Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

Strafrechtliche Abteilung, Beschwerde in Strafsachen 6B.295/2019
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Bundesgericht

Tribunal fédéral

Tribunale federale

Tribunal federal

               

6B_295/2019

Urteil vom 8. August 2019

Strafrechtliche Abteilung

Besetzung

Bundesrichter Denys, Präsident,

Bundesrichter Oberholzer,

Bundesrichter Rüedi,

Gerichtsschreiber Faga.

Verfahrensbeteiligte

X.________, vertreten durch Rechtsanwalt Arno Thürig,

Beschwerdeführer,

gegen

Oberstaatsanwaltschaft des Kantons Luzern, Postfach 3439, 6002 Luzern,

Beschwerdegegnerin.

Gegenstand

Mehrfache Geldwäscherei,

Beschwerde gegen das Urteil des Kantonsgerichts Luzern, 2. Abteilung, vom 7.
Dezember 2018 (4M 18 52).

Sachverhalt:

A. 

X.________ erhielt von verschiedenen ihm unbekannten Personen Geldbeträge auf
sein Bankkonto respektive via Western Union überwiesen, dies im Auftrag einer
Person namens "A.________". Die Geldbeträge im Umfang von rund Fr. 35'700.--
leitete er auf Geheiss von "A.________" mit Western Union an deren Account
Manager B.________ nach Benin (Westafrika) weiter. "A.________" hatte die
betroffenen Drittpersonen unter Vorspiegelung der unmittelbar bevorstehenden
Auszahlung einer Kreditsumme in betrügerischer Weise zu diesen Überweisungen an
X.________ veranlasst. X.________ hielt es zumindest für möglich, dass die ihm
überwiesenen Geldbeträge aus einem Verbrechen (Betrug) stammten.

B. 

Das Kantonsgericht Luzern erklärte X.________ am 7. Dezember 2018 im
Berufungsverfahren gegen ein Urteil des Kriminalgerichts Luzern vom 14. März
2018 zweitinstanzlich der mehrfachen Geldwäscherei und der mehrfachen
Urkundenfälschung schuldig. Es bestrafte ihn mit einer bedingten Geldstrafe von
50 Tagessätzen zu Fr. 130.-- bei einer Probezeit von zwei Jahren.

C. 

X.________ führt Beschwerde in Strafsachen. Er beantragt, er sei vom Vorwurf
der Geldwäscherei freizusprechen. Eventualiter sei das Urteil des
Kantonsgerichts betreffend den Schuldspruch der Geldwäscherei aufzuheben und
die Sache zur Neubeurteilung an die Vorinstanz zurückzuweisen.

Erwägungen:

1. 

1.1. Im Zusammenhang mit der Verurteilung wegen mehrfacher Geldwäscherei macht
der Beschwerdeführer im Wesentlichen geltend, es fehle an einer abgeschlossenen
Vortat. Bei Delikten mit überschiessender Innentendenz wie beim
Betrugstatbestand werde die Beendigung der Vortat vorausgesetzt. Bis zur
Beendigung der Vortat sei Gehilfenschaft oder Mittäterschaft an der Vortat
möglich. Die Bereicherung der Täter sei erst im Zeitpunkt erfolgt, als das von
ihm via Western Union weitergeleitete Geld bei B.________ eingetroffen sei.
Deshalb kämen die von ihm getätigten Überweisungen nicht als
Geldwäschereihandlungen in Frage. Eine Bereicherung der Vortäter bereits im
Zeitpunkt, als die Vermögenswerte bei ihm eingetroffen seien, könne nicht
angenommen werden. Zum einen komme es bei der Bereicherung nicht auf das "reine
Herrschaftsverhältnis" an. Zum anderen fehlten Beweise oder Hinweise auf ein
solches Herrschaftsverhältnis des Betrügers (Beschwerde S. 3 ff.).

