Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

Strafrechtliche Abteilung, Beschwerde in Strafsachen 6B.294/2019
Zurück zum Index Strafrechtliche Abteilung, Beschwerde in Strafsachen 2019
Retour à l'indice Strafrechtliche Abteilung, Beschwerde in Strafsachen 2019


 

Bundesgericht

Tribunal fédéral

Tribunale federale

Tribunal federal

               

6B_294/2019

Urteil vom 22. August 2019

Strafrechtliche Abteilung

Besetzung

Bundesrichter Denys, Präsident,

Bundesrichterinnen Jacquemoud-Rossari, Jametti,

Gerichtsschreiber Moses.

Verfahrensbeteiligte

X.________,

Beschwerdeführer,

gegen

Oberstaatsanwaltschaft des Kantons Zürich,

Beschwerdegegnerin.

Gegenstand

Vergehen gegen das Bundesgesetz über die Alters- und
Hinterlassenenversicherung; Willkür etc.,

Beschwerde gegen das Urteil des Obergerichts des Kantons Zürich, I.
Strafkammer, vom 22. November 2018 (SB180351-O/U/jv).

Sachverhalt:

A.

Das Bezirksgericht Zürich erklärte X.________ am 4. Mai 2018 des Vergehens im
Sinne von Art. 87 Abs. 2 AHVG sowie der Übertretung nach Art. 88 Abs. 2 AHVG
schuldig. Es bestrafte ihn mit einer bedingten Geldstrafe von 80 Tagessätzen zu
Fr. 55.-- sowie einer Busse von Fr. 300.--. Dagegen erhob X.________ Berufung.

B.

Das Obergericht des Kantons Zürich erklärte X.________ am 22. November 2018 des
Vergehens im Sinne von Art. 87 Abs. 2 AHVG schuldig und bestrafte ihn mit einer
bedingten Geldstrafe von 80 Tagessätzen zu Fr. 40.--.

C.

X.________ führt Beschwerde in Strafsachen. Er beantragt, das Urteil des
Obergerichts sei aufzuheben und er sei freizusprechen. Eventualiter sei die
Sache an die Vorinstanz zurückzuweisen.

Erwägungen:

1.

Die Sachverhaltsfeststellung der Vorinstanz kann vor Bundesgericht nur gerügt
werden, wenn sie offensichtlich unrichtig ist oder auf einer Rechtsverletzung
im Sinne von Art. 95 BGG beruht und wenn die Behebung des Mangels für den
Ausgang des Verfahrens entscheidend sein kann (Art. 97 Abs. 1 BGG).
Offensichtlich unrichtig ist die Sachverhaltsfeststellung, wenn sie willkürlich
ist (BGE 143 IV 241 E. 2.3.1). Willkür liegt vor, wenn der angefochtene
Entscheid offensichtlich unhaltbar ist oder mit der tatsächlichen Situation in
klarem Widerspruch steht. Dass eine andere Lösung oder Würdigung ebenfalls
vertretbar oder gar zutreffender erscheint, genügt für die Annahme von Willkür
nicht (BGE 141 IV 305 E. 1.2). Dem Grundsatz in dubio pro reo kommt in seiner
Funktion als Beweiswürdigungsregel im Verfahren vor dem Bundesgericht keine
über das Willkürverbot von Art. 9 BV hinausgehende Bedeutung zu (BGE 144 IV 345
E. 2.2.3.1; BGE 138 V 74 E. 7; je mit Hinweisen). Eine entsprechende Rüge muss
explizit vorgebracht und substanziiert begründet werden (Art. 106 Abs. 2 BGG).
Auf eine rein appellatorische Kritik am angefochtenen Urteil tritt das
Bundesgericht nicht ein (BGE 142 III 364 E. 2.4).

2.

2.1. Der Beschwerdeführer rügt, die Vorinstanz habe zu Unrecht davon abgesehen,
die von ihm genannten Zeugen einzuvernehmen. Dabei handle es sich unter anderem
um zwei Mitarbeiter der Sozialversicherungsanstalt, die über den
chronologischen Ablauf, die mündlichen Abmachungen, Korrekturen und weitere
nicht dokumentierte Handlungen Auskunft geben könnten. Der Aufforderung der
Vorinstanz, die Adressen dieser Zeugen bekannt zu geben, habe er nicht
nachkommen können, zumal er diese aufgrund von Problemen bei der Postzustellung
nicht erhalten habe. Überdies könne er die Adressen der Zeugen nicht bekannt
geben, weil er lediglich deren Namen und Arbeitsort kenne.

