Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

Strafrechtliche Abteilung, Beschwerde in Strafsachen 6B.231/2019
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Bundesgericht

Tribunal fédéral

Tribunale federale

Tribunal federal

               

6B_231/2019, 6B_232/2019

Urteil vom 24. April 2019

Strafrechtliche Abteilung

Besetzung

Bundesrichter Denys, Präsident,

Bundesrichter Oberholzer, Rüedi,

Gerichtsschreiberin Rohrer.

Verfahrensbeteiligte

A.________,

Beschwerdeführer,

gegen

Oberstaatsanwaltschaft des Kantons Aargau, Frey-Herosé-Strasse 20, Wielandhaus,
5001 Aarau,

Beschwerdegegnerin.

Gegenstand

6B_231/2019

Einstellungsverfügungen (Amtsmissbrauch etc.),

6B_232/2019

Einstellungsverfügung (Amtsmissbrauch etc.),

Beschwerden gegen die Entscheide des Obergerichts des Kantons Aargau,
Beschwerdekammer in Strafsachen, vom 10. Januar 2019

(SBK.2018.172/173/174/CH/va und

SBK.218.175/CH/va).

Sachverhalt:

A. 

Die Staatsanwaltschaft Brugg-Zurzach stellte die von A.________ angestrebten
Strafverfahren gegen X.________, Y.________, Z.________ (allesamt
Vollzugsangestellte des Bezirksgefängnisses Kulm) und unbekannte Mitarbeiter
der Justizvollzugsanstalt Lenzburg wegen Amtsmissbrauch, Beschimpfung etc. am
7. Juni 2018 mit vier separaten Verfügungen ein. Eine hiergegen geführte
Beschwerde wies das Obergericht des Kantons Aargau am 10. Januar 2019 mit zwei
separaten Entscheiden (SBK.2018.172/173/174/CH/va und SBK.2018.175/CH/va) ab.

B.

A.________ erhebt gegen die Entscheide des Obergerichts des Kantons Aargau je
eine Beschwerde in Strafsachen an das Bundesgericht (Verfahren 6B_231/2019 und
6B_232/2019). In seinen Beschwerden beantragt er, dass der jeweils angefochtene
Entscheid des Obergerichts des Kantons Aargau aufzuheben sei. Sodann seien die
vier Einstellungsverfügungen der Staatsanwaltschaft Brugg-Zurzach aufzuheben
und die Sache zur weiteren Untersuchung an diese zurückzuweisen. Rechtsanwalt
B.________ sei nach seiner beim Obergericht bzw. bei der Oberstaatsanwaltschaft
Aargau eingereichten Kostennote zu entschädigen. Zudem ersucht A.________ um
Gewährung der unentgeltlichen Rechtspflege und Verbeiständung.

Erwägungen:

1. 

Die Eingaben des Beschwerdeführers richten sich gegen zwei verschiedene
Entscheide, stehen jedoch in einem engen sachlichen und prozessualen
Zusammenhang. Der Beschwerdeführer stellt in beiden Beschwerden die gleichen
Anträge. Im Übrigen decken sich seine Begründungen weitgehend. Es rechtfertigt
sich deshalb, die Verfahren 6B_231/2019 und 6B_232/2019 in Anwendung von Art.
71 BGG i.V.m. Art. 24 Abs. 2 lit. b BZP [SR 273] zu vereinigen und die
Beschwerden in einem Entscheid zu behandeln (vgl. Urteil 2A.48/2006 vom 3.
November 2006 E. 1, nicht publ. in: BGE 133 I 58; Urteil 8C_953/2009 vom 23.
Februar 2010 E. 1).

2.

Der Beschwerdeführer ersucht um Gewährung eines unentgeltlichen Rechtsbeistands
und Ansetzen einer Frist, damit er seine Beschwerden rechtsgültig ergänzen
könne. Eine Beschwerdebegründung ist mit der Beschwerde, von hier nicht
zutreffenden Ausnahmen abgesehen (vgl. Art. 43 BGG), während der
Beschwerdefrist einzureichen. Die Beschwerdefrist kann als gesetzlich bestimmte
Frist nicht erstreckt werden (Art. 47 BGG). Der Beschwerdeführer reichte seine
Beschwerden jeweils am letzten Tag der Beschwerdefrist ein. Eine
Beschwerdeergänzung durch einen noch zu bestimmenden Rechtsanwalt während der
Beschwerdefrist ist somit nicht mehr möglich. Das Gesuch ist verspätet, weshalb
darauf nicht einzutreten ist.

3.

