Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

Strafrechtliche Abteilung, Beschwerde in Strafsachen 6B.1266/2019
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Bundesgericht

Tribunal fédéral

Tribunale federale

Tribunal federal

               

6B_1266/2019, 6B_65/2020

Urteil vom 10. März 2020

Strafrechtliche Abteilung

Besetzung

Bundesrichter Denys, Präsident,

Bundesrichterin Jacquemoud-Rossari,

Bundesrichter Muschietti,

Gerichtsschreiberin Arquint Hill.

Verfahrensbeteiligte

A.________,

Beschwerdeführer,

gegen

Staatsanwaltschaft Zürich-Limmat,

Beschwerdegegnerin.

Gegenstand

Nichtleisten der Prozesskaution, Wiederherstellung

der Frist.

Beschwerden gegen den Beschluss des Obergerichts des Kantons Zürich, III.
Strafkammer, vom 13. September 2019 (UE190187-O/U/WID) und die
Nachtragsverfügung des Obergerichts des Kantons Zürich, III. Strafkammer, vom
11. Dezember 2019 (UE190187-O/Z3).

Das Bundesgericht zieht in Erwägung:

1. 

Nach einer Strafanzeige gegen die Ombudsfrau des Kantons Zürich u.a. wegen
Amtsgeheimnisverletzung nahm die Staatsanwaltschaft Zürich-Limmat die
Strafuntersuchung am 2. Mai 2019 nicht an die Hand. Auf die dagegen gerichtete
Beschwerde trat das Obergericht mangels Leistung der Prozesskaution am 13.
September 2019 nicht ein.

Der Beschwerdeführer gelangte am 18. Oktober 2019 (Poststempel) mit Beschwerde
an das Bundesgericht (Verfahren 6B_1266/2019). Auf seine Beschwerde sei nicht
eingetreten worden, weil er gemäss Obergericht die Verfügung vom 26. Juni 2019
betreffend Prozesskaution auf der Post nicht abgeholt habe. Tatsächlich habe er
diese nicht abgeholt, weil er im fraglichen Zeitraum hospitalisiert gewesen
sei.

Das Bundesgericht leitete die Eingabe des Beschwerdeführers am 4. November 2019
als Fristwiederherstellungsgesuch zuständigkeitshalber an das Obergericht des
Kantons Zürich. Das Verfahren 6B_1266/2019 wurde einstweilen sistiert. Das
Obergericht des Kantons Zürich wies das Gesuch am 11. Dezember 2019 ab.

Der Beschwerdeführer wendet sich auch dagegen mit Beschwerde an das
Bundesgericht (Verfahren 6B_65/2020).

2. 

Gemäss Art. 42 Abs. 2 BGG ist in der Beschwerdebegründung unter Bezugnahme auf
den angefochtenen Entscheid darzulegen, inwieweit dieser gegen das Recht
verstossen soll, wobei für die Rüge der Verletzung von Grundrechten
qualifizierte Begründungsanforderungen bestehen (Art. 106 Abs. 2 BGG).

Die Zustellung einer eingeschriebenen Postsendung, die nicht abgeholt worden
ist, gilt am siebten Tag nach dem erfolglosen Zustellungsversuch als erfolgt,
sofern die Person mit einer Zustellung rechnen musste (Art. 85 Abs. 4 lit. a
StPO).

Hat eine Partei eine Frist versäumt und würde ihr daraus ein erheblicher und
unersetzlicher Rechtsverlust erwachsen, so kann sie die Wiederherstellung der
Frist verlangen; dabei hat sie glaubhaft zu machen, dass sie an der Säumnis
kein Verschulden trifft (Art. 94 Abs. 1 StPO). Typischerweise kann eine im
kritischen Zeitpunkt aufgetretene schwere Erkrankung eine
Fristwiederherstellung rechtfertigen, wenn dadurch jegliches auf die
Fristwahrung gerichtetes Handeln verunmöglicht wird.

3. 

Die Verfahren 6B_1266/2019 und 6B_65/2020 sind zu vereinigen und gemeinsam zu
erledigen.

4. 

Die Vorinstanz erwägt im Entscheid vom 13. September 2019, dem Beschwerdeführer
sei mit Verfügung vom 26. Juni 2019 eine Frist von 30 Tagen zur Leistung einer
Prozesskaution angesetzt worden. Als Säumnisfolge sei ein Nichteintreten auf
die Beschwerde angedroht worden. Die Verfügung vom 26. Juni 2019 sei dem
Beschwerdeführer am 27. Juni 2019 von der Post zur Abholung gemeldet, indessen
innert der siebentägigen Abholfrist bis am 4. Juli 2019 nicht abgeholt worden.
Da der Beschwerdeführer am 20. Juni 2019 selber Beschwerde gegen die
Nichtanhandnahmeverfügung erhoben habe, habe er mit eingeschriebenen
Postsendungen des Gerichts rechnen müssen. Die nicht abgeholte eingeschriebene
Sendung gelte am siebten Tag nach dem Zustellversuch, mithin am 4. Juli 2019
als zugestellt. Die Frist zur Leistung der Prozesskaution sei bis 5. August
2019 gelaufen. Innert der Frist sei keine Prozesskaution und auch keine weitere
Eingabe eingegangen. Auf die Beschwerde sei androhungsgemäss nicht einzutreten.

