Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

Strafrechtliche Abteilung, Beschwerde in Strafsachen 6B.365/2019
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Bundesgericht

Tribunal fédéral

Tribunale federale

Tribunal federal

               

6B_365/2019

Urteil vom 8. Oktober 2019

Strafrechtliche Abteilung

Besetzung

Bundesrichter Denys, Präsident,

Bundesrichterin Jacquemoud-Rossari,

Bundesrichter Oberholzer,

Bundesrichter Rüedi,

Bundesrichterin Jametti,

Gerichtsschreiberin Bianchi.

Verfahrensbeteiligte

A.________,

vertreten durch Rechtsanwalt Dominic Nellen,

Beschwerdeführerin,

gegen

1. Generalstaatsanwaltschaft des Kantons Bern,

2. B.________,

vertreten durch Rechtsanwältin Manuela Glauser,

Beschwerdegegner.

Gegenstand

Üble Nachrede; rechtliches Gehör,

Beschwerde gegen das Urteil des Obergerichts des Kantons Bern, 1. Strafkammer,
vom 13. Februar 2019 (SK 18 15).

Sachverhalt:

A. 

Die Interessengemeinschaft C.________ hat unter der Verantwortung von
B.________ im Vorfeld der National- und Ständeratswahlen am 18. Oktober 2015
einen Aufkleber produziert, der am 23. September 2015 auf der Frontseite der
"Zeitung D.________", der "Zeitung E.________", der "Zeitung F.________" sowie
der "Zeitung G.________" angebracht war. Der Aufkleber enthielt den Slogan "Für
wenige statt für alle", die Aufforderung "wählt A.________", die Information
"steuerbares Vermögen Fr. 12.3 Mio., steuerbares Einkommen Fr. 0.--" sowie den
Hinweis auf die Internetseite I.________.

B. 

Mit Anklageschrift vom 20. Dezember 2016 warf die Staatsanwaltschaft
Bern-Mittelland B.________ vor, sich der üblen Nachrede zum Nachteil von
A.________ schuldig gemacht zu haben. Das Regionalgericht Bern-Mittelland
sprach B.________ am 22. November 2017 von der Anschuldigung der üblen Nachrede
frei und wies die Zivilklage von A.________ ab.

Auf Berufung von A.________ hin bestätigte das Obergericht des Kantons Bern am
13. Februar 2019 den Freispruch von B.________ sowie die Abweisung der
Zivilklage.

C. 

A.________ beantragt mit Beschwerde in Strafsachen, das Urteil des Obergerichts
sei aufzuheben und B.________ sei der üblen Nachrede, evtl. Verleumdung, evtl.
Beschimpfung schuldig zu sprechen und zu einer angemessenen Strafe sowie zur
Bezahlung einer Genugtuung von mindestens Fr. 8'000.-- nebst Zins von 5% seit
dem 23. September 2015 sowie zur Entfernung sämtlicher Beiträge (Posts) auf den
Internetseiten www.facebook.com/I.________ und I.________, die den Aufkleber
oder Hinweise darauf beinhalten, innert zehn Tagen ab Rechtskraft des Urteils
zu verurteilen. Zudem sei festzustellen, dass B.________ mit der
Aufkleberaktion ihre Persönlichkeit widerrechtlich verletzt habe. Eventualiter
beantragt sie, das Urteil des Obergerichts sei aufzuheben und die Sache zur
neuen Beurteilung an dieses zurückzuweisen.

Erwägungen:

1.

1.1. Die Privatklägerschaft ist zur Beschwerde in Strafsachen unter Vorbehalt
gewisser Ausnahmen nur berechtigt, wenn sie im kantonalen Verfahren
adhäsionsweise Zivilansprüche geltend gemacht hat und der angefochtene
Entscheid sich auf die Beurteilung dieser Zivilansprüche auswirken kann (Art.
81 Abs. 1 lit. b Ziff. 5 BGG; BGE 143 IV 434 E. 1.2.3 S. 439). Dies setzt im
Falle eines Freispruchs der beschuldigten Person grundsätzlich voraus, dass die
Privatklägerschaft, soweit zumutbar, ihre Zivilansprüche aus strafbarer
Handlung im Strafverfahren geltend gemacht hat (BGE 137 IV 246 E. 1.3.1;
Urteile 6B_1302/2018 vom 26. August 2019 E. 2.1; 6B_346/2019 vom 29. Mai 2019
E. 1.1; je mit Hinweisen).

