde legitimiert (Urteil 6B_949/2013 vom 3. Februar 2014
E. 2; vgl. auch THOMMEN/FAGA, in: Basler Kommentar, Bundesgerichtsgesetz, 3.
Aufl. 2018, N 17 zu Art. 81 BGG). In Kantonen, bei denen eine staatsanwaltliche
Behörde für die Strafverfolgung aller Straftaten im ganzen Kantonsgebiet
zuständig ist, ist nur diese Behörde zur Beschwerde berechtigt (BGE 142 IV 196
E. 1.5.2).

Dieselben Grundsätze gelten in Bezug auf die Zuständigkeit zur Einreichung
einer Vernehmlassung. Gemäss § 1 Abs. 1 der Verordnung des Regierungsrates des
Kantons Thurgau über die Organisation der Staatsanwaltschaft vom 21. September
2010 steht die Staatsanwaltschaft unter der Leitung der Generalstaatsanwältin
oder des Generalstaatsanwaltes und gliedert sich in die Abteilungen
Generalstaatsanwaltschaft, Staatsanwaltschaft für Wirtschaftsstraffälle und
organisierte Kriminalität, Staatsanwaltschaften Bischofszell, Frauenfeld sowie
Kreuzlingen und Jugendanwaltschaft. Nach § 3 Abs. 1 derselben Verordnung ist
Amtsgebiet der Generalstaatsanwaltschaft, der Staatsanwaltschaft für
Wirtschaftsstraffälle und organisierte Kriminalität und der Jugendanwaltschaft
das gesamte Kantonsgebiet; das Amtsgebiet der Abteilung Frauenfeld ist auf die
entsprechende Region beschränkt (vgl. Anhang 1 zur kantonalen Verordnung). Der
Staatsanwalt der Staatsanwaltschaft Frauenfeld ist somit zur Einreichung einer
Vernehmlassung nicht zuständig. Die Vernehmlassung ist daher unbeachtlich.

2.

2.1. Die Beschwerdeführerin rügt zunächst eine Verletzung elementarer
prozessualer Grundsätze bei der Durchführung der Berufungsverhandlung. So habe
die Präsidentin der Vorinstanz bei der Verfahrenseröffnung die anwesenden
Gerichtsmitglieder nicht vorgestellt, so dass den Parteien die Zusammensetzung
des Spruchkörpers nicht bekannt gewesen sei. Zudem sei sie von der
Verfahrensleiterin nur äusserst knapp befragt worden. Eine eigentliche
Befragung zum Sachverhalt und zu den einzelnen Anklagepunkten sei nicht
erfolgt. Sie (sc. die Beschwerdeführerin) habe auf die erste Frage der
Vorsitzenden erklärt, sie sei in der erstinstanzlichen Verhandlung nicht zu
allen Punkten befragt worden, weshalb sie Berufung erhoben habe. Daraufhin sei
die Präsidentin, ohne ihr Gelegenheit für Ergänzungen zu geben, direkt zur
Befragung über die aktuelle Wohnadresse und ihre Therapie übergegangen. Sie
(sc. die Beschwerdeführerin) habe daher die ihr wichtigen Punkte erst im
Schlusswort vorbringen können. Die Präsidentin habe darüber hinaus auch nicht
geklärt, ob Vorfragen aufgeworfen würden. Die Vorinstanz habe sich namentlich
geweigert, die Vorfrage der Verjährung zu klären. Nach Beanstandung dieses
Umstands sei die Verteidigung auf das Schlussplädoyer verwiesen worden. Den
Parteien sei vor Abschluss des Beweisverfahrens auch keine Gelegenheit zur
Stellung weiterer Beweisanträge gegeben worden. Schliesslich habe die
Vorinstanz die mit der Berufungserklärung gestellten Beweisergänzungsanträge
weder vor noch während der Verhandlung beurteilt. Diese seien auch im
angefochtenen Urteil nur rudimentär behandelt worden (Beschwerde S. 5 ff.).

2.2.

2.2.1. Das Rechtsmittelverfahren richtet sich nach den allgemeinen Bestimmungen
der Strafprozessordnung, soweit der Titel über die Rechtsmittel keine
besonderen Bestimmungen enthält (Art. 379 StPO). Es setzt das Strafverfahren
fort und knüpft an die bereits erfolgten Verfahrenshandlungen, namentlich die
durchgeführten Beweiserhebungen an. Gemäss Art. 389 Abs. 1 StPO beruht es auf
den Beweisen, die im Vorverfahren und im erstinstanzlichen Hauptverfahren
erhoben worden sind (vgl. Art. 343 Abs. 3 i.V.m. 405 Abs. 1 StPO). Soweit das
erstinstanzliche Gericht indes Beweisvorschriften verletzt hat, die
Beweiserhebungen unvollständig waren oder die Akten über die Beweiserhebungen
unzuverlässig erscheinen, werden die Beweisabnahmen im Rechtsmittelverfahren
wiederholt (Art. 389 Abs. 2 lit. a-c StPO). Zudem erhebt die
Rechtsmittelinstanz von Amtes wegen oder auf Antrag einer Partei die
erforderlichen zusätzlichen Beweise (Art. 389 Abs. 3 StPO; BGE 143 IV 408 E.
6.2.1).

Die Berufung gemäss Art. 398 Abs. 1 StPO ist als primäres Rechtsmittel gegen
erstinstanzliche Urteile grundsätzlich als mündliches, kontradiktorisches
Verfahren ausgestaltet. Die mündliche Berufungsverhandlung richtet sich gemäss
Art. 405 Abs. 1 StPO nach den Bestimmungen über die erstinstanzliche
Hauptverhandlung, mit der Folge, dass sowohl Art. 341 Abs. 3 als auch Art. 343
Abs. 3 StPO zur Anwendung gelangen (Art. 405 Abs. 1 StPO; BGE 144 I 234 E.
5.6.2; 143 IV 288 E. 1.4.2 und 408 E. 6.2,; Urteile 6B_145/2018 vom 21. März
2019 E. 2.3; 6B_1330/2017 vom 10. Januar 2019 E. 2; 6B_903/2018 vom 14.
Dezember 2018 E. 3.1, in: Pra, 82/2019 S. 817; je mit Hinweisen).

