Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

Strafrechtliche Abteilung, Beschwerde in Strafsachen 6B.234/2019
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Bundesgericht

Tribunal fédéral

Tribunale federale

Tribunal federal

               

6B_234/2019

Urteil vom 5. Dezember 2019

Strafrechtliche Abteilung

Besetzung

Bundesrichter Denys, Präsident,

Bundesrichterin Jacquemoud-Rossari,

Bundesrichterin Jametti,

Gerichtsschreiber Moses.

Verfahrensbeteiligte

A.________,

vertreten durch Advokat Urs Grob,

Beschwerdeführer,

gegen

1. Staatsanwaltschaft des Kantons Basel-Stadt,

2. B.________,

vertreten durch Advokat Sandro Horlacher,

Beschwerdegegner.

Gegenstand

Raub (Lebensgefahr),

Beschwerde gegen das Urteil des Appellationsgerichts des Kantons Basel-Stadt,
Kammer, vom 13. November 2018 (SB.2018.8).

Sachverhalt:

A. 

Das Strafgericht Basel-Stadt erklärte A.________ am 2. November 2017 des
qualifizierten Raubes zum Nachteil von B.________ schuldig. Es bestrafte ihn
mit einer Freiheitsstrafe von 5 Jahren. Gleichzeitig ordnete es eine ambulante
psychiatrische Behandlung an. Im Zivilpunkt verpflichtete es A.________,
B.________ eine Genugtuung in der Höhe von Fr. 1'500.-- zu bezahlen. Gegen
dieses Urteil erhob A.________ Berufung.

B. 

Das Appellationsgericht des Kantons Basel-Stadt bestätigte am 13. November 2018
das erstinstanzliche Urteil. A.________ führt Beschwerde in Strafsachen. Er
beantragt, das Urteil des Appellationsgerichts sei aufzuheben und er sei wegen
nicht qualifizierten Raubes zu einer bedingten Freiheitsstrafe von 6 Monaten zu
verurteilen. Eventualiter sei die Sache an die Vorinstanz zurückzuweisen und
diese anzuweisen, ein Obergutachten einzuholen. Die Genugtuung an B.________
sei auf Fr. 500.-- festzusetzen. Für das Verfahren vor dem Bundesgericht sei
ihm die unentgeltliche Rechtspflege und Verbeiständung zu gewähren.

C. 

Das Appellationsgericht und die Staatsanwaltschaft des Kantons Basel-Stadt
beantragen, die Beschwerde sei abzuweisen. B.________ reichte keine
Vernehmlassung ein.

Erwägungen:

1.

1.1. 

Der Beschwerdeführer rügt unter anderem, dass die Vorinstanz den Sachverhalt
willkürlich feststelle. Es sei nicht erstellt, wo und wie er das Messer an den
Hals von B.________ angesetzt haben soll, sofern dies überhaupt der Fall war.
Zudem seien am Hals des Opfers keine Spuren des Messers festgestellt worden.
Dem Umstand, dass er gegenüber der Polizei gesagt haben soll, er habe
B.________ das Messer an den Hals gehalten und die Möglichkeit gehabt,
durchzuziehen, komme kein Beweiswert zu. Das Vorliegen einer Lebensgefahr im
Sinne von Art. 140 Ziff. 4 StGB sei zu keinem Zeitpunkt der Tat nachgewiesen.

1.2. Die Vorinstanz erwägt diesbezüglich im Wesentlichen, B.________ habe
mehrmals geschildert, dass ihm das Messer an den Hals gehalten worden sei und
er dieses gespürt habe. Er habe aber nicht sagen können, welchen Teil des
Messers er gespürt habe. Dies entlaste aber den Beschwerdeführer nicht.
Einerseits sei es logisch, dass der von hinten angegriffene B.________ das
Messer nicht gesehen habe. Andererseits sei abwegig, dass B.________ mit dem
Griffteil des Messers anstatt mit der Spitze bedroht worden wäre. Dass der
Beschwerdeführer dem Geschädigten B.________ das Messer an den Hals hielt,
ergebe sich bereits aus dem Polizeirapport bzw. aus dem Pikett-Bericht der
Staatsanwaltschaft. Dass das Messer zeitweise seinen Hals berührt habe, habe
B.________ auch anlässlich der erstinstanzlichen Hauptverhandlung bestätigt.
Die nebelhafte Aussage des Beschwerdeführers im Rahmen derselben Verhandlung
("Ich denke nicht, dass ich die Klinge an den Hals anlegte, aber ich kann es
nicht mit 100% Sicherheit sagen") ändere nichts an der Glaubhaftigkeit der
Aussagen von B.________, zumal der Beschwerdeführer am Tattag gegenüber der
Polizei gesagt habe, dass er das Messer B.________ an den Hals gehalten habe
und die Möglichkeit gehabt hätte, "durchzuziehen" (Urteil, S. 8).