1.2. Verschiedene mehrheitlich im Ausland wohnende Personen überwiesen dem
Beschwerdeführer im Zeitraum von rund fünf Monaten (12. Februar 2016 - 6. Juli
2016) mehrere Geldbeträge auf dessen Bankkonto respektive via Western Union.
Damit beglichen sie mutmasslich fingierte Vorschussverpflichtungen im Umfang
von rund Fr. 35'700.-- in Erwartung eines von "A.________" auszurichtenden
Kredits. Die Geldbeträge schickte der Beschwerdeführer - der selbst von
"A.________" einen Kredit aufnehmen wollte und dafür bereits Zahlungen an seine
vermeintliche Kreditgeberin geleistet hatte - auf Anweisung von "A.________"
mit Western Union ihrem Account Manager B.________ nach Benin. Die Vorinstanz
wirft dem Beschwerdeführer vor, die von "A.________" ertrogenen Geldbeträge
weitergeleitet zu haben, obwohl er es zumindest für möglich gehalten hatte,
dass sie aus einem Verbrechen (Betrug) stammten.

Zum Tatobjekt der Geldwäscherei erwägt die Vorinstanz, die Rechtsprechung habe
sich zur Frage, ob die Vortat vollendet oder beendet sein müsse, dahingehend
geäussert, dass das Tatbestandsmerkmal des Erlangens beendet sein müsse. Die
Sache dürfe sich mithin nicht mehr im Herrschaftsbereich des Opfers befinden.
Vielmehr müsse der Täter die tatsächliche freie Verfügungsmacht über die Sache
erlangt haben. Ein Delikt mit überschiessender Innentendenz müsse nicht
zwingend formell beendet sein. Es genüge, wenn die Vortat hinsichtlich des
Tatbestandsmerkmals des Erlangens abgeschlossen sei, wenn sich mithin die
Vermögenswerte nicht länger im Herrschaftsbereich des Opfers befänden.
Geldwäscherei sei ab dem Zeitpunkt möglich gewesen, als die von der
Vortäterschaft betrügerisch erlangten Gelder beim Beschwerdeführer eingetroffen
seien. Dieser sei mit Blick auf den von "A.________" erwarteten Kredit und die
an sie geleisteten Zahlungen seiner vermeintlichen Kreditgeberin ausgeliefert
gewesen. Mit Eingang auf dessen Konto hätten sich die Gelder deshalb faktisch
im Herrschaftsbereich von "A.________" befunden, die frei darüber habe verfügen
können (Entscheid S. 10 ff.).

1.3. Gemäss Art. 305bis Ziff. 1 StGB macht sich der Geldwäscherei schuldig, wer
eine Handlung vornimmt, die geeignet ist, die Ermittlung der Herkunft, die
Auffindung oder die Einziehung von Vermögenswerten zu vereiteln, die, wie er
weiss oder annehmen muss, unter anderem aus einem Verbrechen herrühren. Es
handelt sich um ein abstraktes Gefährdungsdelikt, der Nachweis einer konkreten
Vereitelungsgefahr oder einer gelungenen Vereitelung ist nicht erforderlich
(BGE 136 IV 188 E. 6.1 S. 191; 127 IV 20 E. 3a S. 25 f.; je mit Hinweisen).