Nach der neueren Rechtsprechung kann auf eine Befragung der beschuldigten
Person im mündlichen Berufungsverfahren nicht verzichtet werden. Art. 341 Abs.
3 i.V.m. Art. 405 Abs. 1 StPO garantiert zum einen als Ausfluss des Anspruchs
auf rechtliches Gehör das persönlichkeitsbezogene Mitwirkungsrecht der
beschuldigten Person im gegen sie geführten Strafverfahren. Zum anderen kommt
ihrer Befragung auch beweisrechtlich in Bezug auf den Schuld- und Strafpunkt in
aller Regel entscheidrelevante Bedeutung zu. Die Intensität der Befragung hängt
dabei insbesondere von der Schwere des Anklagevorwurfs und der Beweislage ab.
Soweit die beschuldigte Person bereits im erstinstanzlichen Gerichtsverfahren
zur Sache befragt worden ist, muss sie in der Berufungsverhandlung nicht mehr
in der selben Einlässlichkeit einvernommen werden. Dass sie bereits im
erstinstanzlichen Verfahren zur Sache und Person befragt worden ist, macht ihre
erneute Einvernahme im mündlichen Berufungsverfahren aber nicht entbehrlich.
Die Bestimmung von Art. 389 StPO relativiert Art und Umfang der erforderlichen
Befragung lediglich insofern, als diese einerseits auf die noch strittigen
Punkte beschränkt ist und andererseits die bereits (prozesskonform) erhobenen
Aussagen verwertbar bleiben. Dass sich die beschuldigte Person im Rahmen ihres
letzten Wortes zur Sache äussern kann und dass die Verteidigung die Befragung
zur Sache allenfalls nicht ausdrücklich beantragt hat, soll in diesem Kontext
ohne Bedeutung sein. Die Verfahrensleitung muss der beschuldigten Person
aufgrund der richterlichen Fürsorgepflicht und in Nachachtung des
Untersuchungsgrundsatzes die Möglichkeit einräumen, sich zu den gegen sie
erhobenen Vorwürfen zu äussern und diejenigen Umstände vorzubringen, die ihrer
Verteidigung und der Klärung des Sachverhalts dienen könnten. Dabei obliegt es
der Verfahrensleitung, den gesetzlich vorgeschriebenen Verfahrensgang
sicherzustellen (BGE 143 IV 288 E. 1.4.1-1.4.4; Urteile 6B_145/2018 vom 21.
März 2019 E. 2.3; 6B_1330/2017 vom 10. Januar 2019 E. 3.1; 6B_886/2017 vom 26.
März 2018 E. 1.3.2; 6B_422/2017 vom 12. Dezember 2017 E. 4.3.2 mit Hinweisen).

2.2.2. Gemäss Art. 339 Abs. 1 i.V.m. Art. 405 Abs. 1 StPO eröffnet die
Verfahrensleitung die Hauptverhandlung, gibt die Zusammensetzung des Gerichts
bekannt und stellt die Anwesenheit der vorgeladenen Personen fest. Gemäss Abs.
2 derselben Bestimmung können das Gericht und die Parteien anschliessend
Vorfragen, insbesondere etwa zu der Gültigkeit der Anklage, den
Prozessvoraussetzungen oder allfälligen Verfahrenshindernissen (lit. a bis c)
aufwerfen. Das Gericht entscheidet unverzüglich über die Vorfragen, nachdem es
den anwesenden Parteien das rechtliche Gehör gewährt hat (Abs. 3). Nach Art.
345 StPO gibt das Gericht den Parteien vor Abschluss des Beweisverfahrens
Gelegenheit, weitere Beweisanträge zu stellen.

2.3. Gemäss dem Protokoll der Berufungsverhandlung vom 23. Januar 2019 fragte
die Obergerichtspräsidentin nach Eröffnung der Verhandlung die
Beschwerdeführerin, ob sie sich noch einmal einzeln zu den ihr vorgeworfenen
Tatbeständen äussern wolle. Die Beschwerdeführerin antwortete hierauf, sie habe
vor der ersten Instanz schon dasselbe gesagt, was sie auch jetzt sage. Sie
überlasse es ihrem Verteidiger. Sie sei aber nicht zu allem befragt worden.
Dies sei einer der Gründe, weshalb sie das Abwesenheitsurteil neu beurteilt
haben wollten. Es seien leider genau die Dinge, die nicht untersucht worden
seien, wieder nicht angeschaut worden. Anschliessend an diese Erklärung stellte
die Obergerichtspräsidentin der Beschwerdeführerin die Frage, ob ihre Adresse
immer noch aktuell sei und ob sie immer noch beim selben Therapeuten in
Behandlung sei und erkundigte sich, wie es bezüglich des IV-Verfahrens aussehe.
Im Anschluss daran gab sie Gelegenheit für weitere Fragen seitens des Gerichts,
der Verteidigung oder der Staatsanwaltschaft. Der Verteidiger wollte daraufhin
vorfrageweise die Frage der Verjährung aufwerfen. Die Präsidentin erwiderte,
der Verteidiger habe dies bereits in der erstinstanzlichen Verhandlung gemacht.
Sie hätten beschlossen, alles zusammen zu behandeln und die
Verjährunsproblematik nicht als Vorfrage zu klären, so dass der Verteidiger zu
allen Teilen gemeinsam plädieren solle (Protokoll der Berufungsverhandlung,
Akten des Obergerichts, act. 18 S. 1-3).