1.3. Nach Art. 158 Abs. 1 StPO weisen Polizei oder Staatsanwaltschaft die
beschuldigte Person zu Beginn der ersten Einvernahme in einer ihr
verständlichen Sprache darauf hin, dass gegen sie ein Vorverfahren eingeleitet
worden ist und welche Straftaten Gegenstand des Verfahrens bilden (lit. a); sie
die Aussage und die Mitwirkung verweigern kann (lit. b); sie berechtigt ist,
eine Verteidigung zu bestellen oder gegebenenfalls eine amtliche Verteidigung
zu beantragen (lit. c); sie eine Übersetzerin oder einen Übersetzer verlangen
kann (lit. d). Einvernahmen ohne diese Hinweise sind nicht verwertbar (Art. 158
Abs. 2 StPO). Dass die Belehrung stattfand, ist im Protokoll zu vermerken (Art.
143 Abs. 2 StPO).

Die Aussage des Beschwerdeführers, wonach er die Möglichkeit gehabt hätte, mit
dem Messer "durchzuziehen", ist einzig im Polizeirapport vom 1. Juli 2015
(kantonale Akten, pag. 46 ff.) wiedergegeben. Ob eine Befragung einzig in der
Form eines Polizeirapports überhaupt zulässig ist, kann offenbleiben.
Jedenfalls fand eine Belehrung gemäss Art. 158 Abs. 1 StPO nicht statt, womit
die zur Diskussion stehende Erklärung des Beschwerdeführers nicht verwertbar
ist (vgl. NIKLAUS RUCKSTUHL, in: Basler Kommentar, Schweizerische
Strafprozessordnung, 2. Aufl. 2014, N. 7 zu Art. 158 StPO). Die Rüge des
fehlenden Beweiswerts dieser Erklärung erweist sich damit - im Ergebnis - als
begründet. Der angefochtene Entscheid ist bereits aus diesem Grund aufzuheben
und die Sache an die Vorinstanz zurückzuweisen, damit diese feststellt, ob und
gegebenenfalls wie der Beschwerdeführer das Messer an den Hals von B.________
hielt und entsprechend ihrer Erkenntnis einen neuen Entscheid fällt. Es
erübrigt sich damit, auf die weiteren Rügen des Beschwerdeführers einzugehen.

2. 

Die Beschwerde ist gutzuheissen. Der angefochtene Entscheid ist aufzuheben und
die Sache zu neuer Entscheidung an die Vorinstanz zurückzuweisen.

Für das bundesgerichtliche Verfahren sind keine Kosten zu erheben (Art. 66 Abs.
1 und 4 BGG). Der Beschwerdeführer hat Anspruch auf eine angemessene
Parteientschädigung (Art. 68 Abs. 2 BGG). Diese ist praxisgemäss dem
Rechtsvertreter auszurichten. Das Gesuch des Beschwerdeführers um
unentgeltliche Rechtspflege und Verbeiständung wird gegenstandslos.

 Demnach erkennt das Bundesgericht:

1. 

Die Beschwerde wird gutgeheissen. Das Urteil des Appellationsgerichts
Basel-Stadt vom 13. November 2018 wird aufgehoben und die Sache zu neuer
Entscheidung an die Vorinstanz zurückgewiesen.

2. 

Es werden keine Kosten erhoben.

3. 

Der Kanton Basel-Stadt hat dem Rechtsvertreter des Beschwerdeführers, Advokat
Urs Grob, eine Parteientschädigung von Fr. 3'000.-- zu bezahlen.

4. 

Dieses Urteil wird den Parteien und dem Appellationsgericht des Kantons
Basel-Stadt, Kammer, schriftlich mitgeteilt.

Lausanne, 5. Dezember 2019

Im Namen der Strafrechtlichen Abteilung

des Schweizerischen Bundesgerichts

Der Präsident: Denys

Der Gerichtsschreiber: Moses