Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

Strafrechtliche Abteilung, Beschwerde in Strafsachen 6B.322/2019
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Bundesgericht

Tribunal fédéral

Tribunale federale

Tribunal federal

               

6B_322/2019

Urteil vom 19. August 2019

Strafrechtliche Abteilung

Besetzung

Bundesrichter Denys, Präsident,

Bundesrichter Oberholzer,

Bundesrichterin Jametti,

Gerichtsschreiber Moses.

Verfahrensbeteiligte

A.________,

Beschwerdeführer,

gegen

1. Generalstaatsanwaltschaft des Kantons Bern, Nordring 8, 3013 Bern,

2. X.________,

Beschwerdegegnerinnen.

Gegenstand

Nichtanhandnahme (üble Nachrede, evtl. Verleumdung),

Beschwerde gegen die Verfügung des Obergerichts

des Kantons Bern, Beschwerdekammer in Strafsachen,

vom 8. Februar 2019 (BK 19 20).

Sachverhalt:

A. 

Am 27. Dezember 2018 verfügte die Regionale Staatsanwaltschaft Oberland, dass
ein Strafverfahren gegen X.________ wegen übler Nachrede bzw. Verleumdung nicht
an die Hand genommen werde. Dagegen erhob A.________ Beschwerde. Das
Obergericht des Kantons Bern wies diese am 8. Februar 2019 ab, soweit es darauf
eintrat.

B. 

A.________ führt Beschwerde in Strafsachen. Er beantragt, die Sache sei zu
neuer Beurteilung an die Vorinstanz zurückzuweisen. Dabei sei insbesondere zu
prüfen, ob X.________ oder andere Rechtssubjekte sich der Nötigung oder anderer
Offizialdelikte schuldig gemacht haben. Die Wahrung seiner zivilrechtlichen
Ansprüche auf Schadenersatz und Genugtuung sei zu gewährleisten. Der Beschwerde
sei die aufschiebende Wirkung zu erteilen.

In einem Schreiben vom 26. April 2019 (Postaufgabe: 27. April 2019) machte
A.________ zusätzliche Ausführungen.

Erwägungen:

1. 

Die nachträgliche Eingabe vom 26. April 2019 erfolgte nach Ablauf der
Beschwerdefrist gemäss Art. 100 Abs. 1 BGG. Entsprechend ist auf diese nicht
einzutreten.

2. 

Der Privatkläger ist zur Beschwerde gegen eine Einstellungsverfügung nur
legitimiert, wenn der angefochtene Entscheid sich auf die Beurteilung seiner
Zivilansprüche auswirken kann (Art. 81 Abs. 1 lit. b Ziff. 5 BGG). In erster
Linie geht es um Ansprüche auf Schadenersatz und Genugtuung gemäss Art. 41 ff.
OR, die üblicherweise vor den Zivilgerichten geltend gemacht werden müssen.
Gemäss Art. 42 Abs. 1 und 2 BGG hat der Beschwerdeführer darzulegen, dass die
gesetzlichen Legitimationsvoraussetzungen erfüllt sind. Richtet sich die
Beschwerde gegen die Einstellung oder Nichtanhandnahme eines Verfahrens, hat
der Privatkläger nicht notwendigerweise bereits vor den kantonalen Behörden
eine Zivilforderung geltend gemacht. Selbst wenn er bereits adhäsionsweise
privatrechtliche Ansprüche geltend gemacht hat (vgl. Art. 119 Abs. 1 lit. b
StPO), werden in der Einstellungsverfügung keine Zivilklagen behandelt (Art.
320 Abs. 3 StPO). In jedem Fall muss der Privatkläger im Verfahren vor
Bundesgericht darlegen, aus welchen Gründen sich der angefochtene Entscheid
inwiefern auf welche Zivilforderungen auswirken kann. Das Bundesgericht stellt
an die Begründung der Legitimation strenge Anforderungen. Genügt die Beschwerde
diesen Begründungsanforderungen nicht, kann darauf nur eingetreten werden, wenn
aufgrund der Natur der untersuchten Straftat ohne Weiteres ersichtlich ist, um
welche Zivilforderungen es geht (BGE 141 IV 1 E. 1.1 mit Hinweisen).
Unbekümmert um die fehlende Legitimation in der Sache selbst kann der
Privatkläger die Verletzung von Verfahrensrechten geltend machen, deren
Missachtung eine formelle Rechtsverweigerung darstellt. Zulässig sind Rügen
formeller Natur, die von der Prüfung der Sache getrennt werden können. Nicht zu
hören sind Rügen, die im Ergebnis auf eine materielle Überprüfung des
angefochtenen Entscheids abzielen. Ein in der Sache nicht legitimierter
Beschwerdeführer kann deshalb weder die Beweiswürdigung kritisieren, noch kann
er geltend machen, die Begründung sei materiell unzutreffend. Er kann hingegen
vorbringen, auf ein Rechtsmittel sei zu Unrecht nicht eingetreten worden, er
sei nicht angehört worden, er habe keine Gelegenheit erhalten, Beweisanträge zu
stellen oder er habe keine Einsicht in die Akten nehmen können (BGE 141 IV 1 E.
1.1; Urteil 6B_611/2017 vom 9. März 2018 E. 1.1; je mit Hinweisen).