2.4. Die Verhandlungsführung der Präsidentin der Vorinstanz verletzt
Bundesrecht. Um den gesetzlichen Anforderungen eines Berufungsverfahrens zu
genügen, hätte die Vorinstanz die Beschwerdeführerin aufgrund ihrer
richterlichen Fürsorgepflicht von Amtes wegen befragen und ihr in Nachachtung
des Untersuchungsgrundsatzes die Möglichkeit einräumen müssen, sich zu den
gegen sie erhobenen Vorwürfen zu äussern und die ihrer Verteidigung und der
Klärung des Sachverhalts dienenden Umstände vorzubringen (vgl. oben E. 2.2.1;
Urteil 6B_1330/2017 vom 10. Januar 2019 E. 3.1). Dass die Beschwerdeführerin
zunächst erklärt hat, sie wolle "es dem Verteidiger überlassen", ändert daran
nichts, zumal sie im Anschluss daran explizit vorgebracht hat, sie sei im
erstinstanzlichen Verfahren nicht zu allen Punkten befragt worden, weshalb sie
Berufung erhoben habe; es seien genau die Dinge, die nicht untersucht worden
seien wieder nicht angeschaut worden (Protokoll der Berufungsverhandlung, Akten
des Obergerichts, act. 18 S. 1 f.). Wie die Beschwerdeführerin zu Recht
ausführt (Beschwerde S. 6), liegt in der Verweisung auf ihren Verteidiger
jedenfalls kein ausdrücklicher Verzicht auf eine Befragung. Von einer solchen
hätte gegebenenfalls ohnehin nur dann abgesehen werden können, wenn der
Sachverhalt unbestritten und nicht angefochten gewesen wäre, was vorliegend
nicht der Fall war (vgl. BGE 143 IV 288 E. 1.4.4). Die Obergerichtspräsidentin
hätte sich daher nicht mit Fragen zur Wohnadresse und zur Fortdauer der
Psychotherapie begnügen dürfen, sondern die Beschwerdeführerin eingehend zur
Sache befragen müssen.

Demgegenüber ist nicht zu beanstanden, dass die Verfahrensleiterin den Parteien
vor dem Abschluss des Beweisverfahrens nicht explizit Gelegenheit gegeben hat,
weitere Beweisanträge zu stellen (BGE 143 IV 214 E. 5.4 mit Hinweisen). Der
Beschwerdeführerin wäre es unabhängig von einer ausdrücklichen Aufforderung
möglich gewesen, bis zum Abschluss des Beweisverfahrens Beweisanträge zu
stellen (Urteil 6B_542/2016 vom 5. Mai 2017 E. 3.4.3).

Die Beschwerde erweist sich in diesem Punkt teilweise als begründet. Damit kann
offenbleiben, ob schon der Umstand, dass die Zusammensetzung des Gerichts zu
Beginn der Hauptverhandlung nicht bekannt gegeben worden ist (Art. 339 Abs. 1,
335 Abs. 1 und 201 Abs. 1 StPO), zur Aufhebung des angefochtenen Urteils führen
muss (vgl. hiezu HAURI/VENETZ, in: Basler Kommentar, Schweizerische
Strafprozessordnung, 2. Aufl. 2014, N 6 zu Art. 339). Dass die Zusammensetzung
des Gerichts bereits mit der Vorladung bzw. beim Ansetzen der Hauptverhandlung
mitgeteilt worden ist (Art. 331 Abs. 1 StPO; Vernehmlassung des Obergerichts S.
1), befreit das Gereicht nicht von der Bekanntgabe der Zusammensetzung des
Spruchkörpers, zumal sich diese unter Umständen geändert haben kann.

Bei diesem Ergebnis ist das angefochtene Urteil aufzuheben. Aus
prozessökonomischen Gründen rechtfertigen sich indes folgende Erwägungen zu
zwei weiteren Rügen der Beschwerdeführerin.

3.

3.1. Die Beschwerdeführerin macht in Bezug auf die Verjährung geltend, die ihr
in den Anklagepunkten 1-3, 5 und 12 vorgeworfenen strafbaren Handlungen seien
im Zeitpunkt des erstinstanzlichen Urteils vom 20. März 2018 verjährt gewesen.
Die Vorinstanz sei zu Unrecht zum Schluss gelangt, die Verjährung habe ab dem
Datum des Abwesenheitsurteils vom 21. Februar 2008 geruht. Diese sogenannte
Ruhetheorie stehe im Widerspruch zum Zweck des Instituts der Verjährung. Folge
man dieser Auffassung, hätte im vorliegenden Fall über einen Zeitraum von zehn
Jahren die Strafverfolgung geruht. Die Taten aus dem Jahr 2001 könnten
demzufolge immer noch beurteilt werden, obwohl das Strafbedürfnis sich mit dem
Zeitablauf erheblich vermindert habe und sich erhebliche Beweisprobleme
stellten. Im Übrigen habe nicht sie es zu vertreten, dass die erstinstanzliche
Hauptverhandlung erst fünf Jahre nach Aushändigung des Abwesenheitsurteils habe
durchgeführt werden können (Beschwerde S. 7 ff.). Im Weiteren macht die
Beschwerdeführerin geltend, die Vorinstanz fasse das Abwesenheitsurteil zu
Unrecht verjährungsrechtlich als erstinstanzliches Urteil auf. Damit verkenne
sie, dass das Abwesenheitsurteil nach Gutheissung des Gesuchs um Neubeurteilung
mit der Fällung eines neuen erstinstanzlichen Urteils dahinfalle. Es müsse
verjährungsrechtlich insofern gleich behandelt werden wie der Strafbefehl. Im
zu beurteilenden Fall könne mithin erst das Urteil des Bezirksgerichts
Münchwilen vom 20. März 2018 als erstinstanzliches Urteil gelten (Beschwerde S.
10 f.).

