Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

Strafrechtliche Abteilung, Beschwerde in Strafsachen 6B.227/2019
Zurück zum Index Strafrechtliche Abteilung, Beschwerde in Strafsachen 2019
Retour à l'indice Strafrechtliche Abteilung, Beschwerde in Strafsachen 2019


TypeError: undefined is not a function (evaluating '_paq.toString().includes
("trackSiteSearch")') https://www.bger.ch/ext/eurospider/live/de/php/aza/http/
index.php?highlight_docid=aza%3A%2F%2Faza://13-09-2019-6B_227-2019&lang=de&zoom
=&type=show_document:1804 in global code 
 

Bundesgericht

Tribunal fédéral

Tribunale federale

Tribunal federal

               

6B_227/2019

Urteil vom 13. September 2019

Strafrechtliche Abteilung

Besetzung

Bundesrichter Denys, Präsident,

Bundesrichter Rüedi,

Bundesrichterin Jametti,

Gerichtsschreiberin Bianchi.

Verfahrensbeteiligte

X.________,

vertreten durch Rechtsanwalt Beat Hess,

Beschwerdeführer,

gegen

1. Oberstaatsanwaltschaft des Kantons Luzern, Postfach 3439, 6002 Luzern,

2. A.________,

Beschwerdegegnerinnen.

Gegenstand

Mehrfache Tätlichkeiten,

Beschwerde gegen das Urteil des Kantonsgerichts Luzern, 2. Abteilung, vom 19.
Dezember 2018

(4M 17 87).

Sachverhalt:

A. 

A.________ war vom 1. August 2013 bis am 6. Januar 2015 als Lernende im
Restaurant U.________ in V.________ von X.________ angestellt. Dieser hat sie
in dieser Zeit immer wieder im Bereich der Taille gekniffen und ihr mit einem
Notizbuch auf den Hintern geklopft, um sie beispielsweise zu einem Gast
hinzuführen oder sie auf seine Anweisung aufmerksam zu machen. Er hörte damit
auch nicht auf, als A.________ ihm sagte, dass sie dies nicht wolle.

B. 

Das Bezirksgericht Willisau sprach X.________ am 6. Juni 2017 der mehrfachen
Tätlichkeiten im Sinne von Art. 126 Abs. 1 i.V.m. Art. 126 Abs. 2 lit. a StGB
schuldig und bestrafte ihn mit einer Busse von Fr. 500.--. Die
Genugtuungsforderung von A.________ verwies es auf den Zivilweg.

Das Kantonsgericht Luzern bestätigte das Urteil des Bezirksgerichts am 19.
Dezember 2018.

C. 

X.________ beantragt mit Beschwerde in Strafsachen, das Urteil des
Kantonsgerichts sei aufzuheben und er sei vom Vorwurf der mehrfachen
Tätlichkeiten freizusprechen. Eventualiter sei das Urteil des Kantonsgerichts
aufzuheben und die Sache zur Neubeurteilung an dieses zurückzuweisen.

Erwägungen:

1.

1.1. Der Beschwerdeführer macht geltend, die Vorinstanz habe seine Handlungen
fälschlicherweise als Tätlichkeiten im Sinne von Art. 126 Abs. 1 i.V.m. Abs. 2
lit. a StGB qualifiziert.

1.2. Wer gegen jemanden Tätlichkeiten verübt, die keine Schädigung des Körpers
oder der Gesundheit zur Folge haben, wird, auf Antrag, mit Busse bestraft (Art.
126 Abs. 1 StGB). Der Täter wird von Amtes wegen verfolgt, wenn er die Tat
wiederholt an einer Person begeht, die unter seiner Obhut steht oder für die er
zu sorgen hat, namentlich an einem Kind (Art. 126 Abs. 2 lit. a StGB).

Eine Tätlichkeit liegt vor bei einer das allgemein übliche und gesellschaftlich
geduldete Mass überschreitenden physischen Einwirkung auf einen Menschen, die
keine Schädigung des Körpers oder der Gesundheit zur Folge hat (BGE 134 IV 189
E. 1.2 mit Hinweisen). Körperliche Schmerzen werden für eine Tätlichkeit nicht
vorausgesetzt (BGE 117 IV 14 E. 2bb S. 17). Eine Tätlichkeit muss gleichwohl
von einer gewissen Intensität sein, wobei das Verursachen eines deutlichen
Missbehagens genügt. Massgebend sind die konkreten Umstände des Einzelfalls
(Urteil 6B_883/2018 vom 18. Dezember 2018 E. 1.2 mit Hinweisen).

