Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

Strafrechtliche Abteilung, Beschwerde in Strafsachen 6B.268/2019
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Bundesgericht

Tribunal fédéral

Tribunale federale

Tribunal federal

               

6B_268/2019

Urteil vom 16. Januar 2020

Strafrechtliche Abteilung

Besetzung

Bundesrichter Denys, Präsident,

Bundesrichter Muschietti,

Bundesrichterin van de Graaf,

Gerichtsschreiberin Andres.

Verfahrensbeteiligte

Oberstaatsanwaltschaft des Kantons Zürich,

Beschwerdeführerin,

gegen

A.________,

vertreten durch Fürsprecher Sararard Arquint,

Beschwerdegegner.

Gegenstand

Strafzumessung,

Beschwerde gegen das Urteil des Obergerichts des Kantons Zürich, I.
Strafkammer, vom 12. Dezember 2018 (SB140475-O/U/cwo).

Sachverhalt:

A. 

Das Bezirksgericht Zürich sprach A.________ am 3. Juli 2014 des gewerbsmässigen
Betrugs, der mehrfachen Urkundenfälschung, der Misswirtschaft, der Unterlassung
der Buchführung und der Widerhandlung gegen Art. 87 Abs. 5 AHVG i.V.m. Art. 31
Abs. 1 ATSG und Art. 70 IVG schuldig. Es verurteilte ihn zu einer
Freiheitsstrafe von drei Jahren und drei Monaten, als Zusatzstrafe zum Urteil
des Bezirksgerichts Dietikon vom 21. September 2011 sowie zu einer Geldstrafe
von 120 Tagessätzen zu Fr. 30.--. Es widerrief den mit Strafbefehl der
Staatsanwaltschaft Zürich-Limmat vom 3. März 2009 gewährten bedingten Vollzug
einer Geldstrafe von 60 Tagessätzen zu Fr. 80.-- und erklärte die Strafe als
vollziehbar. Schliesslich entschied es über die Zivilansprüche und regelte die
Kosten- sowie Entschädigungsfolgen.

B. 

Auf Berufung von A.________ bestätigte das Obergericht des Kantons Zürich am
12. Dezember 2018 die erstinstanzlichen Schuldsprüche (Dispositiv-Ziff. 5). Es
verurteilte ihn zu einer teilbedingten Freiheitsstrafe von drei Jahren, als
Zusatzstrafe zum Urteil des Bezirksgerichts Dietikon vom 21. September 2011,
und einer bedingten Geldstrafe von 120 Tagessätzen zu Fr. 30.--
(Dispositiv-Ziff. 6). Es schob den Vollzug der Freiheitsstrafe im Umfang von 18
Monaten auf und setzte die Probezeit, wie auch jene die bedingte Geldstrafe
betreffend, auf fünf Jahre fest (Dispositiv-Ziff. 7 f.). Es sah von einem
Widerruf der mit Strafbefehl der Staatsanwaltschaft Zürich-Limmat vom 3. März
2009 ausgesprochenen Geldstrafe ab (Dispositiv-Ziff. 9). Ferner entschied es
über die Zivilansprüche und regelte die Kosten- sowie Entschädigungsfolgen
(Dispositiv-Ziff. 10 ff.).

C. 

Die Oberstaatsanwaltschaft des Kantons Zürich beantragt mit Beschwerde in
Strafsachen, die Dispositiv-Ziffern 6 und 7 des obergerichtlichen Urteils seien
aufzuheben und A.________ sei nebst der bedingten Geldstrafe mit einer
unbedingten Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren, als Zusatzstrafe zum
Urteil des Bezirksgerichts Dietikon vom 21. September 2011, zu bestrafen.
Eventualiter seien die genannten Dispositiv-Ziffern aufzuheben und die Sache
zur neuen Beurteilung an die Vorinstanz zurückzuweisen.

D. 

Das Obergericht verzichtet auf eine Stellungnahme.

Mit Verfügung vom 10. Oktober 2019 bewilligte der Präsident der
Strafrechtlichen Abteilung A.________ die unentgeltliche Rechtspflege und
setzte Fürsprecher Sararard Arquint als unentgeltlichen Rechtsbeistand ein.
Dieser ersuchte mit Schreiben vom 11. Dezember 2019 um Sistierung des
Verfahrens und stellte eventualiter den Antrag, das Rechtsbegehren der
Oberstaatsanwaltschaft auf reformatorischen Entscheid des Bundesgerichts sei
unter Kosten- sowie Entschädigungsfolgen abzuweisen.

Der Präsident der Strafrechtlichen Abteilung wies das Sistierungsgesuch mit
Verfügung vom 16. Dezember 2019 ab und setzte Fürsprecher Sararard Arquint
letztmalig Frist für eine allfällige weitere Stellungnahme, worauf dieser
verzichtet.

Erwägungen:

1.

1.1. Die Beschwerdeführerin rügt, die Vorinstanz verletze Art. 43, 47 und 49
StGB, indem sie die Freiheitsstrafe zu tief bemesse und hierfür den
teilbedingten Strafvollzug gewähre.