3.2. Die Vorinstanz nimmt an, nach dem seit dem 1. Oktober 2002 geltenden
Verjährungsrecht könnten Straftaten nach Fällung des erstinstanzliches Urteil
nicht mehr verjähren. Als erstinstanzliches Urteil gelte auch ein im
Abwesenheitsverfahren ergangenes Urteil. Bei den Straftaten, welche die
Beschwerdeführerin nach dem 1. Oktober 2002 begangen habe, könne die
Verfolgungsverjährung daher nicht mehr eintreten. Die Auffassung, welche auch
unter der Geltung des neuen Rechts die zwischen dem Abwesenheitsurteil und dem
neuen Entscheid verstrichene Zeit an die Verfolgungsverjährung anrechnen wolle,
sei daher abzulehnen. Dass Abwesenheitsurteile dadurch unter Umständen sehr
lange Wirkung erzielten und die Verjährungsfristen stark ausgedehnt würden, sei
in Kauf zu nehmen. Für die Delikte, welche vor Inkrafttreten des neuen
Verjährungsrechts verübt worden seien, sei gestützt auf die bundesgerichtliche
Rechtsprechung anzunehmen, dass die Verjährungsfrist mit dem Abwesenheitsurteil
vom 21. Februar 2008 bis zur Aufhebung dieses Entscheids durch das Urteil des
Bezirksgerichts Münchwilen vom 20. März 2018 geruht habe. Wollte man die seit
dem Abwesenheitsurteil verstrichene Zeit an die Verjährungsfrist anrechnen,
würde dies dazu führen, dass sich eine Flucht lohne. Es wäre auch stossend,
wenn der Täter durch rechtsmissbräuchliches Verhalten das Verfahren verzögern
könnte und es in der Hand hätte, die Verjährung eintreten zu lassen. Damit
seien die in den Ziffern 1-3, vor dem 20. März 2003 begangenen, und die in den
Ziffern 11 und 12 der Anklageschrift angeklagten Straftaten nicht verjährt
(angefochtenes Urteil S. 16 ff.; vgl. auch erstinstanzliches Urteil S. 10 ff.).

3.3. Die Verfolgungsverjährung richtet sich grundsätzlich nach dem zur Zeit der
inkriminierten Taten geltenden Recht. Soweit die der Beschwerdeführerin
vorgeworfenen Taten in die Zeit vor Inkrafttreten des neuen Verjährungsrecht am
1. Oktober 2002 fallen (vgl. Beschwerde S. 8), ist das alte Recht (in der bis
zum 30. September 2002 geltenden Fassung) anwendbar, soweit sich das neue Recht
nicht als milder erweist (Art. 2 Abs. 2 StGB). Nach aArt. 72 Ziff. 2 StGB (in
der Fassung vom 5. Oktober 1950, in Kraft bis 30. September 2002) wurde die
Verjährung durch jede Untersuchungshandlung einer Strafverfolgungsbehörde oder
Verfügung des Gerichts gegenüber dem Täter und ferner durch jede Ergreifung von
Rechtsmitteln gegen einen Entscheid unterbrochen und begann die
Verjährungsfrist mit jeder Unterbrechung neu zu laufen. Die
Verfolgungsverjährung trat jedoch in jedem Fall ein, wenn die ordentliche
Verjährungsfrist um die Hälfte, bei Ehrverletzungen und bei Übertretungen um
ihre ganze Dauer überschritten war.

Nach dem für die nach dem 1. Oktober 2002 begangenen Straftaten relevanten
neuen Verjährungsrecht tritt die Verjährung nicht mehr ein, wenn vor Ablauf der
Verjährungsfrist ein erstinstanzliches Urteil ergangen ist (Art. 97 Abs. 3 StGB
[in der Fassung vom 21. Juni 2013, in Kraft seit. 1. Januar 2014]; vgl. auch
aArt. 70 Abs. 3 StGB in der Fassung vom 5. Okt. 2001, in Kraft vom 1. Okt. 2002
bis 31. Dezember 2006; aArt. 97 Abs. 1 lit. c StGB in der Fassung vom 13.
Dezember 2002, in Kraft vom 1. Januar 2007 bis zum 31. Dezember 2012).
Voraussetzung ist allerdings, dass das Urteil überhaupt je eröffnet wird. Nach
der Rechtsprechung wäre von dieser Regel abzuweichen, wenn zwischen der Fällung
und Eröffnung ein so grosser Zeitraum läge, dass er mit Blick auf die Dauer der
massgeblichen Verjährungsfrist nicht ausser Acht gelassen werden könnte (BGE
130 IV 101 E. 2.3).

3.4. Im zu beurteilenden Fall stellt sich die Frage, ob in Bezug auf die der
Beschwerdeführerin in den Anklagepunkten 1-3, 5 und 12 vorgeworfenen strafbaren
Handlungen die seit dem Abwesenheitsurteil des Bezirksgerichts Münchwilen vom
21. Februar 2008 bis zur Wiederaufnahme des Verfahrens verstrichene Zeit an die
Verfolgungsverjährung anzurechnen ist. Ferner ist zu prüfen, ob das
Abwesenheitsurteil als erstinstanzliches Urteil im Sinne des neuen
Verjährungsrecht zu würdigen ist.

3.4.1. Die Frage betrifft folgende der Beschwerdeführerin vorgeworfene
Straftaten: den durch Verheimlichung einer Liegenschaft anlässlich des
Pfändungsvollzuges vom Januar 2002 begangenen Pfändungsbetrug im Sinne von Art.
163 StGB (Anklagepunkt 1) : den Gebrauch einer gefälschten Lizentiatsurkunde
der Universität Zürich vom September/Oktober 2002 gemäss Art. 252 StGB
(Anklagepunkt 2); die Verfügung über mit Beschlag belegte Vermögenswerte im
Sinne von Art. 169 StGB durch nicht ordnungsgemässe Deklarierung des Lohnes bis
Februar 2004 beim Betreibungsamt (Anklagepunkt 3); die Veruntreuung von
anvertrauten Geldern im Zeitraum bis 30. Juni 2003 gemäss Art. 138 StGB
(Anklagepunkt 5) und die Geschwindigkeitsübertretungen im Zeitraum vom 15.
April 2005 bis 27. Juni 2006 gemäss Art. 90 Abs. 1 SVG (Anklagepunkt 12; vgl.
Beschwerde S. 7 f.).