1.3. Die Vorinstanz erwägt, der Eingriff in die körperliche Unversehrtheit der
Beschwerdegegnerin sei unter Berücksichtigung der Tatumstände nicht als
alltägliches und gesellschaftlich toleriertes Verhalten zu qualifizieren und
ohne Weiteres geeignet, bei einem durchschnittlich widerstandsfähigen Menschen
eine Störung des Wohlbefindens hervorzurufen. Die Berührungen seien mit einer
Regelmässigkeit vorgekommen, die nur als wiederholte Tätlichkeit im Sinne von
Art. 126 Abs. 2 StGB zu verstehen seien und als Arbeitgeber habe er mit seinem
Verhalten seine Fürsorgepflicht im Sinne von Art. 126 Abs. 2 lit. a StGB
verletzt. Ebenfalls zu bejahen sei der subjektive Tatbestand.

1.4. Der Beschwerdeführer macht geltend, es sei darauf abzustellen, ob seine
Handlungen der Beschwerdegegnerin Schmerzen verursacht oder ob sie sie in
Schrecken versetzt haben. Er verkennt, dass körperliche Schmerzen für die
Qualifikation einer Handlung als Tätlichkeit nicht vorausgesetzt werden.
Ebenfalls nicht ausschlaggebend ist die Frage, ob seine Handlungen die
Beschwerdegegnerin in Schrecken versetzt haben. Vielmehr genügt es, dass seine
Handlungen ihr ein deutliches Missbehagen verursacht haben (oben E. 1.2). Die
Vorinstanz stellt im Übrigen, anders als von ihm vorgebracht, zutreffend auf
das allgemein übliche und gesellschaftlich geduldete Mass der physischen
Einwirkung und nicht einzig auf das subjektive Empfinden der Beschwerdegegnerin
ab. Schliesslich fliesst der Umstand, dass die Beschwerdegegnerin als
Minderjährige leichter in ihrem körperlichen Wohlbefinden zu erschüttern war,
zurecht in die vorinstanzliche Würdigung des allgemein üblichen und
gesellschaftlich geduldeten Masses der physischen Einwirkung mit ein.

Nicht massgeblich ist, ob sich die Gäste des Restaurants über die Handlungen
des Beschwerdeführers beschwert haben. Die Vorinstanz hat zutreffend darauf
hingewiesen, dass nicht erstellt sei, inwiefern die Handlungen für die Gäste
sichtbar gewesen seien und deren Reaktionen ohnehin durchaus unterschiedlich
sein können.

1.5. Der Beschwerdeführer verkennt, dass sein Verhalten, insbesondere im Rahmen
eines Arbeitsverhältnisses, nicht als alltäglich und gesellschaftlich toleriert
zu qualifizieren ist. So ist etwa sein Einwand, er habe die Beschwerdegegnerin
mit dem Notizblock nicht züchtigend geschlagen, unbehelflich. Im Sinne der
vorinstanzlichen Erwägungen sind wiederholte und unerwünschte Berührungen an
der Taille oder das Klopfen auf den Hintern mittels eines Notizblocks durch den
Vorgesetzten zweifellos geeignet, zumindest ein deutliches Missbehagen
hervorzurufen. Dies gilt umso mehr unter Berücksichtigung des Alters und der
Position der Beschwerdegegnerin.

1.6. Schliesslich bringt der Beschwerdeführer vor, die Erklärungen der
Beschwerdegegnerin, die Berührungen nicht zu wollen, könnten keine Rolle
spielen, da sie damit lediglich ihr subjektives Empfinden kundgetan habe. Die
Vorinstanz hat indes im Zusammenhang mit dem subjektiven Tatbestand zutreffend
festgehalten, dass der Beschwerdeführer sich willentlich über das geäusserte
Unwohlbefinden der Beschwerdegegnerin hinweggesetzt und damit zumindest in Kauf
genommen habe, ihr Wohlbefinden zu stören. Der vorinstanzliche Schuldspruch
verletzt kein Bundesrecht.

2. 

Die Beschwerde ist abzuweisen. Die Gerichtskosten sind dem Beschwerdeführer
aufzuerlegen (Art. 66 Abs. 1 BGG).

 Demnach erkennt das Bundesgericht:

1. 

Die Beschwerde wird abgewiesen.

2. 

Dem Beschwerdeführer werden die Gerichtskosten von Fr. 3'000.-- auferlegt.

3. 

Dieses Urteil wird den Parteien und dem Kantonsgericht Luzern, 2. Abteilung,
schriftlich mitgeteilt.

Lausanne, 13. September 2019

Im Namen der Strafrechtlichen Abteilung

des Schweizerischen Bundesgerichts

Der Präsident: Denys

Die Gerichtsschreiberin: Bianchi