Die Begehung eines Anschlussdelikts setzt voraus, dass die Vortat abgeschlossen
ist. Bis zum Abschluss der Vortat ist nur Gehilfenschaft oder Mittäterschaft an
der Vortat möglich. Dies gilt für den Tatbestand der Geldwäscherei wie auch für
den Tatbestand der Hehlerei. Die Vereitelung von Einziehungs-, Auffindungs- und
Herkunftsermittlungsinteressen beim Tatbestand der Geldwäscherei setzt voraus,
dass solche Interessen überhaupt bestehen (Urteile 6B_1046/2015 vom 28. April
2016 E. 3.3; 6B_141/2007 vom 24. September 2007 E. 6.3.1; je mit Hinweisen;
ACKERMANN/ZEHNDER, in: Kommentar Kriminelles Vermögen, Kriminelle Organisation:
Einziehung, Kriminelle Organisation, Finanzierung des Terrorismus,
Geldwäscherei, Bd. II, 2018, N. 290 und 815 zu Art. 305bis StGB). Zum Stadium
der Vortat finden sich in der Literatur verschiedene Standpunkte. Nach MARK
PIETH müsse das vorangehende wertgenerierende Verhalten soweit abgeschlossen
sein, dass zumindest die Werte bereits erzielt worden seien. Geldwäscherei
komme erst nach vollendeter Vortat in Frage (Mark Pieth, in: Basler Kommentar,
Strafrecht, Bd. II, 4. Aufl. 2019, N. 24 und 69 zu Art. 305bis StGB). Gemäss
TRECHSEL/PIETH, DONATSCH/THOMMEN/WOHLERS sowie YVONA GRIESSER sei die
Vollendung der Vortat nicht erforderlich (TRECHSEL/PIETH, in: Schweizerisches
Strafgesetzbuch, Praxiskommentar, 3. Aufl. 2018, N. 10 zu Art. 305bis StGB;
DONATSCH/THOMMEN/WOHLERS, Strafrecht IV, Delikte gegen die Allgemeinheit, 5.
Aufl. 2017, S. 495; YVONA GRIESSER, Geldwäscherei [Art. 305bis StGB], in: Liber
amicorum für Andreas Donatsch [...], 2012, S. 138). Nach ACKERMANN/ZEHNDER
könne eine abgeschlossene Vortat in der Form des vollendeten bzw. beendeten
Delikts vorliegen oder auch als unvollendeter oder vollendeter Versuch. Bei der
Geldwäscherei sei nicht in jedem Fall zwingend, dass die Vortat vollendet bzw.
beendet sei. Bei Delikten mit überschiessender Innentendenz aber sei Beendigung
vorausgesetzt (ACKERMANN/ZEHNDER, a.a.O., N. 290 f. und 815 f. zu Art. 305bis
StGB). CHRISTINE EGGER TANNER unterstreicht, die Vortat sei in Bezug auf den
Geldwäschereiartikel erst von Bedeutung, wenn durch sie illegale Vermögenswerte
angefallen seien. Die Vortat müsse nicht vollendet oder beendet sein (CHRISTINE
EGGER TANNER, Die strafrechtliche Erfassung der Geldwäscherei [...], 1999, S.
42 f. und 58). Zur Frage, ob die Vortat vollendet oder beendet sein muss, hat
sich die Rechtsprechung in Entscheiden zum Tatbestand der Hehlerei dahingehend
geäussert, dass das Tatbestandsmerkmal des Erlangens beendet sein muss, während
hinsichtlich der übrigen Tatbestandsmerkmale Vollendung genügt. Die Sache darf
sich mithin faktisch nicht mehr im Herrschaftsbereich des Opfers befinden. Der
Täter muss vielmehr die tatsächliche freie Verfügungsmacht über die Sache
erlangt haben (Urteile 6B_497/2014 vom 6. März 2015 E. 5.3.1; 6B_115/2007 vom
24. September 2007 E. 5.3.1; 6B_141/2007 vom 24. September 2007 E. 6.3.1).