1.2. Die Beschwerdeführerin hat als Privatklägerin ihre Zivilforderung im
Strafverfahren geltend gemacht. Die Vorinstanz hat diese abgewiesen. Der
angefochtene Entscheid wirkt sich mithin auf die Beurteilung ihrer
Zivilansprüche aus. Auf die Beschwerde ist einzutreten.

2.

2.1. Die Beschwerdeführerin macht unter Berufung auf ihren Anspruch auf
rechtliches Gehör nach Art. 29 Abs. 2 BV und Art. 107 Abs. 1 StPO geltend, die
Vorinstanz habe die Begründungspflicht verletzt. Sie habe ihre Vorbringen zur
Publikumswirksamkeit der Nachberichterstattung der Aufkleberaktion nicht
ernsthaft geprüft und nicht beweismässig erstellt, wie der Aufkleber vom
Durchschnittsleser verstanden worden sei.

2.2. Die Vorinstanz ist nicht verpflichtet, sich mit allen Einwänden der
Beschwerdeführerin auseinanderzusetzen. Vielmehr muss sich aus der Begründung
des angefochtenen Entscheids ergeben, auf welche Überlegungen die Vorinstanz
ihren Entscheid stützt (BGE 142 II 49 E. 9.2; 137 II 266 E. 3.2 S. 270; je mit
Hinweisen). Ein Entscheid muss, um dem verfassungsmässigen Gehörsanspruch (Art.
29 Abs. 2 BV) Genüge zu tun, dergestalt abgefasst sein, dass sich der
Betroffene über seine Tragweite Rechenschaft geben und ihn in voller Kenntnis
der Tatsache an die höhere Instanz weiterziehen kann (BGE 143 IV 40 E. 3.4.3;
139 IV 179 E. 2.2; je mit Hinweisen).

2.3. Die Vorbringen der Beschwerdeführerin gehen nicht über eine Beanstandung
der vorinstanzlichen Beweiswürdigung hinaus. Ihnen lässt sich nicht entnehmen,
dass sich die Beschwerdeführerin über die Tragweite des angefochtenen Urteils
nicht habe Rechenschaft geben und das Urteil nicht in voller Kenntnis der
Tatsachen an die höhere Instanz habe weiterziehen können. Im Übrigen verkennt
sie, dass es sich beim Verständnis des Durchschnittslesers um eine Rechtsfrage
handelt (unten E. 3.2).

3.

3.1. Die Beschwerdeführerin rügt, die Vorinstanz habe den Sachverhalt
willkürlich festgestellt.

3.2. Die vorinstanzliche Sachverhaltsfeststellung kann nur gerügt werden, wenn
sie offensichtlich unrichtig ist oder auf einer Rechtsverletzung im Sinne von
Art. 95 BGG beruht und wenn die Behebung des Mangels für den Ausgang des
Verfahrens entscheidend sein kann (Art. 97 Abs. 1 BGG; vgl. auch Art. 105 Abs.
1 und 2 BGG). Offensichtlich unrichtig im Sinne von Art. 97 Abs. 1 BGG ist die
Sachverhaltsfeststellung, wenn sie willkürlich ist (BGE 143 IV 241 E. 2.3.1;
143 I 310 E. 2.2; je mit Hinweis; vgl. zum Begriff der Willkür BGE 143 IV 241
E. 2.3.1; 141 III 564 E. 4.1; je mit Hinweisen).

