Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

Strafrechtliche Abteilung, Beschwerde in Strafsachen 6B.336/2019
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Bundesgericht

Tribunal fédéral

Tribunale federale

Tribunal federal

               

6B_336/2019

Urteil vom 7. November 2019

Strafrechtliche Abteilung

Besetzung

Bundesrichter Denys, Präsident,

Bundesrichterin Jacquemoud-Rossari,

Bundesrichter Oberholzer,

Gerichtsschreiber Reut.

Verfahrensbeteiligte

A.________,

vertreten durch Rechtsanwalt Christoph Suter,

Beschwerdeführer,

gegen

1. Generalstaatsanwaltschaft des Kantons Bern,

2. B.________,

vertreten durch Rechtsanwalt Michael Lauper,

3. C.________,

4. D.________,

Beschwerdegegner.

Gegenstand

Einstellung (Veruntreuung),

Beschwerde gegen den Beschluss des Obergerichts des Kantons Bern,
Beschwerdekammer in Strafsachen, vom 8. Februar 2019 (BK 18 403).

Sachverhalt:

A. 

Zu einem nicht näher bestimmbaren Zeitpunkt zwischen 2003 und 2005 übergab
A.________ seinen nicht eingelösten Oldtimer "xxx" an B.________, welcher das
Fahrzeug bei sich in seiner Werkstatt ausstellte, wobei der Fahrzeugausweis bei
A.________ verblieb. Eine Vereinbarung darüber, was mit dem Fahrzeug geschehen
solle, trafen die beiden nicht. B.________ stellte den Oldtimer im Jahr 2011
bei C.________ ab, welcher das Fahrzeug nach Rücksprache mit B.________ am 28.
September 2011 an D.________ verkaufte. Vom Kaufpreis in der Höhe von Fr.
12'000.-- bezahlte D.________ Fr. 10'000.--. Den Rest behielt er für den noch
fehlenden Fahrzeugausweis zurück. C.________ übergab daraufhin B.________ Fr.
9'000.-- und nahm Fr. 1'000.-- als Entgelt für die Aufbewahrung des Fahrzeugs
an sich. A.________ wurde über den erfolgten Verkauf Ende 2015 in Kenntnis
gesetzt, als er den Oldtimer bei B.________ abholen wollte.

B. 

Am 17. Februar 2017 erstattete A.________ Strafanzeige gegen B.________,
C.________ sowie D.________ wegen Veruntreuung. Die Staatsanwaltschaft des
Kantons Bern stellte das Verfahren am 23. August 2018 ein. Die dagegen von
A.________ am 20. September 2018 erhobene Beschwerde wies das Obergericht des
Kantons Bern am 8. Februar 2019 ab.

C. 

A.________ führt Beschwerde in Strafsachen. Er beantragt, der Entscheid des
Obergerichts des Kantons Bern sei aufzuheben und die Staatsanwaltschaft
anzuweisen, das gegen B.________ (Beschwerdegegner 2), C.________
(Beschwerdegegner 3) und D.________ (Beschwerdegegner 4) angehobene Verfahren
fortzusetzen.

Erwägungen:

1.

1.1. Zur Beschwerde in Strafsachen ist nach Art. 81 Abs. 1 BGG berechtigt, wer
vor der Vorinstanz am Verfahren teilgenommen hat oder keine Möglichkeit zur
Teilnahme erhalten hat (lit. a) und ein rechtlich geschütztes Interesse an der
Aufhebung oder Änderung des angefochtenen Entscheids hat (lit. b). Der
Privatklägerschaft wird ein rechtlich geschütztes Interesse zuerkannt, wenn sie
im kantonalen Verfahren adhäsionsweise Zivilansprüche geltend gemacht hat und
der angefochtene Entscheid sich auf die Beurteilung dieser Zivilansprüche
auswirken kann (Art. 81 Abs. 1 lit. b Ziff. 5 BGG; vgl. BGE 143 IV 434 E. 1.2.3
S. 439). Nach der Rechtsprechung muss die Privatklägerschaft die Zivilansprüche
im Untersuchungsverfahren noch nicht (adhäsionsweise) geltend gemacht haben,
damit sie zur Beschwerde gegen definitive Einstellungen befugt ist. Sie hat
allerdings darzulegen, aus welchen Gründen sich die angefochtene Einstellung
inwiefern auf welche Zivilforderungen auswirken kann. Genügt die Beschwerde
diesen Anforderungen nicht, tritt es auf das Rechtsmittel nur ein, wenn
aufgrund der Natur der in Frage stehenden Straftat ohne Weiteres ersichtlich
ist, welcher Art die Zivilforderung ist (BGE 141 IV 1 E. 1.1 S. 4 f.; 138 IV 86
E. 3; 137 IV 246 E. 1.3.1; je mit Hinweisen).

