Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

Strafrechtliche Abteilung, Beschwerde in Strafsachen 6B.275/2019
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Bundesgericht

Tribunal fédéral

Tribunale federale

Tribunal federal

               

6B_275/2019

Urteil vom 13. August 2019

Strafrechtliche Abteilung

Besetzung

Bundesrichter Denys, Präsident,

Bundesrichterin Jacquemoud-Rossari,

Bundesrichterin Jametti,

Gerichtsschreiber Moses.

Verfahrensbeteiligte

A._________,

vertreten durch Rechtsanwalt Markus Lienert,

Beschwerdeführerin,

gegen

1. Oberstaatsanwaltschaft des Kantons Zürich, Florhofgasse 2, 8090 Zürich,

2. X.________,

vertreten durch Rechtsanwalt Rainer Cao,

Beschwerdegegner.

Gegenstand

Vergewaltigung, sexuelle Nötigung (Freispruch), Willkür,

Beschwerde gegen das Urteil des Obergerichts des Kantons Zürich, I.
Strafkammer, vom 15. November 2018 (SB170460-O/U/jv).

Sachverhalt:

A. 

Das Bezirksgericht Zürich erklärte X.________ am 13. September 2017 der
Vergewaltigung, der mehrfachen sexuellen Nötigung sowie der Freiheitsberaubung
zum Nachteil von A.________ schuldig. Es bestrafte ihn mit einer teilbedingten
Freiheitsstrafe von 3 Jahren. Im Zivilpunkt stellte es fest, dass X.________
gegenüber A.________ dem Grundsatze nach schadenersatzpflichtig ist und
verpflichtete ihn zur Zahlung einer Genugtuung von Fr. 12'000.--. Dagegen
erhoben X.________ Berufung und die Staatsanwaltschaft Anschlussberufung. Das
Obergericht des Kantons Zürich sprach X.________ am 15. November 2018 frei. Es
gewährte X.________ eine Genugtuung von Fr. 20'000.-- und wies die
Zivilforderung von A.________ ab.

B. 

A.________ führt Beschwerde in Strafsachen. Sie beantragt, das Urteil des
Obergerichts sei aufzuheben und dasjenige des Bezirksgerichts zu bestätigen.
Für das Verfahren vor dem Bundesgericht sei ihr die unentgeltliche Rechtspflege
und Verbeiständung zu gewähren.

Erwägungen:

1. 

Die Beschwerdeführerin beantragte im kantonalen Verfahren adhäsionsweise
Schadenersatz und Genugtuung. Sie ist damit zur Beschwerde in Strafsachen
legitimiert (Art. 81 Abs. 1 lit. b Ziff. 5 BGG).

2. 

Die Beschwerdeführerin beantragt eine öffentliche Urteilsberatung. Das Publikum
habe ein Anrecht darauf zu wissen, ob das höchste Gericht der Schweiz
erzwungenen Sex von pathologisch, sadistisch veranlagten Personen gegenüber
Opfern, die sich aufgrund ihrer Persönlichkeitsstruktur nicht wehren können,
tatsächlich Straffreiheit gewährt, damit diese in ihrem Handeln bestärkt und
ihr Unwesen weiter treiben können.

Dem Antrag ist nicht stattzugeben. Auf eine öffentliche Beratung gemäss Art. 58
BGG haben die Parteien keinen Anspruch (Urteil 5A_647/2016 vom 19. Dezember
2016 E. 1.2). Darüber hinaus veröffentlicht das Bundesgericht sämtliche End-
und Teilentscheide im Internet (Art. 27 BGG; Art. 59 Abs. 1 lit. b des
Reglements für das Bundesgericht vom 20. November 2006 [BGerR; SR
173.110.131]).

3. 

Die Beschwerdeführerin rügt, sie sei von der Vorinstanz anlässlich der
Berufungsverhandlung geradezu feindlich behandelt worden. Es sei bereits damals
klar gewesen, dass sämtliche Aussagen und Argumente gegen sie verwendet würden.
Die Vorinstanz erwecke damit den Eindruck der Befangenheit gemäss Art. 56 StPO.

Ausstandsgesuche müssen gemäss Art. 58 Abs. 1 StPO unverzüglich gestellt
werden. Vorliegend bedeutet dies, dass die Beschwerdeführerin allfällige
Ausstandsgründe anlässlich der Berufungsverhandlung hätte geltend machen
müssen. Vor Bundesgericht darf sie sich nicht mehr darauf berufen. Auf die Rüge
ist nicht einzutreten.

4.

4.1. Die Beschwerdeführerin rügt eine willkürliche Sachverhaltsfeststellung
sowie eine Verletzung des rechtlichen Gehörs durch "Beweisunterschlagung eines
ganzen Dossiers".