Die Rüge der Verletzung von Grundrechten (einschliesslich Willkür bei der
Sachverhaltsfeststellung) muss in der Beschwerde anhand des angefochtenen
Entscheids präzise vorgebracht und substanziiert begründet werden, anderenfalls
darauf nicht eingetreten wird (Art. 106 Abs. 2 BGG; BGE 143 IV 500 E. 1.1; 142
II 206 E. 2.5; je mit Hinweisen).

Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichts ist die Bestimmung des Inhalts
einer Aussage Tatfrage, die Ermittlung des Sinns, den ein unbefangener
Durchschnittsadressat den verwendeten Äusserungen und Bildern beilegt, dagegen
Rechtsfrage (BGE 137 IV 313 E. 2.1.3 S. 316; 131 IV 23 E. 2.1; Urteile 6B_1020/
2018 vom 1. Juli 2019 E. 5.1.2; 6B_230/2018 vom 24. Oktober 2018 E. 1.1.5). Das
Bundesgericht prüft Tatfragen unter Willkürgesichtspunkten und Rechtsfragen
frei.

3.3. Zum Inhalt des Aufklebers stellte die Vorinstanz fest, die
Interessengemeinschaft C.________ habe unter der Verantwortung von B.________
im Vorfeld der National- und Ständeratswahlen am 18. Oktober 2015 einen
Aufkleber produziert, der am 23. September 2015 auf der Frontseite der "Zeitung
D.________", der "Zeitung E.________", der "Zeitung F.________" sowie der
"Zeitung G.________" angebracht gewesen sei. Inhalt des Aufklebers sei der
Slogan "Für wenige statt für alle", die anschliessende Aufforderung "wählt
A.________", die Information "steuerbares Vermögen Fr. 12.3 Mio., steuerbares
Einkommen Fr. 0.--" sowie der Hinweis auf die Internetseite I.________ gewesen.

Eine konkrete Jahreszahl der aufgedruckten Steuerdaten habe der Aufkleber nicht
enthalten. Die Zeitschrift "H.________" habe im Jahr 2014 einen Artikel
publiziert, der das politische Engagement der Beschwerdeführerin gegen
Steueroptimierung sowie die von ihr und ihrem Ehemann im Jahr 2011 vorgenommene
Steueroptimierung thematisiert habe. Aufgrund der darauffolgenden medialen
Berichterstattung sowie der Publikation durch die Beschwerdeführerin ihrer
Steuerdaten der Jahre 2002 bis 2011 sei die Aufkleberaktion in einen bekannten
Kontext eingebettet gewesen. Zudem hätten die "Zeitung G.________" und die
"Zeitung D.________" die Aufkleberaktion am Folgetag im Zusammenhang mit der
bereits publizierten Steuerveranlagung für das Jahr 2011 thematisiert. Die
Steuerdaten aus dem Jahr 2011 seien dem Publikum, welches der Aufkleber
erreichen wollte, bekannt gewesen. Ob sich die damalige Leserschaft mit dem
aktuellen Zielpublikum des Aufklebers decke, könne nicht mehr abschliessend
beurteilt werden. Der damals in der Zeitschrift "H.________" publizierte
Artikel und die darauffolgende mediale Berichterstattung hätten jedoch ein
weitaus grösseres Publikum als die Leserschaft der "H.________" erreicht.
Aufgrund der medialen Präsenz der Affäre und der auf die Aufkleberaktion
folgenden Berichterstattung sei der Kontext der Aufkleberaktion jedenfalls klar
umgrenzt gewesen, weswegen der fehlenden Jahreszahl eine lediglich
untergeordnete Bedeutung zukomme. Der Zeitpunkt vor den Nationalratswahlen
sowie die Nähe zum Logo der sozialdemokratischen Partei durch die Gestaltung
und den Slogan des Aufklebers wiesen auf einen politisch motivierten
Hintergrund der Aktion hin. Der Urheber der Auf-kleberaktion sei bekannt
gewesen und das steuerbare Vermögen sei mit Fr. xxx leicht höher als der
publizierte Betrag von Fr. 12'350'000.-- definitiv veranlagt worden.