3.4.2. Das Bundesgericht hat sich in einem früheren, vor Inkrafttreten der
Schweizerischen Strafprozessordnung ergangenen Entscheid mit der Frage zu
befassen gehabt, wie es sich mit dem Fristenlauf der Verfolgungsverjährung
verhält, wenn ein Kontumazialurteil auf Verlangen des Angeschuldigten nach
seiner Rechtskraft aufgehoben und nachträglich ein Verfahren in seiner
Anwesenheit durchgeführt wird. Das Bundesgericht ist nach Auseinandersetzung
mit den verschiedenen in der Literatur vertretenen divergierenden Lehrmeinungen
zum Schluss gelangt, gestützt auf die neue Regelung des Verjährungsrechts,
welche ausschliessen wolle, dass die Täterschaft durch rechtsmissbräuchliches
Verhalten den Eintritt der Verjährung herbeiführen könne, erscheine die
Auffassung, wonach die Frist der Verfolgungsverjährung während der
Gültigkeitsdauer eines Abwesenheitsurteils ruhe, als sachgerecht (Urteil 6B_82/
2009 vom 14. Juli 2009 in E. 4.3.6). Bei dieser Betrachtungsweise ruht die
Verfolgungsverjährung mit Eintritt der Rechtskraft des Abwesenheitsurteils und
beginnt mit dessen Aufhebung wieder zu laufen (sog. Ruhetheorie). Das
Bundesgericht hat damit dem Gedanken, dass der in Abwesenheit verurteilte Täter
aus einer Flucht keinen Nutzen soll ziehen können (vgl. Botschaft vom 21.
September 1998 zur Änderung des Strafgesetzbuches, BBl II 1999 2134; HAUSER/
SCHWERI/HARTMANN, Schweizerisches Strafprozessrecht, 6. Aufl. 2005, § 91 N 29;
TRECHSEL/CAPUS, Schweizerisches Strafgesetzbuch Praxiskommentar, 3. Aufl.,
2018, N 9 Vor Art. 97 [vgl. auch STEFAN TRECHSEL, Schweizerisches
Strafgesetzbuch Kurzkommentar, 2. Aufl., 1997, N 7 Vor Art. 70]), stärkeres
Gewicht beigemessen als den gegenüber dem Umstand geäusserten Bedenken, dass
die Ruhetheorie gegebenenfalls zu einer extremen Verlängerung der
Verjährungsfristen führt (vgl. FRANZ RIKLIN, zur Frage der Verjährung im
Abwesenheitsverfahren, ZStrR 113/1995, S. 166 f.; CHRISTIAN DENYS, prescription
de l'action pénale, les nouveaux Art. 70, 71, 109 et 333 al. 5 CP, SJ 2003 II,
S. 58 f.; PETER MÜLLER, in: Basler Kommentar, Strafrecht I, 2. Aufl. 2007, N 67
vor Art. 97 StGB).

3.4.3. Dem genannten Entscheid lag ein unter der Geltung des früheren
Verjährungsrechts ergangenes Kontumazialurteil vom 13. Februar 1998 zugrunde.
Das neue, am 1. Oktober 2002 in Kraft getretene Recht hat das Institut des
Ruhens der Verjährung (aArt. 72 StGB) nunmehr aufgegeben. Insofern hat das
Bundesgericht zu Recht angenommen, die Frage des Fristenlaufs der
Verfolgungsverjährung bei Abwesenheitsurteilen sei nach neuem Recht nicht mehr
von Bedeutung, da ein Ruhen des Laufs der Verjährung im Gesetz nicht mehr
vorgesehen sei (Urteil 6B_82/2009 vom 14. Juli 2009 E. 4.3.1). Die Frage, in
welchem Zeitpunkt die Verfolgungsverjährung eintritt, entscheidet sich somit
danach, ob das Abwesenheitsurteil auch im Falle einer Neubeurteilung
verjährungsrechtlich als erstinstanzliches Urteil im Sinne von Art. 97 Abs. 3
StGB (aArt. 70 StGB) zu verstehen ist.

3.4.4. Nach den strafprozessualen Bestimmungen über das Verfahren bei
Abwesenheit der beschuldigten Person kann das Gericht, wenn eine ordnungsgemäss
vorgeladene beschuldigte Person der erstinstanzlichen Hauptverhandlung
fernbleibt und diese auch nicht an der neu angesetzten Verhandlung erscheint,
die Hauptverhandlung in ihrer Abwesenheit durchführen, soweit sie im bisherigen
Verfahren ausreichend Gelegenheit hatte, sich zu den ihr vorgeworfenen
Straftaten zu äussern und die Beweislage ein Urteil ohne ihre Anwesenheit
zulässt (Art. 336 Abs. 4, 366 Abs. 1, 2 und 4 StPO). Gemäss Art. 368 Abs. 1
StPO kann die verurteilte Person, wenn ihr das Abwesenheitsurteil persönlich
zugestellt werden kann, innert 10 Tagen beim Gericht, welches das Urteil
gefällt hat, schriftlich oder mündlich eine neue Beurteilung verlangen. Gemäss
Abs. 3 derselben Bestimmung lehnt das Gericht das Gesuch ab, wenn die
verurteilte Person ordnungsgemäss vorgeladen worden, aber der Hauptverhandlung
unentschuldigt ferngeblieben ist (vgl. hiezu SCHMID/JOSITSCH, Schweizerische
Strafprozessordnung, Praxiskommentar, 3. Aufl. 2018, N 5 f. zu Art. 368; THOMAS
MAURER, in: Basler Kommentar, Schweizerische Strafprozessordnung, 2. Aufl.
2014, N 14 zu Art. 368). Sind die Voraussetzungen für eine neue Beurteilung
voraussichtlich erfüllt, so setzt die Verfahrensleitung gemäss Art. 369 Abs. 1
StPO eine neue Hauptverhandlung an, an welcher das Gericht über das Gesuch um
neue Beurteilung entscheidet und gegebenenfalls ein neues Urteil fällt. Mit der
Rechtskraft des neuen Urteils fallen das Abwesenheitsurteil, die dagegen
ergriffenen Rechtsmittel und die im Rechtsmittelverfahren bereits ergangenen
Entscheide dahin (Art. 370 Abs. 2 StPO). Das Abwesenheitsurteil bleibt bei
bewilligtem Neubeurteilungsverfahren nur dann bestehen, wenn die verurteilte
Person der Hauptverhandlung erneut unentschuldigt fernbleibt (Art. 369 Abs. 4
StPO).