1.4. Beim Tatbestand des Betrugs besteht die Tathandlung in einem irreführenden
Verhalten des Täters. Der Täter bewirkt oder verstärkt beim Geschädigten durch
arglistiges Vorspiegeln oder Unterdrücken von Tatsachen einen Irrtum und
bestimmt den Getäuschten zu einer Vermögensdisposition. Der Betrug ist mit
Eintritt des Vermögensschadens vollendet und mit Eintritt der Bereicherung
beendet (BGE 133 IV 171 E. 6.5 S. 178; ANDREAS DONATSCH, Delikte gegen den
Einzelnen, 11. Aufl. 2018, S. 226). Die Tathandlung liegt hier in der
arglistigen Täuschung mehrerer Drittpersonen durch "A.________". Diese gaukelte
ihren Geschäftspartnern die Auszahlung einer Kreditsumme vor und brachte sie
dazu, vermeintliche Vorschussverpflichtungen im Umfang von rund Fr. 35'700.--
an den Beschwerdeführer zu leisten. Mit diesen Vermögensdispositionen war der
Betrug als Vortat abgeschlossen. Im besagten Zeitpunkt waren die Getäuschten
geschädigt, illegale Vermögenswerte angefallen und der Betrug vollendet. Damit
braucht nicht beantwortet zu werden, ob mit einem Teil der Lehre
Geldwäschereihandlungen auch zu einem früheren Zeitpunkt möglich sind. Nicht
gefolgt werden kann dem Beschwerdeführer, wenn er unter Berufung auf ACKERMANN/
ZEHNDER bei Vortaten mit überschiessender Innentendenz Beendigung voraussetzt
und Tathandlungen zwischen Vollendung und Beendigung einzig als Handlungen
eines Mittäters oder Gehilfen zur Vortat sieht. Vielmehr ist bereits in dieser
Phase Geldwäscherei möglich. Der Sache nach geht es um eine Form der
Begünstigung, und zwar um eine Wertbegünstigung. Durch die strafbare Handlung
wird der Zugriff der Strafbehörde auf die aus einem Verbrechen stammende Beute
behindert. Das strafbare Verhalten liegt in der Sicherung der durch die Vortat
unrechtmässig erlangten Vermögenswerte. Es handelt sich um ein typisches
Anschlussdelikt. Aufgrund seiner Stellung im Gesetz schützt der Tatbestand in
erster Linie die Strafrechtspflege in der Durchsetzung des staatlichen
Einziehungsanspruchs (BGE 129 IV 322 E. 2.2.4 S. 325 f. mit Hinweisen). Dem
Tatbestand liegt wie den Einziehungsbestimmungen der Gedanke zugrunde,
strafbares Verhalten solle sich nicht lohnen (BGE 129 IV 322 E. 2.2.4 S. 327
mit Hinweisen). Eine Sicherung der illegalen Vermögenswerte durch den
Geldwäscher respektive eine Behinderung der staatlichen Einziehung ist
unabhängig von einer Beendigung der Vortat möglich. Ebenso war im Zeitpunkt der
Überweisungen an den Beschwerdeführer die Vereitelung der vorgenannten
Einziehungs-, Auffindungs- und Herkunftsermittlungsinteressen möglich,
unabhängig von der insoweit nicht relevanten Frage, ob die Betrügerin
Verfügungsmacht über die Summen erhalten hatte. Nichts für seinen Standpunkt
abzuleiten vermag der Beschwerdeführer schliesslich, wenn er argumentiert, eine
Teilnahme im Sinne einer Gehilfenschaft und Mittäterschaft sei bei Delikten mit
überschiessender Innentendenz bis zur Beendigung der Vortat möglich. Diese
Ausführungen treffen zwar zu (BGE 122 IV 211 E. 3b/dd S. 220 mit Hinweis). Sie
bedeuten aber, dass nebst der Geldwäschereihandlungen grundsätzlich auch eine
Teilnahme des Beschwerdeführers an der Vortat zur Diskussion gestanden hätte.
Nach der Rechtsprechung kann der Vortäter sein eigener Geldwäscher sein (BGE
128 IV 117 E. 7a S. 132; Urteil 6S.59/2005 vom 2. Oktober 2006 E. 6.3.1, nicht
publ. in BGE 132 IV 132; je mit Hinweisen).

Die Überweisungen per Western Union an B.________ stellen die sich an den
Betrug anschliessenden Geldwäschereihandlungen dar. Der Schuldspruch der
mehrfachen Geldwäscherei verletzt kein Bundesrecht. Die Rüge ist unbegründet.

2. 

Die Beschwerde ist abzuweisen. Der Beschwerdeführer wird ausgangsgemäss
kostenpflichtig (Art. 66 Abs. 1 BGG).

 Demnach erkennt das Bundesgericht:

1. 

Die Beschwerde wird abgewiesen.

2. 

Die Gerichtskosten von Fr. 3'000.-- werden dem Beschwerdeführer auferlegt.

3. 

Dieses Urteil wird den Parteien und dem Kantonsgericht Luzern, 2. Abteilung,
schriftlich mitgeteilt.

Lausanne, 8. August 2019

Im Namen der Strafrechtlichen Abteilung

des Schweizerischen Bundesgerichts

Der Präsident: Denys

Der Gerichtsschreiber: Faga