Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

Strafrechtliche Abteilung, Beschwerde in Strafsachen 6B.297/2019
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Bundesgericht

Tribunal fédéral

Tribunale federale

Tribunal federal

               

6B_297/2019

Urteil vom 12. August 2019

Strafrechtliche Abteilung

Besetzung

Bundesrichterin Jametti als Einzelrichterin,

Gerichtsschreiber Moses.

Verfahrensbeteiligte

A.________,

vertreten durch Rechtsanwalt Rolf Müller,

Beschwerdeführerin,

gegen

1. Oberstaatsanwaltschaft des Kantons Luzern, Postfach 3439, 6002 Luzern,

2. X.________,

Beschwerdegegner.

Gegenstand

Einstellungsverfügung (Nötigung),

Beschwerde gegen den Beschluss des Kantonsgerichts Luzern, 1. Abteilung, vom
21. Januar 2019 (2N 18 143).

Erwägungen:

1. 

A.________ erstattete am 2. März 2018 Strafanzeige gegen X.________ wegen
Nötigung. Dieser habe sie am 23. Oktober 2017 aufgefordert, eine von ihr auf
Google publizierte Rezension innert 48 Stunden zu entfernen, ansonsten würden
zivil- und strafrechtliche Schritte eingeleitet werden. Die Staatsanwaltschaft
verfügte am 17. September 2018 die Einstellung des Verfahrens.

2. 

A.________ erhob Beschwerde gegen die Einstellungsverfügung. Das Kantonsgericht
Luzern wies diese am 21. Januar 2019 ab.

3. 

A.________ führt Beschwerde in Strafsachen. Sie beantragt, der Beschluss des
Obergerichts und die Verfügung der Staatsanwaltschaft seien aufzuheben und die
Sache sei zur Wiederaufnahme des Strafverfahrens an die Staatsanwaltschaft
zurückzuweisen. Letztere sei sogleich anzuweisen, das Verfahren gegen
X.________ zu sistieren, bis in dem gegen sie gerichteten Strafverfahren ein
rechtskräftiger Entscheid vorliege. Eventualiter sei die Sache zu neuer
Entscheidung an die Vorinstanz zurückzuweisen.

4.

4.1. Der Privatkläger ist zur Beschwerde gegen eine Einstellungsverfügung nur
legitimiert, wenn der angefochtene Entscheid sich auf die Beurteilung seiner
Zivilansprüche auswirken kann (Art. 81 Abs. 1 lit. b Ziff. 5 BGG). In erster
Linie geht es um Ansprüche auf Schadenersatz und Genugtuung gemäss Art. 41 ff.
OR, die üblicherweise vor den Zivilgerichten geltend gemacht werden müssen.
Gemäss Art. 42 Abs. 1 und 2 BGG hat der Beschwerdeführer darzulegen, dass die
gesetzlichen Legitimationsvoraussetzungen erfüllt sind. Richtet sich die
Beschwerde gegen die Einstellung oder Nichtanhandnahme eines Verfahrens, hat
der Privatkläger nicht notwendigerweise bereits vor den kantonalen Behörden
eine Zivilforderung geltend gemacht. Selbst wenn er bereits adhäsionsweise
privatrechtliche Ansprüche geltend gemacht hat (vgl. Art. 119 Abs. 1 lit. b
StPO), werden in der Einstellungsverfügung keine Zivilklagen behandelt (Art.
320 Abs. 3 StPO). In jedem Fall muss der Privatkläger im Verfahren vor
Bundesgericht darlegen, aus welchen Gründen sich der angefochtene Entscheid
inwiefern auf welche Zivilforderungen auswirken kann. Das Bundesgericht stellt
an die Begründung der Legitimation strenge Anforderungen. Genügt die Beschwerde
diesen Begründungsanforderungen nicht, kann darauf nur eingetreten werden, wenn
aufgrund der Natur der untersuchten Straftat ohne Weiteres ersichtlich ist, um
welche Zivilforderungen es geht (BGE 141 IV 1 E. 1.1 mit Hinweisen).
Unbekümmert um die fehlende Legitimation in der Sache selbst kann der
Privatkläger die Verletzung von Verfahrensrechten geltend machen, deren
Missachtung eine formelle Rechtsverweigerung darstellt. Zulässig sind Rügen
formeller Natur, die von der Prüfung der Sache getrennt werden können. Nicht zu
hören sind Rügen, die im Ergebnis auf eine materielle Überprüfung des
angefochtenen Entscheids abzielen. Ein in der Sache nicht legitimierter
Beschwerdeführer kann deshalb weder die Beweiswürdigung kritisieren, noch kann
er geltend machen, die Begründung sei materiell unzutreffend. Er kann hingegen
vorbringen, auf ein Rechtsmittel sei zu Unrecht nicht eingetreten worden, er
sei nicht angehört worden, er habe keine Gelegenheit erhalten, Beweisanträge zu
stellen oder er habe keine Einsicht in die Akten nehmen können (BGE 141 IV 1 E.
1.1; Urteil 6B_611/2017 vom 9. März 2018 E. 1.1; je mit Hinweisen).