1.2. Der Beschwerdeführer wendet sich gegen die Einstellung der Strafverfahren
gegen die Beschwerdegegner 2 - 4. Welche Auswirkungen die angefochtene
Einstellung auf seine Zivilforderungen hat, legt er nicht ausdrücklich dar. Der
Beschwerdeführer leitet indes aus den von ihm angezeigten Straftaten
offensichtlich Zivilforderungen ab, geht er doch von einem Wert des angeblich
gegen seinen Willen verkauften Fahrzeugs von Fr. 50'000.-- aus. Auf die
Beschwerde ist daher einzutreten.

2.

2.1. Die Vorinstanz erwägt, der Beschwerdegegner 2 habe unbestrittenermassen
den objektiven Tatbestand der Veruntreuung erfüllt. Offen sei einzig, ob er mit
Bereicherungsabsicht gehandelt habe. In Bezug auf die Ersatzfähigkeit sei zwar
fraglich, ob der Beschwerdegegner 2 die aus dem Verkauf stammenden Fr. 9'000.--
tatsächlich über längere Zeit in einem separaten Portemonnaie aufbewahrt habe,
um sie dereinst dem Beschwerdeführer zu überreichen. Hinweise, dass der
Beschwerdegegner 2 im massgeblichen Zeitraum in finanziellen Schwierigkeiten
gesteckt habe, die ihm eine Bezahlung von Fr. 9'000.-- verunmöglicht hätten,
seien jedoch nicht ersichtlich. Dass er mit der Weitergabe des Geldes
zugewartet habe, lasse zudem nicht ohne Weiteres auf fehlenden Ersatzwillen
schliessen. Die Abmachung darüber, was mit dem Fahrzeug geschehen sollte, sei
schlichtweg nicht klar gewesen. Es würden letztlich zu wenig Beweise und
Indizien für eine Absicht vorliegen, sich aus diesem Geschäft zu bereichern
(angefochtener Entscheid S. 7 f.).

2.2. Der Beschwerdeführer rügt eine Verletzung von Art. 319 Abs. 1 i.V.m. Art.
324 Abs. 1 StPO. Ein Verfahren sei gerade dann nicht einzustellen, wenn - wie
hier - der objektive Tatbestand erfüllt sei. Hinzu komme, dass die Vorinstanz
das subjektive Tatbestandsmerkmal der Bereicherungsabsicht zu Unrecht verneint
und damit Art. 138 Ziff. 1 StGB verletzt habe. Es sei unklar, ob der
Beschwerdegegner 2 am 28. September 2011 und ab dann ununterbrochen bis heute
über entsprechende Mittel verfügt habe. Zudem mangle es auch am Ersatzwillen.
Der Beschwerdegegner 2 habe den Veruntreuungserlös seit nunmehr über sieben
Jahren für sich zurückbehalten und damit offensichtlich zum Ausdruck gebracht,
dass er vermutlich nicht nur nie ersatzfähig, sondern auf jeden Fall seit dem
28. September 2011 bis heute nicht ersatzwillig gewesen sei (Beschwerde S. 7
ff.).

3.

3.1. Die Staatsanwaltschaft verfügt nach Art. 319 Abs. 1 StPO unter anderem die
vollständige oder teilweise Einstellung des Verfahrens, wenn kein Tatverdacht
erhärtet ist, der eine Anklage rechtfertigt (lit. a), kein Straftatbestand
erfüllt ist (lit. b) oder Rechtfertigungsgründe einen Straftatbestand
unanwendbar machen (lit. c). Der Entscheid über die Einstellung eines
Verfahrens hat sich nach dem Grundsatz "in dubio pro duriore" zu richten. Er
bedeutet, dass eine Einstellung durch die Staatsanwaltschaft grundsätzlich nur
bei klarer Straflosigkeit bzw. offensichtlich fehlenden Prozessvoraussetzungen
angeordnet werden darf. Hingegen ist, sofern die Erledigung mit einem
Strafbefehl nicht in Frage kommt, Anklage zu erheben, wenn eine Verurteilung
wahrscheinlicher erscheint als ein Freispruch. Ist ein Freispruch genauso
wahrscheinlich wie eine Verurteilung, drängt sich in der Regel, insbesondere
bei schweren Delikten, eine Anklageerhebung auf. Auf eine Anklageerhebung kann
verzichtet werden, wenn eine Verurteilung unter Einbezug der gesamten Umstände
aus anderen Gründen als von vornherein unwahrscheinlich erscheint (BGE 143 IV
241 E. 2.2.1 f.; 138 IV 186 E. 4.1; je mit Hinweisen).

