Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

Strafrechtliche Abteilung, Beschwerde in Strafsachen 6B.339/2019
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Bundesgericht

Tribunal fédéral

Tribunale federale

Tribunal federal

               

6B_339/2019

Urteil vom 27. September 2019

Strafrechtliche Abteilung

Besetzung

Bundesrichter Denys, Präsident,

Bundesrichter Rüedi,

Bundesrichterin Jametti,

Gerichtsschreiber Moses.

Verfahrensbeteiligte

X.________,

Beschwerdeführer,

gegen

Oberstaatsanwaltschaft des Kantons Aargau,

Frey-Herosé-Strasse 20, Wielandhaus, 5001 Aarau,

Beschwerdegegnerin.

Gegenstand

Widerhandlung gegen die VZV durch Nichterwerben des schweizerischen
Führerausweises,

Beschwerde gegen das Urteil des Obergerichts des Kantons Aargau, Strafgericht,
3. Kammer, vom 12. Februar 2019 (SST.2018.330).

Sachverhalt:

A. 

X.________ wird vorgeworfen, am 30. Mai 2018 einen Personenwagen mit einem
ausländischen Führerausweis geführt zu haben, obwohl er seit dem 28. Dezember
2013 in der Schweiz lebe und deshalb einen schweizerischen Führerausweis hätte
erwerben müssen.

Das Bezirksgericht Zurzach erklärte X.________ am 24. Oktober 2018 der
Übertretung der Verordnung über die Zulassung von Personen und Fahrzeugen zum
Strassenverkehr schuldig und bestrafte ihn mit einer Busse von Fr. 200.--.
X.________ erhob Berufung.

B. 

Das Obergericht des Kantons Aargau bestätigte am 12. Februar 2019 das Urteil
des Bezirksgerichts. X.________ führt Beschwerde in Strafsachen. Er beantragt,
das Urteil des Obergerichts sei aufzuheben und er sei freizusprechen.
Eventualiter sei die Sache zu neuer Entscheidung an die Vorinstanz
zurückzuweisen.

Erwägungen:

1. 

Der Beschwerdeführer rügt zusammengefasst, dass sowohl die Verpflichtung, einen
schweizerischen Führerausweis zu erwerben, als auch die damit verbundene
strafrechtliche Sanktionierung einzig auf Verordnungsstufe geregelt seien.
Dafür bestehe keine formellgesetzliche Grundlage, womit das Legalitätsprinzip
verletzt sei.

1.1. Art. 10 Abs. 2 SVG bestimmt, dass wer ein Motorfahrzeug führt, des
Führerausweises bedarf. Art. 15a ff. SVG regeln die Voraussetzungen, unter
welchen ein Führerausweis - in der Schweiz - erteilt werden kann. Das
Strassenverkehrsgesetz selbst enthält keine Bestimmung, die zum Fahren eines
Motorfahrzeugs in der Schweiz mit einem ausländischen Führerausweis berechtigen
würde. Diese Möglichkeit ergibt sich erst aus Art. 42 der Verordnung über die
Zulassung von Personen und Fahrzeugen zum Strassenverkehr vom 27. Oktober 1976
(VZV; SR 741.51). Gemäss dieser Norm dürfen Fahrzeugführer aus dem Ausland
Motorfahrzeuge in der Schweiz führen, wenn sie einen gültigen nationalen
Führerausweis besitzen (Abs. 1 lit. a) oder über einen gültigen internationalen
Führerausweis verfügen und einen solchen zusammen mit dem entsprechenden
nationalen Führerausweis vorweisen können (Abs. 1 lit. b). Einen
schweizerischen Führerausweis benötigen Fahrzeugführer aus dem Ausland, die
seit zwölf Monaten in der Schweiz wohnen und sich in dieser Zeit nicht länger
als drei Monate ununterbrochen im Ausland aufgehalten haben (Abs. 3bis lit. a).
Die Pflicht, einen schweizerischen Führerausweis zu erwerben, um Motorfahrzeuge
in der Schweiz führen zu dürfen, ist bereits auf Gesetzesstufe geregelt. Art.
42 VZV sieht einzig eine Lockerung dieser Verpflichtung für Fahrzeugführer aus
dem Ausland vor. Die Rüge, wonach Art. 42 Abs. 3bis lit. a VZV den
Beschwerdeführer zum Erwerb eines schweizerischen Führerausweises verpflichte
und dies gegen das Legalitätsprinzip verstosse, erweist sich damit als
unbegründet. Ob Art. 25 Abs. 2 lit. b SVG eine hinreichende Delegationsnorm
darstellt, kann offenbleiben.

Unbegründet ist auch die Rüge einer Verletzung des Übereinkommens vom 8.
November 1968 über den Strassenverkehr (SR 0.741.10). Dieses verlangt, dass
Führerscheine, die von einer Vertragspartei ausgestellt wurden, auf dem Gebiet
einer anderen Vertragspartei solange anerkannt werden, bis der Inhaber seinen
ordentlichen Wohnsitz in diesem Gebiet nimmt (Art. 41 Ziff. 2 lit. b). Der
Beschwerdeführer wohnt in der Schweiz, womit er aus dem Übereinkommen nichts zu
seinen Gunsten ableiten kann.