3.4. Die Beschwerdeführerin rügt, die Vorinstanz habe den Durchschnittsleser
offensichtlich unrichtig festgestellt und fälschlicherweise festgehalten, dass
dieser den Aufkleber in Zusammenhang mit der Medienberichterstattung im
November 2014 habe bringen können. Ferner habe sie nicht erwogen, dass das Ziel
der Aktion die Verhinderung der Wiederwahl der Beschwerdeführerin gewesen sei.
Die Vorinstanz habe dem Umstand, dass die Beschwerdeführerin bei Bekanntwerden
der Nullveranlagung von sich aus Einsprache erhoben und verlangt habe, sie sei
für ihre Einkünfte zu besteuern, fälschlicherweise keine zentrale Bedeutung
zugemessen.

Zudem sei die Vorinstanz in willkürlicher Art und Weise davon ausgegangen, dass
die Aufkleberaktion nicht anonym durchgeführt worden sei. Der Beschwerdegegner
sei auf dem Aufkleber nicht als Urheber aufgeführt und die
Interessengemeinschaft C.________ dem Durchschnittsleser nicht bekannt gewesen.
Ferner habe die Herkunft der Finanzierung nicht geklärt werden können.

3.5. Die Vorbringen der Beschwerdeführerin betreffen nur beschränkt Tatfragen.
So handelt es sich beim Durchschnittsadressaten um eine Rechtsfigur, auf welche
zur Bestimmung des Sinnes einer Äusserung abgestellt wird und die nicht in
tatsächlicher Hinsicht zu überprüfen ist (kritisch MISCHA CHARLES SENN, Der <>
Durchschnittsleser als normative Figur?, medialex 1998 S. 150 ff.). Als
Tatfragen zu prüfen sind insbesondere die für den Kontext der zu beurteilenden
Äusserung relevanten Umstände. Vor diesem Hintergrund ist nicht zu beanstanden,
dass die Vorinstanz diese Umstände festgestellt hat, ohne die Adressaten der
Aufkleberaktion in tatsächlicher Hinsicht genauer zu bestimmen. Auf die Kritik
der Beschwerdeführerin an dem von der Vorinstanz festgehaltenen Sinn, den ein
unbefangener Durchschnittsadressat dem Aufkleber beilegt, ist nachfolgend
(unten E. 4) einzugehen.

3.6. Soweit die Beschwerdeführerin Tatfragen aufwirft, zeigt sie nicht auf,
inwiefern das vorinstanzliche Beweisergebnis schlechterdings nicht mehr
vertretbar sein sollte. Betreffend die von der Beschwerdeführerin vorgebrachten
Ziele, welche der Beschwerdegegner mit der Aufkleberaktion verfolgt habe, hat
die Vorinstanz unter Berücksichtigung der Facebook-Posts und der Bekenntnisse
des Beschwerdegegners im Nachgang zur Aufkleberaktion festgehalten, es sei
diesem um eine Verhinderung der Wiederwahl der Beschwerdeführerin gegangen.
Schliesslich legt die Beschwerdeführerin nicht dar, inwiefern die von ihr am
11. Oktober 2013 eingelegte und am 9. März 2015 abgewiesene Einsprache von
zentraler Bedeutung sein sollte. Unter Berücksichtigung des Hinweises auf dem
Aufkleber auf die Internetseite I.________, der auf dieser Internetseite
offengelegten Verbindung des Beschwerdegegners zur Interessengemeinschaft
C.________ sowie seinem öffentlichen Bekenntnis zur Aufkleberaktion hat die
Vorinstanz entgegen den Vorbringen des Beschwerdeführers willkürfrei
festgehalten, dass der Urheber der Aufkleberaktion bekannt gewesen sei.

4.