Ebenfalls nicht einzutreten ist auf die Beschwerden, soweit der
Beschwerdeführer zu deren Begründung auf seine Ausführungen in der
vorinstanzlichen Beschwerde verweist und diese dadurch zum Inhalt seiner
bundesgerichtlichen Beschwerden machen will. Die Beschwerdebegründung muss in
der Eingabe an das Bundesgericht selber enthalten sein. Ein Verweis auf frühere
Rechtsschriften ist unzulässig (BGE 138 IV 47 E. 2.8.1 S. 54; 133 II 396 E. 3.2
S. 399 f.).

4.

Die Privatklägerschaft ist bei einer Nichtanhandnahme oder Einstellung des
Strafverfahrens zur Beschwerde in Strafsachen nur berechtigt, wenn der
angefochtene Entscheid sich auf die Beurteilung ihrer Zivilansprüche auswirken
kann (Art. 81 Abs. 1 lit. b Ziff. 5 BGG). Sie muss im Verfahren vor
Bundesgericht darlegen, aus welchen Gründen sich der angefochtene Entscheid
inwiefern auf welche Zivilforderung auswirken kann. Das Bundesgericht stellt
hohe Anforderungen an die Begründung der Legitimationsfrage (BGE 141 IV 1 E.
1.1 S. 4 f. mit Hinweisen).

Es ist zweifelhaft, ob der Beschwerdeführer legitimiert ist, die
vorinstanzlichen Entscheide anzufechten, da ihm die Befugnis abgeht
zivilrechtliche Forderungen gegen die beschuldigten (teilweise unbekannten)
Vollzugsbeamten zu stellen (vgl. § 10 Abs. 1 des Haftungsgesetzes des Kantons
Aargau vom 24. März 2009 [SAR 150.200]). Die Beschwerdelegitimation könnte sich
einzig auf Art. 10 Abs. 3 BV und Art. 3 EMRK stützen (vgl. BGE 141 IV 349 E.
3.4.2 mit Hinweisen). Wie es sich damit verhält, kann jedoch offenbleiben, da
auf die Beschwerden aus anderen Gründen nicht einzutreten ist.

5.

5.1. Die Beschwerde an das Bundesgericht ist zu begründen (Art. 42 Abs. 1 BGG).
In der Begründung ist in gedrängter Form darzulegen, inwiefern der angefochtene
Akt Recht verletzt (Art. 42 Abs. 2 BGG; BGE 143 I 377 E. 1.2 und 1.3 S. 380).
Die Begründung muss sachbezogen sein und erkennen lassen, dass und weshalb nach
Auffassung des Beschwerdeführers Recht verletzt ist (BGE 142 I 99 E. 1.7.1 S.
106; 140 III 86 E. 2 S. 88 ff.; 139 I 306 E. 1.2 S. 308 f.) Die Bestimmungen
von Art. 95 ff. BGG nennen die vor Bundesgericht zulässigen Beschwerdegründe.
Hinsichtlich der Verletzung von Grundrechten besteht eine qualifizierte
Rügepflicht (Art. 106 Abs. 2 BGG). Anfechtbar ist nur der Entscheid der letzten
kantonalen Instanz (Art. 80 Abs. 1 BGG).

5.2. Die Vorinstanz hat die Akten- und Beweislage gewürdigt und eingehend
dargelegt, weshalb sie die vier Einstellungsverfügungen der Staatsanwaltschaft
Brugg-Zurzach als rechtskonform beurteilt. Der Beschwerdeführer nimmt in seinen
Beschwerden an das Bundesgericht nicht ansatzweise Bezug auf die
vorinstanzlichen Sachverhaltsfeststellungen und deren Würdigung. Statt sich mit
den Erwägungen zu befassen, beschränkt er sich im Wesentlichen darauf, die
Vorkommnisse aus seiner Sicht zu schildern, den Angestellten des
Bezirksgefängnisses Kulm pauschal Misshandlungen und gesetzeswidriges Verhalten
zu unterstellen und den Strafverfolgungsbehörden vorzuwerfen, die
Strafverfahren gegen die Vollzugsbeamten bewusst zu verschleppen. Inwiefern die
vorinstanzlichen Entscheide vom 10. Januar 2019 in tatsächlicher oder
rechtlicher Hinsicht fehlerhaft, mithin gegen das Recht im Sinne von Art. 95
BGG verstossen könnten, zeigt er indes nicht auf und ist auch nicht
ersichtlich. Die Beschwerde genügt den gesetzlichen Begründungsanforderungen
nicht (vgl. vorstehend E. 4.1).