1.2. Der Beschwerdeführer rügt weiter, dass für die Strafnorm von Art. 147
Ziff. 1 VZV keine gültige Delegationsnorm bestehe. Gemäss der erwähnten
Bestimmung wird mit Busse bestraft, wer ein Fahrzeug mit ausländischem
Führerausweis führt, obwohl er einen schweizerischen Ausweis hätte erwerben
müssen. Das von Art. 147 Ziff. 1 VRV sanktionierte Verhalten erfüllt aber auch
den Tatbestand von Art. 95 Abs. 1 lit. a SVG, wonach mit Freiheitsstrafe bis zu
drei Jahren oder Geldstrafe bestraft wird, wer ohne den erforderlichen
Führerausweis ein Motorfahrzeug führt. Selbst wenn für Art. 147 Ziff. 1 VZV
keine gültige Delegationsnorm bestehen sollte, bliebe das Verhalten des
Beschwerdeführers damit strafbar, und dies nicht nur als Übertretung, sondern
als Vergehen. Die Beschwerde erweist sich auch in diesem Punkt als unbegründet.

2.

2.1. Der Beschwerdeführer rügt, die Kosten des kantonalen Verfahrens von
insgesamt Fr. 3'900.-- würden in einer drastischen Disproportion zu seinem
geringen Verschulden, zur Busse von Fr. 200.-- und zu seiner aktuellen
Lebenssituation stehen.

2.2. Bund und Kantone regeln die Berechnung der Verfahrenskosten und legen die
Gebühren fest (Art. 424 Abs. 1 StPO). Nach § 3 Abs. 1 VKD/AG des (aargauischen)
Dekrets über die Verfahrenskosten vom 24. November 1987 (VKD/AG; SAR 221.150)
richten sich die Gebühren innerhalb des vorgeschriebenen Rahmens nach dem
Zeitaufwand und der Bedeutung der Sache. Das Bundesgericht überprüft die
Anwendung kantonalen Rechts - von hier nicht relevanten Ausnahmen abgesehen -
nur auf Willkür oder andere verfassungsmässige Rechte (vgl. Art. 95 BGG; BGE
141 IV 305 E. 1.2 S. 308; BGE 140 III 385 E. 2.3 S. 386; je mit Hinweisen).

Gerichtskosten sind Kausalabgaben, weshalb sie dem Kostendeckungs- und
Äquivalenzprinzip genügen müssen. Das Kostendeckungsprinzip besagt, dass der
Gebührenertrag die gesamten Kosten des betreffenden Verwaltungszweigs nicht
oder nur geringfügig übersteigen soll. Das Äquivalenzprinzip konkretisiert das
Verhältnismässigkeitsprinzip (Art. 5 Abs. 2 BV) und das Willkürverbot (Art. 9
BV) für den Bereich der Kausalabgaben. Es bestimmt, dass eine Gebühr nicht in
einem offensichtlichen Missverhältnis zum objektiven Wert der Leistung stehen
darf und sich in vernünftigen Grenzen halten muss. Der Wert der Leistung
bemisst sich nach dem wirtschaftlichen Nutzen, den sie dem Pflichtigen bringt,
oder nach dem Kostenaufwand der konkreten Inanspruchnahme im Verhältnis zum
gesamten Aufwand des betreffenden Verwaltungszweigs, wobei schematische, auf
Wahrscheinlichkeit und Durchschnittserfahrungen beruhende Massstäbe angelegt
werden dürfen. Es ist nicht notwendig, dass die Gebühren in jedem Fall genau
dem Verwaltungsaufwand entsprechen; sie sollen indessen nach sachlich
vertretbaren Kriterien bemessen sein und nicht Unterscheidungen treffen, für
die keine vernünftigen Gründe ersichtlich sind. Bei der Festsetzung von
Verwaltungsgebühren darf deshalb innerhalb eines gewissen Rahmens auch der
wirtschaftlichen Situation des Pflichtigen und dessen Interesse am
abzugeltenden Akt Rechnung getragen werden. Die Gebühr darf im Übrigen die
Inanspruchnahme bestimmter staatlicher Leistungen nicht verunmöglichen oder
übermässig erschweren. Bei der Festsetzung der Gerichtsgebühr verfügt das
Gericht über einen grossen Ermessensspielraum. Das Bundesgericht greift in
diesen nicht bereits dann ein, wenn sich die Gebühr als unangemessen erweist,
sondern nur, wenn das Ermessen über- bzw. unterschritten oder missbraucht und
damit Bundesrecht verletzt wird (BGE 141 I 105 E. 3.3.2 S. 108 mit Hinweisen).

2.3. Explizit rügt der Beschwerdeführer keine Verletzung des Kostendeckungs-
oder des Äquivalenzprinzips. Eine solche ist auch nicht ersichtlich. Die
Nichtbeachtung des geringen Verschuldens oder der aktuellen Lebenssituation des
Beschwerdeführers lässt nicht auf eine willkürliche Anwendung des kantonalen
Verfahrenskostendekrets oder auf eine fehlerhafte Ausübung des Ermessens bei
der Festsetzung der Gebühren schliessen. Die Rüge ist unbegründet.

3. 

Die Beschwerde ist abzuweisen. Der Beschwerdeführer trägt die Kosten des
Verfahrens (Art. 66 Abs. 1 BGG).

 Demnach erkennt das Bundesgericht:

1. 

Die Beschwerde wird abgewiesen.

2. 

Die Gerichtskosten von Fr. 3'000.-- werden dem Beschwerdeführer auferlegt.

3. 

Dieses Urteil wird den Parteien und dem Obergericht des Kantons Aargau,
Strafgericht, 3. Kammer, schriftlich mitgeteilt.

Lausanne, 27. September 2019

Im Namen der Strafrechtlichen Abteilung

des Schweizerischen Bundesgerichts

Der Präsident: Denys

Der Gerichtsschreiber: Moses