3.4.5. Gestützt auf diese Regelung kann ein Abwesenheitsurteil im Sinne von
Art. 366 ff. StPO nur unter der resolutiven Bedingung, dass zu einem späteren
Zeitpunkt kein Gesuch um neue Beurteilung eingereicht und das
Abwesenheitsurteil durch ein neues Urteil ersetzt wird, als erstinstanzliches
Urteil gemäss Art. 97 Abs. 3 StGB verstanden werden (MATTHIAS ZURBRÜGG, in:
Basler Kommentar, Strafrecht II, 4. Aufl. 2019, N 63 zu Art. 97; DENYS, a.a.O.,
S. 58). Soweit mithin das Gesuch um Neubeurteilung gutgeheissen und ein neues
Urteil gefällt wird, fällt das Abwesenheitsurteil dahin und gilt
verjährungsrechtlich nicht mehr als erstinstanzliches Urteil. Wenn das frühere
Abwesenheitsurteil dahinfällt, das Verfahren sich mithin so darstellt, als wäre
jenes nie ergangen, muss die zwischen den beiden Urteilen verstrichene Zeit bei
der Verfolgungsverjährung berücksichtigt werden. In der Lehre wird denn auch
darauf hingewiesen, dass die Verfolgungsverjährung bei neu aufgenommenen
Verfahren wieder zu laufen beginnt (SCHMID/JOSITSCH, Handbuch des
schweizerischen Strafprozessrechts, 3. Aufl., 2017 [Handbuch], N 1407; anders
MAURER, a.a.O., N 4 zu Art. 370 [Berücksichtigung bei der
Vollstreckungsverjährung]). Das Abwesenheitsurteil ist nur dann ein
erstinstanzliches Urteil im Sinne von Art. 97 Abs. 3 StGB (aArt. 70 Abs. 3
StGB), wenn es in Rechtskraft erwachsen ist (GILBERT KOLLY, in: Commentaire
Romand, Code pénal I, 2009, N 64 f. zu Art. 97; RIEDO/KUNZ, Jetlag oder
Grundprobleme des neuen Verjährungsrechts, in: AJP 2004 S. 907; vgl. auch
Botschaft, a.a.O., S. 2134 [e contrario]). Es verhält sich insofern gleich wie
beim Strafbefehl, der nach der Rechtsprechung, soweit gegen ihn Einsprache
erhoben wird, nicht als erstinstanzliches Urteil im Sinne von Art. 97 Abs. 3
StGB gilt (BGE 142 IV 11 E. 1.2.2; vgl. auch RIEDO/KUNZ, a.a.O.). Die gegen die
unter der Geltung des früheren Verjährungsrechts in der Lehre vertretene
Anrechnungstheorie vorgebrachten Bedenken, wonach die verurteilte Person die
Verjährung rechtsmissbräuchlich - etwa durch Flucht - herbeiführen könnte und
dass sich ein derartiges Verhalten nicht auszahlen dürfe, ist unter der Geltung
der Schweizerischen Strafprozessordnung nicht mehr begründet, zumal das Gericht
gemäss Art. 368 Abs. 3 StPO das Gesuch um Neubeurteilung nur gutheisst, wenn
die ordnungsgemäss vorgeladene verurteilte Person der Hauptverhandlung nicht
unentschuldigt ferngeblieben ist.

3.4.6. Im zu beurteilenden Fall ist das Abwesenheitsurteil vom 21. Februar 2008
durch das Urteil des Bezirksgerichts Münchwilen am 20. März 2018 ersetzt
worden. Jenes kann daher entgegen der Auffassung der Vorinstanz
verjährungsrechtlich nicht als erstinstanzliches Urteil im Sinne von Art. 97
Abs. 3 StGB angesehen werden (angefochtenes Urteil S. 16/17). Es ist vielmehr
davon auszugehen, dass die Verfolgungsverjährung weiter gelaufen ist, wie wenn
das Abwesenheitsurteil nie bestanden hätte. Daraus folgt, dass die von der
Beschwerdeführerin genannten, nach Inkrafttreten des neuen Verjährungsrechts
begangenen Straftaten im Zeitpunkt des neuen erstinstanzlichen Urteils verjährt
waren.

Bei diesem Ergebnis erweist sich das neue Recht für die Beschwerdeführerin in
Bezug auf die vor dem 1. Oktober 2002 begangenen Straftaten (Anklagepunkte 1
und 2) als milder (Art. 2 Abs. 2 StGB; Art. 389 Abs. 1 StGB; aArt. 337 [in
Kraft bis zum 31. Dezember 2006]; BGE 129 IV 49 E. 5.1; 130 IV 101 E. 1), so
dass auch in Bezug auf diese Straftaten von der Verjährung auszugehen ist.

4.