1.2. Die Vorinstanz erachtet für den gewerbsmässigen Betrug, die mehrfache
Urkundenfälschung, die Misswirtschaft und die Unterlassung der Buchführung
Freiheitsstrafen als angemessen. Sie stellt fest, dass der Beschwerdegegner
diese Delikte vor dem Urteil des Bezirksgerichts Dietikon vom 21. September
2011 beging, weshalb hierzu eine Zusatzstrafe zu ergehen habe. Die Vorinstanz
geht vom gewerbsmässigen Betrug als insgesamt schwerstes Delikt aus und setzt
aufgrund der objektiven Tatschwere eine hypothetische Einsatzstrafe von 42
Monaten fest. Die subjektive Tatschwere bewertet sie als neutral. Hinsichtlich
der mehrfachen Urkundenfälschung erwägt sie, deren Bestrafung gehe de facto in
der Strafe des gewerbsmässigen Betrugs auf. Die hypothetische Einsatzstrafe
erhöht sie für die bereits mit Urteil des Bezirksgerichts Dietikon vom 21.
September 2011 beurteilten Delikte um 30 Monate und für die Misswirtschaft
sowie die Unterlassung der Buchführung um vier Monate. Aufgrund der
Täterkomponenten erhöht sie die Strafe nochmals leicht. Abschliessend hält die
Vorinstanz fest, insgesamt erweise sich, unter Berücksichtigung des Umstands,
dass bei einer Freiheitsstrafe von drei Jahren der teilbedingte Strafvollzug
noch möglich sei, eine Freiheitsstrafe von drei Jahren als Zusatzstrafe zum
Urteil des Bezirksgerichts Dietikon vom 21. September 2011 (Freiheitsstrafe von
drei Jahren und drei Monaten, welche in Abzug zu bringen sei) als angemessen.
Ferner gewährt sie dem Beschwerdegegner den teilbedingten Strafvollzug und
setzt den aufzuschiebenden sowie den zu vollziehenden Teil auf je 18 Monate
fest (Urteil S. 34 ff.).

1.3. Es kann vorliegend offenbleiben, ob die vorinstanzliche Strafzumessung den
von Gesetz und Rechtsprechung vorgegebenen Begründungsanforderungen genügt
(vgl. Art. 50 StGB; BGE 142 IV 265 E. 2.3.3 S. 268, E. 2.4.3 S. 270 f. mit
Hinweisen). Obwohl die Vorinstanz die von ihr festgesetzte hypothetische
Gesamtstrafe nicht explizit nennt, ergibt sich aus ihrer Begründung, dass sie
grundsätzlich etwas mehr als 76 Monate festsetzen würde, sie jedoch in
Berücksichtigung des Grenzwerts für den teilbedingten Vollzug 75 Monate als
angemessen erachtet. Indem sie den Grenzwert für den teilbedingten Strafvollzug
bei der Strafzumessung berücksichtigt und für die Zusatzstrafe von drei Jahren
den teilbedingten Vollzug gewährt, verkennt die Vorinstanz, dass bei
retrospektiver Konkurrenz die hypothetische Gesamtstrafe die Vollzugsform der
Zusatzstrafe bestimmt (BGE 142 IV 265 E. 2.4.6 S. 273 mit Hinweisen).
Übersteigt die hypothetische Gesamtstrafe drei Jahre, gelangt Art. 43 StGB
nicht zur Anwendung und die Zusatzstrafe kann nicht teilbedingt ausgesprochen
werden (vgl. Urteil 6B_165/2011 vom 19. Juli 2011 E. 2.2.3). Bei einer
hypothetischen Gesamtstrafe von 75 respektive etwas mehr als 76 Monaten ist der
teilbedingte Strafvollzug ausgeschlossen. Wie die Beschwerdeführerin zutreffend
einwendet, stellt sich damit die Frage nicht, ob eine Sanktion, welche die
Grenze von drei Jahren nicht überschreitet, noch im Ermessensspielraum liegt
(vgl. BGE 134 IV 17 E. 3.6 S. 25). Damit berücksichtigt die Vorinstanz ein
rechtlich nicht massgebendes Kriterium. Sie muss die Strafzumessung neu
vornehmen und begründen. Da ihr hierbei ein grosses Ermessen zukommt, hat
vorliegend kein reformatorischer Entscheid zu ergehen (vgl. BGE 144 IV 313 E.
1.2 S. 319; 136 IV 55 E. 5.6 S. 61; je mit Hinweis).

2. 

Die Beschwerde ist im Verfahren nach Art. 109 BGG gutzuheissen, die
Dispositiv-Ziffern 6 und 7 des obergerichtlichen Urteils sind aufzuheben und
die Sache ist zur neuen Strafzumessung an die Vorinstanz zurückzuweisen.

Dem Beschwerdegegner wurde mit Verfügung vom 10. Oktober 2019 die
unentgeltliche Rechtspflege und Verbeiständung gewährt. Ihm sind daher keine
Gerichtskosten aufzuerlegen und sein Rechtsvertreter ist für seine Aufwendungen
im bundesgerichtlichen Verfahren aus der Bundesgerichtskasse zu entschädigen.

Demnach erkennt das Bundesgericht:

1. 

Die Beschwerde wird gutgeheissen, die Dispositiv-Ziffern 6 und 7 des Urteils
des Obergerichts des Kantons Zürich vom 12. Dezember 2018 werden aufgehoben und
die Sache wird zur neuen Strafzumessung an das Obergericht zurückgewiesen.

2. 

Es werden keine Kosten erhoben.

3. 

Fürsprecher Sararard Arquint wird für das bundesgerichtliche Verfahren aus der
Bundesgerichtskasse eine Entschädigung von Fr. 3'000.-- ausgerichtet.

4. 

Dieses Urteil wird den Parteien und dem Obergericht des Kantons Zürich, I.
Strafkammer, schriftlich mitgeteilt.

Lausanne, 16. Januar 2020

Im Namen der Strafrechtlichen Abteilung

des Schweizerischen Bundesgerichts

Der Präsident: Denys

Die Gerichtsschreiberin: Andres