Eine Genugtuung nach Art. 49 OR ist nur geschuldet, sofern die Schwere der
Persönlichkeitsverletzung es rechtfertigt. Die Verletzung der Persönlichkeit
muss damit eine gewisse Intensität erreichen. Sie muss sich als objektiv und
subjektiv schwer qualifizieren. Daraus folgt, dass nicht jede noch so
geringfügige Beeinträchtigung der Persönlichkeit als rechtlich relevante
Verletzung im Sinne von Art. 49 OR verstanden werden kann. Leichte
Persönlichkeitsverletzungen, wie beispielsweise unbedeutende Ehrverletzungen,
rechtfertigen deshalb von vornherein keine finanzielle Genugtuung. Inwiefern
die Persönlichkeitsverletzung objektiv und subjektiv schwer wiege, ist daher in
der Beschwerde darzulegen (BGE 129 III 715 E. 4.4; Urteile 6B_495/2017 vom 26.
Juli 2017 E. 1.2; 6B_995/2016 vom 14. März 2017 E. 3.1; je mit Hinweisen).

4.2. Zu ihrer Legitimation führt die Beschwerdeführerin aus, dass sich die
Verurteilung des Beschwerdegegners unweigerlich auf ihre Zivilansprüche als
Privatklägerin auswirken werde. Dass sie ihre Zivilansprüche noch nicht
beziffert habe, ändere daran nichts (Beschwerde, S. 5). Damit legt die
Beschwerdeführerin nicht dar, durch die angebliche Nötigung einen Schaden oder
eine Persönlichkeitsverletzung, welche aufgrund ihrer Schwere eine Genugtuung
rechtfertigen würde, erlitten zu haben.

4.3. Die Beschwerdeführerin rügt zudem einen Ermessensmissbrauch sowie eine
Verletzung von Art. 29a und Art. 30 BV, zumal sich die Vorinstanz von falschen
Erwägungen habe leiten lassen (Beschwerde, S. 5 und 9 f.). Eine nähere
Begründung, weshalb dies - über eine blosse Unzulässigkeit der
Verfahrenseinstellung hinaus - der Fall sein sollte, ist der Beschwerde nicht
zu entnehmen. Diese Rügen entziehen sich damit einer von der Sache getrennten
Prüfung und sind unzulässig.

5. 

Auf die Beschwerde ist nicht einzutreten. Die Beschwerdeführerin trägt die
Kosten des Verfahrens (Art. 66 Abs. 1 BGG).

Demnach erkennt das Bundesgericht:

1. 

Auf die Beschwerde wird nicht eingetreten.

2. 

Die Gerichtskosten von Fr. 800.-- werden der Beschwerdeführerin auferlegt.

3. 

Dieses Urteil wird den Parteien und dem Kantonsgericht Luzern, 1. Abteilung,
schriftlich mitgeteilt.

Lausanne, 12. August 2019

Im Namen der Strafrechtlichen Abteilung

des Schweizerischen Bundesgerichts

Die Einzelrichterin: Jametti

Der Gerichtsschreiber: Moses