4.1. Die Beschwerdeführerin wendet sich im Weiteren dagegen, dass die
Vorinstanz gestützt auf die Aussagen ihres früheren Verteidigers in der im
Abwesenheitsverfahren durchgeführten Verhandlung vor dem Bezirksgericht
Münchwilen vom 21. Februar 2008 annimmt, sie (sc. die Beschwerdeführerin) habe
sich in den Anklagepunkten 1, 5 und 7 (teilweise) geständig gezeigt. Es sei
durch nichts belegt, dass der damalige Verteidiger diese angeblichen
Eingeständnisse in Absprache mit ihr abgegeben habe und entsprechend instruiert
gewesen sei. Jener habe vielmehr eigenmächtig gehandelt. Er habe in der
Hauptverhandlung auch selber angegeben, dass sie (sc. die Beschwerdeführerin)
seit Monaten nicht erreichbar gewesen sei und er nicht mit ihr habe
kommunizieren können. Der Schluss der Vorinstanz, wonach sie sich mit ihrem
damaligen Verteidiger einig gewesen sei, welche Straftaten sie zugeben wolle,
sei durch nichts erhärtet. Tatsache sei vielmehr, dass sie bei keiner
Einvernahme im Sinne der vom Verteidiger gemachten Zugeständnisse geständig
gewesen sei. Zudem sei aktenwidrig, dass die Zusammenarbeit mit dem damaligen
Verteidiger zweieinhalb Jahre gedauert haben soll. Dieser sei erstmals bei der
Einvernahme vom 13. September 2005 in Erscheinung getreten, und der letzte
nachgewiesene Kontakt habe am 31. August 2006 stattgefunden. Aus den Akten
ergebe sich zudem unzweifelhaft, dass auch seit dem Vorliegen der
Anklageschrift kein Kontakt mit dem amtlichen Verteidiger bestanden habe. Da
sie zudem ein Jahr, bevor die Staatsanwaltschaft Anklage erhoben habe, nach
Kanada ausgereist sei, habe sie gar nicht wissen können, was ihr im Einzelnen
vorgeworfen worden sei, und habe dementsprechend auch gar nicht abschliessend
zu diesen Vorwürfen Stellung nehmen können. Das angefochtene Urteil sei in
diesem Punkt daher schlechterdings unhaltbar. Ausserdem verletze es ihr Recht
auf eine wirksame Verteidigung (angefochtenes Urteil S. 12 ff.).

4.2. Die Vorinstanz führt aus, der damalige Verteidiger habe in der
Hauptverhandlung vor Bezirksgericht Münchwilen vom 21. Februar 2008 in
verschiedenen Punkten die in der Anklageschrift gegen die Beschwerdeführerin
erhobenen Vorwürfe eingestanden. Diese Eingeständnisse seien der
Beschwerdeführerin zuzurechnen. Es treffe zwar zu, dass gemäss Kostennote der
letzte ausgewiesene Kontakt zwischen dem damaligen Verteidiger und der
Beschwerdeführerin anlässlich der Einvernahme vom 31. August 2006 stattgefunden
habe. Daraus lasse sich indes nicht schliessen, dass sie seither keinen Kontakt
mehr gehabt hätten und sie die Anklageschrift nicht gekannt habe. Der amtliche
Verteidiger müsse eine Grundlage für seine Zugeständnisse gehabt haben. Nachdem
er sie während weiten Teilen der Untersuchung - namentlich einem Zeitraum von
knapp zweieinhalb Jahren - begleitet habe, könnten seine Zugeständnisse nicht
einzig mit dem Hinweis abgetan werden, er habe nach der Anklageerhebung keine
Instruktionen einholen können. Es müsse vielmehr davon ausgegangen werden, dass
sich der Verteidiger und die Beschwerdeführerin bereits zu einem früheren
Zeitpunkt im Verlaufe der Untersuchung darüber einig gewesen seien, welche
vorgeworfenen Straftaten nachgewiesen gewesen seien und daher hätten anerkannt
werden sollen. Es könne mithin auch nicht angenommen werden, der damalige
amtliche Verteidiger habe eigenmächtig gehandelt (angefochtenes Urteil S. 26
f., 35 f., 38 f.; vgl. auch erstinstanzliches Urteil S. 14 f., 29, 33 f.;
Urteil des Bezirksgerichts Münchwilen vom 21. Februar 2008 S. 24 ff., Akten des
Bezirksgerichts act. 2.1).

4.3. Der frühere Verteidiger der Beschwerdeführerin hat in seinem Plädoyer in
der Hauptverhandlung vom 21. Februar 2008 vor dem Bezirksgericht Münchwilen
ausgeführt, hinsichtlich des angeklagten Pfändungsbetruges würden Sachverhalt
und rechtliche Qualifikation des Pfändungsbetruges anerkannt. In Bezug auf die
in Ziffer 5 angeklagte Veruntreuung zum Nachteil des Ehepaares D.________
bringt der Verteidiger vor, es könne höchstens im Umfang von CHF 7'182.45
allenfalls eine Veruntreuung vorliegen. Die Beschwerdeführerin habe aber in
keinem Zeitpunkt beabsichtigt, die Gelder zu veruntreuen. Sie habe diese
lediglich als vorübergehendes Darlehen betrachtet und sei gewillt gewesen,
diese dem Ehepaar D.________ sobald als möglich zurückzuerstatten. Hinsichtlich
des Anklagepunktes 7 führt der damalige Verteidiger aus, die Beschwerdeführerin
anerkenne, dass sie nicht die gesamten von den Geschädigten erhaltenen Beträge
vereinbarungsgemäss weitergeleitet habe. Sie räume daher ein, im Umfang von CHF
37'450.-- eine Veruntreuung begangen zu haben und anerkenne die
Schadenersatzforderung in diesem Umfang (Plädoyer Akten des Bezirksgerichts
act. 0b S. 3, 7 und 9; Urteil des Bezirksgerichts Münchwilen vom 21. Februar
2008, Akten des Bezirksgerichts act. 2.1, S. 24 ff.).