Der Beschwerdeführer macht geltend, er habe aufgrund der üblen Nachreden und
Verleumdungen seitens der Beschwerdegegnerin 2 keine angemessene Beschäftigung
finden können. Darüber hinaus rügt er die Verletzung verschiedener
Verfahrensrechte. Er ist damit zur Beschwerde in Strafsachen legitimiert.

3. 

Der Beschwerdeführer macht sinngemäss geltend, die Staatsanwaltschaft habe es
zu Unrecht unterlassen, ein Verfahren gegen X.________ einzuleiten.

Die Staatsanwaltschaft verfügt nach Art. 310 Abs. 1 lit. a StPO die
Nichtanhandnahme, sobald aufgrund der Strafanzeige oder des Polizeirapports
feststeht, dass die fraglichen Straftatbestände eindeutig nicht erfüllt sind.
Eine Nichtanhandnahme darf nur in sachverhaltsmässig und rechtlich klaren
Fällen ergehen. Es muss sicher feststehen, dass der Sachverhalt unter keinen
Straftatbestand fällt. Im Zweifelsfall ist eine Untersuchung zu eröffnen (BGE
137 IV 285 E. 2.3 mit Hinweisen).

Eine Nichtanhandnahmeverfügung kann auch bei Fehlen eines zureichenden
Verdachts erlassen werden. Die fraglichen Tatbestände können als eindeutig
nicht erfüllt erachtet werden, wenn gar nie ein Verdacht hätte geschöpft werden
dürfen oder der zu Beginn der Strafverfolgung vorhandene Anfangsverdacht sich
vollständig entkräftet hat. Dies ist beispielsweise der Fall bei einer
unglaubhaften Strafanzeige, wenn sich keine deliktsrelevanten Anhaltspunkte
feststellen liessen oder wenn das Opfer seine belastende Aussage im Laufe des
Ermittlungsverfahrens glaubhaft widerrief. Die Staatsanwaltschaft eröffnet
hingegen eine Untersuchung, wenn sich aus den Informationen und Berichten der
Polizei, aus der Strafanzeige oder aus ihren eigenen Feststellungen ein
hinreichender Tatverdacht ergibt (Art. 309 Abs. 1 lit. a StPO). Die zur
Eröffnung einer Strafuntersuchung erforderlichen tatsächlichen Hinweise auf
eine strafbare Handlung müssen erheblich und konkreter Natur sein. Blosse
Gerüchte oder Vermutungen genügen nicht. Der Anfangsverdacht soll eine
plausible Tatsachengrundlage haben, aus der sich die konkrete Möglichkeit der
Begehung einer Straftat ergibt (Urteile 6B_178/2017 vom 25. Oktober 2017 E.
2.2.2; 6B_897/2015 vom 7. März 2016 E. 2.1; je mit Hinweisen).