4.1. Die Beschwerdeführerin macht geltend, der Freispruch des Beschwerdegegners
verletze Art. 173 Ziff. 1 StGB.

4.2. Der üblen Nachrede macht sich schuldig, wer jemanden bei einem anderen
eines unehrenhaften Verhaltens oder anderer Tatsachen, die geeignet sind,
seinen Ruf zu schädigen, beschuldigt oder verdächtigt sowie, wer eine solche
Beschuldigung oder Verdächtigung weiterverbreitet (Art. 173 Ziff. 1 StGB). Der
subjektive Tatbestand verlangt Vorsatz. Eventualvorsatz genügt (Urteil 6B_230/
2018 vom 24. Oktober 2018 E. 1.1.1; mit Hinweis).

Die Ehrverletzungstatbestände gemäss Art. 173 ff. StGB schützen nach ständiger
Rechtsprechung den Ruf, ein ehrbarer Mensch zu sein, d.h. sich so zu benehmen,
wie nach allgemeiner Anschauung ein charakterlich anständiger Mensch sich zu
verhalten pflegt. Unter der vom Strafrecht geschützten Ehre wird allgemein ein
Recht auf Achtung verstanden, das durch jede Äusserung verletzt wird, die
geeignet ist, die betroffene Person als Mensch verächtlich zu machen (BGE 137
IV 313 E. 2.1.1; 132 IV 112 E. 2.1; Urteile 6B_1020/2018 vom 1. Juli 2019 E.
5.1.1; 6B_230/2018 vom 24. Oktober 2018 E. 1.1.2).

In der politischen Auseinandersetzung ist eine strafrechtlich relevante
Ehrverletzung nur mit Zurückhaltung anzunehmen und im Zweifelsfall zu
verneinen. Die in einer Demokratie unabdingbare Meinungsfreiheit bedingt die
Bereitschaft der politischen Akteure, sich der öffentlichen - manchmal heftigen
- Kritik ihrer Meinung auszusetzen. So reicht es nicht, eine Person in den
politischen Qualitäten, die sie zu besitzen glaubt, herabzusetzen. Eine Kritik
oder ein Angriff verletzt dagegen die vom Strafrecht geschützte Ehre, wenn sie
sich - in der Sache oder Form - nicht darauf beschränkt, die Qualitäten des
Politikers und den Wert seiner Handlungen herabzusetzen, sondern ihn zugleich
als Mensch verächtlich erscheinen lässt (BGE 137 IV 313 E. 2.1.4; Urteile
6B_1020/2018 vom 1. Juli 2019 E. 5.1.1; 6B_230/2018 vom 24. Oktober 2018 E.
1.1.3; je mit Hinweisen). Wer eine Kampagne anonym führt, kann sich nicht auf
die Rechtsprechung berufen, wonach in der politischen Diskussion nur mit
Zurückhaltung auf eine Ehrverletzung zu erkennen ist (BGE 128 IV 53 E. 1d).

Um zu beurteilen, ob eine Äusserung ehrverletzend ist, ist nicht der Sinn
massgebend, den ihr die betroffene Person gibt. Vielmehr ist auf eine objektive
Auslegung gemäss der Bedeutung, die ihr der unbefangene durchschnittliche
Dritte unter den gesamten konkreten Umständen beilegt, abzustellen. Nach der
Rechtsprechung ist ein Text nicht nur anhand der verwendeten Ausdrücke - je für
sich allein genommen - zu würdigen, sondern auch nach dem allgemeinen Sinn, der
sich aus dem Text als Ganzes ergibt (BGE 137 IV 313 E. 2.1.3; Urteile 6B_1020/
2018 vom 1. Juli 2019 E. 5.1.2; 6B_230/2018 vom 24. Oktober 2018 E. 1.1.4; je
mit Hinweisen).