4.4. Aus den strafprozessualen Bestimmungen über die Durchführung der
Hauptverhandlung ergibt sich, dass die ordnungsgemässe Durchführung des
Strafverfahrens grundsätzlich die persönliche Teilnahme der beschuldigten
Person voraussetzt (Art. 336 StPO). Ist ein Abwesenheitsverfahren gemäss Art.
366 f. StPO durchgeführt worden und sind die Voraussetzungen für eine neue
Beurteilung erfüllt, setzt die Verfahrensleitung eine neue Hauptverhandlung an,
an welcher das Gericht über das Gesuch um neue Beurteilung entscheide und
gegebenenfalls ein neues Urteil fällt (Art. 368 Abs. 1 StPO). Für die
Durchführung der neuen Verhandlung gelten die Bestimmung von Art. 339 ff. StPO.
Dabei hat die Verfahrensleitung namentlich zu Beginn des Beweisverfahrens die
beschuldigte Person eingehend zu ihrer Person, zur Anklage und zu den
Ergebnissen des Vorverfahrens zu befragen (Art. 341 Abs. 3 StPO). Dabei wird
das Gericht auch die übrigen, allenfalls bereits abgenommenen Beweise erneut zu
erheben haben (MAURER, a.a.O., N 3 zu Art. 368).

Aus dieser Regelung ergibt sich, dass das Gericht im Neubeurteilungsverfahren
nicht unbesehen auf die im Abwesenheitsverfahren erhobenen Beweise abstellen
darf, zumal die beschuldigte Person dazu vor Gericht nicht Stellung nehmen
konnte. Dies gilt im vorliegenden Fall namentlich für die von der damaligen
Verteidigung angeblich im Namen der Beschwerdeführerin vorgebrachten
Eingeständnisse hinsichtlich verschiedener Anklagepunkte. Die Verfahrensleitung
hätte somit die Beschwerdeführerin im Neubeurteilungsverfahren über diese
Punkte befragen müssen, die sie aufgrund der Erklärungen des früheren amtlichen
Verteidigers als zugestanden erachtet hat. Dabei hätte sie namentlich abklären
müssen, ob die Beschwerdeführerin den früheren Verteidiger tatsächlich
entsprechend instruiert hat. Dass die Verfahrensleitung in dieser Weise
vorgegangen wäre, ergibt sich aus dem Verhandlungsprotokoll nicht. Aus dem
Protokoll der Hauptverhandlung ist lediglich ersichtlich, dass die
Beschwerdeführerin zu den Anklagepunkten persönlich nicht Stellung nehmen
wollte (Akten des Obergerichts act. 107 S. 3). Aus dem Plädoyer des
Verteidigers, der auf Freispruch antrug, soweit die angeklagten strafbaren
Handlungen nach seiner Auffassung nicht verjährt waren, ergibt sich aber, dass
die Vorwürfe jedenfalls nicht anerkannt waren (Akten des Obergerichts act.
110). Im Übrigen trifft in Bezug auf die in Ziffer 5 der Anklageschrift
angeklagte Veruntreuung gar nicht zu, dass der frühere Verteidiger diesen Punkt
anerkannt hat. Das Bezirksgericht Münchwilen hält diesbezüglich selber fest,
der Verteidiger habe ausgeführt, es könne in diesem Punkt keine Verurteilung
erfolgen (Urteil des Bezirksgerichts Münchwilen vom 21. Februar 2008, Akten des
Bezirksgerichts act. 2.1, S. 24). Bei dieser Sachlage ist nicht haltbar, wenn
die Vorinstanz auf die Anerkennung durch den früheren Verteidiger mit der
Begründung abstellen will, die Verteidigung im Berufungsverfahren habe nicht
substantiiert darzulegen vermocht, weshalb an deren Glaubwürdigkeit gezweifelt
werden müsse oder anderweitige Vorbehalte bestünden (angefochtenes Urteil S.
35). Das angefochtene Urteil ist in diesem Punkt willkürlich (zum Begriff der
Willkür BGE 144 V 50 E. 4.2; 143 IV 241 E. 2.3.1; je mit Hinweisen). Die
Rechtslage ist in dieser Hinsicht nicht vergleichbar mit dem vom früheren
Verteidiger erklärten Verzicht auf die Wahrnehmung von Teilnahmerechten,
welchen sich der Beschuldigte anrechnen lassen muss (BGE 143 IV 397 E. 3.4.2 S.
406).

5.

Aus diesen Gründen ist die Beschwerde gutzuheissen. Bei diesem Ausgang des
Verfahrens sind keine Kosten zu erheben (Art. 66 Abs. 1 und 4 BGG). Der Kanton
Thurgau hat die Beschwerdeführerin für das bundesgerichtliche Verfahren
angemessen zu entschädigen (Art. 68 Abs. 1 BGG), wobei die Entschädigung dem
Vertreter der Beschwerdeführerin zuzusprechen ist. Bei diesem Ausgang des
Verfahrens wird das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege gegenstandslos.

Demnach erkennt das Bundesgericht:

1.

Die Beschwerde wird gutgeheissen, das Urteil des Obergerichts des Kantons
Thurgau vom 23. Januar 2019 aufgehoben und die Sache zu neuer Entscheidung an
die Vorinstanz zurückgewiesen.

2.

Es werden keine Kosten erhoben.

3.

Der Kanton Thurgau hat dem Rechtsvertreter der Beschwerdeführerin für das
bundesgerichtliche Verfahren eine Entschädigung von CHF 3'000.-- auszurichten.

4.

Dieses Urteil wird den Parteien und dem Obergericht des Kantons Thurgau
schriftlich mitgeteilt.

Lausanne, 28. Oktober 2019

Im Namen der Strafrechtlichen Abteilung

des Schweizerischen Bundesgerichts

Der Präsident: Denys

Der Gerichtsschreiber: Boog