Dem angefochtenen Entscheid ist zu entnehmen, dass der Beschwerdeführer in
seiner Anzeige vom 12. November 2018 die Beschwerdegegnerin 2 beschuldigt, ihn
bei der Vermieterschaft verleumdet zu haben. Der Beschwerdeführer beziehe sich
dabei auf ein Schreiben von B.________ vom 30. Oktober 2018, in welchem er
darüber informiert werde, dass gegen seine Person Klagen und Hilferufe wegen
aggressiven und unberechenbaren Verhaltens eingegangen seien, ein solches
Verhalten nicht geduldet werde und bei nochmaligem Vorkommen zur Kündigung der
Wohnung führe. Anlässlich seiner Einvernahme vom 22. November 2018 habe der
Beschwerdeführer zu Protokoll gegeben, dass er keine Beweise dafür habe, dass
die Beschwerdegegnerin 2 hinter den gegen ihn erhobenen Vorwürfen stecke. Er
könne sich aber aufgrund der zwei gegen ihn im Jahr 2017 erhobenen Anzeigen
wegen Stalking vorstellen, dass sie es gewesen sei. Die Vorinstanz erwägt, es
würden keine Anhaltspunkte dafür bestehen, dass tatsächlich die
Beschwerdegegnerin 2 die von der Vermieterschaft erlassene Verwarnung ausgelöst
habe. Allein der Umstand, dass die Beschwerdegegnerin 2 gegen den
Beschwerdeführer Anzeige wegen Stalking eingereicht haben soll, vermöge keinen
Anfangsverdacht zu begründen.

Der Beschwerdeführer erklärte gegenüber der Polizei, er könne sich aufgrund
einer Anzeige seitens der Beschwerdegegnerin 2 vorstellen, dass diese ihn
verleumdet habe. Es handelt sich hierbei um eine blosse Vermutung, welche nach
der erwähnten Rechtsprechung keine Eröffnung eines Verfahrens rechtfertigt.
Allfällige weitere Delikte der Beschwerdegegnerin 2 oder anderer Personen waren
nicht Gegenstand der Anzeige, weshalb auch diesbezüglich sich eine
Verfahrenseröffnung nicht aufdrängte. Entsprechend waren adhäsionsweise auch
keine Zivilforderungen zu behandeln. Die Nichtanhandnahmeverfügung erging
rechtmässig und der angefochtene Entscheid ist in dieser Hinsicht nicht zu
beanstanden. Die weiteren Vorbringen des Beschwerdeführers hinsichtlich dieser
Frage (Beschwerde, S. 1 bis 4) erfolgen ohne Bezug zum angefochtenen Entscheid,
weshalb darauf nicht einzutreten ist.

4. 

Der Beschwerdeführer rügt, dass die Vorinstanz ihn zunächst zur Hinterlegung
einer Kaution gemäss Art. 383 StPO aufgefordert habe, ihm aber die Stellung als
Privatkläger verweigere, indem sie ihn ständig nur als Strafkläger oder
Beschwerdeführer tituliere.

Dass die Vorinstanz den Beschwerdeführer nicht ausdrücklich als Privatkläger
bezeichnet, bedeutet nicht, dass sie ihm diese Position verweigere. Der
Beschwerdeführer macht auch nicht geltend, aus der angeblich falschen
Bezeichnung einen konkreten Nachteil erlitten zu haben. Die Rüge ist
unbegründet, soweit darauf überhaupt eingetreten werden kann.

5. 

Der Beschwerdeführer rügt, die Vorinstanz weise ihn darauf hin, dass nur den
Parteien ein Informationsrecht bzw. ein Akteneinsichtsrecht gewährt werde.
Diesbezüglich müsse er feststellen, dass er nach Art. 383 und Art. 104 Abs. 1
lit. b StPO eben doch als "Partei" im eigentlichen Sinne zu betrachten wäre. In
diesem Zusammenhang rügt der Beschwerdeführer auch eine Verletzung von Art. 26
Abs. 2 der Verfassung des Kantons Bern vom 6. Juni 1993 (SR 131.212), welcher
einen Anspruch auf Akteneinsicht gewähre.