4.3. Die Vorinstanz erwägt, dem Inhalt des Aufklebers lasse sich nicht der
Vorwurf eines strafbaren Verhaltens entnehmen. Die von der Beschwerdeführerin
und ihrem Ehemann vorgenommene Steueroptimierung sei zulässig gewesen und der
Aufkleber habe darauf hinweisen sollen, dass die Beschwerdeführerin politisch
eine vehemente Verurteilung der Steueroptimierung vornehme und privat Steuern
optimiere. Das Verbreiten einer gesetzlich vorgesehenen und legalen
Vorgehensweise zur Steueroptimierung könne nicht die Qualität einer
Ehrverletzung erreichen. Aufgrund des Zeitpunkts und der Gestaltung des
Aufklebers sei der politisch motivierte Hintergrund erkennbar gewesen. Der
Aufkleber sei gegen die Beschwerdeführerin als Politikerin im politischen
Wahlkampf lanciert worden, weswegen eine strafrechtliche Ehrverletzung nur mit
grosser Zurückhaltung anzunehmen sei. Nicht die Ehre der Beschwerdeführerin als
Privatperson sei verletzt, sondern ihr Verhalten als Politikerin kritisiert
worden.

4.4. Die Beschwerdeführerin macht geltend, mit dem Aufkleber sei der Eindruck
erweckt worden, ihr Vorgehen sei unrechtmässig, strafbar oder verpönt. Die
Ehrverletzung durch die Stigmatisierung des Aufklebers wiege umso schwerer, als
sie im fraglichen Zeitraum zu den besten Steuerzahlern unter den Bernischen
Nationalratsmitgliedern gehört habe. Der Vorwurf, Steuern zu hinterziehen, zu
betrügen oder sonst Unrichtiges zu tun, werde sie noch nach dem Ende ihres
Nationalratsmandates verfolgen und betreffe sie daher als Privatperson und
nicht als Politikerin. Es sei nicht auf eine ihrer Handlungen als Politikerin,
sondern auf den gesetzmässigen Abzug ihres Ehemannes als Arbeitnehmer für einen
Pensionskasseneinkauf abgestellt worden. Zum Zeitpunkt der Aufkleberaktion sei
keine politische Debatte im Gange gewesen, welche den Aufkleber gerechtfertigt
hätte. Zudem könne sich der Beschwerdegegner nicht auf die Rechtsprechung
berufen, wonach in der politischen Diskussion nur mit Zurückhaltung eine
Ehrverletzung anzunehmen sei, da die Angabe der Internetseite I.________ kein
genügender Hinweis auf die Urheberschaft gewesen sei.

4.5.

4.5.1. Strittig ist zunächst der Sinn, welchen der Durchschnittsadressat dem
Aufkleber entnahm. In diesem Zusammenhang ist nicht zu beanstanden, dass die
Vorinstanz den Durchschnittsleser auf die Adressaten der Aufkleberaktion
eingegrenzt hat. Sofern die Beschwerdeführerin geltend macht, mit dem Aufkleber
sei ihr nach dem Verständnis des Durchschnittslesers ein strafbares Verhalten
vorgeworfen worden, ist ihr nicht zu folgen. Der Umstand, dass die
Beschwerdeführerin im Jahr 2011 kein steuerbares Einkommen und ein hohes
Vermögen hatte, vermag keinen Steuerbetrug oder eine Steuerhinterziehung zu
suggerieren. Zudem erfolgte knapp ein Jahr vor der Aufkleberaktion eine breite
mediale Berichterstattung, welche die von der Beschwerdeführerin und ihrem
Ehemann legal vorgenommene Steueroptimierung thematisierte. In diesem Kontext
ist auszuschliessen, dass der Durchschnittsleser dem Aufkleber den Vorwurf der
Steuerhinterziehung oder des Steuerbetrugs entnehmen vermochte.

4.5.2. Die legale Steueroptimierung mittels Pensionskasseneinkauf einer
Privatperson ist nicht als verwerfliches oder verpöntes Verhalten zu
qualifizieren. Das Vorgehen der Beschwerdeführerin wurde im Zusammenhang mit
der von ihr als Politikerin vertretenen Bekämpfung legaler Steueroptimierung
kritisch aufgefasst. Durch die Ausgestaltung des Aufklebers und die zeitliche
Einbettung in den Wahlkampf stellte der Aufkleber einen weiteren Bezug zur
Funktion der Beschwerdeführerin als Politikerin her. Die Aufkleberaktion zielte
auf die von der Beschwerdeführerin für sich als Politikerin beanspruchten
Qualitäten ab.