5.3. Der Beschwerdeführer macht in seinen Beschwerden geltend, er habe seine
Ausführungen immer gleich wiedergegeben, weshalb Widersprüche in seinen
protokollierten Aussagen auf die Protokollführung oder auf die dolmetschende
Person zurückzuführen seien. Weiter beanstandet er, dass die Videoaufnahmen vom
Gang nicht sichergestellt und den Akten beigelegt wurden, obschon er dies
verlangt habe. Aus den angefochtenen Entscheiden und aus den vorinstanzlichen
Akten lässt sich, soweit ersichtlich, nicht entnehmen, dass der
Beschwerdeführer diese Rügen vor der Vorinstanz vorgebracht hätte. Mangels
Ausschöpfung des kantonalen Instanzenzugs ist darauf nicht einzutreten (Art. 80
Abs. 1 BGG).

5.4. Der Beschwerdeführer rügt in seinen Beschwerden weiter, die Vorinstanz
habe die Ärztin, welche die ihm von den Vollzugsbeamten zugefügten Verletzungen
gesehen habe, nicht als Zeugin befragt. Er legt dabei jedoch nicht ansatzweise
dar, inwiefern dieses Beweismittel für das vorinstanzliche Beweisergebnis
relevant gewesen sein sollte. Insbesondere hat die Vorinstanz in ihren
Entscheidungen auch die medizinischen Unterlagen des Zentralgefängnisses
Lenzburg berücksichtigt, in denen die Ergebnisse der nach der Arretierung
erfolgten ärztlichen Untersuchung festgehalten wurden. Auch insoweit genügt die
Beschwerde den Begründungsanforderungen nicht.

5.5. Nicht anders verhält es sich schliesslich, wenn der Beschwerdeführer in
seiner Beschwerde gegen den vorinstanzlichen Entscheid SBK.2018.172/173/174/CH/
va geltend macht, dass ihm das Teilnahmerecht an den Befragungen der
beschuldigten Vollzugsangestellten X.________, Y.________ und Z.________
entzogen worden sei. Die Vorinstanz hat eine Verletzung des Teilnahmerechts
geprüft und diese mit eingehender Begründung verneint. Der Beschwerdeführer
setzt sich mit den entsprechenden Erwägungen nicht auseinander, weshalb auf
sein Vorbringen nicht einzugehen ist. Sodann erübrigt es sich auch,
Ausführungen zum Vorwurf der Voreingenommenheit der Strafbehörden zu machen.
Die in diesem Zusammenhang vorgebrachten Unterstellungen entbehren jeglicher
Grundlage.

5.6. Was der Beschwerdeführer gegen die vorinstanzlichen Kostenentscheide
vorbringen möchte, erschliesst sich nicht. Soweit er damit eine höhere
Anwaltsentschädigung verlangt, ist darauf hinzuweisen, dass die Festsetzung der
Höhe der Entschädigung grundsätzlich nur die eigenen Interessen des amtlichen
Verteidigers betrifft. Dieser ist demnach zur Beschwerdeerhebung befugt (Art.
135 Abs. 3 StPO). Die amtlich verteidigte Partei hingegen ist durch eine
behaupteterweise zu tief festgesetzte Entschädigung nicht in ihren eigenen
Rechten betroffen, weshalb es ihr an einem rechtlich geschützten Interesse an
der Erhöhung der Entschädigung fehlt. Sie ist nicht zur Rüge legitimiert, das
dem amtlichen Verteidiger zugesprochene Honorar sei zu niedrig bemessen (Urteil
6B_336/2018 vom 12. Dezember 2018 E. 1.5 mit Hinweisen).

6.

Auf die Beschwerde ist nicht einzutreten. Auf eine Kostenauflage ist
ausnahmsweise zu verzichten (Art. 66 Abs. 1 Satz 2 BGG). Das Gesuch um
unentgeltliche Rechtspflege wird damit gegenstandslos.

Demnach erkennt das Bundesgericht:

1. 

Die Verfahren 6B_231/2019 und 6B_232/2019 werden vereinigt.

2.

Auf die Beschwerden wird nicht eingetreten.

3.

Es werden keine Kosten erhoben.

4. 

Dieses Urteil wird den Parteien und dem Obergericht des Kantons Aargau,
Beschwerdekammer in Strafsachen, schriftlich mitgeteilt.

Lausanne, 24. April 2019

Im Namen der Strafrechtlichen Abteilung

des Schweizerischen Bundesgerichts

Der Präsident: Denys

Die Gerichtsschreiberin: Rohrer