Die Vorinstanz erwägt, dass der Streitgegenstand auf das Anfechtungsobjekt
begrenzt sei. Der Antrag, wonach die Staatsanwaltschaft den Beschwerdeführer
über sämtliche, gegen die Beschwerdegegnerin 2 geführten Verfahren informieren
solle, gehe darüber hinaus und sei nicht zu hören. Die Vorinstanz weist den
Beschwerdeführer zudem darauf hin, dass nur Parteien und allenfalls weiteren
Verfahrensbeteiligten ein Informations- bzw. Akteneinsichtsrecht gewährt werde.
Soweit sich der Beschwerdeführer auf Verfahren beziehe, von denen er nicht
unmittelbar betroffen sei, stehe ihm kein Informationsrecht zu.

Dass der Beschwerdeführer in dem von ihm mit der Anzeige vom 12. November 2018
und der darauffolgenden Beschwerde an das Obergericht angestossenem Verfahren
Partei ist, steht nicht zur Diskussion. Die Vorinstanz bezieht sich aber auf
andere Verfahren, an welchen der Beschwerdeführer nicht beteiligt ist. Die Rüge
ist unbegründet.

6. 

Der Beschwerdeführer rügt, die Vorinstanz habe mit Verweis auf Art. 390 Abs. 2
StPO auf einen zweiten Schriftenwechsel verzichtet. Aus der Begründung "mit
Blick auf das Nachstehende" lasse sich nicht erkennen, ob die
Rechtsmittelschrift nicht habe zugestellt werden können, oder ob eine
Stellungnahme ausgeblieben sei. Jedenfalls sei auf die Anordnung eines zweiten
Schriftenwechsels verzichtet worden. Möglicherweise habe die Vorinstanz
angesichts der etwas besonderen Umstände den Entschluss gefasst, das ganze
Prozedere vom Bundesgericht beurteilen zu lassen.

Nach Art. 390 Abs. 2 StPO kann die Rechtsmittelinstanz auf einen
Schriftenwechsel verzichten, wenn das Rechtsmittel offensichtlich unzulässig
oder unbegründet ist. Dies war vorliegend der Fall. Die Rüge ist unbegründet.

7. 

Der Beschwerdeführer rügt eine Missachtung verschiedener von der
Kantonsverfassung garantierten Rechte sowohl durch Privatpersonen, welche sich
mutmasslich gegenseitig abgesprochen hätten, als auch durch die Burgergemeinde
Bern. Zu beurteilen ist im vorliegenden Verfahren einzig, ob die von der
Vorinstanz geschützte Einstellungsverfügung hinsichtlich einer möglichen
Straftat der Beschwerdegegnerin 2 zu Recht erging. Ob die Beschwerdegegnerin 2
oder andere Rechtssubjekte die verfassungsmässigen Rechte des Beschwerdeführers
respektiert haben, ist nicht Gegenstand des vorliegenden Verfahrens. Auf die
Rüge ist nicht einzutreten.

8. 

Die Beschwerde ist abzuweisen, soweit darauf eingetreten werden kann. Das
Gesuch um aufschiebende Wirkung wird mit dem Entscheid in der Sache
gegenstandslos.

Der Beschwerdeführer trägt die Kosten des Verfahrens (Art. 66 Abs. 1 BGG). Die
Beschwerdegegnerin 2 wurde nicht zur Vernehmlassung eingeladen, weshalb sie
keinen Anspruch auf eine Parteientschädigung hat.

 Demnach erkennt das Bundesgericht:

1. 

Die Beschwerde wird abgewiesen, soweit darauf einzutreten ist.

2. 

Die Gerichtskosten von Fr. 3'000.-- werden dem Beschwerdeführer auferlegt.

3. 

Dieses Urteil wird den Parteien und dem Obergericht des Kantons Bern,
Beschwerdekammer in Strafsachen, schriftlich mitgeteilt.

Lausanne, 19. August 2019

Im Namen der Strafrechtlichen Abteilung

des Schweizerischen Bundesgerichts

Der Präsident: Denys

Der Gerichtsschreiber: Moses