Das Bundesgericht wendet das Recht von Amtes wegen an (Art. 106 Abs. 1 BGG). Es
ist folglich weder an die in der Beschwerde geltend gemachten Argumente noch an
die Erwägungen der Vorinstanz gebunden. Es kann eine Beschwerde daher auch aus
andern als den geltend gemachten Gründen gutheissen oder den Entscheid mit
einer Begründung bestätigen, die von jener der Vorinstanz abweicht (BGE 143 V
19 E. 2.3 S. 23 f.; 141 III 426 E. 2.4 S. 429; je mit Hinweisen).

3.2. Die Tathandlung bei der Veruntreuung nach Art. 138 Ziff. 1 Abs. 1 StGB
besteht in der Aneignung. Aneignung bedeutet, dass der Täter die fremde Sache
oder den Sachwert wirtschaftlich seinem eigenen Vermögen einverleibt, sei es,
um sie zu behalten oder zu verbrauchen, sei es, um sie an einen andern zu
veräussern, bzw. dass er wie ein Eigentümer über die Sache verfügt, ohne diese
Eigenschaft zu haben (BGE 129 IV 223 E. 6.2.1; 118 IV 148 E. 2a). Das blosse
Zurückbehalten eines anvertrauten Gegenstands stellt noch keine Aneignung dar.
Erforderlich ist eine äusserlich erkennbare Betätigung, die einen
Aneignungswillen manifestiert (BGE 121 IV 23 E. 1c; BERNARD CORBOZ, Les
infractions en droit suisse, 3. Aufl. 2010, N. 8 zu Art. 138 StGB). Die
Überprüfung der Tathandlung bedingt folglich zwangsläufig auch die Beurteilung
innerer Tatsachen. Dabei ist zu prüfen, ob der Täter einerseits einen Willen
auf dauernde Enteignung des bisherigen Eigentümers und anderseits einen Willen
auf mindestens vorübergehende Zueignung an ihn selbst, d.h. auf Verwendung der
Sache zu seinen eigenen Zwecken, aufweist (BGE 118 IV 148 E. 2a; vgl. auch
STRATENWERTH/JENNY/BOMMER, Schweizerisches Strafrecht, Besonderer Teil I, 7.
Aufl. 2010, § 13 N. 9 ff.).

Der subjektive Tatbestand der Veruntreuung nach Art. 138 Ziff. 1 Abs. 1 StGB
erfordert Vorsatz und ein Handeln in unrechtmässiger Bereicherungsabsicht. Nach
der Rechtsprechung bereichert sich bei der Veruntreuung von Vermögenswerten
unrechtmässig, wer die Vermögenswerte, die er dem Berechtigten jederzeit zur
Verfügung zu halten hat, ohne fähig und gewillt zu sein, sie jederzeit sofort
zu ersetzen (BGE 133 IV 21 E. 6.1.2; 118 IV 27 E. 3a S. 29 f.; je mit
Hinweisen).