Die Sachverhaltsfeststellung der Vorinstanz kann vor Bundesgericht nur gerügt
werden, wenn sie offensichtlich unrichtig ist oder auf einer Rechtsverletzung
im Sinne von Art. 95 BGG beruht und wenn die Behebung des Mangels für den
Ausgang des Verfahrens entscheidend sein kann (Art. 97 Abs. 1 BGG).
Offensichtlich unrichtig ist die Sachverhaltsfeststellung, wenn sie willkürlich
ist (BGE 143 IV 241 E. 2.3.1). Willkür liegt vor, wenn der angefochtene
Entscheid offensichtlich unhaltbar ist oder mit der tatsächlichen Situation in
klarem Widerspruch steht. Dass eine andere Lösung oder Würdigung ebenfalls
vertretbar oder gar zutreffender erscheint, genügt für die Annahme von Willkür
nicht (BGE 141 IV 305 E. 1.2). Eine entsprechende Rüge muss explizit
vorgebracht und substanziiert begründet werden (Art. 106 Abs. 2 BGG). Auf eine
rein appellatorische Kritik am angefochtenen Urteil tritt das Bundesgericht
nicht ein (BGE 142 III 364 E. 2.4).

4.2. Hinsichtlich der "Beweisunterschlagung" macht die Beschwerdeführerin
geltend, dass der Beschwerdegegner auch eine andere Frau, B._________,
festgehalten, bedroht, beleidigt und genötigt habe. Deshalb sei es zu einer
Anzeige gekommen. Obwohl das kriminelle Verhalten gegenüber B._________
aktenmässig bekannt gewesen sei, habe die Vorinstanz es aus unerfindlichen
Gründen unterlassen, die Erkenntnisse aus den besagten Strafakten in die
Urteilsbegründung einfliessen zu lassen. Die "Beweisunterschlagung" dieses
Dossiers sei nicht nachvollziehbar und stelle eine Art der Täterbegünstigung
dar, die nicht zu rechtfertigen sei. So mache sich des Amtsmissbrauchs gemäss
Art. 312 StGB schuldig, wer als Mitglied einer Behörde oder Beamter einem
anderen einen unrechtmässigen Vorteil verschaffe oder einem anderen einen
Nachteil zufüge. Die Vorinstanz mache sich zur Komplizin des Beschwerdegegners
und begünstige damit seine schändlichen Taten und werde diese weiter fördern,
sollte keine Korrektur durch das Bundesgericht erfolgen. Die Vorinstanz hätte
die Aussagen des Beschwerdegegners unter keinem Titel als glaubhaft
qualifizieren können, wenn sie die vorangegangenen Strafakten berücksichtigt
hätte.

Das Strafverfahren, auf welches sich die Beschwerdeführerin bezieht, wurde
bereits am 23. Mai 2016 infolge eines Vergleichs eingestellt (kantonale Akten,
act. 69/14). Eine rechtskräftige Einstellungsverfügung kommt einem
freisprechenden Endentscheid gleich (Art. 320 Abs. 4 StPO), womit die
Vorinstanz zu Recht davon absah, die entsprechenden Verfahrensakten zu
berücksichtigen. Die Rüge ist unbegründet.

4.3. Soweit die Beschwerdeführerin darüber hinaus eine willkürliche
Sachverhaltsfeststellung rügt, ist auf die Beschwerde mangels hinreichender
Begründung nicht einzutreten. Die Beschwerdeführerin unterlässt es, sich im
Detail mit der sorgfältigen Beweiswürdigung der Vorinstanz auseinanderzusetzen.

5. 

Die Beschwerde ist abzuweisen, soweit darauf eingetreten werden kann. Das
Gesuch der Beschwerdeführerin um unentgeltliche Rechtspflege und Verbeiständung
ist abzuweisen, zumal die Beschwerde von vornherein aussichtslos war. Der
finanziellen Lage der Beschwerdeführerin ist bei der Festsetzung der
Gerichtskosten Rechnung zu tragen (Art. 65 Abs. 2 BGG). Der Beschwerdegegner
wurde nicht zur Vernehmlassung eingeladen, weshalb er keinen Anspruch auf eine
Parteientschädigung hat.

 Demnach erkennt das Bundesgericht:

1. 

Die Beschwerde wird abgewiesen, soweit darauf einzutreten ist.

2. 

Das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege wird abgewiesen.

3. 

Der Beschwerdeführerin werden Gerichtskosten von Fr. 1'200.-- auferlegt.

4. 

Dieses Urteil wird den Parteien und dem Obergericht des Kantons Zürich, I.
Strafkammer, schriftlich mitgeteilt.

Lausanne, 13. August 2019

Im Namen der Strafrechtlichen Abteilung

des Schweizerischen Bundesgerichts

Der Präsident: Denys

Der Gerichtsschreiber: Moses