2.2. Die Vorinstanz erwägt, dass dem Beschwerdeführer mit Präsidialverfügung
vom 5. September 2018 Frist angesetzt worden sei, um die fehlenden Vornahmen
sowie Adressen der angerufenen Zeugen bekannt zu geben. Dem Beschwerdeführer
sei angedroht worden, dass im Säumnisfall auf die Beweisanträge einstweilen
nicht eingetreten werde und diese an der Berufungsverhandlung erneut gestellt
werden könnten. Die zweimalig als Gerichtsurkunde versandte Verfügung sei beide
Male als "nicht abgeholt" retourniert worden. Nachdem der Beschwerdeführer
Berufung erhoben habe, habe er mit Zustellungen rechnen müssen. Folglich komme
die Zustellfiktion gemäss Art. 85 Abs. 4 lit. a StPO zur Anwendung. Da der
Beschwerdeführer der Aufforderung zur Präzisierung seiner Beweisanträge nicht
nachgekommen sei, sei auf diese im Vorfeld der Berufungsverhandlung nicht
weiter eingegangen worden. Anlässlich der Berufungsverhandlung habe der
Beschwerdeführer seine Beweisanträge wiederholt. Die Vorinstanz erwägt, dass
diese abzuweisen seien. Es sei nicht einzusehen, welchen Erkenntnisgewinn die
beantragte Befragung von Mitarbeitern der Sozialversicherungsanstalt bringen
sollte. Es sei diese Behörde gewesen, welche das Verfahren mit der Anzeige
gegen den Beschwerdeführer in Gang gebracht habe und aus den im Recht liegenden
Unterlagen gehe klar hervor, dass der Beschwerdeführer seiner gesetzlich
vorgeschriebenen Dokumentationspflicht nicht nachgekommen sei und auf die
diversen Schreiben der Sozialversicherungsanstalt schlicht nicht reagiert habe.
Für die Beurteilung der Strafbarkeit sei nicht von Relevanz, ob er allenfalls
mal telefonisch eine Revision bei der Sozialversicherungsanstalt verlangt habe.
Und schliesslich habe er anlässlich der Berufungsverhandlung jedenfalls
sinngemäss eingeräumt, dass er die Post schlicht nicht abgeholt habe, womit
sich eine Befragung von A.________ zur angeblich mangelhaften Serviceleistung
der Post erübrige (Urteil, S. 5 f.).

2.3. Der Beschwerdeführer wiederholte seine Beweisanträge anlässlich der
Berufungsverhandlung und die Vorinstanz behandelte diese. Unerheblich ist
demnach, ob der Beschwerdeführer im Vorfeld dieser Verhandlung der
Aufforderung, seine Beweisanträge zu präzisieren, nachgekommen ist oder nicht.
Die Rüge ist damit unbegründet. Darüber hinaus setzt sich der Beschwerdeführer
mit den Erwägungen, mit welchen die Vorinstanz die an der Berufungsverhandlung
wiederholten Beweisanträge abweist, nicht auseinander. In dieser Hinsicht ist
auf die Rüge mangels hinreichender Begründung (Art. 42 Abs. 2 BGG) nicht
einzutreten.

3.

Der Beschwerdeführer rügt, dass für Lohnabrechnungen keine formelle Auflistung
vorgesehen sei. Er verweist dabei auf Art. 323b Abs. 1 OR, wonach dem
Arbeitnehmer eine schriftliche Abrechnung zu übergeben sei. Die
Sozialversicherungsanstalt habe mittels unbekannten Quellen irgendwelche
Abrechnungen, Formulare und Anmeldungen ins Recht genommen, um ihn in ein
schlechtes Licht zu setzen und die Anklage mit anschliessender Verurteilung
nach Art. 87 Abs. 2 AHVG zu rechtfertigen. Der Beschwerdeführer rügt weiter, er
habe diese einseitige Auslegung des Sachverhalts immer wieder erwähnt, sei aber
ignoriert worden. Die Sozialversicherungsanstalt habe die Angelegenheit mit ihm
besprochen und er habe diese vor Ort erläutert und korrigiert. Ausserdem sei
eine Abzahlungsvereinbarung getroffen worden.

Der Beschwerdeführer vermag mit diesen Ausführungen weder eine willkürliche
Sachverhaltsfeststellung noch eine falsche Anwendung von Art. 87 Abs. 2 AHVG
darzulegen. Eine Pflicht zur Abrechnung der Löhne besteht nach Art. 51 Abs. 3
AHVG und Art. 36 Abs. 2 AHVV (SR 831.101; siehe auch BGE 137 V 51 E. 3.2). Die
Rüge ist unbegründet, soweit darauf überhaupt eingetreten werden kann.

4.

Unter dem Titel "Schlusswort" führt der Beschwerdeführer aus, er möchte dem
Gericht mitteilen, dass die Aussagen der Vorinstanz hinsichtlich Reue und
Einsicht für ihn unverständlich seien. Es sei unklar, inwiefern er Reue zeigen
könne, wenn er die ganze Zeit versucht habe, die Angelegenheit zu klären, um
die Wahrheit ans Licht zu bringen. Er sei sich seiner Rechte und Pflichten als
Geschäftsleiter bewusst und habe diese immer wahrgenommen.

Die Vorinstanz erwägt, dass der Beschwerdeführer nicht geständig sei. Er zeige
folglich keine Reue und Einsicht, was allerdings bei der Strafzumessung neutral
zu werten sei (Urteil, S. 18). Der Beschwerdeführer stellt nicht in Abrede,
nicht geständig gewesen zu sein. Dass die Vorinstanz ihm bei der Strafzumessung
weder Reue noch Einsicht zu Gute hält, ist demnach nicht zu beanstanden.

5.

Die Beschwerde ist abzuweisen, soweit darauf eingetreten werden kann. Der
Beschwerdeführer trägt die Kosten des Verfahrens (Art. 66 Abs. 1 BGG).

Demnach erkennt das Bundesgericht:

1.

Die Beschwerde wird abgewiesen, soweit darauf einzutreten ist.

2.

Die Gerichtskosten von Fr. 3'000.-- werden dem Beschwerdeführer auferlegt.

3.

Dieses Urteil wird den Parteien und dem Obergericht des Kantons Zürich, I.
Strafkammer, schriftlich mitgeteilt.

Lausanne, 22. August 2019

Im Namen der Strafrechtlichen Abteilung

des Schweizerischen Bundesgerichts

Der Präsident: Denys

Der Gerichtsschreiber: Moses