In der Nachtragsverfügung vom 11. Dezember 2019 führt die Vorinstanz
zusammengefasst aus, das Zeugnis des Universitätsspitals Zürich vom 29.
November 2019 belege einen Spitalaufenthalt vom 28. Juni bis zum 7. August 2019
ohne Möglichkeit einer Beurlaubung. Daraus ergebe sich aber nicht, dass es dem
Beschwerdeführer aufgrund seiner gesundheitlichen Verfassung unmöglich gewesen
sein soll, jemanden mit der Abholung der eingeschriebenen Sendung zu
beauftragen. Das Argument, es sei keine Person vorhanden gewesen, die er mit
der Abholung hätte beauftragen können, verfange nicht. Wenn der
Beschwerdeführer - was unwahrscheinlich sei - keinen einzigen Bekannten habe,
den er damit hätte beauftragen können, hätte er sich an einen Anwalt wenden
können. Er habe immerhin mit gerichtlicher Post rechnen müssen, zumal er selber
Beschwerde eingereicht habe. Zudem sei ihm die Sendung einen Tag vor
Spitaleintritt zur Abholung gemeldet worden. Eine unverschuldete Säumnis im
Sinne von Art. 94 StPO könne damit nicht angenommen werden.

5. 

Was daran gegen das Recht im Sinne von Art. 95 BGG verstossen könnte, ist nicht
ersichtlich. Der Beschwerdeführer setzt sich mit den Erwägungen in den
angefochtenen Entscheiden nicht oder nicht hinreichend auseinander. Den Schluss
der Vorinstanz, es liege keine unverschuldete Säumnis vor, widerlegt er nicht
als bundesrechtswidrig. Er zeigt auch nicht auf, inwiefern die vorinstanzliche
Folgerung, er habe aufgrund seiner Beschwerdeeinreichung mit gerichtlichen
Zustellungen rechnen müssen, rechtlich fehlerhaft sein könnte. Er äussert sich
weder konkret zur Art und Schwere seines nicht näher umschriebenen
gesundheitlichen Problems, noch spricht er sich dazu aus, ob der mehrwöchige
Spitalaufenthalt im Voraus geplant war oder unplanmässig erfolgte. Inwiefern er
entgegen der Auffassung der Vorinstanz selbst ausserstande gewesen sein soll,
organisatorische Vorkehren zu treffen und zumindest eine Drittperson mit der
Abholung der gerichtlichen Sendung zu beauftragen, erschliesst sich aufgrund
seiner Vorbringen nicht. Dass er die von der Vorinstanz beispielhaft genannte
Beauftragung eines Anwalts für nicht zweckmässig, kostengünstig und vernünftig
hält, ist nicht entscheidend und kann jedenfalls als
Fristwiederherstellungsgrund nicht angerufen werden. Inwiefern die Vorinstanz
mit der Abweisung des Wiederherstellungsgesuchs gegen Recht im Sinne von Art.
95 BGG verstossen haben könnte, lässt sich den Ausführungen des
Beschwerdeführers nicht entnehmen. Daraus geht auch nicht hervor, inwiefern die
Vorinstanz Bundesrecht verletzt haben könnte, indem sie auf die Beschwerde
gegen die Nichtanhandnahmeverfügung mangels Leistung der Prozesskaution nicht
eintrat. Der Beschwerdeführer macht weder geltend, der Zustellversuch der
Kautionsverfügung sei nicht ordnungsgemäss erfolgt, noch ficht er die
vorinstanzlichen Feststellungen über den Beginn und das Ende des Fristenlaufs
im Zusammenhang mit der angewandten Zustellfiktion als willkürlich oder
sonstwie bundesrechtswidrig an. Soweit auf die Beschwerden mithin überhaupt
eingetreten werden kann, sind sie im Verfahren nach Art. 109 BGG als
offensichtlich unbegründet abzuweisen.

6. 

Die Gerichtskosten sind dem Beschwerdeführer aufzuerlegen (Art. 66 Abs. 1 BGG).
Das nachträglich gestellte Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege ist wegen
Aussichtslosigkeit in Anwendung von Art. 64 BGG abzuweisen. Der finanziellen
Lage des Beschwerdeführers ist durch eine Reduktion der Gerichtskosten Rechnung
zu tragen (Art. 65 Abs. 2 BGG).

Demnach erkennt das Bundesgericht:

1. 

Die Verfahren 6B_1266/2019 und 6B_65/2020 werden vereinigt.

2. 

Die Beschwerden werden abgewiesen, soweit darauf einzutreten ist.

3. 

Das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege wird abgewiesen.

4. 

Die Gerichtskosten von Fr. 1'000.-- werden dem Beschwerdeführer auferlegt.

5. 

Dieses Urteil wird den Parteien und dem Obergericht des Kantons Zürich, III.
Strafkammer, schriftlich mitgeteilt.

Lausanne, 10. März 2020

Im Namen der Strafrechtlichen Abteilung

des Schweizerischen Bundesgerichts

Der Präsident: Denys

Die Gerichtsschreiberin: Arquint Hill