Der gegen die Beschwerdeführerin erhobene und für den Durchschnittsleser
erkennbare Vorwurf liegt in der Doppelmoral, welche ihr aufgrund der mit ihren
politischen Positionen im Widerspruch stehenden privaten steuerlichen
Vorgehensweise angelastet wird. Dieser Vorwurf lässt sich indes nicht losgelöst
von ihrer Funktion als Politikerin erheben und zielt unweigerlich auf ihre
Geltung als Politikerin ab. Insbesondere im Wahlkampf muss es möglich sein,
gegen eine politisch tätige Person den Vorwurf der Doppelmoral zu erheben. Dass
der mit dem Aufkleber unter Berufung auf die legale Steueroptimierung erhobene
Vorwurf der Doppelmoral die Beschwerdeführerin als Mensch geradezu verächtlich
erscheinen liesse, ist nicht ersichtlich.

4.6. Entgegen den Ausführungen der Beschwerdeführerin hat der Beschwerdegegner
die Kampagne nicht anonym geführt und konnte sich daher auf BGE 128 IV 53 E. 1d
berufen, wonach in der politischen Diskussion nur mit Zurückhaltung eine
Ehrverletzung anzunehmen ist. Die in BGE 128 IV 53 zu beurteilende
Plakatkampagne enthielt keinerlei Angaben zur Urheberschaft und der Täter
verneinte auf Anfrage der Medien seine Beteiligung (E. 1d). Vorliegend kann
keine Rede davon sein, dass der Beschwerdegegner beabsichtigt hätte, sich
hinter einer anonym geführten Kampagne zu verstecken. Er hat sich vielmehr
bereits mit dem auf dem Aufkleber enthaltenen Hinweis auf die Internetseite
I.________ und der auf dieser Internetseite offengelegten Verbindung des
Beschwerdegegners zur Interessengemeinschaft C.________ sowie auf Anfrage
ausdrücklich zur Aufkleberaktion bekannt.

4.7. Ferner ist nicht massgebend, ob die Thematik der legalen Steueroptimierung
ein zentrales Wahlkampfthema war. Politische Akteure müssen bereit sein, sich
dem mit ihren Positionen in Zusammenhang stehenden Verhalten zu stellen und
haben sich nicht nur zu aktuellen Wahlkampfthemen zu äussern. Die
Beschwerdeführerin zeigt auch nicht auf, weswegen aufgrund den von ihr in
anderen Jahren bezahlten Steuerbeträgen dem gegen sie für das Jahr 2011
erhobenen Vorwurf der Doppelmoral die Qualität einer Ehrverletzung zukommen
sollte. Schliesslich ist mangels ehrverletzender Äusserung vorliegend nicht auf
die Ausführungen der Beschwerdeführerin zu einem allfälligen Entlastungsbeweis
(vgl. Art. 173 Ziff. 2 und 3 StGB) einzugehen.

5. 

Die Beschwerde ist abzuweisen. Bei diesem Ausgang des Verfahrens hat die
Beschwerdeführerin die Verfahrenskosten zu tragen (Art. 66 Abs. 1 BGG).

 Demnach erkennt das Bundesgericht:

1. 

Die Beschwerde wird abgewiesen.

2. 

Die Gerichtskosten von Fr. 3'000.-- werden der Beschwerdeführerin auferlegt.

3. 

Dieses Urteil wird den Parteien und dem Obergericht des Kantons Bern, 1.
Strafkammer, schriftlich mitgeteilt.

Lausanne, 8. Oktober 2019

Im Namen der Strafrechtlichen Abteilung

des Schweizerischen Bundesgerichts

Der Präsident: Denys

Die Gerichtsschreiberin: Bianchi