Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

Strafrechtliche Abteilung, Beschwerde in Strafsachen 6B.1449/2019
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Bundesgericht

Tribunal fédéral

Tribunale federale

Tribunal federal

               

6B_1449/2019

Urteil vom 14. Januar 2020

Strafrechtliche Abteilung

Besetzung

Bundesrichter Denys, Präsident,

Gerichtsschreiberin Arquint Hill.

Verfahrensbeteiligte

A.________,

handelnd durch B.________,

Beschwerdeführer,

gegen

Generalstaatsanwaltschaft des Kantons Bern,

Beschwerdegegnerin.

Gegenstand

Einstellung (Nötigung, evtl. Freiheitsberaubung); Nichteintreten,

Beschwerde gegen den Beschluss des Obergerichts

des Kantons Bern, Beschwerdekammer in Strafsachen, vom 21. November 2019 (BK 19
370).

Der Präsident zieht in Erwägung:

1. 

Die Regionale Staatsanwaltschaft Bern-Mittelland stellte das gegen eine an
einer öffentlichen Sekundarschule tätigen Lehrerin angestrebte Strafverfahren
wegen Nötigung (evt. Freiheitsberaubung) und Tätlichkeiten am 2. August 2019
ein. Eine dagegen gerichtete Beschwerde wies das Obergericht des Kantons Bern
mit Beschluss vom 21. November 2019 ab.

Dagegen gelangt der Beschwerdeführer, handelnd durch seine Mutter, mit
Beschwerde in Strafsachen an das Bundesgericht.

2. 

Die Privatklägerschaft ist zur Beschwerde in Strafsachen nur berechtigt, wenn
der angefochtene Entscheid sich auf die Beurteilung ihrer Zivilansprüche
auswirken kann (Art. 81 Abs. 1 lit. b Ziff. 5 BGG). Richtet sich die Beschwerde
gegen die Einstellung eines Verfahrens, hat die Privatklägerschaft nicht
notwendigerweise bereits vor den kantonalen Behörden eine Zivilforderung
erhoben. In jedem Fall muss sie im Verfahren vor Bundesgericht darlegen, aus
welchen Gründen sich der angefochtene Entscheid inwiefern auf welche
Zivilforderungen auswirken kann. Das Bundesgericht stellt an die Begründung des
Beschwerderechts strenge Anforderungen. Genügt die Beschwerde diesen nicht,
kann darauf nur eingetreten werden, wenn aufgrund der Natur der untersuchten
Straftat ohne Weiteres ersichtlich ist, um welche Zivilforderungen es geht (BGE
141 IV 1 E. 1.1 S. 4 f. mit Hinweisen).

Als Zivilansprüche im Sinne von Art. 81 Abs. 1 lit. b Ziff. 5 BGG gelten
solche, die ihren Grund im Zivilrecht haben und deshalb ordentlicherweise vor
den Zivilgerichten durchgesetzt werden müssen. In erster Linie handelt es sich
um Ansprüche auf Schadenersatz und Genugtuung nach Art. 41 ff. OR. Nicht in
diese Kategorie gehören Ansprüche, die sich aus öffentlichem Recht ergeben.
Öffentlich-rechtliche Ansprüche, auch solche aus öffentlichem
Staatshaftungsrecht, können nicht adhäsionsweise im Strafprozess geltend
gemacht werden und zählen nicht zu den Zivilansprüchen im Sinne von Art. 81
Abs. 1 lit. b Ziff. 5 BGG.

3. 

Der Beschwerdeführer äussert sich zur Legitimation und zur Frage der
Zivilforderungen in der Beschwerde nicht im Ansatz. Die Beschwerde genügt den
Begründungsanforderungen folglich nicht (Art. 42 Abs. 2 BGG). Entscheidend ist
vorliegend aber ohnehin, dass der Beschwerdeführer keine Zivilansprüche im
Sinne von Art. 81 Abs. 1 lit. b Ziff. 5 BGG geltend machen kann. Aus den Akten
geht hervor, dass die beschuldigte Lehrerin zum Tatzeitpunkt an einer
öffentlichen Sekundarschule tätig war. Die Lehrkraft an einer öffentlichen
Schule übt mit ihrer Lehrtätigkeit eine öffentliche Aufgabe aus. Im Kanton Bern
haftet das Gemeinwesen für den Schaden, den dessen Mitarbeiter Dritten
widerrechtlich zugefügt haben (Art. 71 der Verfassung des Kantons Bern vom 6.
Juni 1993 [KV/BE; BSG 101.1]; Art. 100 Abs. 1 des Personalgesetzes des Kantons
Bern vom 16. September 2004 [PG/BE; BSG 153.01]; Art. 84 Abs. 1 des
Gemeindegesetzes des Kantons Bern vom 16. März 1998 [GG/BE; BSG 170.11]). Ist
der Kanton Träger der Schule, richtet sich die Verantwortlichkeit nach Art. 100
PG, ansonsten nach Art. 101 PG (vgl. Art. 22 Abs. 1 und 2 des Gesetzes über die
Anstellung der Lehrkräfte vom 22. Januar 1993 [LAG/BE; BSG 420.250]), wobei in
allen Fällen die Artikel 102 bis 105 PG/BE Anwendung finden (Art. 22 Abs. 3 LAG
/BE). Die verantwortlichen Personen können von Dritten nicht belangt werden
(Art. 102 Abs. 1 PG/BE). Allfällige Schadenersatz- und Genugtuungsansprüche des
Beschwerdeführers beurteilen sich demnach nach dem kantonalen Haftungsrecht und
sind öffentlich-rechtlicher Natur. Da dem Beschwerdeführer gegen die
beschuldigte Lehrerin somit keine Zivilansprüche im Sinne von Art. 81 Abs. 1
lit. b Ziff. 5 BGG zustehen, ist er in der Sache nicht beschwerdelegitimiert.
Er kann vor Bundesgericht daher nicht rügen, die Vorinstanz habe zu Unrecht ein
strafbares Verhalten der angezeigten Person verneint.

4. 

Formelle Rügen, zu deren Vorbringen der Beschwerdeführer unbesehen der
fehlenden Legitimation in der Sache befugt wäre (sog. "Star-Praxis"; vgl. BGE
141 IV 1 E. 1.1 mit Hinweisen), erhebt er nicht. Den Antrag des
Beschwerdeführers auf Einvernahme seiner Klassenkameraden hat die Vorinstanz
abgewiesen (Beschluss, S. 5). Das Vorbringen vor Bundesgericht, es hätten
Schüler befragt werden müssen, zielt auf eine materielle Überprüfung in der
Sache selbst ab, was unzulässig ist.

5. 

Auf die Beschwerde ist im Verfahren nach Art. 108 BGG nicht einzutreten.
Ausnahmsweise kann auf eine Kostenauflage verzichtet werden (Art. 66 Abs. 1
BGG). Somit wird das nachträglich gestellte Gesuch um unentgeltliche
Rechtspflege gegenstandslos.

Demnach erkennt der Präsident:

1. 

Auf die Beschwerde wird nicht eingetreten.

2. 

Es werden keine Kosten erhoben.

3. 

Dieses Urteil wird den Parteien und dem Obergericht des Kantons Bern,
Beschwerdekammer in Strafsachen, schriftlich mitgeteilt.

Lausanne, 14. Januar 2020

Im Namen der Strafrechtlichen Abteilung

des Schweizerischen Bundesgerichts

Der Präsident: Denys

Die Gerichtsschreiberin: Arquint Hill