3.3. Die Vorinstanz hat das objektive Merkmal der Aneignung ohne nähere
Begründung als erfüllt erachtet. Nach ihren Feststellungen ist unklar, welche
Vereinbarung die Parteien mit der Übergabe des Fahrzeugs vor mehr als 14 Jahren
getroffen haben. Der Beschwerdeführer übergab dem Beschwerdegegner 2 das
Fahrzeug, wobei Letzterer dieses als Vertreter seines Treugebers veräusserte.
Dass er sich damit über den festgelegten Verwendungszweck hinweggesetzt hat,
ist mit Blick auf die Aussagen des Bruders des Beschwerdeführers und der im
Recht liegenden anwaltlichen Korrespondenz, wonach der Beschwerdeführer einem
Verkauf oder einem Eintausch gegenüber nicht abgeneigt gewesen sei, nicht
ersichtlich (angefochtener Entscheid S. 8). Der Verkauf eines anvertrauten
Gegenstands kann zwar regelmässig als Manifestation des Aneignungswillens
angesehen werden. Aufgrund der offensichtlich unklaren vertraglichen
Ausgangslage zwischen den Parteien, lässt vorliegend der Verkauf des Fahrzeugs
den sicheren Schluss nicht zu, dass der Täter die Sache unter Ausschluss des
tatsächlich Berechtigten seinem eigenen Vermögen einverleiben wollte. Zum
Verkauf müssten vielmehr weitere Umstände hinzutreten, die auf eine Aneignung
schliessen lassen.

Solche Tatumstände liegen hier aber nicht vor. Dass der Beschwerdegegner 2 das
Fahrzeug nach Jahren der Aufbewahrung zu einem Preis verkauft hat, mit welchem
der Beschwerdeführer offensichtlich nicht einverstanden war, begründet nicht
ohne Weiteres eine Aneignung (vgl. ANDREAS DONATSCH, Strafrecht III, Delikte
gegen den Einzelnen, 11. Aufl. 2018, S. 138). Im Umstand, dass der
Beschwerdegegner 2 den Verkauf gegenüber dem Beschwerdeführer verschwiegen hat,
kann nur ein schwaches Indiz für den Aneignungswillen liegen. Einerseits stand
ein Tauschgeschäft im Raum. Das Fahrzeug wies für den Beschwerdeführer insofern
auch keinen Affektionswert auf. Andererseits erkundigte sich der
Beschwerdeführer während mehrerer Jahren nie bei seinem Treunehmer über das
Schicksal seines Fahrzeugs (angefochtener Entscheid S. 7). Die dem
angefochtenen Entscheid zugrunde liegende Einschätzung, dass eine Verurteilung
des Beschwerdegegners 2 von vornherein als unwahrscheinlich erscheine, ist
folglich nicht zu beanstanden. Der Vorinstanz ist auch zuzustimmen, wenn sie
auf den zivilrechtlichen Charakter der Streitsache hinweist (angefochtener
Entscheid S. 8). Reine Zivilrechtsstreitigkeiten sind jedenfalls nicht mit
Mitteln des Strafrechts auszutragen (Urteil 6B_582/2014 vom 7. Januar 2015 E.
2.8). Es erübrigt sich damit auch, näher auf die Bereicherungsabsicht und die
in diesem Zusammenhang erhobenen Rügen des Beschwerdeführers einzugehen.

3.4. Die Strafbarkeit der Beschwerdegegner 3 und 4 hängt massgeblich von der
Beurteilung des Verhaltens des Beschwerdegegners 2 ab. Darauf weist auch der
Beschwerdeführer hin (Beschwerde S. 12). Es kann auf die Ausführungen im
angefochtenen Entscheid verwiesen werden. Die Vorinstanz geht dabei in Bezug
auf das Wissen über die tatsächlichen Eigentumsverhältnisse am Fahrzeug ohne in
Willkür zu verfallen von einer klaren Beweislage aus (angefochtener Entscheid
S. 8). Die Einstellung verletzt auch hier kein Bundesrecht.

4. 

Die Beschwerde ist abzuweisen. Dem Beschwerdeführer sind die Gerichtskosten
aufzuerlegen (Art. 66 Abs. 1 BGG). Den Beschwerdegegnern 2 - 4 ist keine
Entschädigung zuzusprechen, da sie im bundesgerichtlichen Verfahren nicht zur
Einreichung einer Vernehmlassung eingeladen wurden (Art. 68 Abs. 1 BGG).

Demnach erkennt das Bundesgericht:

1. 

Die Beschwerde wird abgewiesen.

2. 

Die Gerichtskosten von Fr. 3'000.-- werden dem Beschwerdeführer auferlegt.

3. 

Dieses Urteil wird den Parteien und dem Obergericht des Kantons Bern,
Beschwerdekammer in Strafsachen, schriftlich mitgeteilt.

Lausanne, 7. November 2019

Im Namen der Strafrechtlichen Abteilung

des Schweizerischen Bundesgerichts

Der Präsident: Denys

Der Gerichtsschreiber: Reut